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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796.

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gern und konsequentern Lebensart, worauf mich
rechtschaffene Freunde und eigenes Nachdenken über
meine dissol[ - 2 Zeichen fehlen]te Lage geführt hatten, durch den Feld-
zug aufgehalten und allen Verführungen zu einem
wüsten Leben, das mit Feldzügen allemal verknüpft
ist, wieder preis gegeben wurde. So wollte es aber
das Schicksal; und wenn meine Leser dem ohnge-
achtet sehen, daß ich -- ich will nicht sagen, besser
-- doch nicht schlimmer geworden bin, als ich zu
der Zeit war, da ich Halle verließ: so müssen sie, wenn
sie billig seyn wollen, doch schließen, daß ich noch nicht
ganz verdorben, oder aller und jeder moralischen
Empfindung und Besinnung unfähig gewesen sey.

Niemand ist dem Eigenlobe mehr Feind, als
ich: ich fühle zu sehr meine eigene Unwürdigkeit, und
weiß, wie viel ich von der Achtung Anderer durch
meine ehemalige Lebensart habe verlieren müssen:
ja, ich sehe das Bestreben, diese Achtung mir wie-
der ganz zu erwerben, beynahe als einen Versuch
an, das Unmögliche möglich zu machen. Ich habe
daher alle Hofnung dazu auch längst aufgegeben.
Aber, und nicht erst von heute an, habe ich noch immer
den festen Vorsatz, mein Betragen so einzurichten,
daß es keinen veranlasse, mich als einen Menschen
zu verschreien, der die öffentlichen Sitten beleidige,
und schwache Menschenkinder durch ein böses Bey-
spiel zu bösen Handlungen verleite. Wie weit ich

gern und konſequentern Lebensart, worauf mich
rechtſchaffene Freunde und eigenes Nachdenken uͤber
meine diſſol[ – 2 Zeichen fehlen]te Lage gefuͤhrt hatten, durch den Feld-
zug aufgehalten und allen Verfuͤhrungen zu einem
wuͤſten Leben, das mit Feldzuͤgen allemal verknuͤpft
iſt, wieder preis gegeben wurde. So wollte es aber
das Schickſal; und wenn meine Leſer dem ohnge-
achtet ſehen, daß ich — ich will nicht ſagen, beſſer
— doch nicht ſchlimmer geworden bin, als ich zu
der Zeit war, da ich Halle verließ: ſo muͤſſen ſie, wenn
ſie billig ſeyn wollen, doch ſchließen, daß ich noch nicht
ganz verdorben, oder aller und jeder moraliſchen
Empfindung und Beſinnung unfaͤhig geweſen ſey.

Niemand iſt dem Eigenlobe mehr Feind, als
ich: ich fuͤhle zu ſehr meine eigene Unwuͤrdigkeit, und
weiß, wie viel ich von der Achtung Anderer durch
meine ehemalige Lebensart habe verlieren muͤſſen:
ja, ich ſehe das Beſtreben, dieſe Achtung mir wie-
der ganz zu erwerben, beynahe als einen Verſuch
an, das Unmoͤgliche moͤglich zu machen. Ich habe
daher alle Hofnung dazu auch laͤngſt aufgegeben.
Aber, und nicht erſt von heute an, habe ich noch immer
den feſten Vorſatz, mein Betragen ſo einzurichten,
daß es keinen veranlaſſe, mich als einen Menſchen
zu verſchreien, der die oͤffentlichen Sitten beleidige,
und ſchwache Menſchenkinder durch ein boͤſes Bey-
ſpiel zu boͤſen Handlungen verleite. Wie weit ich

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[2/0014] gern und konſequentern Lebensart, worauf mich rechtſchaffene Freunde und eigenes Nachdenken uͤber meine diſſol__te Lage gefuͤhrt hatten, durch den Feld- zug aufgehalten und allen Verfuͤhrungen zu einem wuͤſten Leben, das mit Feldzuͤgen allemal verknuͤpft iſt, wieder preis gegeben wurde. So wollte es aber das Schickſal; und wenn meine Leſer dem ohnge- achtet ſehen, daß ich — ich will nicht ſagen, beſſer — doch nicht ſchlimmer geworden bin, als ich zu der Zeit war, da ich Halle verließ: ſo muͤſſen ſie, wenn ſie billig ſeyn wollen, doch ſchließen, daß ich noch nicht ganz verdorben, oder aller und jeder moraliſchen Empfindung und Beſinnung unfaͤhig geweſen ſey. Niemand iſt dem Eigenlobe mehr Feind, als ich: ich fuͤhle zu ſehr meine eigene Unwuͤrdigkeit, und weiß, wie viel ich von der Achtung Anderer durch meine ehemalige Lebensart habe verlieren muͤſſen: ja, ich ſehe das Beſtreben, dieſe Achtung mir wie- der ganz zu erwerben, beynahe als einen Verſuch an, das Unmoͤgliche moͤglich zu machen. Ich habe daher alle Hofnung dazu auch laͤngſt aufgegeben. Aber, und nicht erſt von heute an, habe ich noch immer den feſten Vorſatz, mein Betragen ſo einzurichten, daß es keinen veranlaſſe, mich als einen Menſchen zu verſchreien, der die oͤffentlichen Sitten beleidige, und ſchwache Menſchenkinder durch ein boͤſes Bey- ſpiel zu boͤſen Handlungen verleite. Wie weit ich

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/14>, abgerufen am 23.04.2024.