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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891.

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Belfast.

Für den ganzen Norden Irlands ist das in der Landschaft Ulster
gelegene Belfast die wichtigste Stadt, nicht nur als ein Industrieort
ersten Ranges, sondern auch wegen des lebhaften Verkehres, welcher
durch seinen Hafen vermittelt wird.

Die Geschichte der heutigen Stadt Belfast ist keine alte, wenn-
gleich an den Punkt, wo heute die Stadt liegt, sich einige Ereig-
nisse von Bedeutung für die Localgeschichte von Irland knüpfen.

Vor Allem trafen daselbst wiederholt die Männer von Ulster mit den feind-
lichen Picten im heftigen Kampfe zusammen. Als dann später die Engländer den
nördlichen Theil der grünen Insel zu besetzen trachteten, scheint bei Belfast von
denselben ein Castell angelegt worden zu sein. Dieses Castell fiel jedoch im
XIV. Jahrhundert in die Hände der Iren, und damit ging auch ein guter Theil
des Besitzes von Ulster wieder für die Engländer vorloren, welche nur in dem am
Belfaster Busen gelegenen Carrickfergus sich behaupten konnten. Durch mehrere
Jahrhunderte gab es nun Kämpfe zwischen den Briten in Carrickfergus und den
Iren in dem um das alte Castell angewachsenen Belfast. 1570 wurde auch jener
britische Besitz von den Iren in ihre Gewalt gebracht, und dies veranlasste Königin
Elisabeth's Günstling Lord Essex zu einem Kriegszuge nach Ulster, welcher
nach hartem Ringen die britische Herrschaft sicherte. Die wichtige Position von
Belfast wurde jetzt durch den Bau einer neuen starken Veste geschützt, und ein
Waffengefährte Essex', Lord Arthur Chichester, wurde mit der Veste und deren
Weichbild belehnt. Lord Chichester ist der Gründer des heutigen Belfast, indem
er eifrigst bemüht war, Einwanderer aus England, namentlich von seinen eigenen
Besitzungen heranzuziehen, um dadurch ein Gegengewicht gegen die widerspenstigen
einheimischen Leute zu schaffen. In der That wuchs die neue Anlage rasch heran
und gewann bald -- 1613 -- städtische Privilegien. Schon 1637 nahm man auf
die Herstellung eines Hafens Bedacht. Die grosse Revolution ging auch nicht
spurlos an der Stadt vorüber. Belfast sah wiederholt Truppen beider Parteien in
seinen Mauern, aber es gelang seiner Bürgerschaft doch, jene Gewaltthaten, welche
in anderen Theilen von Irland damals fast an der Tagesordnung waren, fern zu
halten, obwohl Belfast immer zur königlichen Sache sich neigte. Seither war der
Stadt eine friedliche Existenz gegönnt und unter dem Schutze derselben konnte
sie sich zur stetigen Blüthe entwickeln.


Belfast.

Für den ganzen Norden Irlands ist das in der Landschaft Ulster
gelegene Belfast die wichtigste Stadt, nicht nur als ein Industrieort
ersten Ranges, sondern auch wegen des lebhaften Verkehres, welcher
durch seinen Hafen vermittelt wird.

Die Geschichte der heutigen Stadt Belfast ist keine alte, wenn-
gleich an den Punkt, wo heute die Stadt liegt, sich einige Ereig-
nisse von Bedeutung für die Localgeschichte von Irland knüpfen.

Vor Allem trafen daselbst wiederholt die Männer von Ulster mit den feind-
lichen Picten im heftigen Kampfe zusammen. Als dann später die Engländer den
nördlichen Theil der grünen Insel zu besetzen trachteten, scheint bei Belfast von
denselben ein Castell angelegt worden zu sein. Dieses Castell fiel jedoch im
XIV. Jahrhundert in die Hände der Iren, und damit ging auch ein guter Theil
des Besitzes von Ulster wieder für die Engländer vorloren, welche nur in dem am
Belfaster Busen gelegenen Carrickfergus sich behaupten konnten. Durch mehrere
Jahrhunderte gab es nun Kämpfe zwischen den Briten in Carrickfergus und den
Iren in dem um das alte Castell angewachsenen Belfast. 1570 wurde auch jener
britische Besitz von den Iren in ihre Gewalt gebracht, und dies veranlasste Königin
Elisabeth’s Günstling Lord Essex zu einem Kriegszuge nach Ulster, welcher
nach hartem Ringen die britische Herrschaft sicherte. Die wichtige Position von
Belfast wurde jetzt durch den Bau einer neuen starken Veste geschützt, und ein
Waffengefährte Essex’, Lord Arthur Chichester, wurde mit der Veste und deren
Weichbild belehnt. Lord Chichester ist der Gründer des heutigen Belfast, indem
er eifrigst bemüht war, Einwanderer aus England, namentlich von seinen eigenen
Besitzungen heranzuziehen, um dadurch ein Gegengewicht gegen die widerspenstigen
einheimischen Leute zu schaffen. In der That wuchs die neue Anlage rasch heran
und gewann bald — 1613 — städtische Privilegien. Schon 1637 nahm man auf
die Herstellung eines Hafens Bedacht. Die grosse Revolution ging auch nicht
spurlos an der Stadt vorüber. Belfast sah wiederholt Truppen beider Parteien in
seinen Mauern, aber es gelang seiner Bürgerschaft doch, jene Gewaltthaten, welche
in anderen Theilen von Irland damals fast an der Tagesordnung waren, fern zu
halten, obwohl Belfast immer zur königlichen Sache sich neigte. Seither war der
Stadt eine friedliche Existenz gegönnt und unter dem Schutze derselben konnte
sie sich zur stetigen Blüthe entwickeln.


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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. [1088]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/1108>, abgerufen am 28.03.2024.