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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

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Die Nebenerzeugnisse des Hochofenbetriebes und ihre Verwendung.
von Schlackenwolle lieferten, haben in den letzten Jahren die Her-
stellung ganz eingestellt. Vielleicht ist man, abgeschreckt durch ein-
zelne Misserfolge, auch in der abfälligen Beurtheilung der Anwend-
barkeit der Schlackenwolle zu weit gegangen. Schlackenwolle, aus
schwefelarmer und nicht allzu kalkreicher Schlacke erzeugt, wird immer-
hin ein geeignetes und billiges Material für die oben erwähnten Zwecke
bleiben; denn die Wärmeleitungsfähigkeit derselben ist sehr gering.
Nach Versuchen von C. E. Emery leitet die Schlackenwolle die Wärme
nur 1/5 -- 1/6 so gut als atmosphärische Luft.1)

Vorzugsweise dürfte die Schlacke von Holzkohlenhochöfen wegen
ihres geringeren Schwefel- und grösseren Kieselsäuregehaltes zur Dar-
stellung guter Schlackenwolle sich eignen.

Schlackenziegel.

Die Herstellung von Schlackenziegeln, d. h. geformter, für bau-
liche Zwecke an Stelle gewöhnlicher Thonziegel bestimmter Steine,
dürfte in den meisten Fällen, wo die erforderlichen Vorrichtungen dafür
einmal vorhanden sind, die lohnendste Verwendung der Hochofen-
schlacken bilden, sofern nicht eben örtliche Verhältnisse, z. B. ein aus-
nahmsweise niedriger Preis anderer Bausteine, der Verwendung der
Ziegel hinderlich sind.

Die Methoden zur Herstellung derselben sind verschieden. Schein-
bar am einfachsten würde man, wie es auch vielfach versucht worden
ist, Ziegel durch Eingiessen der flüssigen Schlacke in Formen erhalten.
Hierbei kommt aber in Betracht, dass die Schlacke, wie schon oben
hervorgehoben wurde, um so spröder wird, je rascher man sie abkühlt.
Auch wenn man den einzelnen Ziegeln die zehnfache Grösse eines
gewöhnlichen Thonziegels geben wollte, würde doch sehr leicht ein Zer-
springen derselben eintreten. Zur Vermeidung dieses Uebelstandes hat
man bisweilen die glühenden geformten Steine in Temperöfen gebracht,
in welchen sie nun, wie Glaswaaren, einer ganz allmählichen Abküh-
lung während einiger Tage unterworfen werden. Hierdurch aber wird
nicht unerheblich die Herstellung vertheuert.

Auf anderen Eisenwerken mischt man, um das Zerspringen der
Steine zu verhüten, die noch flüssige Schlacke mit Körpern, welche
ähnlich wie die sogenannten Magerungsmittel bei der Verarbeitung des
Thones wirken: Koks- oder Holzkohlenlösche, grobe Quarzkörner, Ziegel-
stücke oder dergleichen. Diese Körper nehmen, wie sich von selbst
versteht, innerhalb der Form einen gewissen Raum ein, verringern
also die Menge der reinen Schlacke, welche zur Ausfüllung der Form
nothwendig ist und führen dadurch die Schwindung beim Abkühlen auf
ein geringeres Maass zurück; sie verringern aber auch unmittelbar die
grosse Sprödigkeit des Schlackenkörpers, indem sie als eingelagerte feste
Körper das Material gewissermaassen auflockern, den Molekülen des-
selben eine gewisse Beweglichkeit ertheilend, welche die Entstehung
von Sprüngen abmindert und die Ausdehnung der entstandenen Risse

1) Engineering and Mining Journal, vol. XXXII, p. 219; Oesterr. Zeitschr. für
Berg- und Hüttenwesen 1881, S. 615.

Die Nebenerzeugnisse des Hochofenbetriebes und ihre Verwendung.
von Schlackenwolle lieferten, haben in den letzten Jahren die Her-
stellung ganz eingestellt. Vielleicht ist man, abgeschreckt durch ein-
zelne Misserfolge, auch in der abfälligen Beurtheilung der Anwend-
barkeit der Schlackenwolle zu weit gegangen. Schlackenwolle, aus
schwefelarmer und nicht allzu kalkreicher Schlacke erzeugt, wird immer-
hin ein geeignetes und billiges Material für die oben erwähnten Zwecke
bleiben; denn die Wärmeleitungsfähigkeit derselben ist sehr gering.
Nach Versuchen von C. E. Emery leitet die Schlackenwolle die Wärme
nur ⅕ — ⅙ so gut als atmosphärische Luft.1)

Vorzugsweise dürfte die Schlacke von Holzkohlenhochöfen wegen
ihres geringeren Schwefel- und grösseren Kieselsäuregehaltes zur Dar-
stellung guter Schlackenwolle sich eignen.

Schlackenziegel.

Die Herstellung von Schlackenziegeln, d. h. geformter, für bau-
liche Zwecke an Stelle gewöhnlicher Thonziegel bestimmter Steine,
dürfte in den meisten Fällen, wo die erforderlichen Vorrichtungen dafür
einmal vorhanden sind, die lohnendste Verwendung der Hochofen-
schlacken bilden, sofern nicht eben örtliche Verhältnisse, z. B. ein aus-
nahmsweise niedriger Preis anderer Bausteine, der Verwendung der
Ziegel hinderlich sind.

Die Methoden zur Herstellung derselben sind verschieden. Schein-
bar am einfachsten würde man, wie es auch vielfach versucht worden
ist, Ziegel durch Eingiessen der flüssigen Schlacke in Formen erhalten.
Hierbei kommt aber in Betracht, dass die Schlacke, wie schon oben
hervorgehoben wurde, um so spröder wird, je rascher man sie abkühlt.
Auch wenn man den einzelnen Ziegeln die zehnfache Grösse eines
gewöhnlichen Thonziegels geben wollte, würde doch sehr leicht ein Zer-
springen derselben eintreten. Zur Vermeidung dieses Uebelstandes hat
man bisweilen die glühenden geformten Steine in Temperöfen gebracht,
in welchen sie nun, wie Glaswaaren, einer ganz allmählichen Abküh-
lung während einiger Tage unterworfen werden. Hierdurch aber wird
nicht unerheblich die Herstellung vertheuert.

Auf anderen Eisenwerken mischt man, um das Zerspringen der
Steine zu verhüten, die noch flüssige Schlacke mit Körpern, welche
ähnlich wie die sogenannten Magerungsmittel bei der Verarbeitung des
Thones wirken: Koks- oder Holzkohlenlösche, grobe Quarzkörner, Ziegel-
stücke oder dergleichen. Diese Körper nehmen, wie sich von selbst
versteht, innerhalb der Form einen gewissen Raum ein, verringern
also die Menge der reinen Schlacke, welche zur Ausfüllung der Form
nothwendig ist und führen dadurch die Schwindung beim Abkühlen auf
ein geringeres Maass zurück; sie verringern aber auch unmittelbar die
grosse Sprödigkeit des Schlackenkörpers, indem sie als eingelagerte feste
Körper das Material gewissermaassen auflockern, den Molekülen des-
selben eine gewisse Beweglichkeit ertheilend, welche die Entstehung
von Sprüngen abmindert und die Ausdehnung der entstandenen Risse

1) Engineering and Mining Journal, vol. XXXII, p. 219; Oesterr. Zeitschr. für
Berg- und Hüttenwesen 1881, S. 615.
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[588/0648] Die Nebenerzeugnisse des Hochofenbetriebes und ihre Verwendung. von Schlackenwolle lieferten, haben in den letzten Jahren die Her- stellung ganz eingestellt. Vielleicht ist man, abgeschreckt durch ein- zelne Misserfolge, auch in der abfälligen Beurtheilung der Anwend- barkeit der Schlackenwolle zu weit gegangen. Schlackenwolle, aus schwefelarmer und nicht allzu kalkreicher Schlacke erzeugt, wird immer- hin ein geeignetes und billiges Material für die oben erwähnten Zwecke bleiben; denn die Wärmeleitungsfähigkeit derselben ist sehr gering. Nach Versuchen von C. E. Emery leitet die Schlackenwolle die Wärme nur ⅕ — ⅙ so gut als atmosphärische Luft. 1) Vorzugsweise dürfte die Schlacke von Holzkohlenhochöfen wegen ihres geringeren Schwefel- und grösseren Kieselsäuregehaltes zur Dar- stellung guter Schlackenwolle sich eignen. Schlackenziegel. Die Herstellung von Schlackenziegeln, d. h. geformter, für bau- liche Zwecke an Stelle gewöhnlicher Thonziegel bestimmter Steine, dürfte in den meisten Fällen, wo die erforderlichen Vorrichtungen dafür einmal vorhanden sind, die lohnendste Verwendung der Hochofen- schlacken bilden, sofern nicht eben örtliche Verhältnisse, z. B. ein aus- nahmsweise niedriger Preis anderer Bausteine, der Verwendung der Ziegel hinderlich sind. Die Methoden zur Herstellung derselben sind verschieden. Schein- bar am einfachsten würde man, wie es auch vielfach versucht worden ist, Ziegel durch Eingiessen der flüssigen Schlacke in Formen erhalten. Hierbei kommt aber in Betracht, dass die Schlacke, wie schon oben hervorgehoben wurde, um so spröder wird, je rascher man sie abkühlt. Auch wenn man den einzelnen Ziegeln die zehnfache Grösse eines gewöhnlichen Thonziegels geben wollte, würde doch sehr leicht ein Zer- springen derselben eintreten. Zur Vermeidung dieses Uebelstandes hat man bisweilen die glühenden geformten Steine in Temperöfen gebracht, in welchen sie nun, wie Glaswaaren, einer ganz allmählichen Abküh- lung während einiger Tage unterworfen werden. Hierdurch aber wird nicht unerheblich die Herstellung vertheuert. Auf anderen Eisenwerken mischt man, um das Zerspringen der Steine zu verhüten, die noch flüssige Schlacke mit Körpern, welche ähnlich wie die sogenannten Magerungsmittel bei der Verarbeitung des Thones wirken: Koks- oder Holzkohlenlösche, grobe Quarzkörner, Ziegel- stücke oder dergleichen. Diese Körper nehmen, wie sich von selbst versteht, innerhalb der Form einen gewissen Raum ein, verringern also die Menge der reinen Schlacke, welche zur Ausfüllung der Form nothwendig ist und führen dadurch die Schwindung beim Abkühlen auf ein geringeres Maass zurück; sie verringern aber auch unmittelbar die grosse Sprödigkeit des Schlackenkörpers, indem sie als eingelagerte feste Körper das Material gewissermaassen auflockern, den Molekülen des- selben eine gewisse Beweglichkeit ertheilend, welche die Entstehung von Sprüngen abmindert und die Ausdehnung der entstandenen Risse 1) Engineering and Mining Journal, vol. XXXII, p. 219; Oesterr. Zeitschr. für Berg- und Hüttenwesen 1881, S. 615.

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Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 588. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/648>, abgerufen am 28.03.2024.