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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802.

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Schwangerschaft. Er leugnete es zwar gegen je-
derman, aber ein Verdacht dieser Art und ein sol-
ches Geschwätz ist schwer zu widerlegen und zu stil-
len; daher konnte es auch nicht fehlen, daß die
Gattin des Engelmann ihm manche trübe Stunde
machte, und sich fast täglich mit ihm zankte. Auf
einmal verschwand das Mädchen, und wurde ei-
nige Tage hernach in der Saale todt gefunden.
Einige liederliche Buben, welche grade um diese
Zeit wegen allerhand Hallunkenstreichen eingezogen
wurden, sagten ganz von freyen Stücken vor Ge-
richt aus, Engelmann habe sie bestellt, das Mäd-
chen in ihrer Wohnung zu ermorden, und hernach
in die Saale zu werfen. Daß auf diese Aussage
Engelmann sofort eingezogen wurde, versteht sich
von selbst, aber bey der Untersuchung fanden sich
so viele Widersprüche zwischen den Aussagen der
Buben, und der Sache selbst, daß jeder Unbe-
fangne sehr leicht schließen mußte, die Schurken
haben falsch ausgesagt: indessen konnte doch En-
gelmann nicht eher losgelassen werden, bis seine
Unschuld vollkommen erwiesen war. Dieß bewirkte
ein hiesiger Rechtsgelehrter, Herr Justizcommis-
sar Rupprich, welchem ich den Ruhm eines habi-
len Sachwalters sehr gerne zugestehe, ob er gleich
mein Freund nicht ist, wie ich weiterhin dociren
werde. Die Unschuld des Engelmann wurde voll-

Schwangerſchaft. Er leugnete es zwar gegen je-
derman, aber ein Verdacht dieſer Art und ein ſol-
ches Geſchwaͤtz iſt ſchwer zu widerlegen und zu ſtil-
len; daher konnte es auch nicht fehlen, daß die
Gattin des Engelmann ihm manche truͤbe Stunde
machte, und ſich faſt taͤglich mit ihm zankte. Auf
einmal verſchwand das Maͤdchen, und wurde ei-
nige Tage hernach in der Saale todt gefunden.
Einige liederliche Buben, welche grade um dieſe
Zeit wegen allerhand Hallunkenſtreichen eingezogen
wurden, ſagten ganz von freyen Stuͤcken vor Ge-
richt aus, Engelmann habe ſie beſtellt, das Maͤd-
chen in ihrer Wohnung zu ermorden, und hernach
in die Saale zu werfen. Daß auf dieſe Ausſage
Engelmann ſofort eingezogen wurde, verſteht ſich
von ſelbſt, aber bey der Unterſuchung fanden ſich
ſo viele Widerſpruͤche zwiſchen den Ausſagen der
Buben, und der Sache ſelbſt, daß jeder Unbe-
fangne ſehr leicht ſchließen mußte, die Schurken
haben falſch ausgeſagt: indeſſen konnte doch En-
gelmann nicht eher losgelaſſen werden, bis ſeine
Unſchuld vollkommen erwieſen war. Dieß bewirkte
ein hieſiger Rechtsgelehrter, Herr Juſtizcommiſ-
ſar Rupprich, welchem ich den Ruhm eines habi-
len Sachwalters ſehr gerne zugeſtehe, ob er gleich
mein Freund nicht iſt, wie ich weiterhin dociren
werde. Die Unſchuld des Engelmann wurde voll-

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[152/0160] Schwangerſchaft. Er leugnete es zwar gegen je- derman, aber ein Verdacht dieſer Art und ein ſol- ches Geſchwaͤtz iſt ſchwer zu widerlegen und zu ſtil- len; daher konnte es auch nicht fehlen, daß die Gattin des Engelmann ihm manche truͤbe Stunde machte, und ſich faſt taͤglich mit ihm zankte. Auf einmal verſchwand das Maͤdchen, und wurde ei- nige Tage hernach in der Saale todt gefunden. Einige liederliche Buben, welche grade um dieſe Zeit wegen allerhand Hallunkenſtreichen eingezogen wurden, ſagten ganz von freyen Stuͤcken vor Ge- richt aus, Engelmann habe ſie beſtellt, das Maͤd- chen in ihrer Wohnung zu ermorden, und hernach in die Saale zu werfen. Daß auf dieſe Ausſage Engelmann ſofort eingezogen wurde, verſteht ſich von ſelbſt, aber bey der Unterſuchung fanden ſich ſo viele Widerſpruͤche zwiſchen den Ausſagen der Buben, und der Sache ſelbſt, daß jeder Unbe- fangne ſehr leicht ſchließen mußte, die Schurken haben falſch ausgeſagt: indeſſen konnte doch En- gelmann nicht eher losgelaſſen werden, bis ſeine Unſchuld vollkommen erwieſen war. Dieß bewirkte ein hieſiger Rechtsgelehrter, Herr Juſtizcommiſ- ſar Rupprich, welchem ich den Ruhm eines habi- len Sachwalters ſehr gerne zugeſtehe, ob er gleich mein Freund nicht iſt, wie ich weiterhin dociren werde. Die Unſchuld des Engelmann wurde voll-

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben05_1802/160>, abgerufen am 29.03.2024.