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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

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Der Hochofenprocess.
geröstet) nebst 165 kg Zuschlagskalkstein. Die Durchsetzzeit war fast
24 Stunden, die Production in 24 Stunden 36 Tonnen, der Koksver-
brauch zur Darstellung von 100 kg Roheisen 155 kg.

Die gemessenen Temperaturen waren folgende (in Graden Celsius):

[Tabelle]

Die Ergebnisse bieten insbesondere durch den Umstand Interesse,
dass sie die Temperaturunterschiede an verschiedenen Stellen desselben
Ofenquerschnittes erkennen lassen. In der Mitte und unmittelbar an
den Wänden herrschte ziemlich regelmässig die höchste Temperatur
und dazwischen befand sich ein kühlerer Ring. In dem oberen Theile
des Ofens aber zeigte sich auch an den Wänden eine rascher fort-
schreitende Abkühlung als in der Mitte des Ofens.

Letztere Erscheinung lässt sich aus dem Umstande erklären, dass
beim Aufgichten die Erze mehr an dem Umfange, die Koks mehr in
der Mitte des Ofens angehäuft wurden; erstere aber verbrauchen wegen
ihres grösseren Wassergehaltes sofort reichlichere Wärmemengen als
letztere. Die höhere Temperatur an den Ofenwänden im Vergleich zu
der Temperatur zwischen Wand und Ofenmitte findet ihre Erklärung
aus dem Bestreben der Gase, an den Wänden aufzusteigen.

Die Ziffern im Ganzen zeigen eine noch allmählichere Temperatur-
abnahme von unten nach oben als bei dem zuerst besprochenen, eben-
falls auf Weisseisen betriebenen Holzkohlenhochofen. In letzterem
wurden ausschliesslich leicht reducirbare reiche Erze verhüttet und der
Brennstoffverbrauch war deshalb aussergewöhnlich niedrig; die Be-
schickung des Gleiwitzer Ofens bestand zum grossen Theile aus schwer
reducirbaren Frischschlacken, auch der Eisengehalt der Beschickung
war geringer, und der Brennstoffverbrauch war demzufolge hoch; die
grössere Menge Brennstoffe aber entwickelt eine entsprechend grössere
Menge Gase, welche langsamer abgekühlt werden. Erst die Austreibung
des Wassers unterhalb der Gicht hat hier eine rasche Abnahme der
Temperatur zur Folge.

3. Die Wärmebilanz des Hochofens.

Der Hochofen empfängt Wärme, beziehentlich das Material zur
Erzeugung derselben; er verbraucht die empfangene Wärme für die
Durchführung des Hochofenprocesses, und ein Theil der letzteren geht
mit den austretenden Gichtgasen, durch Ausstrahlung der Wände u. s. w.
verloren.

Durch Gegenüberstellung der Wärmeeinnahme und Wärmeausgabe,
deren Gesammtbeträge sich natürlicherweise decken müssen, erhält
man die Wärmebilanz.

Der Hochofenprocess.
geröstet) nebst 165 kg Zuschlagskalkstein. Die Durchsetzzeit war fast
24 Stunden, die Production in 24 Stunden 36 Tonnen, der Koksver-
brauch zur Darstellung von 100 kg Roheisen 155 kg.

Die gemessenen Temperaturen waren folgende (in Graden Celsius):

[Tabelle]

Die Ergebnisse bieten insbesondere durch den Umstand Interesse,
dass sie die Temperaturunterschiede an verschiedenen Stellen desselben
Ofenquerschnittes erkennen lassen. In der Mitte und unmittelbar an
den Wänden herrschte ziemlich regelmässig die höchste Temperatur
und dazwischen befand sich ein kühlerer Ring. In dem oberen Theile
des Ofens aber zeigte sich auch an den Wänden eine rascher fort-
schreitende Abkühlung als in der Mitte des Ofens.

Letztere Erscheinung lässt sich aus dem Umstande erklären, dass
beim Aufgichten die Erze mehr an dem Umfange, die Koks mehr in
der Mitte des Ofens angehäuft wurden; erstere aber verbrauchen wegen
ihres grösseren Wassergehaltes sofort reichlichere Wärmemengen als
letztere. Die höhere Temperatur an den Ofenwänden im Vergleich zu
der Temperatur zwischen Wand und Ofenmitte findet ihre Erklärung
aus dem Bestreben der Gase, an den Wänden aufzusteigen.

Die Ziffern im Ganzen zeigen eine noch allmählichere Temperatur-
abnahme von unten nach oben als bei dem zuerst besprochenen, eben-
falls auf Weisseisen betriebenen Holzkohlenhochofen. In letzterem
wurden ausschliesslich leicht reducirbare reiche Erze verhüttet und der
Brennstoffverbrauch war deshalb aussergewöhnlich niedrig; die Be-
schickung des Gleiwitzer Ofens bestand zum grossen Theile aus schwer
reducirbaren Frischschlacken, auch der Eisengehalt der Beschickung
war geringer, und der Brennstoffverbrauch war demzufolge hoch; die
grössere Menge Brennstoffe aber entwickelt eine entsprechend grössere
Menge Gase, welche langsamer abgekühlt werden. Erst die Austreibung
des Wassers unterhalb der Gicht hat hier eine rasche Abnahme der
Temperatur zur Folge.

3. Die Wärmebilanz des Hochofens.

Der Hochofen empfängt Wärme, beziehentlich das Material zur
Erzeugung derselben; er verbraucht die empfangene Wärme für die
Durchführung des Hochofenprocesses, und ein Theil der letzteren geht
mit den austretenden Gichtgasen, durch Ausstrahlung der Wände u. s. w.
verloren.

Durch Gegenüberstellung der Wärmeeinnahme und Wärmeausgabe,
deren Gesammtbeträge sich natürlicherweise decken müssen, erhält
man die Wärmebilanz.

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[494/0554] Der Hochofenprocess. geröstet) nebst 165 kg Zuschlagskalkstein. Die Durchsetzzeit war fast 24 Stunden, die Production in 24 Stunden 36 Tonnen, der Koksver- brauch zur Darstellung von 100 kg Roheisen 155 kg. Die gemessenen Temperaturen waren folgende (in Graden Celsius): Die Ergebnisse bieten insbesondere durch den Umstand Interesse, dass sie die Temperaturunterschiede an verschiedenen Stellen desselben Ofenquerschnittes erkennen lassen. In der Mitte und unmittelbar an den Wänden herrschte ziemlich regelmässig die höchste Temperatur und dazwischen befand sich ein kühlerer Ring. In dem oberen Theile des Ofens aber zeigte sich auch an den Wänden eine rascher fort- schreitende Abkühlung als in der Mitte des Ofens. Letztere Erscheinung lässt sich aus dem Umstande erklären, dass beim Aufgichten die Erze mehr an dem Umfange, die Koks mehr in der Mitte des Ofens angehäuft wurden; erstere aber verbrauchen wegen ihres grösseren Wassergehaltes sofort reichlichere Wärmemengen als letztere. Die höhere Temperatur an den Ofenwänden im Vergleich zu der Temperatur zwischen Wand und Ofenmitte findet ihre Erklärung aus dem Bestreben der Gase, an den Wänden aufzusteigen. Die Ziffern im Ganzen zeigen eine noch allmählichere Temperatur- abnahme von unten nach oben als bei dem zuerst besprochenen, eben- falls auf Weisseisen betriebenen Holzkohlenhochofen. In letzterem wurden ausschliesslich leicht reducirbare reiche Erze verhüttet und der Brennstoffverbrauch war deshalb aussergewöhnlich niedrig; die Be- schickung des Gleiwitzer Ofens bestand zum grossen Theile aus schwer reducirbaren Frischschlacken, auch der Eisengehalt der Beschickung war geringer, und der Brennstoffverbrauch war demzufolge hoch; die grössere Menge Brennstoffe aber entwickelt eine entsprechend grössere Menge Gase, welche langsamer abgekühlt werden. Erst die Austreibung des Wassers unterhalb der Gicht hat hier eine rasche Abnahme der Temperatur zur Folge. 3. Die Wärmebilanz des Hochofens. Der Hochofen empfängt Wärme, beziehentlich das Material zur Erzeugung derselben; er verbraucht die empfangene Wärme für die Durchführung des Hochofenprocesses, und ein Theil der letzteren geht mit den austretenden Gichtgasen, durch Ausstrahlung der Wände u. s. w. verloren. Durch Gegenüberstellung der Wärmeeinnahme und Wärmeausgabe, deren Gesammtbeträge sich natürlicherweise decken müssen, erhält man die Wärmebilanz.

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Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 494. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/554>, abgerufen am 19.04.2024.