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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

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Der Hochofenprocess.

Eine Berechnung der Windmenge aus Düsenquerschnitt und Wind-
spannung nach den Hauer'schen Tabellen ergab in dem vorliegenden
Falle 23 cbm per Minute.

Temperaturbestimmungen.

Neben den besprochenen chemischen Untersuchungen sind Tempe-
raturbestimmungen in verschiedenen Gegenden des Hochofens nicht
selten als Mittel benutzt worden, den Gang des Ofens zu beurtheilen.
In der That sind derartige Ermittelungen nicht unwichtig; denn da
jede der verschiedenen Reactionen im Hochofen auch einer gewissen
Temperatur bedarf -- es möge nur auf den früher besprochenen Ein-
fluss der Temperatur auf den Reductionsprocess der Erze hingedeutet
werden -- so lassen sich aus den gefundenen Temperaturen und aus
den Temperaturunterschieden an verschiedenen Stellen eines und des-
selben Hochofens auch Schlüsse auf den Verlauf des Processes ziehen.

Immerhin stellen sich der Bestimmung der Temperatur in einem
bestimmten Ofenquerschnitte ähnliche Schwierigkeiten entgegen wie der
Entnahme richtig zusammengesetzter Durchschnittsproben der Gase. Die
Temperatur am Umfange des Ofens ist oft eine erheblich andere als in
der Mitte, bisweilen höher, bisweilen niedriger, wie sich aus der ungleich-
mässigen Vertheilung der Materialien und Gase erklärt. Ein anderer
Umstand kommt hinzu, den Werth der bis jetzt vorliegenden Tempe-
raturbestimmungen abzumindern. Man bediente sich für dieselben fast
regelmässig bestimmter Metalllegirungen, welche in einem Eisenstabe
befestigt waren und nach deren Abschmelzen man die Temperatur be-
urtheilte; die Schmelztemperaturen dieser Legirungen aber waren nicht
durch unmittelbare Bestimmung gefunden sondern berechnet, und die
entfallenden Werthe theilweise entschieden zu hoch.

Von den Temperaturänderungen jedoch innerhalb eines und des-
selben Hochofens geben derartige Untersuchungen ein ganz anschauliches
Bild, selbst wenn die Ziffern im Einzelnen Zweifel verdienen.

Beispiele.

In dem mit gerösteten, heiss aufgegichteten Spatheisensteinen be-
triebenen Holzkohlenhochofen zu Eisenerz, dessen Abmessungen und
Betriebsverhältnisse auf S. 483 besprochen wurden, fand Kupelwieser
folgende Temperaturen:

[Tabelle]

Für Weisseisendarstellung, wie in dem in Rede stehenden Ofen,
ist vor den Formen eine nur mässige Temperatur erforderlich, welche
von da an, wie in jedem Hochofen, zunächst rasch unter die Schmelz-
temperatur des Eisens und der Schlacke sinkt, dann aber in dem
vorliegenden Falle sehr allmählich abnimmt. Die Erklärung für diese
sehr langsame Abnahme der Temperatur liefert der Umstand, dass die
Erze heiss aufgegichtet wurden.

Einen entschiedenen Gegensatz zu diesem Ofen hinsichtlich der

Der Hochofenprocess.

Eine Berechnung der Windmenge aus Düsenquerschnitt und Wind-
spannung nach den Hauer’schen Tabellen ergab in dem vorliegenden
Falle 23 cbm per Minute.

Temperaturbestimmungen.

Neben den besprochenen chemischen Untersuchungen sind Tempe-
raturbestimmungen in verschiedenen Gegenden des Hochofens nicht
selten als Mittel benutzt worden, den Gang des Ofens zu beurtheilen.
In der That sind derartige Ermittelungen nicht unwichtig; denn da
jede der verschiedenen Reactionen im Hochofen auch einer gewissen
Temperatur bedarf — es möge nur auf den früher besprochenen Ein-
fluss der Temperatur auf den Reductionsprocess der Erze hingedeutet
werden — so lassen sich aus den gefundenen Temperaturen und aus
den Temperaturunterschieden an verschiedenen Stellen eines und des-
selben Hochofens auch Schlüsse auf den Verlauf des Processes ziehen.

Immerhin stellen sich der Bestimmung der Temperatur in einem
bestimmten Ofenquerschnitte ähnliche Schwierigkeiten entgegen wie der
Entnahme richtig zusammengesetzter Durchschnittsproben der Gase. Die
Temperatur am Umfange des Ofens ist oft eine erheblich andere als in
der Mitte, bisweilen höher, bisweilen niedriger, wie sich aus der ungleich-
mässigen Vertheilung der Materialien und Gase erklärt. Ein anderer
Umstand kommt hinzu, den Werth der bis jetzt vorliegenden Tempe-
raturbestimmungen abzumindern. Man bediente sich für dieselben fast
regelmässig bestimmter Metalllegirungen, welche in einem Eisenstabe
befestigt waren und nach deren Abschmelzen man die Temperatur be-
urtheilte; die Schmelztemperaturen dieser Legirungen aber waren nicht
durch unmittelbare Bestimmung gefunden sondern berechnet, und die
entfallenden Werthe theilweise entschieden zu hoch.

Von den Temperaturänderungen jedoch innerhalb eines und des-
selben Hochofens geben derartige Untersuchungen ein ganz anschauliches
Bild, selbst wenn die Ziffern im Einzelnen Zweifel verdienen.

Beispiele.

In dem mit gerösteten, heiss aufgegichteten Spatheisensteinen be-
triebenen Holzkohlenhochofen zu Eisenerz, dessen Abmessungen und
Betriebsverhältnisse auf S. 483 besprochen wurden, fand Kupelwieser
folgende Temperaturen:

[Tabelle]

Für Weisseisendarstellung, wie in dem in Rede stehenden Ofen,
ist vor den Formen eine nur mässige Temperatur erforderlich, welche
von da an, wie in jedem Hochofen, zunächst rasch unter die Schmelz-
temperatur des Eisens und der Schlacke sinkt, dann aber in dem
vorliegenden Falle sehr allmählich abnimmt. Die Erklärung für diese
sehr langsame Abnahme der Temperatur liefert der Umstand, dass die
Erze heiss aufgegichtet wurden.

Einen entschiedenen Gegensatz zu diesem Ofen hinsichtlich der

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[492/0552] Der Hochofenprocess. Eine Berechnung der Windmenge aus Düsenquerschnitt und Wind- spannung nach den Hauer’schen Tabellen ergab in dem vorliegenden Falle 23 cbm per Minute. Temperaturbestimmungen. Neben den besprochenen chemischen Untersuchungen sind Tempe- raturbestimmungen in verschiedenen Gegenden des Hochofens nicht selten als Mittel benutzt worden, den Gang des Ofens zu beurtheilen. In der That sind derartige Ermittelungen nicht unwichtig; denn da jede der verschiedenen Reactionen im Hochofen auch einer gewissen Temperatur bedarf — es möge nur auf den früher besprochenen Ein- fluss der Temperatur auf den Reductionsprocess der Erze hingedeutet werden — so lassen sich aus den gefundenen Temperaturen und aus den Temperaturunterschieden an verschiedenen Stellen eines und des- selben Hochofens auch Schlüsse auf den Verlauf des Processes ziehen. Immerhin stellen sich der Bestimmung der Temperatur in einem bestimmten Ofenquerschnitte ähnliche Schwierigkeiten entgegen wie der Entnahme richtig zusammengesetzter Durchschnittsproben der Gase. Die Temperatur am Umfange des Ofens ist oft eine erheblich andere als in der Mitte, bisweilen höher, bisweilen niedriger, wie sich aus der ungleich- mässigen Vertheilung der Materialien und Gase erklärt. Ein anderer Umstand kommt hinzu, den Werth der bis jetzt vorliegenden Tempe- raturbestimmungen abzumindern. Man bediente sich für dieselben fast regelmässig bestimmter Metalllegirungen, welche in einem Eisenstabe befestigt waren und nach deren Abschmelzen man die Temperatur be- urtheilte; die Schmelztemperaturen dieser Legirungen aber waren nicht durch unmittelbare Bestimmung gefunden sondern berechnet, und die entfallenden Werthe theilweise entschieden zu hoch. Von den Temperaturänderungen jedoch innerhalb eines und des- selben Hochofens geben derartige Untersuchungen ein ganz anschauliches Bild, selbst wenn die Ziffern im Einzelnen Zweifel verdienen. Beispiele. In dem mit gerösteten, heiss aufgegichteten Spatheisensteinen be- triebenen Holzkohlenhochofen zu Eisenerz, dessen Abmessungen und Betriebsverhältnisse auf S. 483 besprochen wurden, fand Kupelwieser folgende Temperaturen: Für Weisseisendarstellung, wie in dem in Rede stehenden Ofen, ist vor den Formen eine nur mässige Temperatur erforderlich, welche von da an, wie in jedem Hochofen, zunächst rasch unter die Schmelz- temperatur des Eisens und der Schlacke sinkt, dann aber in dem vorliegenden Falle sehr allmählich abnimmt. Die Erklärung für diese sehr langsame Abnahme der Temperatur liefert der Umstand, dass die Erze heiss aufgegichtet wurden. Einen entschiedenen Gegensatz zu diesem Ofen hinsichtlich der

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Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 492. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/552>, abgerufen am 25.04.2024.