Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Apparate zur Entziehung und Fortleitung der Gichtgase.
kleine Form für Holzkohlenhochöfen, deren Rüssel nur bis zur Innen-
kante des Gestelles vorgeschoben ist, wird nicht mehr als 25 l Wasser
per Minute gebrauchen; eine vorgeschobene grössere Form bei Koks-
betrieb 60--75 l ohne das erforderliche Wasser für den Kasten, in
welchem sie befestigt ist; grössere Kühlkästen erfordern 75--100 l.

Mit Hilfe von Hähnen, welche in den Zu- und Ableitungsrohren
angebracht werden, regelt man den Wasserverbrauch jedes einzelnen
Stückes gemäss der Temperatur des abfliessenden Wassers.

Bei der Kühlung des Gestelles durch eingemauerte Kühlkästen
leitet man bisweilen das aus einem höher gelegenen Kasten austretende
Wasser zunächst in einen tieferen, um an Wasser zu sparen; ebenso
benutzt man zu der beschriebenen Kühlung des Bodensteines gewöhn-
lich das aus den Formen austretende Wasser. Selbstverständlich aber
kann der Erfolg der Kühlung nur um so unbedeutender sein, je wärmer
das zugeleitete Wasser bereits war.

3. Die Apparate zur Entziehung und Fortleitung
der Gichtgase.

Die Eigenthümlichkeiten des Eisenhochofen-Processes machen es
unvermeidlich, dass die im Hochofen gebildeten Gase, wenn sie an der
Gicht anlangen, um dort zu entweichen, noch eine ziemlich bedeutende
Menge von Kohlenoxyd enthalten, also eines Brennstoffs von hohem
Brennwerthe. Die Menge desselben richtet sich nach der Zusammen-
setzung der Beschickung und der Art des Betriebes, beträgt aber durch-
schnittlich
etwa 24 Volumprocent von der Gesammtmenge der Gase,
also ungefähr ebenso viel, als in den aus Steinkohlen im Generator
erzeugten Gasen enthalten ist (S. 89); und daneben finden sich gewöhn-
lich noch einige Procente Wasserstoff und Kohlenwasserstoff.

Welche ungeheuren Mengen nutzbaren Brennstoffs in dieser Weise
täglich aus dem Hochofen entweichen, lässt sich unschwer berechnen,
wenn man erwägt, dass in einem mittelgrossen Hochofen für Koks-
betrieb -- also von etwa 300 cbm Rauminhalt -- täglich mindestens
50000 kg Kohle verbrannt werden und dass per 1 kg verbrannter Kohle
in den Gichtgasen noch etwa 1.2 cbm Kohlenoxyd enthalten sind. Täg-
lich entweichen also 60000 cbm Kohlenoxydgas; und da 1 cbm bei
der Verbrennung zu Kohlensäure 3000 W.-E. zu entwickeln fähig
ist 1), so beträgt die theoretische Wärmeleistung per Secunde etwa
2000 W.-E., welche nach dem mechanischen Aequivalent der Wärme
einer theoretischen Arbeitsleistung von mehr als elftausend Pferdestärken
entsprechen würden.

Wenn nun auch in Rücksicht auf die unvermeidlichen Wärme-
und Arbeitsverluste bei unseren Feuerungsanlagen und Maschinen von
jener theoretischen Leistung nur ein verhältnissmässig kleiner Theil
wirklich nutzbar gemacht werden kann, so erklärt es sich aus jener
Berechnung zur Genüge, dass die Wärmeleistung der Gichtgase bei
nur einigermaassen zweckmässigen Einrichtungen vollständig ausreichend

1) 1 cbm Kohlenoxydgas wiegt 1.25 kg; und 1 kg Kohlenoxydgas entwickelt bei
seiner Verbrennung 2403 W.-E. (S. 20.)

Die Apparate zur Entziehung und Fortleitung der Gichtgase.
kleine Form für Holzkohlenhochöfen, deren Rüssel nur bis zur Innen-
kante des Gestelles vorgeschoben ist, wird nicht mehr als 25 l Wasser
per Minute gebrauchen; eine vorgeschobene grössere Form bei Koks-
betrieb 60—75 l ohne das erforderliche Wasser für den Kasten, in
welchem sie befestigt ist; grössere Kühlkästen erfordern 75—100 l.

Mit Hilfe von Hähnen, welche in den Zu- und Ableitungsrohren
angebracht werden, regelt man den Wasserverbrauch jedes einzelnen
Stückes gemäss der Temperatur des abfliessenden Wassers.

Bei der Kühlung des Gestelles durch eingemauerte Kühlkästen
leitet man bisweilen das aus einem höher gelegenen Kasten austretende
Wasser zunächst in einen tieferen, um an Wasser zu sparen; ebenso
benutzt man zu der beschriebenen Kühlung des Bodensteines gewöhn-
lich das aus den Formen austretende Wasser. Selbstverständlich aber
kann der Erfolg der Kühlung nur um so unbedeutender sein, je wärmer
das zugeleitete Wasser bereits war.

3. Die Apparate zur Entziehung und Fortleitung
der Gichtgase.

Die Eigenthümlichkeiten des Eisenhochofen-Processes machen es
unvermeidlich, dass die im Hochofen gebildeten Gase, wenn sie an der
Gicht anlangen, um dort zu entweichen, noch eine ziemlich bedeutende
Menge von Kohlenoxyd enthalten, also eines Brennstoffs von hohem
Brennwerthe. Die Menge desselben richtet sich nach der Zusammen-
setzung der Beschickung und der Art des Betriebes, beträgt aber durch-
schnittlich
etwa 24 Volumprocent von der Gesammtmenge der Gase,
also ungefähr ebenso viel, als in den aus Steinkohlen im Generator
erzeugten Gasen enthalten ist (S. 89); und daneben finden sich gewöhn-
lich noch einige Procente Wasserstoff und Kohlenwasserstoff.

Welche ungeheuren Mengen nutzbaren Brennstoffs in dieser Weise
täglich aus dem Hochofen entweichen, lässt sich unschwer berechnen,
wenn man erwägt, dass in einem mittelgrossen Hochofen für Koks-
betrieb — also von etwa 300 cbm Rauminhalt — täglich mindestens
50000 kg Kohle verbrannt werden und dass per 1 kg verbrannter Kohle
in den Gichtgasen noch etwa 1.2 cbm Kohlenoxyd enthalten sind. Täg-
lich entweichen also 60000 cbm Kohlenoxydgas; und da 1 cbm bei
der Verbrennung zu Kohlensäure 3000 W.-E. zu entwickeln fähig
ist 1), so beträgt die theoretische Wärmeleistung per Secunde etwa
2000 W.-E., welche nach dem mechanischen Aequivalent der Wärme
einer theoretischen Arbeitsleistung von mehr als elftausend Pferdestärken
entsprechen würden.

Wenn nun auch in Rücksicht auf die unvermeidlichen Wärme-
und Arbeitsverluste bei unseren Feuerungsanlagen und Maschinen von
jener theoretischen Leistung nur ein verhältnissmässig kleiner Theil
wirklich nutzbar gemacht werden kann, so erklärt es sich aus jener
Berechnung zur Genüge, dass die Wärmeleistung der Gichtgase bei
nur einigermaassen zweckmässigen Einrichtungen vollständig ausreichend

1) 1 cbm Kohlenoxydgas wiegt 1.25 kg; und 1 kg Kohlenoxydgas entwickelt bei
seiner Verbrennung 2403 W.-E. (S. 20.)
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0421" n="367"/><fw place="top" type="header">Die Apparate zur Entziehung und Fortleitung der Gichtgase.</fw><lb/>
kleine Form für Holzkohlenhochöfen, deren Rüssel nur bis zur Innen-<lb/>
kante des Gestelles vorgeschoben ist, wird nicht mehr als 25 l Wasser<lb/>
per Minute gebrauchen; eine vorgeschobene grössere Form bei Koks-<lb/>
betrieb 60&#x2014;75 l ohne das erforderliche Wasser für den Kasten, in<lb/>
welchem sie befestigt ist; grössere Kühlkästen erfordern 75&#x2014;100 l.</p><lb/>
                <p>Mit Hilfe von Hähnen, welche in den Zu- und Ableitungsrohren<lb/>
angebracht werden, regelt man den Wasserverbrauch jedes einzelnen<lb/>
Stückes gemäss der Temperatur des abfliessenden Wassers.</p><lb/>
                <p>Bei der Kühlung des Gestelles durch eingemauerte Kühlkästen<lb/>
leitet man bisweilen das aus einem höher gelegenen Kasten austretende<lb/>
Wasser zunächst in einen tieferen, um an Wasser zu sparen; ebenso<lb/>
benutzt man zu der beschriebenen Kühlung des Bodensteines gewöhn-<lb/>
lich das aus den Formen austretende Wasser. Selbstverständlich aber<lb/>
kann der Erfolg der Kühlung nur um so unbedeutender sein, je wärmer<lb/>
das zugeleitete Wasser bereits war.</p>
              </div>
            </div>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">3. Die Apparate zur Entziehung und Fortleitung<lb/>
der Gichtgase.</hi> </head><lb/>
            <p>Die Eigenthümlichkeiten des Eisenhochofen-Processes machen es<lb/>
unvermeidlich, dass die im Hochofen gebildeten Gase, wenn sie an der<lb/>
Gicht anlangen, um dort zu entweichen, noch eine ziemlich bedeutende<lb/>
Menge von Kohlenoxyd enthalten, also eines Brennstoffs von hohem<lb/>
Brennwerthe. Die Menge desselben richtet sich nach der Zusammen-<lb/>
setzung der Beschickung und der Art des Betriebes, beträgt aber <hi rendition="#g">durch-<lb/>
schnittlich</hi> etwa 24 Volumprocent von der Gesammtmenge der Gase,<lb/>
also ungefähr ebenso viel, als in den aus Steinkohlen im Generator<lb/>
erzeugten Gasen enthalten ist (S. 89); und daneben finden sich gewöhn-<lb/>
lich noch einige Procente Wasserstoff und Kohlenwasserstoff.</p><lb/>
            <p>Welche ungeheuren Mengen nutzbaren Brennstoffs in dieser Weise<lb/>
täglich aus dem Hochofen entweichen, lässt sich unschwer berechnen,<lb/>
wenn man erwägt, dass in einem mittelgrossen Hochofen für Koks-<lb/>
betrieb &#x2014; also von etwa 300 cbm Rauminhalt &#x2014; täglich mindestens<lb/>
50000 kg Kohle verbrannt werden und dass per 1 kg verbrannter Kohle<lb/>
in den Gichtgasen noch etwa 1.<hi rendition="#sub">2</hi> cbm Kohlenoxyd enthalten sind. Täg-<lb/>
lich entweichen also 60000 cbm Kohlenoxydgas; und da 1 cbm bei<lb/>
der Verbrennung zu Kohlensäure 3000 W.-E. zu entwickeln fähig<lb/>
ist <note place="foot" n="1)">1 cbm Kohlenoxydgas wiegt 1.25 kg; und 1 kg Kohlenoxydgas entwickelt bei<lb/>
seiner Verbrennung 2403 W.-E. (S. 20.)</note>, so beträgt die theoretische Wärmeleistung <hi rendition="#g">per Secunde</hi> etwa<lb/>
2000 W.-E., welche nach dem mechanischen Aequivalent der Wärme<lb/>
einer theoretischen Arbeitsleistung von mehr als elftausend Pferdestärken<lb/>
entsprechen würden.</p><lb/>
            <p>Wenn nun auch in Rücksicht auf die unvermeidlichen Wärme-<lb/>
und Arbeitsverluste bei unseren Feuerungsanlagen und Maschinen von<lb/>
jener theoretischen Leistung nur ein verhältnissmässig kleiner Theil<lb/>
wirklich nutzbar gemacht werden kann, so erklärt es sich aus jener<lb/>
Berechnung zur Genüge, dass die Wärmeleistung der Gichtgase bei<lb/>
nur einigermaassen zweckmässigen Einrichtungen vollständig ausreichend<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[367/0421] Die Apparate zur Entziehung und Fortleitung der Gichtgase. kleine Form für Holzkohlenhochöfen, deren Rüssel nur bis zur Innen- kante des Gestelles vorgeschoben ist, wird nicht mehr als 25 l Wasser per Minute gebrauchen; eine vorgeschobene grössere Form bei Koks- betrieb 60—75 l ohne das erforderliche Wasser für den Kasten, in welchem sie befestigt ist; grössere Kühlkästen erfordern 75—100 l. Mit Hilfe von Hähnen, welche in den Zu- und Ableitungsrohren angebracht werden, regelt man den Wasserverbrauch jedes einzelnen Stückes gemäss der Temperatur des abfliessenden Wassers. Bei der Kühlung des Gestelles durch eingemauerte Kühlkästen leitet man bisweilen das aus einem höher gelegenen Kasten austretende Wasser zunächst in einen tieferen, um an Wasser zu sparen; ebenso benutzt man zu der beschriebenen Kühlung des Bodensteines gewöhn- lich das aus den Formen austretende Wasser. Selbstverständlich aber kann der Erfolg der Kühlung nur um so unbedeutender sein, je wärmer das zugeleitete Wasser bereits war. 3. Die Apparate zur Entziehung und Fortleitung der Gichtgase. Die Eigenthümlichkeiten des Eisenhochofen-Processes machen es unvermeidlich, dass die im Hochofen gebildeten Gase, wenn sie an der Gicht anlangen, um dort zu entweichen, noch eine ziemlich bedeutende Menge von Kohlenoxyd enthalten, also eines Brennstoffs von hohem Brennwerthe. Die Menge desselben richtet sich nach der Zusammen- setzung der Beschickung und der Art des Betriebes, beträgt aber durch- schnittlich etwa 24 Volumprocent von der Gesammtmenge der Gase, also ungefähr ebenso viel, als in den aus Steinkohlen im Generator erzeugten Gasen enthalten ist (S. 89); und daneben finden sich gewöhn- lich noch einige Procente Wasserstoff und Kohlenwasserstoff. Welche ungeheuren Mengen nutzbaren Brennstoffs in dieser Weise täglich aus dem Hochofen entweichen, lässt sich unschwer berechnen, wenn man erwägt, dass in einem mittelgrossen Hochofen für Koks- betrieb — also von etwa 300 cbm Rauminhalt — täglich mindestens 50000 kg Kohle verbrannt werden und dass per 1 kg verbrannter Kohle in den Gichtgasen noch etwa 1.2 cbm Kohlenoxyd enthalten sind. Täg- lich entweichen also 60000 cbm Kohlenoxydgas; und da 1 cbm bei der Verbrennung zu Kohlensäure 3000 W.-E. zu entwickeln fähig ist 1), so beträgt die theoretische Wärmeleistung per Secunde etwa 2000 W.-E., welche nach dem mechanischen Aequivalent der Wärme einer theoretischen Arbeitsleistung von mehr als elftausend Pferdestärken entsprechen würden. Wenn nun auch in Rücksicht auf die unvermeidlichen Wärme- und Arbeitsverluste bei unseren Feuerungsanlagen und Maschinen von jener theoretischen Leistung nur ein verhältnissmässig kleiner Theil wirklich nutzbar gemacht werden kann, so erklärt es sich aus jener Berechnung zur Genüge, dass die Wärmeleistung der Gichtgase bei nur einigermaassen zweckmässigen Einrichtungen vollständig ausreichend 1) 1 cbm Kohlenoxydgas wiegt 1.25 kg; und 1 kg Kohlenoxydgas entwickelt bei seiner Verbrennung 2403 W.-E. (S. 20.)

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/421
Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 367. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/421>, abgerufen am 23.04.2024.