Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 1, 1. Leipzig, 1833.

Bild:
<< vorherige Seite
14.
Camilla an Julia.

Und Sie kommen nicht und kommen nicht, Sie
Schlimme, und lassen uns immer vergebens warten.
Wenn Sie noch lange zögern, so werden Sie das
Leben hier sehr verwirrt finden. Die Fäden gehen so
zickzack in einander hinein, daß ich wirklich nicht weiß,
was für ein Muster aus dem Gespinnst werden wird.
Mit jenem Fremden, der mit Graf Fips ankam, ist ein
gewaltiger Unruhstifter in unser Schloß gezogen. Er
heißt Hyppolit, und hat uns allen die Köpfe verrückt,
und Alles aus dem Gleise geworfen; unsre ruhig se¬
gelnde Flotte ist wie durch einen Sturm auseinander¬
geblasen, und hier irrt ein schwankendes Schiffchen, dort
irrt eins. Sie sollten aber auch diesen Hyppolit sehen!
Jeder Zoll ein Mann, ein moderner Herkules -- ein
strahlender Halbgott, sagt Alberta. Denken Sie sich ei¬
nen hoch, kräftig und doch geschmeidig gewachsenen jun¬
gen Mann, der wie ein geborner König einhergeht.
Ich äußerte unverholen gegen Valerius mein Erstaunen
über die glänzende Erscheinung. Dieser stand mit ver¬

14.
Camilla an Julia.

Und Sie kommen nicht und kommen nicht, Sie
Schlimme, und laſſen uns immer vergebens warten.
Wenn Sie noch lange zögern, ſo werden Sie das
Leben hier ſehr verwirrt finden. Die Fäden gehen ſo
zickzack in einander hinein, daß ich wirklich nicht weiß,
was für ein Muſter aus dem Geſpinnſt werden wird.
Mit jenem Fremden, der mit Graf Fips ankam, iſt ein
gewaltiger Unruhſtifter in unſer Schloß gezogen. Er
heißt Hyppolit, und hat uns allen die Köpfe verrückt,
und Alles aus dem Gleiſe geworfen; unſre ruhig ſe¬
gelnde Flotte iſt wie durch einen Sturm auseinander¬
geblaſen, und hier irrt ein ſchwankendes Schiffchen, dort
irrt eins. Sie ſollten aber auch dieſen Hyppolit ſehen!
Jeder Zoll ein Mann, ein moderner Herkules — ein
ſtrahlender Halbgott, ſagt Alberta. Denken Sie ſich ei¬
nen hoch, kräftig und doch geſchmeidig gewachſenen jun¬
gen Mann, der wie ein geborner König einhergeht.
Ich äußerte unverholen gegen Valerius mein Erſtaunen
über die glänzende Erſcheinung. Dieſer ſtand mit ver¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0161" n="151"/>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>14.<lb/><hi rendition="#b #g">Camilla an Julia.</hi><lb/></head>
        <dateline rendition="#right">Den 30. Juli.<lb/></dateline>
        <p>Und Sie kommen nicht und kommen nicht, Sie<lb/>
Schlimme, und la&#x017F;&#x017F;en uns immer vergebens warten.<lb/>
Wenn Sie noch lange zögern, &#x017F;o werden Sie das<lb/>
Leben hier &#x017F;ehr verwirrt finden. Die Fäden gehen &#x017F;o<lb/>
zickzack in einander hinein, daß ich wirklich nicht weiß,<lb/>
was für ein Mu&#x017F;ter aus dem Ge&#x017F;pinn&#x017F;t werden wird.<lb/>
Mit jenem Fremden, der mit Graf Fips ankam, i&#x017F;t ein<lb/>
gewaltiger Unruh&#x017F;tifter in un&#x017F;er Schloß gezogen. Er<lb/>
heißt Hyppolit, und hat uns allen die Köpfe verrückt,<lb/>
und Alles aus dem Glei&#x017F;e geworfen; un&#x017F;re ruhig &#x017F;<lb/>
gelnde Flotte i&#x017F;t wie durch einen Sturm auseinander¬<lb/>
gebla&#x017F;en, und hier irrt ein &#x017F;chwankendes Schiffchen, dort<lb/>
irrt eins. Sie &#x017F;ollten aber auch die&#x017F;en Hyppolit &#x017F;ehen!<lb/>
Jeder Zoll ein Mann, ein moderner Herkules &#x2014; ein<lb/>
&#x017F;trahlender Halbgott, &#x017F;agt Alberta. Denken Sie &#x017F;ich ei¬<lb/>
nen hoch, kräftig und doch ge&#x017F;chmeidig gewach&#x017F;enen jun¬<lb/>
gen Mann, der wie ein geborner König einhergeht.<lb/>
Ich äußerte unverholen gegen Valerius mein Er&#x017F;taunen<lb/>
über die glänzende Er&#x017F;cheinung. Die&#x017F;er &#x017F;tand mit ver¬<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[151/0161] 14. Camilla an Julia. Den 30. Juli. Und Sie kommen nicht und kommen nicht, Sie Schlimme, und laſſen uns immer vergebens warten. Wenn Sie noch lange zögern, ſo werden Sie das Leben hier ſehr verwirrt finden. Die Fäden gehen ſo zickzack in einander hinein, daß ich wirklich nicht weiß, was für ein Muſter aus dem Geſpinnſt werden wird. Mit jenem Fremden, der mit Graf Fips ankam, iſt ein gewaltiger Unruhſtifter in unſer Schloß gezogen. Er heißt Hyppolit, und hat uns allen die Köpfe verrückt, und Alles aus dem Gleiſe geworfen; unſre ruhig ſe¬ gelnde Flotte iſt wie durch einen Sturm auseinander¬ geblaſen, und hier irrt ein ſchwankendes Schiffchen, dort irrt eins. Sie ſollten aber auch dieſen Hyppolit ſehen! Jeder Zoll ein Mann, ein moderner Herkules — ein ſtrahlender Halbgott, ſagt Alberta. Denken Sie ſich ei¬ nen hoch, kräftig und doch geſchmeidig gewachſenen jun¬ gen Mann, der wie ein geborner König einhergeht. Ich äußerte unverholen gegen Valerius mein Erſtaunen über die glänzende Erſcheinung. Dieſer ſtand mit ver¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0101_1833
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0101_1833/161
Zitationshilfe: Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 1, 1. Leipzig, 1833, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0101_1833/161>, abgerufen am 28.03.2024.