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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792.

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treibt, kommt in drei Monaten im Latein wei-
ter, als er durch den Gebrauch der so genannten
Chrestomathien und Lesebücher der Herren Stroth,
Gedike, Wolfram und anderer, in einem Jah-
re kommen kann. Neben dem Orbis pictus, wur-
den die Trichter des Muzelius getrieben, und
dadurch ward ich nach dem gewöhnlichen Schlage in
der Grammatik fest. Mein Vater hatte den guten
Grundsatz, daß die Grammatik das Fundament der
Sprachlehre ausmachen müsse.

Als ich ohngefähr acht Jahre alt war, wurde
mein Vater in einen Handel verwickelt, der ihn ganz
niederschlug: es war folgender.



Viertes Kapitel.

So machens Priester und Grafen!



Der Rheingraf zu Grehweiler, meines Vaters
hochgebietender Herr, hatte einen Hofprediger, Jo-
hannes Herrenschneider, von Strasburg,
ehemaligen Konrektor der Schule zu Grünstadt, ei-
nen Mann, der französisch parlirte, sich täglich mit
Lavendelwasser einbalsamirte, und immer durch die
Fistel sprach. Dieser Mann hatte in Strasburg
studirt, einem Orte, wo die krasseste Orthodoxie von

treibt, kommt in drei Monaten im Latein wei-
ter, als er durch den Gebrauch der ſo genannten
Chreſtomathien und Leſebuͤcher der Herren Stroth,
Gedike, Wolfram und anderer, in einem Jah-
re kommen kann. Neben dem Orbis pictus, wur-
den die Trichter des Muzelius getrieben, und
dadurch ward ich nach dem gewoͤhnlichen Schlage in
der Grammatik feſt. Mein Vater hatte den guten
Grundſatz, daß die Grammatik das Fundament der
Sprachlehre ausmachen muͤſſe.

Als ich ohngefaͤhr acht Jahre alt war, wurde
mein Vater in einen Handel verwickelt, der ihn ganz
niederſchlug: es war folgender.



Viertes Kapitel.

So machens Prieſter und Grafen!



Der Rheingraf zu Grehweiler, meines Vaters
hochgebietender Herr, hatte einen Hofprediger, Jo-
hannes Herrenſchneider, von Strasburg,
ehemaligen Konrektor der Schule zu Gruͤnſtadt, ei-
nen Mann, der franzoͤſiſch parlirte, ſich taͤglich mit
Lavendelwaſſer einbalſamirte, und immer durch die
Fiſtel ſprach. Dieſer Mann hatte in Strasburg
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[18/0032] treibt, kommt in drei Monaten im Latein wei- ter, als er durch den Gebrauch der ſo genannten Chreſtomathien und Leſebuͤcher der Herren Stroth, Gedike, Wolfram und anderer, in einem Jah- re kommen kann. Neben dem Orbis pictus, wur- den die Trichter des Muzelius getrieben, und dadurch ward ich nach dem gewoͤhnlichen Schlage in der Grammatik feſt. Mein Vater hatte den guten Grundſatz, daß die Grammatik das Fundament der Sprachlehre ausmachen muͤſſe. Als ich ohngefaͤhr acht Jahre alt war, wurde mein Vater in einen Handel verwickelt, der ihn ganz niederſchlug: es war folgender. Viertes Kapitel. So machens Prieſter und Grafen! Der Rheingraf zu Grehweiler, meines Vaters hochgebietender Herr, hatte einen Hofprediger, Jo- hannes Herrenſchneider, von Strasburg, ehemaligen Konrektor der Schule zu Gruͤnſtadt, ei- nen Mann, der franzoͤſiſch parlirte, ſich taͤglich mit Lavendelwaſſer einbalſamirte, und immer durch die Fiſtel ſprach. Dieſer Mann hatte in Strasburg ſtudirt, einem Orte, wo die kraſſeſte Orthodoxie von

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/32>, abgerufen am 29.03.2024.