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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

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Der Hochofenbetrieb.
indem man Einrichtungen traf, um das mit den Gichtgasen entweichende
Ammoniak, aus der Destillation der Kohlen entstanden, zu gewinnen
(vergl. Literatur).

Je mehr Gichtstaub aber die Hochofengase absetzen, desto öfter
wird eine Reinigung jener Züge nothwendig werden, und es ist kaum
anzunehmen, dass diese Reinigung in leichter Weise ausführbar sein
wird. Hierin dürfte ein Grund liegen, weshalb ausserhalb Schottlands
von dem Ferrie-Hochofen nur in vereinzelten Fällen Anwendung ge-
macht worden ist. Auf denjenigen oberschlesischen Eisenwerken z. B.,
wo für den Hochofenbetrieb den schottischen Steinkohlen ähnliche
Kohlen zur Verwendung stehen (Königshütte, Borsigwerk u. a.) zieht
man es vor, sie in gewöhnlichen Meilern oder in Schaumburger Ver-
kokungsöfen zu entgasen; und der Zinkgehalt der oberschlesischen
Eisenerze dürfte dieses Verfahren vollständig rechtfertigen.

Der Betrieb mit Anthraciten.

Obwohl im weiteren Sinne die Anthracite ebenfalls den Stein-
kohlen sich beigesellen lassen, so zeigt doch ihr Verhalten sowohl im
Allgemeinen als auch insbesondere bei ihrer Benutzung für den Hoch-
ofenbetrieb so erhebliche Abweichungen gegenüber dem Verhalten der
soeben besprochenen gasreichen Kohlen, dass eine besondere Be-
sprechung der Eigenthümlichkeiten des Anthracit-Hochofenbetriebes noth-
wendig erscheint.

Besonders reich an Anthraciten ist Pennsylvanien, und eine grosse
Anzahl nordamerikanischer Hochöfen in den Districten östlich vom
Alleghanygebirge benutzt den Anthracit als ausschliesslichen Brennstoff
für den Hochofenbetrieb.

Wie schon aus den auf S. 46 gegebenen Mittheilungen hervor-
geht, ist der Anthracit die kohlenstoffreichste, gasärmste aller natürlich
vorkommenden Kohlensorten und steht in chemischer Beziehung dem
Koks nahe. Eine Verkokung des Anthracits würde daher, ganz abgesehen
von der Schwierigkeit des Verfahrens, in den allermeisten Fällen zweck-
los sein. In physikalischer Beziehung aber unterscheidet sich der
Anthracit sehr wesentlich von dem Koks. Er ist dicht, schwer ver-
brennlich und besitzt oft in starkem Maasse die Neigung, beim Erhitzen in
zahlreiche kleine Stücke zu zerspringen. Diese Eigenschaften erschweren
erheblich die Verwendung des Anthracits beim Hochofenbetriebe.

Neuere amerikanische Anthracithochöfen besitzen eine Höhe von
ca. 22.5 m, Kohlensackdurchmesser 5.5 m, Gestelldurchmesser 3.2 m, Gicht-
durchmesser ca. 4 m. Der Durchmesser der Düsen beträgt etwa 108 mm,
ihr Vorragen in den Ofen 250 mm, ihre Zahl 7.1)

Die Schwerverbrennlichkeit des Anthracits lässt eine Anwendung
desselben in geringerer Stückgrösse zweckmässig erscheinen, wodurch
die dem Winde dargebotene Oberfläche vergrössert wird; als am geeig-
netsten sollen sich Stücke von ungefähr 100 mm im Durchmesser
erweisen. Ein anderes Mittel zur Beförderung der Verbrennung ist
starke Windpressung; und in Rücksicht auf die soeben erwähnte geringe

1) Oestr. Zeitschr. f. Berg- und Hüttenwesen 1882, S. 489 (Hartmann).

Der Hochofenbetrieb.
indem man Einrichtungen traf, um das mit den Gichtgasen entweichende
Ammoniak, aus der Destillation der Kohlen entstanden, zu gewinnen
(vergl. Literatur).

Je mehr Gichtstaub aber die Hochofengase absetzen, desto öfter
wird eine Reinigung jener Züge nothwendig werden, und es ist kaum
anzunehmen, dass diese Reinigung in leichter Weise ausführbar sein
wird. Hierin dürfte ein Grund liegen, weshalb ausserhalb Schottlands
von dem Ferrie-Hochofen nur in vereinzelten Fällen Anwendung ge-
macht worden ist. Auf denjenigen oberschlesischen Eisenwerken z. B.,
wo für den Hochofenbetrieb den schottischen Steinkohlen ähnliche
Kohlen zur Verwendung stehen (Königshütte, Borsigwerk u. a.) zieht
man es vor, sie in gewöhnlichen Meilern oder in Schaumburger Ver-
kokungsöfen zu entgasen; und der Zinkgehalt der oberschlesischen
Eisenerze dürfte dieses Verfahren vollständig rechtfertigen.

Der Betrieb mit Anthraciten.

Obwohl im weiteren Sinne die Anthracite ebenfalls den Stein-
kohlen sich beigesellen lassen, so zeigt doch ihr Verhalten sowohl im
Allgemeinen als auch insbesondere bei ihrer Benutzung für den Hoch-
ofenbetrieb so erhebliche Abweichungen gegenüber dem Verhalten der
soeben besprochenen gasreichen Kohlen, dass eine besondere Be-
sprechung der Eigenthümlichkeiten des Anthracit-Hochofenbetriebes noth-
wendig erscheint.

Besonders reich an Anthraciten ist Pennsylvanien, und eine grosse
Anzahl nordamerikanischer Hochöfen in den Districten östlich vom
Alleghanygebirge benutzt den Anthracit als ausschliesslichen Brennstoff
für den Hochofenbetrieb.

Wie schon aus den auf S. 46 gegebenen Mittheilungen hervor-
geht, ist der Anthracit die kohlenstoffreichste, gasärmste aller natürlich
vorkommenden Kohlensorten und steht in chemischer Beziehung dem
Koks nahe. Eine Verkokung des Anthracits würde daher, ganz abgesehen
von der Schwierigkeit des Verfahrens, in den allermeisten Fällen zweck-
los sein. In physikalischer Beziehung aber unterscheidet sich der
Anthracit sehr wesentlich von dem Koks. Er ist dicht, schwer ver-
brennlich und besitzt oft in starkem Maasse die Neigung, beim Erhitzen in
zahlreiche kleine Stücke zu zerspringen. Diese Eigenschaften erschweren
erheblich die Verwendung des Anthracits beim Hochofenbetriebe.

Neuere amerikanische Anthracithochöfen besitzen eine Höhe von
ca. 22.5 m, Kohlensackdurchmesser 5.5 m, Gestelldurchmesser 3.2 m, Gicht-
durchmesser ca. 4 m. Der Durchmesser der Düsen beträgt etwa 108 mm,
ihr Vorragen in den Ofen 250 mm, ihre Zahl 7.1)

Die Schwerverbrennlichkeit des Anthracits lässt eine Anwendung
desselben in geringerer Stückgrösse zweckmässig erscheinen, wodurch
die dem Winde dargebotene Oberfläche vergrössert wird; als am geeig-
netsten sollen sich Stücke von ungefähr 100 mm im Durchmesser
erweisen. Ein anderes Mittel zur Beförderung der Verbrennung ist
starke Windpressung; und in Rücksicht auf die soeben erwähnte geringe

1) Oestr. Zeitschr. f. Berg- und Hüttenwesen 1882, S. 489 (Hartmann).
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[548/0608] Der Hochofenbetrieb. indem man Einrichtungen traf, um das mit den Gichtgasen entweichende Ammoniak, aus der Destillation der Kohlen entstanden, zu gewinnen (vergl. Literatur). Je mehr Gichtstaub aber die Hochofengase absetzen, desto öfter wird eine Reinigung jener Züge nothwendig werden, und es ist kaum anzunehmen, dass diese Reinigung in leichter Weise ausführbar sein wird. Hierin dürfte ein Grund liegen, weshalb ausserhalb Schottlands von dem Ferrie-Hochofen nur in vereinzelten Fällen Anwendung ge- macht worden ist. Auf denjenigen oberschlesischen Eisenwerken z. B., wo für den Hochofenbetrieb den schottischen Steinkohlen ähnliche Kohlen zur Verwendung stehen (Königshütte, Borsigwerk u. a.) zieht man es vor, sie in gewöhnlichen Meilern oder in Schaumburger Ver- kokungsöfen zu entgasen; und der Zinkgehalt der oberschlesischen Eisenerze dürfte dieses Verfahren vollständig rechtfertigen. Der Betrieb mit Anthraciten. Obwohl im weiteren Sinne die Anthracite ebenfalls den Stein- kohlen sich beigesellen lassen, so zeigt doch ihr Verhalten sowohl im Allgemeinen als auch insbesondere bei ihrer Benutzung für den Hoch- ofenbetrieb so erhebliche Abweichungen gegenüber dem Verhalten der soeben besprochenen gasreichen Kohlen, dass eine besondere Be- sprechung der Eigenthümlichkeiten des Anthracit-Hochofenbetriebes noth- wendig erscheint. Besonders reich an Anthraciten ist Pennsylvanien, und eine grosse Anzahl nordamerikanischer Hochöfen in den Districten östlich vom Alleghanygebirge benutzt den Anthracit als ausschliesslichen Brennstoff für den Hochofenbetrieb. Wie schon aus den auf S. 46 gegebenen Mittheilungen hervor- geht, ist der Anthracit die kohlenstoffreichste, gasärmste aller natürlich vorkommenden Kohlensorten und steht in chemischer Beziehung dem Koks nahe. Eine Verkokung des Anthracits würde daher, ganz abgesehen von der Schwierigkeit des Verfahrens, in den allermeisten Fällen zweck- los sein. In physikalischer Beziehung aber unterscheidet sich der Anthracit sehr wesentlich von dem Koks. Er ist dicht, schwer ver- brennlich und besitzt oft in starkem Maasse die Neigung, beim Erhitzen in zahlreiche kleine Stücke zu zerspringen. Diese Eigenschaften erschweren erheblich die Verwendung des Anthracits beim Hochofenbetriebe. Neuere amerikanische Anthracithochöfen besitzen eine Höhe von ca. 22.5 m, Kohlensackdurchmesser 5.5 m, Gestelldurchmesser 3.2 m, Gicht- durchmesser ca. 4 m. Der Durchmesser der Düsen beträgt etwa 108 mm, ihr Vorragen in den Ofen 250 mm, ihre Zahl 7. 1) Die Schwerverbrennlichkeit des Anthracits lässt eine Anwendung desselben in geringerer Stückgrösse zweckmässig erscheinen, wodurch die dem Winde dargebotene Oberfläche vergrössert wird; als am geeig- netsten sollen sich Stücke von ungefähr 100 mm im Durchmesser erweisen. Ein anderes Mittel zur Beförderung der Verbrennung ist starke Windpressung; und in Rücksicht auf die soeben erwähnte geringe 1) Oestr. Zeitschr. f. Berg- und Hüttenwesen 1882, S. 489 (Hartmann).

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Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 548. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/608>, abgerufen am 25.04.2024.