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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

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Eigenschaften und Eintheilung des Roheisens und der Eisenmangane.
und erstarrt plötzlich mit ebener Oberfläche. Je mehr der Mangan- und
Kohlenstoffgehalt abnimmt, desto deutlicher zeigt sich ein dem völligen
Erstarren vorausgehender breiartiger Uebergangszustand; das Roheisen
wirft beim Fliessen knisternde, weiss schimmernde Funken aus, bedeckt
sich an der Oberfläche mit Narben, unter denen oft tiefe Einsenkungen
bemerkbar sind und zeigt mitunter auch auf der Bruchfläche mehr oder
minder zahlreiche, theils kleinere, theils grössere Hohlräume, offenbar
durch Gasblasen entstanden, welche aus dem halberstarrten, teigartigen
Roheisen nicht mehr entweichen konnten. In einzelnen Gegenden nennt
man solches mit Gasblasen durchsetztes Weisseisen "luckiges" (löchriges)
Roheisen.

Die hauptsächlichste Verwendung findet das weissstrahlige Roheisen
beim Puddelofenbetriebe zur Darstellung schmiedbaren Eisens.

Auf deutschen Eisenwerken unterscheidet man folgende Sorten des
Weissstrahles:

Spiegelig strahliges Roheisen, Halbspiegeleisen, Ueber-
gangsstufe zwischen Kleinspiegel und eigentlichem Weissstrahl, gewöhn-
lich 3--4 Proc. Mangan bei 3.5--4 Proc. oder mitunter noch etwas
darüber Kohle enthaltend.

Hochstrahliges Roheisen. Stark ausgebildete Strahlen, jedoch
ohne Spiegelflächen. Mangangehalt gewöhnlich 2--4 Proc., Kohlenstoff-
gehalt 3--4 Proc.

Gewöhnlicher Weissstrahl. Die Strahlenbildung ist zwar deut-
lich erkennbar, tritt jedoch weniger scharf hervor als bei der vorigen
Sorte. Der Mangangehalt beträgt 1.5--4 Proc., der Kohlenstoffgehalt
2.5--3.5 Proc.; Phosphor findet sich nicht selten in Mengen bis zu 1 Proc.

Findet das weissstrahlige Roheisen Gelegenheit zur Aufnahme
grösserer Mengen Silicium, so dass theilweise Ausscheidung des Kohlen-
stoffs als Graphit eintritt, so entsteht das schon auf S. 301 erwähnte
manganhaltige halbirte oder melirte Roheisen, welches auf einzelnen
Eisenwerken Kerneisen genannt wird.

Gewöhnliches Weisseisen.

Die Strahlenbildung ist undeutlich und verschwindet in den unter-
sten Stufen dieser Roheisengattung vollständig, um einem eigenthüm-
lich feinkörnigen Gefüge Platz zu machen, welches man nicht ohne
Berechtigung mit dem Gefüge eines durchgebrochenen frischen Käses
verglichen hat. Der Kohlenstoffgehalt ist gering und geht selten erheb-
lich über 3 Proc. hinaus; der Mangangehalt ist selten bedeutend, er-
reicht aber doch in einzelnen Sorten 3 Proc.

Sofern nicht das hierher gehörige Roheisen infolge zufälliger Be-
triebsstörungen bei dem Betriebe auf früher erwähnte, aus phosphor-
armen Erzen erblasene, Roheisensorten entstanden war, sondern absicht-
lich dargestellt wurde, pflegt es durch einen grösseren Phosphorgehalt,
als er in jenen besseren Sorten sich findet, gekennzeichnet zu sein.
Man verhüttet eben phosphorreiche Erze (Minette, Bohnerze u. a.) auf
eine solche Roheisenart, deren Herstellungskosten dem ohnehin niedrigen
Verkaufspreise entsprechen. In einzelnen Fällen beträgt daher der Phos-
phorgehalt bis 3 Proc.

Beim Fliessen pflegt das kohlenstoffarme Weisseisen reichliche

Eigenschaften und Eintheilung des Roheisens und der Eisenmangane.
und erstarrt plötzlich mit ebener Oberfläche. Je mehr der Mangan- und
Kohlenstoffgehalt abnimmt, desto deutlicher zeigt sich ein dem völligen
Erstarren vorausgehender breiartiger Uebergangszustand; das Roheisen
wirft beim Fliessen knisternde, weiss schimmernde Funken aus, bedeckt
sich an der Oberfläche mit Narben, unter denen oft tiefe Einsenkungen
bemerkbar sind und zeigt mitunter auch auf der Bruchfläche mehr oder
minder zahlreiche, theils kleinere, theils grössere Hohlräume, offenbar
durch Gasblasen entstanden, welche aus dem halberstarrten, teigartigen
Roheisen nicht mehr entweichen konnten. In einzelnen Gegenden nennt
man solches mit Gasblasen durchsetztes Weisseisen „luckiges“ (löchriges)
Roheisen.

Die hauptsächlichste Verwendung findet das weissstrahlige Roheisen
beim Puddelofenbetriebe zur Darstellung schmiedbaren Eisens.

Auf deutschen Eisenwerken unterscheidet man folgende Sorten des
Weissstrahles:

Spiegelig strahliges Roheisen, Halbspiegeleisen, Ueber-
gangsstufe zwischen Kleinspiegel und eigentlichem Weissstrahl, gewöhn-
lich 3—4 Proc. Mangan bei 3.5—4 Proc. oder mitunter noch etwas
darüber Kohle enthaltend.

Hochstrahliges Roheisen. Stark ausgebildete Strahlen, jedoch
ohne Spiegelflächen. Mangangehalt gewöhnlich 2—4 Proc., Kohlenstoff-
gehalt 3—4 Proc.

Gewöhnlicher Weissstrahl. Die Strahlenbildung ist zwar deut-
lich erkennbar, tritt jedoch weniger scharf hervor als bei der vorigen
Sorte. Der Mangangehalt beträgt 1.5—4 Proc., der Kohlenstoffgehalt
2.5—3.5 Proc.; Phosphor findet sich nicht selten in Mengen bis zu 1 Proc.

Findet das weissstrahlige Roheisen Gelegenheit zur Aufnahme
grösserer Mengen Silicium, so dass theilweise Ausscheidung des Kohlen-
stoffs als Graphit eintritt, so entsteht das schon auf S. 301 erwähnte
manganhaltige halbirte oder melirte Roheisen, welches auf einzelnen
Eisenwerken Kerneisen genannt wird.

Gewöhnliches Weisseisen.

Die Strahlenbildung ist undeutlich und verschwindet in den unter-
sten Stufen dieser Roheisengattung vollständig, um einem eigenthüm-
lich feinkörnigen Gefüge Platz zu machen, welches man nicht ohne
Berechtigung mit dem Gefüge eines durchgebrochenen frischen Käses
verglichen hat. Der Kohlenstoffgehalt ist gering und geht selten erheb-
lich über 3 Proc. hinaus; der Mangangehalt ist selten bedeutend, er-
reicht aber doch in einzelnen Sorten 3 Proc.

Sofern nicht das hierher gehörige Roheisen infolge zufälliger Be-
triebsstörungen bei dem Betriebe auf früher erwähnte, aus phosphor-
armen Erzen erblasene, Roheisensorten entstanden war, sondern absicht-
lich dargestellt wurde, pflegt es durch einen grösseren Phosphorgehalt,
als er in jenen besseren Sorten sich findet, gekennzeichnet zu sein.
Man verhüttet eben phosphorreiche Erze (Minette, Bohnerze u. a.) auf
eine solche Roheisenart, deren Herstellungskosten dem ohnehin niedrigen
Verkaufspreise entsprechen. In einzelnen Fällen beträgt daher der Phos-
phorgehalt bis 3 Proc.

Beim Fliessen pflegt das kohlenstoffarme Weisseisen reichliche

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[314/0360] Eigenschaften und Eintheilung des Roheisens und der Eisenmangane. und erstarrt plötzlich mit ebener Oberfläche. Je mehr der Mangan- und Kohlenstoffgehalt abnimmt, desto deutlicher zeigt sich ein dem völligen Erstarren vorausgehender breiartiger Uebergangszustand; das Roheisen wirft beim Fliessen knisternde, weiss schimmernde Funken aus, bedeckt sich an der Oberfläche mit Narben, unter denen oft tiefe Einsenkungen bemerkbar sind und zeigt mitunter auch auf der Bruchfläche mehr oder minder zahlreiche, theils kleinere, theils grössere Hohlräume, offenbar durch Gasblasen entstanden, welche aus dem halberstarrten, teigartigen Roheisen nicht mehr entweichen konnten. In einzelnen Gegenden nennt man solches mit Gasblasen durchsetztes Weisseisen „luckiges“ (löchriges) Roheisen. Die hauptsächlichste Verwendung findet das weissstrahlige Roheisen beim Puddelofenbetriebe zur Darstellung schmiedbaren Eisens. Auf deutschen Eisenwerken unterscheidet man folgende Sorten des Weissstrahles: Spiegelig strahliges Roheisen, Halbspiegeleisen, Ueber- gangsstufe zwischen Kleinspiegel und eigentlichem Weissstrahl, gewöhn- lich 3—4 Proc. Mangan bei 3.5—4 Proc. oder mitunter noch etwas darüber Kohle enthaltend. Hochstrahliges Roheisen. Stark ausgebildete Strahlen, jedoch ohne Spiegelflächen. Mangangehalt gewöhnlich 2—4 Proc., Kohlenstoff- gehalt 3—4 Proc. Gewöhnlicher Weissstrahl. Die Strahlenbildung ist zwar deut- lich erkennbar, tritt jedoch weniger scharf hervor als bei der vorigen Sorte. Der Mangangehalt beträgt 1.5—4 Proc., der Kohlenstoffgehalt 2.5—3.5 Proc.; Phosphor findet sich nicht selten in Mengen bis zu 1 Proc. Findet das weissstrahlige Roheisen Gelegenheit zur Aufnahme grösserer Mengen Silicium, so dass theilweise Ausscheidung des Kohlen- stoffs als Graphit eintritt, so entsteht das schon auf S. 301 erwähnte manganhaltige halbirte oder melirte Roheisen, welches auf einzelnen Eisenwerken Kerneisen genannt wird. Gewöhnliches Weisseisen. Die Strahlenbildung ist undeutlich und verschwindet in den unter- sten Stufen dieser Roheisengattung vollständig, um einem eigenthüm- lich feinkörnigen Gefüge Platz zu machen, welches man nicht ohne Berechtigung mit dem Gefüge eines durchgebrochenen frischen Käses verglichen hat. Der Kohlenstoffgehalt ist gering und geht selten erheb- lich über 3 Proc. hinaus; der Mangangehalt ist selten bedeutend, er- reicht aber doch in einzelnen Sorten 3 Proc. Sofern nicht das hierher gehörige Roheisen infolge zufälliger Be- triebsstörungen bei dem Betriebe auf früher erwähnte, aus phosphor- armen Erzen erblasene, Roheisensorten entstanden war, sondern absicht- lich dargestellt wurde, pflegt es durch einen grösseren Phosphorgehalt, als er in jenen besseren Sorten sich findet, gekennzeichnet zu sein. Man verhüttet eben phosphorreiche Erze (Minette, Bohnerze u. a.) auf eine solche Roheisenart, deren Herstellungskosten dem ohnehin niedrigen Verkaufspreise entsprechen. In einzelnen Fällen beträgt daher der Phos- phorgehalt bis 3 Proc. Beim Fliessen pflegt das kohlenstoffarme Weisseisen reichliche

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Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 314. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/360>, abgerufen am 29.03.2024.