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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

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Die Form und der Bau des Hochofens.
zu Tage tretende Uebelstand, dass durch die dünnflüssige Schlacke der
Schlackenstich rasch ausgefressen und erweitert wird, glücklich be-
seitigt worden war, kehrte man vielfach und mit bestem Erfolge zu der
uralten Einrichtung der Oefen mit geschlossener Brust wieder zurück.

Constructionsregeln für das Hochofenprofil.

In Vorstehendem wurden verschiedene Formen von Hochöfen und
ihre Beziehungen zu dem Verlaufe des Hochofenprocesses besprochen.
Es ergiebt sich hieraus, dass es unmöglich ist, eine einzige Form als
die unter allen Umständen geeignetste zu bezeichnen, und dass viel-
mehr in jedem einzelnen Falle die Hochofenform von den Betriebs-
verhältnissen -- Beschaffenheit der Schmelzmaterialien, des darzustellen-
den Roheisens, Temperatur des Gebläsewindes u. s. w. -- abhängig
sein sollte. Es ist aber auch unläugbar, dass selbst verschiedene Hoch-
ofenformen unter übrigens gleichen Verhältnissen doch auch gleich
befriedigende Erfolge liefern können, wie schon durch den bereits oben
angedeuteten Umstand bewiesen wird, dass ein und derselbe Hochofen,
auch wenn durch fortgesetzten Betrieb seine inneren Abmessungen
sich erheblich verändert haben, doch oft noch gleich gut als im An-
fange benutzbar bleibt. Auch der andere Umstand, dass in einem und
demselben Hochofen abwechselnd die verschiedensten Gattungen von
Roheisen ohne Schwierigkeit dargestellt werden können -- wie es in
der Praxis häufig vorkommt -- beweist, dass man bei der Construction
des Hochofenprofils nicht mit allzu grosser Aengstlichkeit zu Werke zu
gehen braucht.

Zwischen den einzelnen Abmessungen eines Hochofenprofils aber
müssen, wie sich aus den früheren Besprechungen ergiebt und durch
die Erfahrungen der Praxis bestätigt wird, immerhin gewisse Verhält-
nisse inne gehalten werden, wenn bei dem Betriebe befriedigende Er-
folge erreicht werden sollen.

Rauminhalt der Hochöfen. Von dem Rauminhalte ist unter übrigens
gleichen Verhältnissen die Leistungsfähigkeit des Hochofens, d. h. die
Grösse der Roheisenerzeugung innerhalb eines bestimmten Zeitraums,
abhängig. Diese Thatsache bedarf keines Beweises. Je grösser der Raum-
inhalt ist, desto mehr Erze, Zuschläge und Brennstoffe können inner-
halb der gleichen Zeit vorbereitet, geschmolzen, verbrannt werden.
Während daher im Anfange dieses Jahrhunderts, so lange der Roheisen-
bedarf noch verhältnissmässig gering war, die meisten der mit Holz-
kohlen betriebenen Hochöfen nicht mehr als 6--10 cbm, die damals erst
im Entstehen begriffenen Kokshochöfen selten mehr als 50 cbm Inhalt
besassen, steigerte man mit dem zunehmenden Bedarfe an Roheisen
mehr und mehr den Fassungsraum der Hochöfen. Da dieser gesteigerte
Roheisenbedarf vorzugsweise durch die Einführung der Eisenbahnen
hervorgerufen wurde, so erklärt sich, dass diese Zunahme der Ofengrösse
vorzugsweise von dem Jahre 1830 an bemerkbar wird. In den fünf-
ziger Jahren pflegte man neuen Kokshochöfen bereits einen räumlichen
Inhalt von 120--150 cbm zu geben; 1860 gab es in Schottland und
Wales Oefen mit einem Inhalte bis zu 230 cbm. 1861 wurden zu
Thornaby drei Hochöfen mit einem Rauminhalte von je 362 cbm

Die Form und der Bau des Hochofens.
zu Tage tretende Uebelstand, dass durch die dünnflüssige Schlacke der
Schlackenstich rasch ausgefressen und erweitert wird, glücklich be-
seitigt worden war, kehrte man vielfach und mit bestem Erfolge zu der
uralten Einrichtung der Oefen mit geschlossener Brust wieder zurück.

Constructionsregeln für das Hochofenprofil.

In Vorstehendem wurden verschiedene Formen von Hochöfen und
ihre Beziehungen zu dem Verlaufe des Hochofenprocesses besprochen.
Es ergiebt sich hieraus, dass es unmöglich ist, eine einzige Form als
die unter allen Umständen geeignetste zu bezeichnen, und dass viel-
mehr in jedem einzelnen Falle die Hochofenform von den Betriebs-
verhältnissen — Beschaffenheit der Schmelzmaterialien, des darzustellen-
den Roheisens, Temperatur des Gebläsewindes u. s. w. — abhängig
sein sollte. Es ist aber auch unläugbar, dass selbst verschiedene Hoch-
ofenformen unter übrigens gleichen Verhältnissen doch auch gleich
befriedigende Erfolge liefern können, wie schon durch den bereits oben
angedeuteten Umstand bewiesen wird, dass ein und derselbe Hochofen,
auch wenn durch fortgesetzten Betrieb seine inneren Abmessungen
sich erheblich verändert haben, doch oft noch gleich gut als im An-
fange benutzbar bleibt. Auch der andere Umstand, dass in einem und
demselben Hochofen abwechselnd die verschiedensten Gattungen von
Roheisen ohne Schwierigkeit dargestellt werden können — wie es in
der Praxis häufig vorkommt — beweist, dass man bei der Construction
des Hochofenprofils nicht mit allzu grosser Aengstlichkeit zu Werke zu
gehen braucht.

Zwischen den einzelnen Abmessungen eines Hochofenprofils aber
müssen, wie sich aus den früheren Besprechungen ergiebt und durch
die Erfahrungen der Praxis bestätigt wird, immerhin gewisse Verhält-
nisse inne gehalten werden, wenn bei dem Betriebe befriedigende Er-
folge erreicht werden sollen.

Rauminhalt der Hochöfen. Von dem Rauminhalte ist unter übrigens
gleichen Verhältnissen die Leistungsfähigkeit des Hochofens, d. h. die
Grösse der Roheisenerzeugung innerhalb eines bestimmten Zeitraums,
abhängig. Diese Thatsache bedarf keines Beweises. Je grösser der Raum-
inhalt ist, desto mehr Erze, Zuschläge und Brennstoffe können inner-
halb der gleichen Zeit vorbereitet, geschmolzen, verbrannt werden.
Während daher im Anfange dieses Jahrhunderts, so lange der Roheisen-
bedarf noch verhältnissmässig gering war, die meisten der mit Holz-
kohlen betriebenen Hochöfen nicht mehr als 6—10 cbm, die damals erst
im Entstehen begriffenen Kokshochöfen selten mehr als 50 cbm Inhalt
besassen, steigerte man mit dem zunehmenden Bedarfe an Roheisen
mehr und mehr den Fassungsraum der Hochöfen. Da dieser gesteigerte
Roheisenbedarf vorzugsweise durch die Einführung der Eisenbahnen
hervorgerufen wurde, so erklärt sich, dass diese Zunahme der Ofengrösse
vorzugsweise von dem Jahre 1830 an bemerkbar wird. In den fünf-
ziger Jahren pflegte man neuen Kokshochöfen bereits einen räumlichen
Inhalt von 120—150 cbm zu geben; 1860 gab es in Schottland und
Wales Oefen mit einem Inhalte bis zu 230 cbm. 1861 wurden zu
Thornaby drei Hochöfen mit einem Rauminhalte von je 362 cbm

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[329/0375] Die Form und der Bau des Hochofens. zu Tage tretende Uebelstand, dass durch die dünnflüssige Schlacke der Schlackenstich rasch ausgefressen und erweitert wird, glücklich be- seitigt worden war, kehrte man vielfach und mit bestem Erfolge zu der uralten Einrichtung der Oefen mit geschlossener Brust wieder zurück. Constructionsregeln für das Hochofenprofil. In Vorstehendem wurden verschiedene Formen von Hochöfen und ihre Beziehungen zu dem Verlaufe des Hochofenprocesses besprochen. Es ergiebt sich hieraus, dass es unmöglich ist, eine einzige Form als die unter allen Umständen geeignetste zu bezeichnen, und dass viel- mehr in jedem einzelnen Falle die Hochofenform von den Betriebs- verhältnissen — Beschaffenheit der Schmelzmaterialien, des darzustellen- den Roheisens, Temperatur des Gebläsewindes u. s. w. — abhängig sein sollte. Es ist aber auch unläugbar, dass selbst verschiedene Hoch- ofenformen unter übrigens gleichen Verhältnissen doch auch gleich befriedigende Erfolge liefern können, wie schon durch den bereits oben angedeuteten Umstand bewiesen wird, dass ein und derselbe Hochofen, auch wenn durch fortgesetzten Betrieb seine inneren Abmessungen sich erheblich verändert haben, doch oft noch gleich gut als im An- fange benutzbar bleibt. Auch der andere Umstand, dass in einem und demselben Hochofen abwechselnd die verschiedensten Gattungen von Roheisen ohne Schwierigkeit dargestellt werden können — wie es in der Praxis häufig vorkommt — beweist, dass man bei der Construction des Hochofenprofils nicht mit allzu grosser Aengstlichkeit zu Werke zu gehen braucht. Zwischen den einzelnen Abmessungen eines Hochofenprofils aber müssen, wie sich aus den früheren Besprechungen ergiebt und durch die Erfahrungen der Praxis bestätigt wird, immerhin gewisse Verhält- nisse inne gehalten werden, wenn bei dem Betriebe befriedigende Er- folge erreicht werden sollen. Rauminhalt der Hochöfen. Von dem Rauminhalte ist unter übrigens gleichen Verhältnissen die Leistungsfähigkeit des Hochofens, d. h. die Grösse der Roheisenerzeugung innerhalb eines bestimmten Zeitraums, abhängig. Diese Thatsache bedarf keines Beweises. Je grösser der Raum- inhalt ist, desto mehr Erze, Zuschläge und Brennstoffe können inner- halb der gleichen Zeit vorbereitet, geschmolzen, verbrannt werden. Während daher im Anfange dieses Jahrhunderts, so lange der Roheisen- bedarf noch verhältnissmässig gering war, die meisten der mit Holz- kohlen betriebenen Hochöfen nicht mehr als 6—10 cbm, die damals erst im Entstehen begriffenen Kokshochöfen selten mehr als 50 cbm Inhalt besassen, steigerte man mit dem zunehmenden Bedarfe an Roheisen mehr und mehr den Fassungsraum der Hochöfen. Da dieser gesteigerte Roheisenbedarf vorzugsweise durch die Einführung der Eisenbahnen hervorgerufen wurde, so erklärt sich, dass diese Zunahme der Ofengrösse vorzugsweise von dem Jahre 1830 an bemerkbar wird. In den fünf- ziger Jahren pflegte man neuen Kokshochöfen bereits einen räumlichen Inhalt von 120—150 cbm zu geben; 1860 gab es in Schottland und Wales Oefen mit einem Inhalte bis zu 230 cbm. 1861 wurden zu Thornaby drei Hochöfen mit einem Rauminhalte von je 362 cbm

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Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 329. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/375>, abgerufen am 16.04.2024.