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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

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Die Weiterverarbeitung des schmiedbaren Eisens.
bestimmten Dampfhämmer wie durch Vervollkommnung der zugehörigen
Hilfsapparate in den letzten Jahrzehnten erhielt man die Möglichkeit,
entsprechend grosse Flusseisenblöcke ohne Schweissung zu Schmiede-
stücken zu verarbeiten, deren Darstellung früher für unmöglich ge-
halten sein würde.

Die Wärmöfen und Heizgruben.

Die Temperatur, auf welche das Flusseisen, um verarbeitet zu
werden, erhitzt werden muss, liegt durchgängig niedriger als diejenige,
deren das Schweisseisen bedarf, um geschweisst und von Schlacke ge-
reinigt zu werden. Nur die kohlenstoffärmsten Sorten Bessemer- oder
Martineisens ertragen eine Temperatur, welche der Schweisstemperatur
des sehnigen Schweisseisens nahe liegt; je reicher an Kohlenstoff,
Silicium oder Mangan das Flusseisen ist, desto leichter ist es der Gefahr
des Verbrennens (S. 642) beziehentlich des beginnenden Schmelzens
unterworfen, in desto weniger hoher Temperatur muss es verarbeitet
werden. Auch Schweissstahl erträgt und verlangt stärkere Erhitzung
für eine günstig verlaufende Verarbeitung als Flussstahl mit dem
gleichen Kohlenstoffgehalte.

Aus diesem Grunde pflegt man die Oefen, in welchen die Er-
hitzung der Flusseisenblöcke vorgenommen wird, wohl als "Wärmöfen"
zu bezeichnen, um sie von den für stärkere Erhitzung bestimmten,
früher besprochenen Schweissöfen zu unterscheiden.

Da nun aber die Flusseisenblöcke, nachdem sie gegossen wurden,
ohnehin allmählich sämmtliche Temperaturen von der Schmelzhitze bis
zur völligen Abkühlung durchlaufen, so muss der Gedanke nahe liegen,
sie zur Ersparung einer besonderen Erhitzung sofort der Verarbeitung
zu unterziehen, sobald sie nach dem Erstarren auf die dafür geeignete
Temperatur abgekühlt sind. Ohne Weiteres ist nun freilich ein solches
Verfahren nicht ausführbar. Die Abkühlung der Blöcke geht natur-
gemäss nicht gleichmässig innerhalb des ganzen Querschnittes vor sich,
sondern beginnt rasch an der Aussenfläche und setzt sich dann ganz
allmählich nach innen fort. Die äussere Kruste ist bereits hart und
spröde, während der Block im Innern noch vollständig weich, unter
Umständen noch flüssig ist. Wollte man denselben in diesem Zustande
schmieden oder walzen, so würde das weiche Metall aus dem Innern
herausgedrückt werden und die Kruste Risse bekommen.

Immerhin lässt sich ein beträchtlicher Theil Brennstoff ersparen,
wenn man die Blöcke noch heiss in den Ofen bringt, wo sie nunmehr
wieder von aussen erwärmt werden. Es findet rasch Wärmeausgleichung
statt, und die Erhitzung fällt gleichmässiger aus, als wenn ein kalter
Block in den Ofen eingesetzt wird. Ein derartiges Verfahren ist des-
halb überall da in Anwendung, wo die Betriebsverhältnisse es gestatten,
dass die Verarbeitung der Blöcke sich unmittelbar an die Herstellung
anreihe.

Ist jedoch der Betrieb umfangreich genug, dass die Einsätze rasch
auf einander folgen, die Blöcke also kurze Zeit, nachdem sie gegossen
wurden, zur Verarbeitung gelangen, so lässt sich selbst ohne An-
wendung jeden Brennstoffes
eine gleichmässige Durchwärmung

Die Weiterverarbeitung des schmiedbaren Eisens.
bestimmten Dampfhämmer wie durch Vervollkommnung der zugehörigen
Hilfsapparate in den letzten Jahrzehnten erhielt man die Möglichkeit,
entsprechend grosse Flusseisenblöcke ohne Schweissung zu Schmiede-
stücken zu verarbeiten, deren Darstellung früher für unmöglich ge-
halten sein würde.

Die Wärmöfen und Heizgruben.

Die Temperatur, auf welche das Flusseisen, um verarbeitet zu
werden, erhitzt werden muss, liegt durchgängig niedriger als diejenige,
deren das Schweisseisen bedarf, um geschweisst und von Schlacke ge-
reinigt zu werden. Nur die kohlenstoffärmsten Sorten Bessemer- oder
Martineisens ertragen eine Temperatur, welche der Schweisstemperatur
des sehnigen Schweisseisens nahe liegt; je reicher an Kohlenstoff,
Silicium oder Mangan das Flusseisen ist, desto leichter ist es der Gefahr
des Verbrennens (S. 642) beziehentlich des beginnenden Schmelzens
unterworfen, in desto weniger hoher Temperatur muss es verarbeitet
werden. Auch Schweissstahl erträgt und verlangt stärkere Erhitzung
für eine günstig verlaufende Verarbeitung als Flussstahl mit dem
gleichen Kohlenstoffgehalte.

Aus diesem Grunde pflegt man die Oefen, in welchen die Er-
hitzung der Flusseisenblöcke vorgenommen wird, wohl als „Wärmöfen“
zu bezeichnen, um sie von den für stärkere Erhitzung bestimmten,
früher besprochenen Schweissöfen zu unterscheiden.

Da nun aber die Flusseisenblöcke, nachdem sie gegossen wurden,
ohnehin allmählich sämmtliche Temperaturen von der Schmelzhitze bis
zur völligen Abkühlung durchlaufen, so muss der Gedanke nahe liegen,
sie zur Ersparung einer besonderen Erhitzung sofort der Verarbeitung
zu unterziehen, sobald sie nach dem Erstarren auf die dafür geeignete
Temperatur abgekühlt sind. Ohne Weiteres ist nun freilich ein solches
Verfahren nicht ausführbar. Die Abkühlung der Blöcke geht natur-
gemäss nicht gleichmässig innerhalb des ganzen Querschnittes vor sich,
sondern beginnt rasch an der Aussenfläche und setzt sich dann ganz
allmählich nach innen fort. Die äussere Kruste ist bereits hart und
spröde, während der Block im Innern noch vollständig weich, unter
Umständen noch flüssig ist. Wollte man denselben in diesem Zustande
schmieden oder walzen, so würde das weiche Metall aus dem Innern
herausgedrückt werden und die Kruste Risse bekommen.

Immerhin lässt sich ein beträchtlicher Theil Brennstoff ersparen,
wenn man die Blöcke noch heiss in den Ofen bringt, wo sie nunmehr
wieder von aussen erwärmt werden. Es findet rasch Wärmeausgleichung
statt, und die Erhitzung fällt gleichmässiger aus, als wenn ein kalter
Block in den Ofen eingesetzt wird. Ein derartiges Verfahren ist des-
halb überall da in Anwendung, wo die Betriebsverhältnisse es gestatten,
dass die Verarbeitung der Blöcke sich unmittelbar an die Herstellung
anreihe.

Ist jedoch der Betrieb umfangreich genug, dass die Einsätze rasch
auf einander folgen, die Blöcke also kurze Zeit, nachdem sie gegossen
wurden, zur Verarbeitung gelangen, so lässt sich selbst ohne An-
wendung jeden Brennstoffes
eine gleichmässige Durchwärmung

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[978/1066] Die Weiterverarbeitung des schmiedbaren Eisens. bestimmten Dampfhämmer wie durch Vervollkommnung der zugehörigen Hilfsapparate in den letzten Jahrzehnten erhielt man die Möglichkeit, entsprechend grosse Flusseisenblöcke ohne Schweissung zu Schmiede- stücken zu verarbeiten, deren Darstellung früher für unmöglich ge- halten sein würde. Die Wärmöfen und Heizgruben. Die Temperatur, auf welche das Flusseisen, um verarbeitet zu werden, erhitzt werden muss, liegt durchgängig niedriger als diejenige, deren das Schweisseisen bedarf, um geschweisst und von Schlacke ge- reinigt zu werden. Nur die kohlenstoffärmsten Sorten Bessemer- oder Martineisens ertragen eine Temperatur, welche der Schweisstemperatur des sehnigen Schweisseisens nahe liegt; je reicher an Kohlenstoff, Silicium oder Mangan das Flusseisen ist, desto leichter ist es der Gefahr des Verbrennens (S. 642) beziehentlich des beginnenden Schmelzens unterworfen, in desto weniger hoher Temperatur muss es verarbeitet werden. Auch Schweissstahl erträgt und verlangt stärkere Erhitzung für eine günstig verlaufende Verarbeitung als Flussstahl mit dem gleichen Kohlenstoffgehalte. Aus diesem Grunde pflegt man die Oefen, in welchen die Er- hitzung der Flusseisenblöcke vorgenommen wird, wohl als „Wärmöfen“ zu bezeichnen, um sie von den für stärkere Erhitzung bestimmten, früher besprochenen Schweissöfen zu unterscheiden. Da nun aber die Flusseisenblöcke, nachdem sie gegossen wurden, ohnehin allmählich sämmtliche Temperaturen von der Schmelzhitze bis zur völligen Abkühlung durchlaufen, so muss der Gedanke nahe liegen, sie zur Ersparung einer besonderen Erhitzung sofort der Verarbeitung zu unterziehen, sobald sie nach dem Erstarren auf die dafür geeignete Temperatur abgekühlt sind. Ohne Weiteres ist nun freilich ein solches Verfahren nicht ausführbar. Die Abkühlung der Blöcke geht natur- gemäss nicht gleichmässig innerhalb des ganzen Querschnittes vor sich, sondern beginnt rasch an der Aussenfläche und setzt sich dann ganz allmählich nach innen fort. Die äussere Kruste ist bereits hart und spröde, während der Block im Innern noch vollständig weich, unter Umständen noch flüssig ist. Wollte man denselben in diesem Zustande schmieden oder walzen, so würde das weiche Metall aus dem Innern herausgedrückt werden und die Kruste Risse bekommen. Immerhin lässt sich ein beträchtlicher Theil Brennstoff ersparen, wenn man die Blöcke noch heiss in den Ofen bringt, wo sie nunmehr wieder von aussen erwärmt werden. Es findet rasch Wärmeausgleichung statt, und die Erhitzung fällt gleichmässiger aus, als wenn ein kalter Block in den Ofen eingesetzt wird. Ein derartiges Verfahren ist des- halb überall da in Anwendung, wo die Betriebsverhältnisse es gestatten, dass die Verarbeitung der Blöcke sich unmittelbar an die Herstellung anreihe. Ist jedoch der Betrieb umfangreich genug, dass die Einsätze rasch auf einander folgen, die Blöcke also kurze Zeit, nachdem sie gegossen wurden, zur Verarbeitung gelangen, so lässt sich selbst ohne An- wendung jeden Brennstoffes eine gleichmässige Durchwärmung

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Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 978. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/1066>, abgerufen am 29.03.2024.