Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Hochofenbetrieb.
grauem Koksroheisen oder auch von hochprocentigen Eisenmanganen
als zweckmässig oder nothwendig erwiesen haben, würden in der
niedrigeren Temperatur der Holzkohlenhochöfen oft kaum zum Schmelzen
zu bringen sein.

Der Betrieb mit Steinkohlen.

Steinkohlen neben Koks verwendet man mitunter, wo nicht-
backende schwefelarme Kohlen in ausreichender Stückgrösse zu haben
sind, theils aus Ersparungsrücksichten, theils auch, weil in manchen
Fällen eine günstige Beeinflussung des Hochofenprocesses durch einen
mässigen Zusatz von rohen Steinkohlen beobachtet wurde. Besonders
ist dieses der Fall bei dem Betriebe auf graues Roheisen. Eine Er-
klärung dafür lässt sich in dem Umstande finden, dass bei Oefen, die
an Oberfeuer leiden, durch die bei der Zersetzung der Steinkohlen
stattfindende Wärmebindung dieses abgemindert und die Oxydation von
Kohlenstoff durch Kohlensäure in dem oberen Theile des Hochofens
beschränkt wird; ferner auch darin, dass die flüchtigen Zersetzungs-
gebilde der Steinkohlen, grossentheils aus Kohlenwasserstoffen bestehend,
die Menge der reducirenden Bestandtheile im Gasstrome anreichern, die
Reductionswirkung desselben auf die Erze verstärken und, indem sie
die gebildete Kohlensäure verdünnen, auch die Vergasung festen Kohlen-
stoffs durch Kohlensäure erschweren.

Selbst bei kleinen Holzkohlenhochöfen, welche graues Roheisen
unmittelbar für die Giesserei darstellen, kann es, wie ich aus eigener
Beobachtung weiss, mitunter zweckmässig sein, einen -- wenn auch
nur geringen -- Theil der Holzkohlen (etwa 1/10 ihres Gewichts) durch
aschenarme, nicht backende, gasreiche Steinkohlen zu ersetzen. 1) Es
gelingt hierbei leichter, dem Eisen einen gewissen, für die Benutzung
zur Giesserei erforderlichen Silicium- und Graphitgehalt zu wahren.

Auf oberschlesischen Hütten, deren Hochöfen für Koksbetrieb be-
stimmt sind, lässt man mitunter ein Drittel der Brennstoffgicht aus
rohen nichtbackenden Stückkohlen bestehen. In Rücksicht auf den
Umstand jedoch, dass der Preis dieser Stückkohlen im Vergleiche zu
dem Preise von Koks aus backenden Kleinkohlen ziemlich bedeutend
zu sein pflegt, hat man es häufig als ökonomisch vortheilhafter ge-
funden, zu der alleinigen Verwendung von Koks zurückzukehren. 2)

Als ausschliesslicher Brennstoff für den Hochofenbetrieb finden
rohe Steinkohlen vorzugsweise in Schottland Verwendung, wo die meisten
oder sämmtliche Hochöfen in Ermangelung von verkokungsfähigen
backenden Steinkohlen mit den in reichen Mengen auftretenden aschen-
armen und gasreichen, grossstückigen, auf S. 43 beschriebenen mageren
oder sehr schwach backenden Kohlen betrieben werden.

Geschieht nun bei Benutzung solcher Steinkohlen die Verhüttung
in eben solchen Oefen als bei Koksbetrieb, so übt unläugbar die ausser-

1) Bei dem jetzt zum Erliegen gekommenen Hochofenbetriebe zu Gröditz in
Sachsen verwendete man viele Jahre hindurch zu diesem Zwecke Russkohle (S. 44)
aus dem Zwickauer Steinkohlenbecken.
2) Ztschr. f. Berg-, Hütten- und Salinenwesen in Preussen, Bd. XXII, S. 284.

Der Hochofenbetrieb.
grauem Koksroheisen oder auch von hochprocentigen Eisenmanganen
als zweckmässig oder nothwendig erwiesen haben, würden in der
niedrigeren Temperatur der Holzkohlenhochöfen oft kaum zum Schmelzen
zu bringen sein.

Der Betrieb mit Steinkohlen.

Steinkohlen neben Koks verwendet man mitunter, wo nicht-
backende schwefelarme Kohlen in ausreichender Stückgrösse zu haben
sind, theils aus Ersparungsrücksichten, theils auch, weil in manchen
Fällen eine günstige Beeinflussung des Hochofenprocesses durch einen
mässigen Zusatz von rohen Steinkohlen beobachtet wurde. Besonders
ist dieses der Fall bei dem Betriebe auf graues Roheisen. Eine Er-
klärung dafür lässt sich in dem Umstande finden, dass bei Oefen, die
an Oberfeuer leiden, durch die bei der Zersetzung der Steinkohlen
stattfindende Wärmebindung dieses abgemindert und die Oxydation von
Kohlenstoff durch Kohlensäure in dem oberen Theile des Hochofens
beschränkt wird; ferner auch darin, dass die flüchtigen Zersetzungs-
gebilde der Steinkohlen, grossentheils aus Kohlenwasserstoffen bestehend,
die Menge der reducirenden Bestandtheile im Gasstrome anreichern, die
Reductionswirkung desselben auf die Erze verstärken und, indem sie
die gebildete Kohlensäure verdünnen, auch die Vergasung festen Kohlen-
stoffs durch Kohlensäure erschweren.

Selbst bei kleinen Holzkohlenhochöfen, welche graues Roheisen
unmittelbar für die Giesserei darstellen, kann es, wie ich aus eigener
Beobachtung weiss, mitunter zweckmässig sein, einen — wenn auch
nur geringen — Theil der Holzkohlen (etwa 1/10 ihres Gewichts) durch
aschenarme, nicht backende, gasreiche Steinkohlen zu ersetzen. 1) Es
gelingt hierbei leichter, dem Eisen einen gewissen, für die Benutzung
zur Giesserei erforderlichen Silicium- und Graphitgehalt zu wahren.

Auf oberschlesischen Hütten, deren Hochöfen für Koksbetrieb be-
stimmt sind, lässt man mitunter ein Drittel der Brennstoffgicht aus
rohen nichtbackenden Stückkohlen bestehen. In Rücksicht auf den
Umstand jedoch, dass der Preis dieser Stückkohlen im Vergleiche zu
dem Preise von Koks aus backenden Kleinkohlen ziemlich bedeutend
zu sein pflegt, hat man es häufig als ökonomisch vortheilhafter ge-
funden, zu der alleinigen Verwendung von Koks zurückzukehren. 2)

Als ausschliesslicher Brennstoff für den Hochofenbetrieb finden
rohe Steinkohlen vorzugsweise in Schottland Verwendung, wo die meisten
oder sämmtliche Hochöfen in Ermangelung von verkokungsfähigen
backenden Steinkohlen mit den in reichen Mengen auftretenden aschen-
armen und gasreichen, grossstückigen, auf S. 43 beschriebenen mageren
oder sehr schwach backenden Kohlen betrieben werden.

Geschieht nun bei Benutzung solcher Steinkohlen die Verhüttung
in eben solchen Oefen als bei Koksbetrieb, so übt unläugbar die ausser-

1) Bei dem jetzt zum Erliegen gekommenen Hochofenbetriebe zu Gröditz in
Sachsen verwendete man viele Jahre hindurch zu diesem Zwecke Russkohle (S. 44)
aus dem Zwickauer Steinkohlenbecken.
2) Ztschr. f. Berg-, Hütten- und Salinenwesen in Preussen, Bd. XXII, S. 284.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0606" n="546"/><fw place="top" type="header">Der Hochofenbetrieb.</fw><lb/>
grauem Koksroheisen oder auch von hochprocentigen Eisenmanganen<lb/>
als zweckmässig oder nothwendig erwiesen haben, würden in der<lb/>
niedrigeren Temperatur der Holzkohlenhochöfen oft kaum zum Schmelzen<lb/>
zu bringen sein.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#b">Der Betrieb mit Steinkohlen.</hi> </head><lb/>
              <p>Steinkohlen <hi rendition="#g">neben</hi> Koks verwendet man mitunter, wo nicht-<lb/>
backende schwefelarme Kohlen in ausreichender Stückgrösse zu haben<lb/>
sind, theils aus Ersparungsrücksichten, theils auch, weil in manchen<lb/>
Fällen eine günstige Beeinflussung des Hochofenprocesses durch einen<lb/>
mässigen Zusatz von rohen Steinkohlen beobachtet wurde. Besonders<lb/>
ist dieses der Fall bei dem Betriebe auf graues Roheisen. Eine Er-<lb/>
klärung dafür lässt sich in dem Umstande finden, dass bei Oefen, die<lb/>
an Oberfeuer leiden, durch die bei der Zersetzung der Steinkohlen<lb/>
stattfindende Wärmebindung dieses abgemindert und die Oxydation von<lb/>
Kohlenstoff durch Kohlensäure in dem oberen Theile des Hochofens<lb/>
beschränkt wird; ferner auch darin, dass die flüchtigen Zersetzungs-<lb/>
gebilde der Steinkohlen, grossentheils aus Kohlenwasserstoffen bestehend,<lb/>
die Menge der reducirenden Bestandtheile im Gasstrome anreichern, die<lb/>
Reductionswirkung desselben auf die Erze verstärken und, indem sie<lb/>
die gebildete Kohlensäure verdünnen, auch die Vergasung festen Kohlen-<lb/>
stoffs durch Kohlensäure erschweren.</p><lb/>
              <p>Selbst bei kleinen Holzkohlenhochöfen, welche graues Roheisen<lb/>
unmittelbar für die Giesserei darstellen, kann es, wie ich aus eigener<lb/>
Beobachtung weiss, mitunter zweckmässig sein, einen &#x2014; wenn auch<lb/>
nur geringen &#x2014; Theil der Holzkohlen (etwa 1/10 ihres Gewichts) durch<lb/>
aschenarme, nicht backende, gasreiche Steinkohlen zu ersetzen. <note place="foot" n="1)">Bei dem jetzt zum Erliegen gekommenen Hochofenbetriebe zu Gröditz in<lb/>
Sachsen verwendete man viele Jahre hindurch zu diesem Zwecke Russkohle (S. 44)<lb/>
aus dem Zwickauer Steinkohlenbecken.</note> Es<lb/>
gelingt hierbei leichter, dem Eisen einen gewissen, für die Benutzung<lb/>
zur Giesserei erforderlichen Silicium- und Graphitgehalt zu wahren.</p><lb/>
              <p>Auf oberschlesischen Hütten, deren Hochöfen für Koksbetrieb be-<lb/>
stimmt sind, lässt man mitunter ein Drittel der Brennstoffgicht aus<lb/>
rohen nichtbackenden Stückkohlen bestehen. In Rücksicht auf den<lb/>
Umstand jedoch, dass der Preis dieser Stückkohlen im Vergleiche zu<lb/>
dem Preise von Koks aus backenden Kleinkohlen ziemlich bedeutend<lb/>
zu sein pflegt, hat man es häufig als ökonomisch vortheilhafter ge-<lb/>
funden, zu der alleinigen Verwendung von Koks zurückzukehren. <note place="foot" n="2)">Ztschr. f. Berg-, Hütten- und Salinenwesen in Preussen, Bd. XXII, S. 284.</note></p><lb/>
              <p>Als ausschliesslicher Brennstoff für den Hochofenbetrieb finden<lb/>
rohe Steinkohlen vorzugsweise in Schottland Verwendung, wo die meisten<lb/>
oder sämmtliche Hochöfen in Ermangelung von verkokungsfähigen<lb/>
backenden Steinkohlen mit den in reichen Mengen auftretenden aschen-<lb/>
armen und gasreichen, grossstückigen, auf S. 43 beschriebenen mageren<lb/>
oder sehr schwach backenden Kohlen betrieben werden.</p><lb/>
              <p>Geschieht nun bei Benutzung solcher Steinkohlen die Verhüttung<lb/>
in eben solchen Oefen als bei Koksbetrieb, so übt unläugbar die ausser-<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[546/0606] Der Hochofenbetrieb. grauem Koksroheisen oder auch von hochprocentigen Eisenmanganen als zweckmässig oder nothwendig erwiesen haben, würden in der niedrigeren Temperatur der Holzkohlenhochöfen oft kaum zum Schmelzen zu bringen sein. Der Betrieb mit Steinkohlen. Steinkohlen neben Koks verwendet man mitunter, wo nicht- backende schwefelarme Kohlen in ausreichender Stückgrösse zu haben sind, theils aus Ersparungsrücksichten, theils auch, weil in manchen Fällen eine günstige Beeinflussung des Hochofenprocesses durch einen mässigen Zusatz von rohen Steinkohlen beobachtet wurde. Besonders ist dieses der Fall bei dem Betriebe auf graues Roheisen. Eine Er- klärung dafür lässt sich in dem Umstande finden, dass bei Oefen, die an Oberfeuer leiden, durch die bei der Zersetzung der Steinkohlen stattfindende Wärmebindung dieses abgemindert und die Oxydation von Kohlenstoff durch Kohlensäure in dem oberen Theile des Hochofens beschränkt wird; ferner auch darin, dass die flüchtigen Zersetzungs- gebilde der Steinkohlen, grossentheils aus Kohlenwasserstoffen bestehend, die Menge der reducirenden Bestandtheile im Gasstrome anreichern, die Reductionswirkung desselben auf die Erze verstärken und, indem sie die gebildete Kohlensäure verdünnen, auch die Vergasung festen Kohlen- stoffs durch Kohlensäure erschweren. Selbst bei kleinen Holzkohlenhochöfen, welche graues Roheisen unmittelbar für die Giesserei darstellen, kann es, wie ich aus eigener Beobachtung weiss, mitunter zweckmässig sein, einen — wenn auch nur geringen — Theil der Holzkohlen (etwa 1/10 ihres Gewichts) durch aschenarme, nicht backende, gasreiche Steinkohlen zu ersetzen. 1) Es gelingt hierbei leichter, dem Eisen einen gewissen, für die Benutzung zur Giesserei erforderlichen Silicium- und Graphitgehalt zu wahren. Auf oberschlesischen Hütten, deren Hochöfen für Koksbetrieb be- stimmt sind, lässt man mitunter ein Drittel der Brennstoffgicht aus rohen nichtbackenden Stückkohlen bestehen. In Rücksicht auf den Umstand jedoch, dass der Preis dieser Stückkohlen im Vergleiche zu dem Preise von Koks aus backenden Kleinkohlen ziemlich bedeutend zu sein pflegt, hat man es häufig als ökonomisch vortheilhafter ge- funden, zu der alleinigen Verwendung von Koks zurückzukehren. 2) Als ausschliesslicher Brennstoff für den Hochofenbetrieb finden rohe Steinkohlen vorzugsweise in Schottland Verwendung, wo die meisten oder sämmtliche Hochöfen in Ermangelung von verkokungsfähigen backenden Steinkohlen mit den in reichen Mengen auftretenden aschen- armen und gasreichen, grossstückigen, auf S. 43 beschriebenen mageren oder sehr schwach backenden Kohlen betrieben werden. Geschieht nun bei Benutzung solcher Steinkohlen die Verhüttung in eben solchen Oefen als bei Koksbetrieb, so übt unläugbar die ausser- 1) Bei dem jetzt zum Erliegen gekommenen Hochofenbetriebe zu Gröditz in Sachsen verwendete man viele Jahre hindurch zu diesem Zwecke Russkohle (S. 44) aus dem Zwickauer Steinkohlenbecken. 2) Ztschr. f. Berg-, Hütten- und Salinenwesen in Preussen, Bd. XXII, S. 284.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/606
Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 546. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/606>, abgerufen am 23.04.2024.