Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797.

Bild:
<< vorherige Seite

für Nationalgüter erklärt wurden. Die Admini-
stration dieser neuen Güter wurde den Departemen-
tern und Distrikten übergeben. Neuer Triumph
für die Jakobiner!

Die Kirchen wurden hierauf im ganzen Reiche
verwüstet! Ich rede hier von den Pfarrkirchen und
Kathedralen: denn die Klosterkirchen waren schon
vorher meistens ausgeräumt, und zu profanem Ge-
brauch bestimmt worden.

Zu allererst warf man von den Thürmen alle
Glocken herab, welche man größtentheils nach den
Gießereyen schickte, um Kanonen und Mörser dar-
aus gießen zu lassen. Auch wurde eine große
Menge dicker Sous (gros sous) aus Glockenspeise
gemünzt. Man ließ nur gerade so viele Glocken in
den Städten und Dörfern, als zu den Thurm-Uh-
ren erforderlich waren. -- Von den Thürmen ging
man in die Kirche selbst, nahm alles Gold, Sil-
ber, Edelsteine und andre Kostbarkeiten weg, womit
z. B. die heiligen Reliquien geziert waren, und
schickte das alles in den Schatz der Distrikte und
Departementer. Die Meßgewänder wurden öffent-
lich auf dem Trödel verkauft, und die Kirchenlein-
wand, als Altar-Tücher, Alben, Röcheln, Hu-
meralen u. dgl. in die Hospitäler geschickt. Das
Holzwerk der Kirchen, als Altar, Kanzel, Orgel,
Beichtstühle und Bänke, wurde an Tischler, der

fuͤr Nationalguͤter erklaͤrt wurden. Die Admini-
ſtration dieſer neuen Guͤter wurde den Departemen-
tern und Diſtrikten uͤbergeben. Neuer Triumph
fuͤr die Jakobiner!

Die Kirchen wurden hierauf im ganzen Reiche
verwuͤſtet! Ich rede hier von den Pfarrkirchen und
Kathedralen: denn die Kloſterkirchen waren ſchon
vorher meiſtens ausgeraͤumt, und zu profanem Ge-
brauch beſtimmt worden.

Zu allererſt warf man von den Thuͤrmen alle
Glocken herab, welche man groͤßtentheils nach den
Gießereyen ſchickte, um Kanonen und Moͤrſer dar-
aus gießen zu laſſen. Auch wurde eine große
Menge dicker Sous (gros ſous) aus Glockenſpeiſe
gemuͤnzt. Man ließ nur gerade ſo viele Glocken in
den Staͤdten und Doͤrfern, als zu den Thurm-Uh-
ren erforderlich waren. — Von den Thuͤrmen ging
man in die Kirche ſelbſt, nahm alles Gold, Sil-
ber, Edelſteine und andre Koſtbarkeiten weg, womit
z. B. die heiligen Reliquien geziert waren, und
ſchickte das alles in den Schatz der Diſtrikte und
Departementer. Die Meßgewaͤnder wurden oͤffent-
lich auf dem Troͤdel verkauft, und die Kirchenlein-
wand, als Altar-Tuͤcher, Alben, Roͤcheln, Hu-
meralen u. dgl. in die Hoſpitaͤler geſchickt. Das
Holzwerk der Kirchen, als Altar, Kanzel, Orgel,
Beichtſtuͤhle und Baͤnke, wurde an Tiſchler, der

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0270" n="266"/>
fu&#x0364;r Nationalgu&#x0364;ter erkla&#x0364;rt wurden. Die Admini-<lb/>
&#x017F;tration die&#x017F;er neuen Gu&#x0364;ter wurde den Departemen-<lb/>
tern und Di&#x017F;trikten u&#x0364;bergeben. Neuer Triumph<lb/>
fu&#x0364;r die Jakobiner!</p><lb/>
        <p>Die Kirchen wurden hierauf im ganzen Reiche<lb/>
verwu&#x0364;&#x017F;tet! Ich rede hier von den Pfarrkirchen und<lb/>
Kathedralen: denn die Klo&#x017F;terkirchen waren &#x017F;chon<lb/>
vorher mei&#x017F;tens ausgera&#x0364;umt, und zu profanem Ge-<lb/>
brauch be&#x017F;timmt worden.</p><lb/>
        <p>Zu allerer&#x017F;t warf man von den Thu&#x0364;rmen alle<lb/>
Glocken herab, welche man gro&#x0364;ßtentheils nach den<lb/>
Gießereyen &#x017F;chickte, um Kanonen und Mo&#x0364;r&#x017F;er dar-<lb/>
aus gießen zu la&#x017F;&#x017F;en. Auch wurde eine große<lb/>
Menge dicker Sous (<hi rendition="#aq">gros &#x017F;ous</hi>) aus Glocken&#x017F;pei&#x017F;e<lb/>
gemu&#x0364;nzt. Man ließ nur gerade &#x017F;o viele Glocken in<lb/>
den Sta&#x0364;dten und Do&#x0364;rfern, als zu den Thurm-Uh-<lb/>
ren erforderlich waren. &#x2014; Von den Thu&#x0364;rmen ging<lb/>
man in die Kirche &#x017F;elb&#x017F;t, nahm alles Gold, Sil-<lb/>
ber, Edel&#x017F;teine und andre Ko&#x017F;tbarkeiten weg, womit<lb/>
z. B. die heiligen Reliquien geziert waren, und<lb/>
&#x017F;chickte das alles in den Schatz der Di&#x017F;trikte und<lb/>
Departementer. Die Meßgewa&#x0364;nder wurden o&#x0364;ffent-<lb/>
lich auf dem Tro&#x0364;del verkauft, und die Kirchenlein-<lb/>
wand, als Altar-Tu&#x0364;cher, Alben, Ro&#x0364;cheln, Hu-<lb/>
meralen u. dgl. in die Ho&#x017F;pita&#x0364;ler ge&#x017F;chickt. Das<lb/>
Holzwerk der Kirchen, als Altar, Kanzel, Orgel,<lb/>
Beicht&#x017F;tu&#x0364;hle und Ba&#x0364;nke, wurde an Ti&#x017F;chler, der<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[266/0270] fuͤr Nationalguͤter erklaͤrt wurden. Die Admini- ſtration dieſer neuen Guͤter wurde den Departemen- tern und Diſtrikten uͤbergeben. Neuer Triumph fuͤr die Jakobiner! Die Kirchen wurden hierauf im ganzen Reiche verwuͤſtet! Ich rede hier von den Pfarrkirchen und Kathedralen: denn die Kloſterkirchen waren ſchon vorher meiſtens ausgeraͤumt, und zu profanem Ge- brauch beſtimmt worden. Zu allererſt warf man von den Thuͤrmen alle Glocken herab, welche man groͤßtentheils nach den Gießereyen ſchickte, um Kanonen und Moͤrſer dar- aus gießen zu laſſen. Auch wurde eine große Menge dicker Sous (gros ſous) aus Glockenſpeiſe gemuͤnzt. Man ließ nur gerade ſo viele Glocken in den Staͤdten und Doͤrfern, als zu den Thurm-Uh- ren erforderlich waren. — Von den Thuͤrmen ging man in die Kirche ſelbſt, nahm alles Gold, Sil- ber, Edelſteine und andre Koſtbarkeiten weg, womit z. B. die heiligen Reliquien geziert waren, und ſchickte das alles in den Schatz der Diſtrikte und Departementer. Die Meßgewaͤnder wurden oͤffent- lich auf dem Troͤdel verkauft, und die Kirchenlein- wand, als Altar-Tuͤcher, Alben, Roͤcheln, Hu- meralen u. dgl. in die Hoſpitaͤler geſchickt. Das Holzwerk der Kirchen, als Altar, Kanzel, Orgel, Beichtſtuͤhle und Baͤnke, wurde an Tiſchler, der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/270
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/270>, abgerufen am 25.04.2024.