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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796.

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Bahrts Vorfahr, Lucerner genannt hätte, da
doch sein Name Luerne gewesen wäre. Als ich
ihr aber sagte, daran sey nicht ich, sondern der Kor-
rektor Schuld, so gab sie sich zufrieden. Sie be-
wirthete meinen Hauptmann, dessen Compagnie-
Offiziere und mich sehr vornehm und köstlich.

In Framersheim hatte ich ehedem mehrmals ge-
predigt, und da ich fixweg perorirte, was ich in
einem alten oder neuen Kanzeltröster auswendig ge-
lernt hatte, dabey auch stattlich auf die Kanzel schlug,
und nicht aus dem Buche ablas, so hatte ich mich
bey den Leuten dort in nicht üblen Credit gesezt.
Als sie nun hörten, daß ich bey den Preußen sey,
und in ihrem Orte Quartier habe, kamen sie hau-
fenweise zu mir, begaften mich, und wunderten sich
höchlich: "daß ein so grausam, so abscheulich und
eutsetzlich gelehrter Mensch könnte Soldat seyn!"
Ein alt Mütterchen drückte mir herzlich die Hand,
und sagte: "ach lieber Herre, was hat er mei'm
Hans Kaschper ä erschrecklich hübsch Leichpredig ge-
hall! Eich dank ehm noch tausendmol devor."
Ich bin auch bey diesen guten Leuten recht vergnügt
gewesen.


Bahrts Vorfahr, Lucerner genannt haͤtte, da
doch ſein Name Luerne geweſen waͤre. Als ich
ihr aber ſagte, daran ſey nicht ich, ſondern der Kor-
rektor Schuld, ſo gab ſie ſich zufrieden. Sie be-
wirthete meinen Hauptmann, deſſen Compagnie-
Offiziere und mich ſehr vornehm und koͤſtlich.

In Framersheim hatte ich ehedem mehrmals ge-
predigt, und da ich fixweg perorirte, was ich in
einem alten oder neuen Kanzeltroͤſter auswendig ge-
lernt hatte, dabey auch ſtattlich auf die Kanzel ſchlug,
und nicht aus dem Buche ablas, ſo hatte ich mich
bey den Leuten dort in nicht uͤblen Credit geſezt.
Als ſie nun hoͤrten, daß ich bey den Preußen ſey,
und in ihrem Orte Quartier habe, kamen ſie hau-
fenweiſe zu mir, begaften mich, und wunderten ſich
hoͤchlich: „daß ein ſo grauſam, ſo abſcheulich und
eutſetzlich gelehrter Menſch koͤnnte Soldat ſeyn!“
Ein alt Muͤtterchen druͤckte mir herzlich die Hand,
und ſagte: „ach lieber Herre, was hat er mei'm
Hans Kaſchper aͤ erſchrecklich huͤbſch Leichpredig ge-
hall! Eich dank ehm noch tauſendmol devor.“
Ich bin auch bey dieſen guten Leuten recht vergnuͤgt
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[326/0338] Bahrts Vorfahr, Lucerner genannt haͤtte, da doch ſein Name Luerne geweſen waͤre. Als ich ihr aber ſagte, daran ſey nicht ich, ſondern der Kor- rektor Schuld, ſo gab ſie ſich zufrieden. Sie be- wirthete meinen Hauptmann, deſſen Compagnie- Offiziere und mich ſehr vornehm und koͤſtlich. In Framersheim hatte ich ehedem mehrmals ge- predigt, und da ich fixweg perorirte, was ich in einem alten oder neuen Kanzeltroͤſter auswendig ge- lernt hatte, dabey auch ſtattlich auf die Kanzel ſchlug, und nicht aus dem Buche ablas, ſo hatte ich mich bey den Leuten dort in nicht uͤblen Credit geſezt. Als ſie nun hoͤrten, daß ich bey den Preußen ſey, und in ihrem Orte Quartier habe, kamen ſie hau- fenweiſe zu mir, begaften mich, und wunderten ſich hoͤchlich: „daß ein ſo grauſam, ſo abſcheulich und eutſetzlich gelehrter Menſch koͤnnte Soldat ſeyn!“ Ein alt Muͤtterchen druͤckte mir herzlich die Hand, und ſagte: „ach lieber Herre, was hat er mei'm Hans Kaſchper aͤ erſchrecklich huͤbſch Leichpredig ge- hall! Eich dank ehm noch tauſendmol devor.“ Ich bin auch bey dieſen guten Leuten recht vergnuͤgt geweſen.

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 326. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/338>, abgerufen am 29.03.2024.