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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

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Das metallurgisch-chemische Verhalten des Eisens und seiner Begleiter.

Derselbe fand 1)

1. dass die reducirende Einwirkung des Wasserstoffes auf Eisen-
oxyde annähernd in der nämlichen Temperatur beginnt als diejenige des
Kohlenoxydes (ca. 200°C.);

2. dass in hoher Temperatur (angehender Weissgluth) das Maass
der durch Wasserstoff ausgeübten Reduction der Eisenoxyde sich in
noch stärkerem Maasse steigert als es bei der Reduction durch Kohlen-
oxyd der Fall ist. Durch ein Gasgemisch, welches aus 88.2 Volum-
theilen Kohlenoxyd, 10.6 Volumtheilen Wasserstoff, 1.2 Volumtheilen
Stickstoff bestand, wurden den Erzen in den verschiedenen Temperaturen
folgende Sauerstoffmengen entzogen: 2)

[Tabelle]

3. dass Wasserstoff, in Zinkschmelzhitze über Kalkstein geleitet,
die Kohlensäure desselben unter reichlicher Reduction zu Koh-
lenoxyd
vollständig austreibt.

4. Eisen und Kohlenstoff.
Aufnahme des Kohlenstoffs durch Eisen.

Das Bestreben des Eisens, sich mit Kohlenstoff zu legiren, ist so
stark, dass es kaum möglich ist, Eisen durch Kohle oder kohlenstoff-
haltige Gase zu reduciren, ohne dass wenigstens kleine Mengen Kohle
dabei von dem Eisen aufgenommen würden. Alles Handelseisen ist
daher kohlenstoffhaltig, obgleich bei einigen Sorten schmiedbaren Eisens
die Menge des Kohlenstoffgehaltes noch nicht 0.1 Proc. erreicht.

Schon durch einfache Erhitzung des Eisens mit Kohle oder kohle-
haltigen festen Körpern bis zur Rothgluth geht Kohlenstoff an das Eisen
über, sofern der Kohlenstoffgehalt des letzteren ein von der herrschen-
den Temperatur abhängiges Maass noch nicht erreicht hatte, und ver-
theilt sich von der Berührungsstelle aus durch Molekularwanderung
annähernd gleichmässig durch das ganze Eisenstück hindurch. Es ist
dieses ein Vorgang, auf welchem die in der dritten Abtheilung aus-
führlicher besprochene Darstellung des Cementstahles beruht.

Dass Kohlenoxyd bei anhaltender Einwirkung auf Eisen in Glüh-
hitze Kohlenstoff auf demselben ablagern könne (nach Gruner nur bei
Anwesenheit kleiner Mengen oxydirten Eisens), wurde schon auf S. 230
erwähnt; dass in diesem Falle der abgelagerte Kohlenstoff sich theil-
weise auch mit dem Eisen legiren werde, und dass wenigstens mittelbar
auf diese Weise eine Kohlung des letzteren durch das Kohlenoxyd
stattfindet, folgt aus dem, was soeben über die Fähigkeit des Eisens,
festen Kohlenstoff aufzunehmen, gesagt wurde, von selbst. Der Um-
stand, dass alles durch Kohlenoxyd reducirte Eisen kohlenstoffhaltig ist,

1) Ueber Entwickelung und Verwendung von Wärme, deutsch von Tunner,
S. 102, 107, 108.
2) Durch Analyse der Oxydationsgase ermittelt.
Das metallurgisch-chemische Verhalten des Eisens und seiner Begleiter.

Derselbe fand 1)

1. dass die reducirende Einwirkung des Wasserstoffes auf Eisen-
oxyde annähernd in der nämlichen Temperatur beginnt als diejenige des
Kohlenoxydes (ca. 200°C.);

2. dass in hoher Temperatur (angehender Weissgluth) das Maass
der durch Wasserstoff ausgeübten Reduction der Eisenoxyde sich in
noch stärkerem Maasse steigert als es bei der Reduction durch Kohlen-
oxyd der Fall ist. Durch ein Gasgemisch, welches aus 88.2 Volum-
theilen Kohlenoxyd, 10.6 Volumtheilen Wasserstoff, 1.2 Volumtheilen
Stickstoff bestand, wurden den Erzen in den verschiedenen Temperaturen
folgende Sauerstoffmengen entzogen: 2)

[Tabelle]

3. dass Wasserstoff, in Zinkschmelzhitze über Kalkstein geleitet,
die Kohlensäure desselben unter reichlicher Reduction zu Koh-
lenoxyd
vollständig austreibt.

4. Eisen und Kohlenstoff.
Aufnahme des Kohlenstoffs durch Eisen.

Das Bestreben des Eisens, sich mit Kohlenstoff zu legiren, ist so
stark, dass es kaum möglich ist, Eisen durch Kohle oder kohlenstoff-
haltige Gase zu reduciren, ohne dass wenigstens kleine Mengen Kohle
dabei von dem Eisen aufgenommen würden. Alles Handelseisen ist
daher kohlenstoffhaltig, obgleich bei einigen Sorten schmiedbaren Eisens
die Menge des Kohlenstoffgehaltes noch nicht 0.1 Proc. erreicht.

Schon durch einfache Erhitzung des Eisens mit Kohle oder kohle-
haltigen festen Körpern bis zur Rothgluth geht Kohlenstoff an das Eisen
über, sofern der Kohlenstoffgehalt des letzteren ein von der herrschen-
den Temperatur abhängiges Maass noch nicht erreicht hatte, und ver-
theilt sich von der Berührungsstelle aus durch Molekularwanderung
annähernd gleichmässig durch das ganze Eisenstück hindurch. Es ist
dieses ein Vorgang, auf welchem die in der dritten Abtheilung aus-
führlicher besprochene Darstellung des Cementstahles beruht.

Dass Kohlenoxyd bei anhaltender Einwirkung auf Eisen in Glüh-
hitze Kohlenstoff auf demselben ablagern könne (nach Gruner nur bei
Anwesenheit kleiner Mengen oxydirten Eisens), wurde schon auf S. 230
erwähnt; dass in diesem Falle der abgelagerte Kohlenstoff sich theil-
weise auch mit dem Eisen legiren werde, und dass wenigstens mittelbar
auf diese Weise eine Kohlung des letzteren durch das Kohlenoxyd
stattfindet, folgt aus dem, was soeben über die Fähigkeit des Eisens,
festen Kohlenstoff aufzunehmen, gesagt wurde, von selbst. Der Um-
stand, dass alles durch Kohlenoxyd reducirte Eisen kohlenstoffhaltig ist,

1) Ueber Entwickelung und Verwendung von Wärme, deutsch von Tunner,
S. 102, 107, 108.
2) Durch Analyse der Oxydationsgase ermittelt.
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[232/0278] Das metallurgisch-chemische Verhalten des Eisens und seiner Begleiter. Derselbe fand 1) 1. dass die reducirende Einwirkung des Wasserstoffes auf Eisen- oxyde annähernd in der nämlichen Temperatur beginnt als diejenige des Kohlenoxydes (ca. 200°C.); 2. dass in hoher Temperatur (angehender Weissgluth) das Maass der durch Wasserstoff ausgeübten Reduction der Eisenoxyde sich in noch stärkerem Maasse steigert als es bei der Reduction durch Kohlen- oxyd der Fall ist. Durch ein Gasgemisch, welches aus 88.2 Volum- theilen Kohlenoxyd, 10.6 Volumtheilen Wasserstoff, 1.2 Volumtheilen Stickstoff bestand, wurden den Erzen in den verschiedenen Temperaturen folgende Sauerstoffmengen entzogen: 2) 3. dass Wasserstoff, in Zinkschmelzhitze über Kalkstein geleitet, die Kohlensäure desselben unter reichlicher Reduction zu Koh- lenoxyd vollständig austreibt. 4. Eisen und Kohlenstoff. Aufnahme des Kohlenstoffs durch Eisen. Das Bestreben des Eisens, sich mit Kohlenstoff zu legiren, ist so stark, dass es kaum möglich ist, Eisen durch Kohle oder kohlenstoff- haltige Gase zu reduciren, ohne dass wenigstens kleine Mengen Kohle dabei von dem Eisen aufgenommen würden. Alles Handelseisen ist daher kohlenstoffhaltig, obgleich bei einigen Sorten schmiedbaren Eisens die Menge des Kohlenstoffgehaltes noch nicht 0.1 Proc. erreicht. Schon durch einfache Erhitzung des Eisens mit Kohle oder kohle- haltigen festen Körpern bis zur Rothgluth geht Kohlenstoff an das Eisen über, sofern der Kohlenstoffgehalt des letzteren ein von der herrschen- den Temperatur abhängiges Maass noch nicht erreicht hatte, und ver- theilt sich von der Berührungsstelle aus durch Molekularwanderung annähernd gleichmässig durch das ganze Eisenstück hindurch. Es ist dieses ein Vorgang, auf welchem die in der dritten Abtheilung aus- führlicher besprochene Darstellung des Cementstahles beruht. Dass Kohlenoxyd bei anhaltender Einwirkung auf Eisen in Glüh- hitze Kohlenstoff auf demselben ablagern könne (nach Gruner nur bei Anwesenheit kleiner Mengen oxydirten Eisens), wurde schon auf S. 230 erwähnt; dass in diesem Falle der abgelagerte Kohlenstoff sich theil- weise auch mit dem Eisen legiren werde, und dass wenigstens mittelbar auf diese Weise eine Kohlung des letzteren durch das Kohlenoxyd stattfindet, folgt aus dem, was soeben über die Fähigkeit des Eisens, festen Kohlenstoff aufzunehmen, gesagt wurde, von selbst. Der Um- stand, dass alles durch Kohlenoxyd reducirte Eisen kohlenstoffhaltig ist, 1) Ueber Entwickelung und Verwendung von Wärme, deutsch von Tunner, S. 102, 107, 108. 2) Durch Analyse der Oxydationsgase ermittelt.

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Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 232. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/278>, abgerufen am 19.04.2024.