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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802.

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oder nicht: nimm, Freund, nimm eine Frau,
oder nimm keine, es wird dich gereuen auf je-
den Fall.

Der Mann hatte Recht, aber Unrecht war
es doch von ihm, daß er als ein großer Kenner
die Folgen des Heirathens und der Hagestolzerey
nicht genauer bestimmte, in welchem Falle die
Reue am stärksten sey, im ersten oder im andern
nämlich so im Allgemeinen: denn gleich wie es keine
durchaus anwendbare Regeln für das menschliche
Betragen giebt, so giebt es auch keine für die
Heirathen, doch dächte ich, daß das Cölibat
lange nicht so viel verdrußvolle Stunden nach
sich zöge, als der heilige Ehestand. Meine Leser
sehen ohne mein Erinnern, daß diese Aeußerung
bloß meine Privatgedanken ausdrückt, die ich
durchaus nicht als richtig verkaufen mag, vorzüg-
lich denen nicht, welche sich in ihrem lieben Binde-
stande wohl befinden; von diesen überglücklichen
Menschen gilt der Spruch des Dichters:

Si quis amat, quod amare juvat, feliciter
ardet,
Gaudeat et vento naviget usque suo.
*)

Und ledigen Personen über diesen Punkt
predigen, heißt tauben Ohren predigen: ich hatte
ja auch die sechste Satire des Juvenalis gelesen,

*) Ovid. de Rem. Amor. L. I.

oder nicht: nimm, Freund, nimm eine Frau,
oder nimm keine, es wird dich gereuen auf je-
den Fall.

Der Mann hatte Recht, aber Unrecht war
es doch von ihm, daß er als ein großer Kenner
die Folgen des Heirathens und der Hageſtolzerey
nicht genauer beſtimmte, in welchem Falle die
Reue am ſtaͤrkſten ſey, im erſten oder im andern
naͤmlich ſo im Allgemeinen: denn gleich wie es keine
durchaus anwendbare Regeln fuͤr das menſchliche
Betragen giebt, ſo giebt es auch keine fuͤr die
Heirathen, doch daͤchte ich, daß das Coͤlibat
lange nicht ſo viel verdrußvolle Stunden nach
ſich zoͤge, als der heilige Eheſtand. Meine Leſer
ſehen ohne mein Erinnern, daß dieſe Aeußerung
bloß meine Privatgedanken ausdruͤckt, die ich
durchaus nicht als richtig verkaufen mag, vorzuͤg-
lich denen nicht, welche ſich in ihrem lieben Binde-
ſtande wohl befinden; von dieſen uͤbergluͤcklichen
Menſchen gilt der Spruch des Dichters:

Si quis amat, quod amare juvat, feliciter
ardet,
Gaudeat et vento naviget usque ſuo.
*)

Und ledigen Perſonen uͤber dieſen Punkt
predigen, heißt tauben Ohren predigen: ich hatte
ja auch die ſechste Satire des Juvenalis geleſen,

*) Ovid. de Rem. Amor. L. I.
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[11/0019] oder nicht: nimm, Freund, nimm eine Frau, oder nimm keine, es wird dich gereuen auf je- den Fall. Der Mann hatte Recht, aber Unrecht war es doch von ihm, daß er als ein großer Kenner die Folgen des Heirathens und der Hageſtolzerey nicht genauer beſtimmte, in welchem Falle die Reue am ſtaͤrkſten ſey, im erſten oder im andern naͤmlich ſo im Allgemeinen: denn gleich wie es keine durchaus anwendbare Regeln fuͤr das menſchliche Betragen giebt, ſo giebt es auch keine fuͤr die Heirathen, doch daͤchte ich, daß das Coͤlibat lange nicht ſo viel verdrußvolle Stunden nach ſich zoͤge, als der heilige Eheſtand. Meine Leſer ſehen ohne mein Erinnern, daß dieſe Aeußerung bloß meine Privatgedanken ausdruͤckt, die ich durchaus nicht als richtig verkaufen mag, vorzuͤg- lich denen nicht, welche ſich in ihrem lieben Binde- ſtande wohl befinden; von dieſen uͤbergluͤcklichen Menſchen gilt der Spruch des Dichters: Si quis amat, quod amare juvat, feliciter ardet, Gaudeat et vento naviget usque ſuo. *) Und ledigen Perſonen uͤber dieſen Punkt predigen, heißt tauben Ohren predigen: ich hatte ja auch die ſechste Satire des Juvenalis geleſen, *) Ovid. de Rem. Amor. L. I.

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben05_1802/19>, abgerufen am 28.03.2024.