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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802.

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theil war nun in der That nicht hart, und in der
Sentenz hatten die Herren weder despotisch noch
anzüglich gesprochen. Hr. D. Stisser fragte mich,
ob ich mit dem Spruche zufrieden sey, oder ob ich
dagegen einkommen wolle? Ich verneinte dieses,
und erklärte, daß ich einsitzen wolle, nur müsse es
an einem Sonnabend und Sonntag geschehen, da
ich an den andern Tagen Unterricht zu geben hätte.
Meine Frau erschrack fürchterlich, als sie hörte, ich
müsse aufs Karzer; aber ich erklärte ihr alles, und
führte ihr Beyspiele an, und sie lachte, wie ich,
obgleich aus verschiedenen Gründen.

Ich konnte mich sehr leicht trösten: denn wie
oft habe ich und andere ehrliche Kerle in Gießen
wegen des vertrakten Eulerkappers sitzen müssen,
zwey, drey Tage und noch länger? Rief ich Abends:
pereat Eulerkaper, kapper, kapper! und wurde
entdeckt, so waren mir wenigstens zwey Tage Kar-
zerstrafe gewiß. Der Assessor Kornmann glaubte
sich von mir beleidigt, und die Regierung glaubte
es auch, also war es natürlich, daß ich gestraft wer-
den mußte. Und doch ist Hr. Kornmann eine ganz
andere Person als der Gießer Eulerkapper: dieser
war ein elender Mädchenschulmonarch, ein Jo-
hann Heinrich Eulerkapper, Ritter von
Fellaga
, des heiligen Römischen Reichs
Großkroneselsohrträger
, Hunzfott,

Laukh. Leben 5ter Theil S

theil war nun in der That nicht hart, und in der
Sentenz hatten die Herren weder deſpotiſch noch
anzuͤglich geſprochen. Hr. D. Stiſſer fragte mich,
ob ich mit dem Spruche zufrieden ſey, oder ob ich
dagegen einkommen wolle? Ich verneinte dieſes,
und erklaͤrte, daß ich einſitzen wolle, nur muͤſſe es
an einem Sonnabend und Sonntag geſchehen, da
ich an den andern Tagen Unterricht zu geben haͤtte.
Meine Frau erſchrack fuͤrchterlich, als ſie hoͤrte, ich
muͤſſe aufs Karzer; aber ich erklaͤrte ihr alles, und
fuͤhrte ihr Beyſpiele an, und ſie lachte, wie ich,
obgleich aus verſchiedenen Gruͤnden.

Ich konnte mich ſehr leicht troͤſten: denn wie
oft habe ich und andere ehrliche Kerle in Gießen
wegen des vertrakten Eulerkappers ſitzen muͤſſen,
zwey, drey Tage und noch laͤnger? Rief ich Abends:
pereat Eulerkaper, kapper, kapper! und wurde
entdeckt, ſo waren mir wenigſtens zwey Tage Kar-
zerſtrafe gewiß. Der Aſſeſſor Kornmann glaubte
ſich von mir beleidigt, und die Regierung glaubte
es auch, alſo war es natuͤrlich, daß ich geſtraft wer-
den mußte. Und doch iſt Hr. Kornmann eine ganz
andere Perſon als der Gießer Eulerkapper: dieſer
war ein elender Maͤdchenschulmonarch, ein Jo-
hann Heinrich Eulerkapper, Ritter von
Fellaga
, des heiligen Roͤmiſchen Reichs
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[273/0281] theil war nun in der That nicht hart, und in der Sentenz hatten die Herren weder deſpotiſch noch anzuͤglich geſprochen. Hr. D. Stiſſer fragte mich, ob ich mit dem Spruche zufrieden ſey, oder ob ich dagegen einkommen wolle? Ich verneinte dieſes, und erklaͤrte, daß ich einſitzen wolle, nur muͤſſe es an einem Sonnabend und Sonntag geſchehen, da ich an den andern Tagen Unterricht zu geben haͤtte. Meine Frau erſchrack fuͤrchterlich, als ſie hoͤrte, ich muͤſſe aufs Karzer; aber ich erklaͤrte ihr alles, und fuͤhrte ihr Beyſpiele an, und ſie lachte, wie ich, obgleich aus verſchiedenen Gruͤnden. Ich konnte mich ſehr leicht troͤſten: denn wie oft habe ich und andere ehrliche Kerle in Gießen wegen des vertrakten Eulerkappers ſitzen muͤſſen, zwey, drey Tage und noch laͤnger? Rief ich Abends: pereat Eulerkaper, kapper, kapper! und wurde entdeckt, ſo waren mir wenigſtens zwey Tage Kar- zerſtrafe gewiß. Der Aſſeſſor Kornmann glaubte ſich von mir beleidigt, und die Regierung glaubte es auch, alſo war es natuͤrlich, daß ich geſtraft wer- den mußte. Und doch iſt Hr. Kornmann eine ganz andere Perſon als der Gießer Eulerkapper: dieſer war ein elender Maͤdchenschulmonarch, ein Jo- hann Heinrich Eulerkapper, Ritter von Fellaga, des heiligen Roͤmiſchen Reichs Großkroneſelsohrtraͤger, Hunzfott, Laukh. Leben 5ter Theil S

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802, S. 273. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben05_1802/281>, abgerufen am 18.04.2024.