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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792.

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Neun und dreißigstes Kapitel.

Neue Lebensart in Halle. Lectüre. Dogmatik. Ueber Ge-
wissensbisse wider Rousseau. Folgen meiner Besserung.
Semlers Tod.



Ich mußte nun in Halle freilich meine Stunden
wieder anfangen, und diejenigen Scholaren, wel-
che von meinen vorigen noch da waren, nahmen
meinen Unterricht auch gleich wieder an. Das wa-
ren die Herren Kaumann, Müller, Segnitz,
Wiedt, Wasserführer, Jossow und Herr
von Wülknitz. Zu diesen erhielt ich bald noch
mehrere. Ich kann mich rühmen, daß ich jetzt in
meinem Stundengeben weit regelmäßiger gewesen
bin, als sonst. Allein ich war ja auch in meinem
Betragen, in meiner Aufführung selbst viel regel-
mäßiger und ordentlicher geworden. Der Trunk,
meine bisherige häßliche Leidenschaft, hatte bei mir
um ein merkliches abgenommen. Die freundschaft-
lichen Winke und die Unterredungen des Herrn Bis-
pinks hatten meine moralische Empfänglichkeit ge-
weckt, und mich zu mehr Reflexion über mich und
die Folgen meiner Handlungen angeschärft. Hierzu
kam der Feldzug, der auch nicht wenig zu meiner
wirklichen moralischen Besserung beitrug. Ich lernte

Neun und dreißigſtes Kapitel.

Neue Lebensart in Halle. Lectuͤre. Dogmatik. Ueber Ge-
wiſſensbiſſe wider Rouſſeau. Folgen meiner Beſſerung.
Semlers Tod.



Ich mußte nun in Halle freilich meine Stunden
wieder anfangen, und diejenigen Scholaren, wel-
che von meinen vorigen noch da waren, nahmen
meinen Unterricht auch gleich wieder an. Das wa-
ren die Herren Kaumann, Muͤller, Segnitz,
Wiedt, Waſſerfuͤhrer, Joſſow und Herr
von Wuͤlknitz. Zu dieſen erhielt ich bald noch
mehrere. Ich kann mich ruͤhmen, daß ich jetzt in
meinem Stundengeben weit regelmaͤßiger geweſen
bin, als ſonſt. Allein ich war ja auch in meinem
Betragen, in meiner Auffuͤhrung ſelbſt viel regel-
maͤßiger und ordentlicher geworden. Der Trunk,
meine bisherige haͤßliche Leidenſchaft, hatte bei mir
um ein merkliches abgenommen. Die freundſchaft-
lichen Winke und die Unterredungen des Herrn Bis-
pinks hatten meine moraliſche Empfaͤnglichkeit ge-
weckt, und mich zu mehr Reflexion uͤber mich und
die Folgen meiner Handlungen angeſchaͤrft. Hierzu
kam der Feldzug, der auch nicht wenig zu meiner
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[467[469]/0471] Neun und dreißigſtes Kapitel. Neue Lebensart in Halle. Lectuͤre. Dogmatik. Ueber Ge- wiſſensbiſſe wider Rouſſeau. Folgen meiner Beſſerung. Semlers Tod. Ich mußte nun in Halle freilich meine Stunden wieder anfangen, und diejenigen Scholaren, wel- che von meinen vorigen noch da waren, nahmen meinen Unterricht auch gleich wieder an. Das wa- ren die Herren Kaumann, Muͤller, Segnitz, Wiedt, Waſſerfuͤhrer, Joſſow und Herr von Wuͤlknitz. Zu dieſen erhielt ich bald noch mehrere. Ich kann mich ruͤhmen, daß ich jetzt in meinem Stundengeben weit regelmaͤßiger geweſen bin, als ſonſt. Allein ich war ja auch in meinem Betragen, in meiner Auffuͤhrung ſelbſt viel regel- maͤßiger und ordentlicher geworden. Der Trunk, meine bisherige haͤßliche Leidenſchaft, hatte bei mir um ein merkliches abgenommen. Die freundſchaft- lichen Winke und die Unterredungen des Herrn Bis- pinks hatten meine moraliſche Empfaͤnglichkeit ge- weckt, und mich zu mehr Reflexion uͤber mich und die Folgen meiner Handlungen angeſchaͤrft. Hierzu kam der Feldzug, der auch nicht wenig zu meiner wirklichen moraliſchen Beſſerung beitrug. Ich lernte

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 467[469]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/471>, abgerufen am 29.03.2024.