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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797.

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Zweytes Kapitel.

Meine Lage in Landau.



Ich wurde auf die Liste der ausländischen Deser-
teurs gesezt, und bekam mein Quartier auf dem
ehemaligen Kaufhause (Douane), wo ich noch einige
zwa[n]zig Preußische, Oestreichische und Kondeische
Ueberläufer antraf. Die Verpflegung, welche
wir erhielten, war gut: denn man gab uns, wie
den Volontärs, gutes Brod, frisches Fleisch,
Speck, gesalzene Butter, Käse, Linsen, Erbsen
und noch obendrein täglich zehn Sous Papiergeld.
Ein Sergeant Schmid, und ein Korporal hat-
ten die Aufsicht, welche aber von keiner Bedeutung
war, da beynahe ein jeder that, was er wollte.

Ich muß diese hottentottische Gesellschaft et-
was näher beschreiben! In einem allmächtig-gro-
ßen Gemache, wo wenigstens 100 Mann hätten
logiren können, und wo Britschen (lits de camp)
in vier Reihen angebracht waren, befanden sich
ohngefähr damals vier Kriegsgefangne und etwan
achtundzwanzig Deserteurs. Einer davon war mit
einer Frau da, welche auch andern zu Dienste
stand. Der Kerl hieß Bachmayer, und war von
den Anspachischen Dragonern. Wer ihm nur zu

Zweytes Kapitel.

Meine Lage in Landau.



Ich wurde auf die Liſte der auslaͤndiſchen Deſer-
teurs geſezt, und bekam mein Quartier auf dem
ehemaligen Kaufhauſe (Douane), wo ich noch einige
zwa[n]zig Preußiſche, Oeſtreichiſche und Kondeiſche
Ueberlaͤufer antraf. Die Verpflegung, welche
wir erhielten, war gut: denn man gab uns, wie
den Volontaͤrs, gutes Brod, friſches Fleiſch,
Speck, geſalzene Butter, Kaͤſe, Linſen, Erbſen
und noch obendrein taͤglich zehn Sous Papiergeld.
Ein Sergeant Schmid, und ein Korporal hat-
ten die Aufſicht, welche aber von keiner Bedeutung
war, da beynahe ein jeder that, was er wollte.

Ich muß dieſe hottentottiſche Geſellſchaft et-
was naͤher beſchreiben! In einem allmaͤchtig-gro-
ßen Gemache, wo wenigſtens 100 Mann haͤtten
logiren koͤnnen, und wo Britſchen (lits de camp)
in vier Reihen angebracht waren, befanden ſich
ohngefaͤhr damals vier Kriegsgefangne und etwan
achtundzwanzig Deſerteurs. Einer davon war mit
einer Frau da, welche auch andern zu Dienſte
ſtand. Der Kerl hieß Bachmayer, und war von
den Anſpachiſchen Dragonern. Wer ihm nur zu

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[12/0016] Zweytes Kapitel. Meine Lage in Landau. Ich wurde auf die Liſte der auslaͤndiſchen Deſer- teurs geſezt, und bekam mein Quartier auf dem ehemaligen Kaufhauſe (Douane), wo ich noch einige zwanzig Preußiſche, Oeſtreichiſche und Kondeiſche Ueberlaͤufer antraf. Die Verpflegung, welche wir erhielten, war gut: denn man gab uns, wie den Volontaͤrs, gutes Brod, friſches Fleiſch, Speck, geſalzene Butter, Kaͤſe, Linſen, Erbſen und noch obendrein taͤglich zehn Sous Papiergeld. Ein Sergeant Schmid, und ein Korporal hat- ten die Aufſicht, welche aber von keiner Bedeutung war, da beynahe ein jeder that, was er wollte. Ich muß dieſe hottentottiſche Geſellſchaft et- was naͤher beſchreiben! In einem allmaͤchtig-gro- ßen Gemache, wo wenigſtens 100 Mann haͤtten logiren koͤnnen, und wo Britſchen (lits de camp) in vier Reihen angebracht waren, befanden ſich ohngefaͤhr damals vier Kriegsgefangne und etwan achtundzwanzig Deſerteurs. Einer davon war mit einer Frau da, welche auch andern zu Dienſte ſtand. Der Kerl hieß Bachmayer, und war von den Anſpachiſchen Dragonern. Wer ihm nur zu

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/16>, abgerufen am 28.03.2024.