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Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 3. Leipzig u. a., 1777.

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Künstler.
b. Michelange Buonarotti.
Zwey Profile.
Des III. Ban-
des LIII.
Tafel.

Hier das Löwengesicht in zwey Profilen. Etwas von Cäsars Felsenstirne --
aber unten abgerundeter. Die obere etwas länglichtere Stirn ist weder so edel, noch
so geistreich, als die untere. Der obere Theil des untenstehenden Umrisses empfängt viel mehr,
und giebt viel mehr, und ist mit dem ganzen Charakter des Mannes und des Gesichtes harmo-
nischer, als beym obern. Das Aug in beyden ist gewiß zu breit und zu matt. Der Stern
im obern besser und treffender im Hinschauen, als im untern. So wie hingegen der Vordrang
der Stirn im untern wahrer, kräftiger, erfinderischer ist, als im obern. Die Nase im obern
ist schöner -- im untern um ein Haar bizarrer und unedler. Ohne Grazie ist der Mund in
beyden. Kinn und Haarwuchs -- sichere Zeichen von Vordrang und Fruchtbarkeit. Die
Breite des Oberhaupts im untern -- ist äußerst vortheilhaft für den Eindruck von Reichthum
und Erfindungskraft. Das Eckigte des Ohres, besonders in 2, ist bemerkenswerth -- ist nicht
jungfräulich und weiblich.

Einen
Kuͤnſtler.
b. Michelange Buonarotti.
Zwey Profile.
Des III. Ban-
des LIII.
Tafel.

Hier das Loͤwengeſicht in zwey Profilen. Etwas von Caͤſars Felſenſtirne —
aber unten abgerundeter. Die obere etwas laͤnglichtere Stirn iſt weder ſo edel, noch
ſo geiſtreich, als die untere. Der obere Theil des untenſtehenden Umriſſes empfaͤngt viel mehr,
und giebt viel mehr, und iſt mit dem ganzen Charakter des Mannes und des Geſichtes harmo-
niſcher, als beym obern. Das Aug in beyden iſt gewiß zu breit und zu matt. Der Stern
im obern beſſer und treffender im Hinſchauen, als im untern. So wie hingegen der Vordrang
der Stirn im untern wahrer, kraͤftiger, erfinderiſcher iſt, als im obern. Die Naſe im obern
iſt ſchoͤner — im untern um ein Haar bizarrer und unedler. Ohne Grazie iſt der Mund in
beyden. Kinn und Haarwuchs — ſichere Zeichen von Vordrang und Fruchtbarkeit. Die
Breite des Oberhaupts im untern — iſt aͤußerſt vortheilhaft fuͤr den Eindruck von Reichthum
und Erfindungskraft. Das Eckigte des Ohres, beſonders in 2, iſt bemerkenswerth — iſt nicht
jungfraͤulich und weiblich.

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[183/0305] Kuͤnſtler. b. Michelange Buonarotti. Zwey Profile. Hier das Loͤwengeſicht in zwey Profilen. Etwas von Caͤſars Felſenſtirne — aber unten abgerundeter. Die obere etwas laͤnglichtere Stirn iſt weder ſo edel, noch ſo geiſtreich, als die untere. Der obere Theil des untenſtehenden Umriſſes empfaͤngt viel mehr, und giebt viel mehr, und iſt mit dem ganzen Charakter des Mannes und des Geſichtes harmo- niſcher, als beym obern. Das Aug in beyden iſt gewiß zu breit und zu matt. Der Stern im obern beſſer und treffender im Hinſchauen, als im untern. So wie hingegen der Vordrang der Stirn im untern wahrer, kraͤftiger, erfinderiſcher iſt, als im obern. Die Naſe im obern iſt ſchoͤner — im untern um ein Haar bizarrer und unedler. Ohne Grazie iſt der Mund in beyden. Kinn und Haarwuchs — ſichere Zeichen von Vordrang und Fruchtbarkeit. Die Breite des Oberhaupts im untern — iſt aͤußerſt vortheilhaft fuͤr den Eindruck von Reichthum und Erfindungskraft. Das Eckigte des Ohres, beſonders in 2, iſt bemerkenswerth — iſt nicht jungfraͤulich und weiblich. Einen

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Zitationshilfe: Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 3. Leipzig u. a., 1777, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_fragmente03_1777/305>, abgerufen am 28.03.2024.