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Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 1, 1. Leipzig, 1833.

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len Federball spielen -- morgen weiter; ich habe ein¬
mal den Befehl vom Grafen und Alberten, Sie von
unserm Leben im Detail zu unterrichten und Sie dann
schönstens zu bitten, es recht bald selbst bei uns anzu¬
sehen. Adieu, meine Liebe, für heut.

Ich bin so viel herumgesprungen, daß ich ganz
müde bin. Nie hätte ich geglaubt, daß unsere ernsten
jungen Herren so beweglich sein könnten, den kleinen
Leopoldus ausgenommen, an dessen Quecksilbernatur ich
nie gezweifelt. Aber auch der ernste William, der ru¬
hige Valer -- ich habe zu meinem Staunen erfahren,
daß sie alle Turner gewesen sind; sie haben in der Stadt
einen poetischen Verein gehabt, da ist immer zuerst eine
Stunde gedichtet, gelesen und kritisirt, die nächste Stunde
gefochten oder geturnt worden. Ich erinnere mich, als
kleines Mädchen noch einige Nachzügler jener Turnzeit
gesehen zu haben, und gestehe, daß mir diese leinwand¬
nen Burschen wenig behagten. Unsre jungen Herren fas¬
sen dies wie Alles romantischer auf: Hr. William sprach
dabei von Teutschland, Einheit und Vaterland und ge¬
rieth sehr in Extase, Valer lächelte ernsthaft und sagte
mir, Teutschland sei einst von edlem Weine trunken ge¬

len Federball ſpielen — morgen weiter; ich habe ein¬
mal den Befehl vom Grafen und Alberten, Sie von
unſerm Leben im Detail zu unterrichten und Sie dann
ſchönſtens zu bitten, es recht bald ſelbſt bei uns anzu¬
ſehen. Adieu, meine Liebe, für heut.

Ich bin ſo viel herumgeſprungen, daß ich ganz
müde bin. Nie hätte ich geglaubt, daß unſere ernſten
jungen Herren ſo beweglich ſein könnten, den kleinen
Leopoldus ausgenommen, an deſſen Queckſilbernatur ich
nie gezweifelt. Aber auch der ernſte William, der ru¬
hige Valer — ich habe zu meinem Staunen erfahren,
daß ſie alle Turner geweſen ſind; ſie haben in der Stadt
einen poetiſchen Verein gehabt, da iſt immer zuerſt eine
Stunde gedichtet, geleſen und kritiſirt, die nächſte Stunde
gefochten oder geturnt worden. Ich erinnere mich, als
kleines Mädchen noch einige Nachzügler jener Turnzeit
geſehen zu haben, und geſtehe, daß mir dieſe leinwand¬
nen Burſchen wenig behagten. Unſre jungen Herren faſ¬
ſen dies wie Alles romantiſcher auf: Hr. William ſprach
dabei von Teutſchland, Einheit und Vaterland und ge¬
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[79/0089] len Federball ſpielen — morgen weiter; ich habe ein¬ mal den Befehl vom Grafen und Alberten, Sie von unſerm Leben im Detail zu unterrichten und Sie dann ſchönſtens zu bitten, es recht bald ſelbſt bei uns anzu¬ ſehen. Adieu, meine Liebe, für heut. Später. Ich bin ſo viel herumgeſprungen, daß ich ganz müde bin. Nie hätte ich geglaubt, daß unſere ernſten jungen Herren ſo beweglich ſein könnten, den kleinen Leopoldus ausgenommen, an deſſen Queckſilbernatur ich nie gezweifelt. Aber auch der ernſte William, der ru¬ hige Valer — ich habe zu meinem Staunen erfahren, daß ſie alle Turner geweſen ſind; ſie haben in der Stadt einen poetiſchen Verein gehabt, da iſt immer zuerſt eine Stunde gedichtet, geleſen und kritiſirt, die nächſte Stunde gefochten oder geturnt worden. Ich erinnere mich, als kleines Mädchen noch einige Nachzügler jener Turnzeit geſehen zu haben, und geſtehe, daß mir dieſe leinwand¬ nen Burſchen wenig behagten. Unſre jungen Herren faſ¬ ſen dies wie Alles romantiſcher auf: Hr. William ſprach dabei von Teutſchland, Einheit und Vaterland und ge¬ rieth ſehr in Extaſe, Valer lächelte ernſthaft und ſagte mir, Teutſchland ſei einſt von edlem Weine trunken ge¬

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Zitationshilfe: Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 1, 1. Leipzig, 1833, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0101_1833/89>, abgerufen am 24.04.2024.