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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

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Die Hämmer.

Eine mechanische Bearbeitung des dargestellten Eisens zu dem
besprochenen Zwecke würde durch Handarbeit -- etwa durch Aus-
schmieden mit dem Handhammer -- nur möglich sein, wenn das Eisen-
stück selbst nicht gross und der Umfang der gesammten Eisenerzeugung
sehr beschränkt wäre. Solche Handarbeit für die Verdichtung und Form-
gebung finden wir in den Anfängen der Eisendarstellung, sowohl im
Alterthum bei allen eisenerzeugenden Völkern als noch jetzt in ent-
legenen Gegenden. In allen Kulturstaaten dagegen ist jene einfache
Handarbeit längst durch Maschinenarbeit ersetzt, und die moderne Eisen-
industrie verdankt zum nicht geringen Theile ihre gewaltige Ausdehnung
der Leistungsfähigkeit der für die Verdichtung und Formgebung des
schmiedbaren Eisens benutzten Maschinen.

1. Die Hämmer.

Unter allen formgebenden Apparaten bei der Darstellung schmied-
baren Eisens sind die Hämmer die ältesten. Aus dem seit Jahrtausen-
den benutzten Schmiedehammer, welcher von dem Arme des Schmiedes
geführt wird, entwickelte sich, nachdem die Anwendung der Wasser-
kraft beim Hüttenwesen Eingang gefunden hatte, die ältere Form des
Maschinenhammers, dessen Stiel, an dem hinteren Ende um Zapfen
schwingend, durch Hebedaumen emporgehoben wurde.

Die Wirkung des Hammers bei der Verdichtung und Formgebung
des schmiedbaren Eisens beruht auf der Ausübung zahlreicher, rasch
auf einander folgender Schläge. Die theoretische Wirkung eines Schlages
lässt sich, wenn M die sogenannte Masse 1) des niederfallenden Ham-
mers, v die Endgeschwindigkeit desselben bezeichnet, durch die Formel
[Formel 2] bezeichnen. Hieraus würde sich folgern lassen, dass für eine
vorgeschriebene Leistung des Hammers es gleichgültig sein müsse, ob
die Masse, beziehentlich das Gewicht des Hammers gross und die
Endgeschwindigkeit klein sei oder umgekehrt, sofern nur das Product
[Formel 3] die vorgeschriebene Grösse erreiche.

In der Wirklichkeit stellt sich jedoch die Nothwendigkeit heraus,
das Gewicht des Hammers in jedem Falle um so reichlicher zu nehmen,
je grösser das Gewicht des zu bearbeitenden Eisenstückes und je
grösser der Härtegrad desselben in der beim Schmieden angewendeten
Temperatur ist.

Verschiedene Umstände liefern die Erklärung für diese Thatsache.

Offenbar verlangen grössere Eisenstücke auch eine grössere Schlag-
wirkung als kleinere, härtere eine grössere Schlagwirkung als weniger
harte, sofern diese Wirkung sich nicht blos auf die Oberfläche des
Arbeitsstückes erstrecken soll, sondern auch eine Verdichtung der
inneren Theile bezweckt. Für die Endgeschwindigkeit v aber giebt es
naturgemäss ein gewisses grösstes Maass, welches nicht ohne Nachtheil für
die Zweckmässigkeit und Haltbarkeit der Hammeranlage überschritten

1) Masse = [Formel 1]
Die Hämmer.

Eine mechanische Bearbeitung des dargestellten Eisens zu dem
besprochenen Zwecke würde durch Handarbeit — etwa durch Aus-
schmieden mit dem Handhammer — nur möglich sein, wenn das Eisen-
stück selbst nicht gross und der Umfang der gesammten Eisenerzeugung
sehr beschränkt wäre. Solche Handarbeit für die Verdichtung und Form-
gebung finden wir in den Anfängen der Eisendarstellung, sowohl im
Alterthum bei allen eisenerzeugenden Völkern als noch jetzt in ent-
legenen Gegenden. In allen Kulturstaaten dagegen ist jene einfache
Handarbeit längst durch Maschinenarbeit ersetzt, und die moderne Eisen-
industrie verdankt zum nicht geringen Theile ihre gewaltige Ausdehnung
der Leistungsfähigkeit der für die Verdichtung und Formgebung des
schmiedbaren Eisens benutzten Maschinen.

1. Die Hämmer.

Unter allen formgebenden Apparaten bei der Darstellung schmied-
baren Eisens sind die Hämmer die ältesten. Aus dem seit Jahrtausen-
den benutzten Schmiedehammer, welcher von dem Arme des Schmiedes
geführt wird, entwickelte sich, nachdem die Anwendung der Wasser-
kraft beim Hüttenwesen Eingang gefunden hatte, die ältere Form des
Maschinenhammers, dessen Stiel, an dem hinteren Ende um Zapfen
schwingend, durch Hebedaumen emporgehoben wurde.

Die Wirkung des Hammers bei der Verdichtung und Formgebung
des schmiedbaren Eisens beruht auf der Ausübung zahlreicher, rasch
auf einander folgender Schläge. Die theoretische Wirkung eines Schlages
lässt sich, wenn M die sogenannte Masse 1) des niederfallenden Ham-
mers, v die Endgeschwindigkeit desselben bezeichnet, durch die Formel
[Formel 2] bezeichnen. Hieraus würde sich folgern lassen, dass für eine
vorgeschriebene Leistung des Hammers es gleichgültig sein müsse, ob
die Masse, beziehentlich das Gewicht des Hammers gross und die
Endgeschwindigkeit klein sei oder umgekehrt, sofern nur das Product
[Formel 3] die vorgeschriebene Grösse erreiche.

In der Wirklichkeit stellt sich jedoch die Nothwendigkeit heraus,
das Gewicht des Hammers in jedem Falle um so reichlicher zu nehmen,
je grösser das Gewicht des zu bearbeitenden Eisenstückes und je
grösser der Härtegrad desselben in der beim Schmieden angewendeten
Temperatur ist.

Verschiedene Umstände liefern die Erklärung für diese Thatsache.

Offenbar verlangen grössere Eisenstücke auch eine grössere Schlag-
wirkung als kleinere, härtere eine grössere Schlagwirkung als weniger
harte, sofern diese Wirkung sich nicht blos auf die Oberfläche des
Arbeitsstückes erstrecken soll, sondern auch eine Verdichtung der
inneren Theile bezweckt. Für die Endgeschwindigkeit v aber giebt es
naturgemäss ein gewisses grösstes Maass, welches nicht ohne Nachtheil für
die Zweckmässigkeit und Haltbarkeit der Hammeranlage überschritten

1) Masse = [Formel 1]
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[675/0743] Die Hämmer. Eine mechanische Bearbeitung des dargestellten Eisens zu dem besprochenen Zwecke würde durch Handarbeit — etwa durch Aus- schmieden mit dem Handhammer — nur möglich sein, wenn das Eisen- stück selbst nicht gross und der Umfang der gesammten Eisenerzeugung sehr beschränkt wäre. Solche Handarbeit für die Verdichtung und Form- gebung finden wir in den Anfängen der Eisendarstellung, sowohl im Alterthum bei allen eisenerzeugenden Völkern als noch jetzt in ent- legenen Gegenden. In allen Kulturstaaten dagegen ist jene einfache Handarbeit längst durch Maschinenarbeit ersetzt, und die moderne Eisen- industrie verdankt zum nicht geringen Theile ihre gewaltige Ausdehnung der Leistungsfähigkeit der für die Verdichtung und Formgebung des schmiedbaren Eisens benutzten Maschinen. 1. Die Hämmer. Unter allen formgebenden Apparaten bei der Darstellung schmied- baren Eisens sind die Hämmer die ältesten. Aus dem seit Jahrtausen- den benutzten Schmiedehammer, welcher von dem Arme des Schmiedes geführt wird, entwickelte sich, nachdem die Anwendung der Wasser- kraft beim Hüttenwesen Eingang gefunden hatte, die ältere Form des Maschinenhammers, dessen Stiel, an dem hinteren Ende um Zapfen schwingend, durch Hebedaumen emporgehoben wurde. Die Wirkung des Hammers bei der Verdichtung und Formgebung des schmiedbaren Eisens beruht auf der Ausübung zahlreicher, rasch auf einander folgender Schläge. Die theoretische Wirkung eines Schlages lässt sich, wenn M die sogenannte Masse 1) des niederfallenden Ham- mers, v die Endgeschwindigkeit desselben bezeichnet, durch die Formel [FORMEL] bezeichnen. Hieraus würde sich folgern lassen, dass für eine vorgeschriebene Leistung des Hammers es gleichgültig sein müsse, ob die Masse, beziehentlich das Gewicht des Hammers gross und die Endgeschwindigkeit klein sei oder umgekehrt, sofern nur das Product [FORMEL] die vorgeschriebene Grösse erreiche. In der Wirklichkeit stellt sich jedoch die Nothwendigkeit heraus, das Gewicht des Hammers in jedem Falle um so reichlicher zu nehmen, je grösser das Gewicht des zu bearbeitenden Eisenstückes und je grösser der Härtegrad desselben in der beim Schmieden angewendeten Temperatur ist. Verschiedene Umstände liefern die Erklärung für diese Thatsache. Offenbar verlangen grössere Eisenstücke auch eine grössere Schlag- wirkung als kleinere, härtere eine grössere Schlagwirkung als weniger harte, sofern diese Wirkung sich nicht blos auf die Oberfläche des Arbeitsstückes erstrecken soll, sondern auch eine Verdichtung der inneren Theile bezweckt. Für die Endgeschwindigkeit v aber giebt es naturgemäss ein gewisses grösstes Maass, welches nicht ohne Nachtheil für die Zweckmässigkeit und Haltbarkeit der Hammeranlage überschritten 1) Masse = [FORMEL]

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Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 675. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/743>, abgerufen am 29.03.2024.