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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792.

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Derwischen nicht gefallen wird. Aber dergleichen
Dermische und Kalender lesen ja mein Geschriebe-
nes nicht!

Achtzehntes Kapitel.

Siehe da einen Ordensbruder!



Die Ferien waren schon acht Tage zu Ende, als
ich nach Gießen zurück kam. Ich ordnete meine
Kollegia, und fing an, fleißig zu studiren. Ich
fand jetzt mehr als jemals, daß Kenntnisse ein wah-
res Bedürfniß für meinen Kopf waren. Ich habe
auch, ohne mich zu rühmen, blos aus innerm Trieb,
und niemals deswegen gelernt, weil ich einmal mein
Brod damit verdienen wollte. Meine Weisheit ist
niemals weit her gewesen, und in keiner einzigen
Wissenschaft hab ich mich über das sehr Mittelmäßige
erhoben; doch habe ich ohne Unterlaß studirt, und
studire noch recht gern; nur muß mir ein Buch in
die Hände fallen, worin mehr erzählt, als räsonnirt
wird. Denn gegen das Räsonnement hab ich von
jeher einen gewissen Widerwillen gehabt: und das ist
auch der Grund, daß ich in der Philosophie ein jäm-
merlicher Stümper geblieben bin. Vielleicht war
aber das auch so übel nicht!


Derwiſchen nicht gefallen wird. Aber dergleichen
Dermiſche und Kalender leſen ja mein Geſchriebe-
nes nicht!

Achtzehntes Kapitel.

Siehe da einen Ordensbruder!



Die Ferien waren ſchon acht Tage zu Ende, als
ich nach Gießen zuruͤck kam. Ich ordnete meine
Kollegia, und fing an, fleißig zu ſtudiren. Ich
fand jetzt mehr als jemals, daß Kenntniſſe ein wah-
res Beduͤrfniß fuͤr meinen Kopf waren. Ich habe
auch, ohne mich zu ruͤhmen, blos aus innerm Trieb,
und niemals deswegen gelernt, weil ich einmal mein
Brod damit verdienen wollte. Meine Weisheit iſt
niemals weit her geweſen, und in keiner einzigen
Wiſſenſchaft hab ich mich uͤber das ſehr Mittelmaͤßige
erhoben; doch habe ich ohne Unterlaß ſtudirt, und
ſtudire noch recht gern; nur muß mir ein Buch in
die Haͤnde fallen, worin mehr erzaͤhlt, als raͤſonnirt
wird. Denn gegen das Raͤſonnement hab ich von
jeher einen gewiſſen Widerwillen gehabt: und das iſt
auch der Grund, daß ich in der Philoſophie ein jaͤm-
merlicher Stuͤmper geblieben bin. Vielleicht war
aber das auch ſo uͤbel nicht!


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[156/0170] Derwiſchen nicht gefallen wird. Aber dergleichen Dermiſche und Kalender leſen ja mein Geſchriebe- nes nicht! Achtzehntes Kapitel. Siehe da einen Ordensbruder! Die Ferien waren ſchon acht Tage zu Ende, als ich nach Gießen zuruͤck kam. Ich ordnete meine Kollegia, und fing an, fleißig zu ſtudiren. Ich fand jetzt mehr als jemals, daß Kenntniſſe ein wah- res Beduͤrfniß fuͤr meinen Kopf waren. Ich habe auch, ohne mich zu ruͤhmen, blos aus innerm Trieb, und niemals deswegen gelernt, weil ich einmal mein Brod damit verdienen wollte. Meine Weisheit iſt niemals weit her geweſen, und in keiner einzigen Wiſſenſchaft hab ich mich uͤber das ſehr Mittelmaͤßige erhoben; doch habe ich ohne Unterlaß ſtudirt, und ſtudire noch recht gern; nur muß mir ein Buch in die Haͤnde fallen, worin mehr erzaͤhlt, als raͤſonnirt wird. Denn gegen das Raͤſonnement hab ich von jeher einen gewiſſen Widerwillen gehabt: und das iſt auch der Grund, daß ich in der Philoſophie ein jaͤm- merlicher Stuͤmper geblieben bin. Vielleicht war aber das auch ſo uͤbel nicht!

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/170>, abgerufen am 29.03.2024.