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Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 4. Leipzig u. a., 1778.

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Neuntes Fragment.
Vermischte Gedanken aus Kämpfers Abhandlung von den Tem-
peramenten, mit Anmerkungen des Verfassers.
1.

"Sollte es der Physiognomik nicht etwan ergehen wie dem Spiegel bey einem häßlichen Frau-
"enzimmer?" -- Und wie dem Spiegel, thu ich hinzu, bey einem schönen -- wer weise ist, schaut
in den Spiegel, und reinigt sich. Der Thor wendet sich und bleibt, wie er war.

2.

"Frequenter omnino accidit, vt obstetrices pueri cerea corpuscula desorment, et
"capitis figuram corrumpant, rudius adprehendendo. Inde adeo frequentes fatui, quorum
"capita semper male formata esse, oblonga, vel angulosa, vel aliter a naturali figura alie-
"na, et ego vidi et Willisius." Boerhaave Praelection. in propr. Institut. §. 797.

Auch gewaltthätige Fälle und Quetschungen haben oft die Wirkung, verständige Köpfe
von halb und ganz Erwachsenen zu Narren oder Halbnarren zu machen. Aber bey weitem nicht
alle Thoren sind es durch Verwahrlosung der Wehmütter -- oder durch gewaltsame Zufälle.
Nachstehender gewiß nicht.

[Abbildung]

3. Jedes
K 2
Neuntes Fragment.
Vermiſchte Gedanken aus Kaͤmpfers Abhandlung von den Tem-
peramenten, mit Anmerkungen des Verfaſſers.
1.

Sollte es der Phyſiognomik nicht etwan ergehen wie dem Spiegel bey einem haͤßlichen Frau-
„enzimmer?“ — Und wie dem Spiegel, thu ich hinzu, bey einem ſchoͤnen — wer weiſe iſt, ſchaut
in den Spiegel, und reinigt ſich. Der Thor wendet ſich und bleibt, wie er war.

2.

Frequenter omnino accidit, vt obſtetrices pueri cerea corpuſcula deſorment, et
„capitis figuram corrumpant, rudius adprehendendo. Inde adeo frequentes fatui, quorum
„capita ſemper male formata eſſe, oblonga, vel anguloſa, vel aliter a naturali figura alie-
„na, et ego vidi et Williſius.“ Boerhaave Praelection. in propr. Inſtitut. §. 797.

Auch gewaltthaͤtige Faͤlle und Quetſchungen haben oft die Wirkung, verſtaͤndige Koͤpfe
von halb und ganz Erwachſenen zu Narren oder Halbnarren zu machen. Aber bey weitem nicht
alle Thoren ſind es durch Verwahrloſung der Wehmuͤtter — oder durch gewaltſame Zufaͤlle.
Nachſtehender gewiß nicht.

[Abbildung]

3. Jedes
K 2
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[75/0103] Neuntes Fragment. Vermiſchte Gedanken aus Kaͤmpfers Abhandlung von den Tem- peramenten, mit Anmerkungen des Verfaſſers. 1. „Sollte es der Phyſiognomik nicht etwan ergehen wie dem Spiegel bey einem haͤßlichen Frau- „enzimmer?“ — Und wie dem Spiegel, thu ich hinzu, bey einem ſchoͤnen — wer weiſe iſt, ſchaut in den Spiegel, und reinigt ſich. Der Thor wendet ſich und bleibt, wie er war. 2. „Frequenter omnino accidit, vt obſtetrices pueri cerea corpuſcula deſorment, et „capitis figuram corrumpant, rudius adprehendendo. Inde adeo frequentes fatui, quorum „capita ſemper male formata eſſe, oblonga, vel anguloſa, vel aliter a naturali figura alie- „na, et ego vidi et Williſius.“ Boerhaave Praelection. in propr. Inſtitut. §. 797. Auch gewaltthaͤtige Faͤlle und Quetſchungen haben oft die Wirkung, verſtaͤndige Koͤpfe von halb und ganz Erwachſenen zu Narren oder Halbnarren zu machen. Aber bey weitem nicht alle Thoren ſind es durch Verwahrloſung der Wehmuͤtter — oder durch gewaltſame Zufaͤlle. Nachſtehender gewiß nicht. [Abbildung] 3. Jedes K 2

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Zitationshilfe: Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 4. Leipzig u. a., 1778, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_fragmente04_1778/103>, abgerufen am 29.03.2024.