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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

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Die Darstellung des Schweisseisens.

Ausser der Beschaffenheit des Roheisens können auch äussere
Umstände den Verlauf des Frischens beeinflussen.

Hohe Temperatur im Feuer verlangsamt den Frischprocess. Die
hauptsächlichste Ursache dieser im ersten Augenblicke auffälligen Er-
scheinung dürfte in der vermehrten Kohlenoxydgasbildung aus dem
Brennmateriale zu suchen sein. Die Verwandtschaft des Kohlenstoffes
zum Sauerstoff wird mächtig gesteigert; die Holzkohlen verbrennen
rascher und zwar auf Kosten nicht allein des Sauerstoffes im Gebläse-
winde, sondern auch des Sauerstoffes der Schlacken; letztere werden
eisenärmer und in der kohlenoxydreicheren Atmosphäre finden sie weniger
Gelegenheit, sich aufs Neue mit Eisen zu sättigen.

Starke Neigung der Form und geringe Höhe derselben über dem
Boden des Feuers befördern den Gaargang. Die Ursachen hierfür
liegen nahe. Je schwächer die Kohlenschicht ist, welche der Wind zu
durchdringen hat, ehe er zum Boden gelangt, desto mehr unver-
zehrter Sauerstoff kommt mit dem am Boden sich sammelnden Eisen
nebst Schlacken in Berührung, desto stärker ist die hier stattfindende
Oxydation.

Durch den Gaargang des Feuers wird Zeit und Brennstoff ge-
spart; schwieriger aber ist bei dem rascheren Verlaufe des Processes
die Erzielung eines gleichmässigen Enderzeugnisses, und grösser pflegt
der Eisenabbrand zu sein. Daher ist ein allzu starker Gaargang keines-
wegs vortheilhaft, und durch entsprechende Auswahl der Roheisensorten
wie durch entsprechende Leitung des Processes sucht man denselben zu
vermeiden. Besonders wichtig ist die Verlangsamung des Ganges bei
Herstellung von Stahl; denn je kohlenstoffreicher das Enderzeugniss
ausfallen soll, desto sorgfältiger muss selbstverständlich eine zu rasche
und übermässige Entkohlung vermieden werden.

Das Frischfeuer.

Die übliche Einrichtung eines gewöhnlichen Frischfeuers ist durch
die Abbildungen Fig. 214a und 214b veranschaulicht. 1) Dasselbe ist
von Mauerwerk eingefasst und mit starken gusseisernen Platten aus-
gesetzt, welche Zacken genannt werden. Jeder derselben hat seine
besondere Benennung. Zu unterst liegt der Frischboden; derjenige
Zacken, über welchen die Form in das Feuer hineinragt, heisst der
Formzacken, der gegenüberliegende Gichtzacken; an der Vorder-
seite des Feuers befindet sich der Schlackenzacken, so genannt,
weil er mit Oeffnungen zum Ablassen der Schlacke versehen ist (bei
dem abgebildeten Feuer eine grössere am Boden und acht kleinere
an beiden Seiten derselben), und an der Rückseite ist das Feuer durch
den Hinterzacken abgeschlossen. Bisweilen stellt man auf den
Hinterzacken einen zweiten Zacken zu dem Zwecke, das Zurückfallen
der Flugasche in das Feuer zu verhindern, und nennt denselben als-
dann Aschenzacken. Die Zacken stehen entweder senkrecht oder
geneigt. Bei dem abgebildeten Feuer sind der Schlacken- und der

1) Nach Tunner, Stabeisen- und Stahlbereitung in Frischherden.
Die Darstellung des Schweisseisens.

Ausser der Beschaffenheit des Roheisens können auch äussere
Umstände den Verlauf des Frischens beeinflussen.

Hohe Temperatur im Feuer verlangsamt den Frischprocess. Die
hauptsächlichste Ursache dieser im ersten Augenblicke auffälligen Er-
scheinung dürfte in der vermehrten Kohlenoxydgasbildung aus dem
Brennmateriale zu suchen sein. Die Verwandtschaft des Kohlenstoffes
zum Sauerstoff wird mächtig gesteigert; die Holzkohlen verbrennen
rascher und zwar auf Kosten nicht allein des Sauerstoffes im Gebläse-
winde, sondern auch des Sauerstoffes der Schlacken; letztere werden
eisenärmer und in der kohlenoxydreicheren Atmosphäre finden sie weniger
Gelegenheit, sich aufs Neue mit Eisen zu sättigen.

Starke Neigung der Form und geringe Höhe derselben über dem
Boden des Feuers befördern den Gaargang. Die Ursachen hierfür
liegen nahe. Je schwächer die Kohlenschicht ist, welche der Wind zu
durchdringen hat, ehe er zum Boden gelangt, desto mehr unver-
zehrter Sauerstoff kommt mit dem am Boden sich sammelnden Eisen
nebst Schlacken in Berührung, desto stärker ist die hier stattfindende
Oxydation.

Durch den Gaargang des Feuers wird Zeit und Brennstoff ge-
spart; schwieriger aber ist bei dem rascheren Verlaufe des Processes
die Erzielung eines gleichmässigen Enderzeugnisses, und grösser pflegt
der Eisenabbrand zu sein. Daher ist ein allzu starker Gaargang keines-
wegs vortheilhaft, und durch entsprechende Auswahl der Roheisensorten
wie durch entsprechende Leitung des Processes sucht man denselben zu
vermeiden. Besonders wichtig ist die Verlangsamung des Ganges bei
Herstellung von Stahl; denn je kohlenstoffreicher das Enderzeugniss
ausfallen soll, desto sorgfältiger muss selbstverständlich eine zu rasche
und übermässige Entkohlung vermieden werden.

Das Frischfeuer.

Die übliche Einrichtung eines gewöhnlichen Frischfeuers ist durch
die Abbildungen Fig. 214a und 214b veranschaulicht. 1) Dasselbe ist
von Mauerwerk eingefasst und mit starken gusseisernen Platten aus-
gesetzt, welche Zacken genannt werden. Jeder derselben hat seine
besondere Benennung. Zu unterst liegt der Frischboden; derjenige
Zacken, über welchen die Form in das Feuer hineinragt, heisst der
Formzacken, der gegenüberliegende Gichtzacken; an der Vorder-
seite des Feuers befindet sich der Schlackenzacken, so genannt,
weil er mit Oeffnungen zum Ablassen der Schlacke versehen ist (bei
dem abgebildeten Feuer eine grössere am Boden und acht kleinere
an beiden Seiten derselben), und an der Rückseite ist das Feuer durch
den Hinterzacken abgeschlossen. Bisweilen stellt man auf den
Hinterzacken einen zweiten Zacken zu dem Zwecke, das Zurückfallen
der Flugasche in das Feuer zu verhindern, und nennt denselben als-
dann Aschenzacken. Die Zacken stehen entweder senkrecht oder
geneigt. Bei dem abgebildeten Feuer sind der Schlacken- und der

1) Nach Tunner, Stabeisen- und Stahlbereitung in Frischherden.
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[760/0832] Die Darstellung des Schweisseisens. Ausser der Beschaffenheit des Roheisens können auch äussere Umstände den Verlauf des Frischens beeinflussen. Hohe Temperatur im Feuer verlangsamt den Frischprocess. Die hauptsächlichste Ursache dieser im ersten Augenblicke auffälligen Er- scheinung dürfte in der vermehrten Kohlenoxydgasbildung aus dem Brennmateriale zu suchen sein. Die Verwandtschaft des Kohlenstoffes zum Sauerstoff wird mächtig gesteigert; die Holzkohlen verbrennen rascher und zwar auf Kosten nicht allein des Sauerstoffes im Gebläse- winde, sondern auch des Sauerstoffes der Schlacken; letztere werden eisenärmer und in der kohlenoxydreicheren Atmosphäre finden sie weniger Gelegenheit, sich aufs Neue mit Eisen zu sättigen. Starke Neigung der Form und geringe Höhe derselben über dem Boden des Feuers befördern den Gaargang. Die Ursachen hierfür liegen nahe. Je schwächer die Kohlenschicht ist, welche der Wind zu durchdringen hat, ehe er zum Boden gelangt, desto mehr unver- zehrter Sauerstoff kommt mit dem am Boden sich sammelnden Eisen nebst Schlacken in Berührung, desto stärker ist die hier stattfindende Oxydation. Durch den Gaargang des Feuers wird Zeit und Brennstoff ge- spart; schwieriger aber ist bei dem rascheren Verlaufe des Processes die Erzielung eines gleichmässigen Enderzeugnisses, und grösser pflegt der Eisenabbrand zu sein. Daher ist ein allzu starker Gaargang keines- wegs vortheilhaft, und durch entsprechende Auswahl der Roheisensorten wie durch entsprechende Leitung des Processes sucht man denselben zu vermeiden. Besonders wichtig ist die Verlangsamung des Ganges bei Herstellung von Stahl; denn je kohlenstoffreicher das Enderzeugniss ausfallen soll, desto sorgfältiger muss selbstverständlich eine zu rasche und übermässige Entkohlung vermieden werden. Das Frischfeuer. Die übliche Einrichtung eines gewöhnlichen Frischfeuers ist durch die Abbildungen Fig. 214a und 214b veranschaulicht. 1) Dasselbe ist von Mauerwerk eingefasst und mit starken gusseisernen Platten aus- gesetzt, welche Zacken genannt werden. Jeder derselben hat seine besondere Benennung. Zu unterst liegt der Frischboden; derjenige Zacken, über welchen die Form in das Feuer hineinragt, heisst der Formzacken, der gegenüberliegende Gichtzacken; an der Vorder- seite des Feuers befindet sich der Schlackenzacken, so genannt, weil er mit Oeffnungen zum Ablassen der Schlacke versehen ist (bei dem abgebildeten Feuer eine grössere am Boden und acht kleinere an beiden Seiten derselben), und an der Rückseite ist das Feuer durch den Hinterzacken abgeschlossen. Bisweilen stellt man auf den Hinterzacken einen zweiten Zacken zu dem Zwecke, das Zurückfallen der Flugasche in das Feuer zu verhindern, und nennt denselben als- dann Aschenzacken. Die Zacken stehen entweder senkrecht oder geneigt. Bei dem abgebildeten Feuer sind der Schlacken- und der 1) Nach Tunner, Stabeisen- und Stahlbereitung in Frischherden.

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Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 760. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/832>, abgerufen am 29.03.2024.