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Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 1, 1. Leipzig, 1833.

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Du weißt, das lieb ich. Bald darauf kam sie im Bal¬
let wieder zum Vorschein. Hochgeschürzt entwickelte sie
einen behenden, makellosen Wuchs, eine geregelte mun¬
tere Formenschönheit schoß aus Fuß- und Handspitzen
blitzende Funken in mich. Mein Nachbar meinte, es
sei ein unternehmendes Kind, und Dein Sir John ver¬
fügte sich alsbald hinter das Geheimniß der schützenden
Coulissen. Glühend sprang sie eben aus der Scene he¬
rein in die dunkle Verborgenheit, als wollte sie heiß
dem Korydon in die Arme fliegen. Der Korydon war
da und stellte sich ihr sehr lebhaft vor, eine kurze Topo¬
graphie seines inneren neuentdeckten Terrains entwer¬
fend, die üppige Vegetation seiner Triften beschreibend.
Das muntere Ding nahm es harmlos auf und im
raschen Flusse der Worte und Begebenheiten -- denn
die phantastische Welt des Ballets spielte im Köpfchen
noch weiter, überließ sie sich nach geringem Sträuben
der Woge meines Anerbietens, sie nach Hause zu gelei¬
ten. Ich schwor bei Pistols Sekt und Fallstaffs Schwert --
sie hatte Heinrich IV. wahrscheinlich noch nicht gesehen --
ich würde die Stadt anzünden, wenn sie nicht in die¬
sem reizenden Kostüme bliebe, sie gewährte, warf den
Mantel um und wir gingen.

Du weißt, das lieb ich. Bald darauf kam ſie im Bal¬
let wieder zum Vorſchein. Hochgeſchürzt entwickelte ſie
einen behenden, makelloſen Wuchs, eine geregelte mun¬
tere Formenſchönheit ſchoß aus Fuß- und Handſpitzen
blitzende Funken in mich. Mein Nachbar meinte, es
ſei ein unternehmendes Kind, und Dein Sir John ver¬
fügte ſich alsbald hinter das Geheimniß der ſchützenden
Couliſſen. Glühend ſprang ſie eben aus der Scene he¬
rein in die dunkle Verborgenheit, als wollte ſie heiß
dem Korydon in die Arme fliegen. Der Korydon war
da und ſtellte ſich ihr ſehr lebhaft vor, eine kurze Topo¬
graphie ſeines inneren neuentdeckten Terrains entwer¬
fend, die üppige Vegetation ſeiner Triften beſchreibend.
Das muntere Ding nahm es harmlos auf und im
raſchen Fluſſe der Worte und Begebenheiten — denn
die phantaſtiſche Welt des Ballets ſpielte im Köpfchen
noch weiter, überließ ſie ſich nach geringem Sträuben
der Woge meines Anerbietens, ſie nach Hauſe zu gelei¬
ten. Ich ſchwor bei Piſtols Sekt und Fallſtaffs Schwert —
ſie hatte Heinrich IV. wahrſcheinlich noch nicht geſehen —
ich würde die Stadt anzünden, wenn ſie nicht in die¬
ſem reizenden Koſtüme bliebe, ſie gewährte, warf den
Mantel um und wir gingen.

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[10/0020] Du weißt, das lieb ich. Bald darauf kam ſie im Bal¬ let wieder zum Vorſchein. Hochgeſchürzt entwickelte ſie einen behenden, makelloſen Wuchs, eine geregelte mun¬ tere Formenſchönheit ſchoß aus Fuß- und Handſpitzen blitzende Funken in mich. Mein Nachbar meinte, es ſei ein unternehmendes Kind, und Dein Sir John ver¬ fügte ſich alsbald hinter das Geheimniß der ſchützenden Couliſſen. Glühend ſprang ſie eben aus der Scene he¬ rein in die dunkle Verborgenheit, als wollte ſie heiß dem Korydon in die Arme fliegen. Der Korydon war da und ſtellte ſich ihr ſehr lebhaft vor, eine kurze Topo¬ graphie ſeines inneren neuentdeckten Terrains entwer¬ fend, die üppige Vegetation ſeiner Triften beſchreibend. Das muntere Ding nahm es harmlos auf und im raſchen Fluſſe der Worte und Begebenheiten — denn die phantaſtiſche Welt des Ballets ſpielte im Köpfchen noch weiter, überließ ſie ſich nach geringem Sträuben der Woge meines Anerbietens, ſie nach Hauſe zu gelei¬ ten. Ich ſchwor bei Piſtols Sekt und Fallſtaffs Schwert — ſie hatte Heinrich IV. wahrſcheinlich noch nicht geſehen — ich würde die Stadt anzünden, wenn ſie nicht in die¬ ſem reizenden Koſtüme bliebe, ſie gewährte, warf den Mantel um und wir gingen.

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Zitationshilfe: Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 1, 1. Leipzig, 1833, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0101_1833/20>, abgerufen am 28.03.2024.