Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802.

Bild:
<< vorherige Seite
-- Tarpejum limen adora
Bonus et auratam Junoni caede juvencam,
Si tibi contigerit capitis matrona pudici!
Paucae adeo Cereris vittas contingere dignae
Quarum non timeat pater oscula --

sagt Juvenalis *) vielleicht etwas stark, aber sehr
wahr für seine Zeit, und für die unsrige nicht ganz
falsch wenigstens. Da nun die Hörnerträgerey so
ein gemeines, ja gar allgemeines Uebel ist, so darf
man beynahe behaupten, es sey ein nothwendiges
Uebel, und daher ist es recht, und billig, daß man
es mit Gedult ertrage, und so viel als möglich ist,
zu lindern und zu bessern suche, wenn es eintritt.
Die Franzosen haben daher ganz Recht, daß sie
wenig eifersüchtig sind, und es von jeher auch we-
nig waren: Die sonst so eifersüchtigen Italiener
und Spanier sind zu unsern Zeiten sehr nachsichtig,
und in Italien hat jede Dame einen Cicisbeo, so
wie in Spanien jede einen Corteja hat: geringere
Frauenzimmer haben hier ihre amigos und in Ita-
lien ihre vicini. Das ist schon recht so: die Leute
sind tolerant geworden, und haben eingesehen, daß
unter allen Bocksstreichen keine närrischer heraus-
kommen, als die, welche ein Eifersüchtiger ge-
wöhnlich macht.


*) Sat. VI. v. 49.
— Tarpejum limen adora
Bonus et auratam Junoni caede juvencam,
Si tibi contigerit capitis matrona pudici!
Paucae adeo Cereris vittas contingere dignae
Quarum non timeat pater oſcula —

ſagt Juvenalis *) vielleicht etwas ſtark, aber ſehr
wahr fuͤr ſeine Zeit, und fuͤr die unſrige nicht ganz
falſch wenigſtens. Da nun die Hoͤrnertraͤgerey ſo
ein gemeines, ja gar allgemeines Uebel iſt, ſo darf
man beynahe behaupten, es ſey ein nothwendiges
Uebel, und daher iſt es recht, und billig, daß man
es mit Gedult ertrage, und ſo viel als moͤglich iſt,
zu lindern und zu beſſern ſuche, wenn es eintritt.
Die Franzoſen haben daher ganz Recht, daß ſie
wenig eiferſuͤchtig ſind, und es von jeher auch we-
nig waren: Die ſonſt ſo eiferſuͤchtigen Italiener
und Spanier ſind zu unſern Zeiten ſehr nachſichtig,
und in Italien hat jede Dame einen Cicisbeo, ſo
wie in Spanien jede einen Corteja hat: geringere
Frauenzimmer haben hier ihre amigos und in Ita-
lien ihre vicini. Das iſt ſchon recht ſo: die Leute
ſind tolerant geworden, und haben eingeſehen, daß
unter allen Bocksſtreichen keine naͤrriſcher heraus-
kommen, als die, welche ein Eiferſuͤchtiger ge-
woͤhnlich macht.


*) Sat. VI. v. 49.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0242" n="234"/>
        <lg type="poem">
          <l> <hi rendition="#et"> <hi rendition="#aq">&#x2014; Tarpejum limen adora</hi> </hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et"> <hi rendition="#aq">Bonus et auratam Junoni caede juvencam,</hi> </hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et"> <hi rendition="#aq">Si tibi contigerit capitis matrona pudici!</hi> </hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et"> <hi rendition="#aq">Paucae adeo Cereris vittas contingere dignae</hi> </hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et"> <hi rendition="#aq">Quarum non timeat pater o&#x017F;cula &#x2014;</hi> </hi> </l>
        </lg><lb/>
        <p>&#x017F;agt Juvenalis <note place="foot" n="*)"><hi rendition="#aq">Sat. VI. v.</hi> 49.</note> vielleicht etwas &#x017F;tark, aber &#x017F;ehr<lb/>
wahr fu&#x0364;r &#x017F;eine Zeit, und fu&#x0364;r die un&#x017F;rige nicht ganz<lb/>
fal&#x017F;ch wenig&#x017F;tens. Da nun die Ho&#x0364;rnertra&#x0364;gerey &#x017F;o<lb/>
ein gemeines, ja gar allgemeines Uebel i&#x017F;t, &#x017F;o darf<lb/>
man beynahe behaupten, es &#x017F;ey ein nothwendiges<lb/>
Uebel, und daher i&#x017F;t es recht, und billig, daß man<lb/>
es mit Gedult ertrage, und &#x017F;o viel als mo&#x0364;glich i&#x017F;t,<lb/>
zu lindern und zu be&#x017F;&#x017F;ern &#x017F;uche, wenn es eintritt.<lb/>
Die Franzo&#x017F;en haben daher ganz Recht, daß &#x017F;ie<lb/>
wenig eifer&#x017F;u&#x0364;chtig &#x017F;ind, und es von jeher auch we-<lb/>
nig waren: Die &#x017F;on&#x017F;t &#x017F;o eifer&#x017F;u&#x0364;chtigen Italiener<lb/>
und Spanier &#x017F;ind zu un&#x017F;ern Zeiten &#x017F;ehr nach&#x017F;ichtig,<lb/>
und in Italien hat jede Dame einen <hi rendition="#aq">Cicisbeo,</hi> &#x017F;o<lb/>
wie in Spanien jede einen <hi rendition="#aq">Corteja</hi> hat: geringere<lb/>
Frauenzimmer haben hier ihre <hi rendition="#aq">amigos</hi> und in Ita-<lb/>
lien ihre <hi rendition="#aq">vicini.</hi> Das i&#x017F;t &#x017F;chon recht &#x017F;o: die Leute<lb/>
&#x017F;ind tolerant geworden, und haben einge&#x017F;ehen, daß<lb/>
unter allen Bocks&#x017F;treichen keine na&#x0364;rri&#x017F;cher heraus-<lb/>
kommen, als die, welche ein Eifer&#x017F;u&#x0364;chtiger ge-<lb/>
wo&#x0364;hnlich macht.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[234/0242] — Tarpejum limen adora Bonus et auratam Junoni caede juvencam, Si tibi contigerit capitis matrona pudici! Paucae adeo Cereris vittas contingere dignae Quarum non timeat pater oſcula — ſagt Juvenalis *) vielleicht etwas ſtark, aber ſehr wahr fuͤr ſeine Zeit, und fuͤr die unſrige nicht ganz falſch wenigſtens. Da nun die Hoͤrnertraͤgerey ſo ein gemeines, ja gar allgemeines Uebel iſt, ſo darf man beynahe behaupten, es ſey ein nothwendiges Uebel, und daher iſt es recht, und billig, daß man es mit Gedult ertrage, und ſo viel als moͤglich iſt, zu lindern und zu beſſern ſuche, wenn es eintritt. Die Franzoſen haben daher ganz Recht, daß ſie wenig eiferſuͤchtig ſind, und es von jeher auch we- nig waren: Die ſonſt ſo eiferſuͤchtigen Italiener und Spanier ſind zu unſern Zeiten ſehr nachſichtig, und in Italien hat jede Dame einen Cicisbeo, ſo wie in Spanien jede einen Corteja hat: geringere Frauenzimmer haben hier ihre amigos und in Ita- lien ihre vicini. Das iſt ſchon recht ſo: die Leute ſind tolerant geworden, und haben eingeſehen, daß unter allen Bocksſtreichen keine naͤrriſcher heraus- kommen, als die, welche ein Eiferſuͤchtiger ge- woͤhnlich macht. *) Sat. VI. v. 49.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben05_1802
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben05_1802/242
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben05_1802/242>, abgerufen am 29.03.2024.