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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891.

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Die Donauhäfen.

Unter den in das Schwarze Meer mündenden Strömen bean-
sprucht die im Herzen Mitteleuropas entspringende Donau die grösste
culturelle und wirtschaftliche Bedeutung. Ein Stromgebiet von 804.000 km2
umfassend und bei 2485 km Erstreckung des Laufes, ist die Donau
von Donauwörth bis Sulina in einer Länge von 2556 km mit Dam-
pfern befahrbar. Mit den grossen Stromarmen und den schiffbaren
Nebenflüssen Inn, Drau, Theiss, Save und deren befahrbaren Neben-
flüssen Kulpa, Bosna u. a., dann Szereth und Pruth treten noch
schiff bare Strecken von 2400 km Länge hinzu, so dass im Strom-
gebiete der Donau ein Netz von Wasserstrassen in der imposanten
Gesammtlänge von nahezu 5000 km enthalten ist.

Die Wassermächtigkeit der Donau blieb denn auch seit jeher von tief
greifendem Einfluss auf die Entwicklung der Verhältnisse aller in ihrem Gebiete
sesshaften Völker. Männer der Wissenschaft, Monarchen und Feldherren aller
Zeiten widmeten dem Strome eine berechtigte Aufmerksamkeit, und nicht zuletzt
flocht die Muse manch zarte Blüthe an seinen grünen Ufern.

Herodot nennt bereits die Donau; Hesiod bezeichnet sie als den "schön
fliessenden Strom". Julius Cäsar nennt die Donau den Danuvius; bei römischen
und griechischen Historikern wird sie vom Ursprung bis Carnuntum mit Danubius
bezeichnet, welchen Namen wieder andere Historiker auch auf den Lauf bis zum
Eisernen Thor bei Orsowa anwenden. Von da an bis zur Mündung in das Schwarze
Meer hiess sie Ister. Napoleon I. gab dem Strom die Bezeichnung "König aller
Flüsse", und mit Recht, denn keinem der Flüsse Europas war eine so denkwürdige
Rolle in der Kriegsgeschichte zugefallen wie der Donau, deren Beherrschung den
Sieg bedeutete, daher jederzeit angestrebt wurde. So kam es, dass die Donau-
gebiete und der Strom selbst bei nahezu allen grossen Kriegsereignissen am euro-
päischen Continente in vorderster Reihe mit betheiligt waren.

Die Welteroberer und Weltbeherrscher Sesostris, Dareius, Alexander, Trajan,
Attila, Karl der Grosse, Soliman, Napoleon u. A. kämpften an der Donau und ver-
wertheten deren hohe strategische Eigenschaften zum Siege. Wenn aber der
Heldenmuth der Krieger, dessen Zeuge die Donau seit Jahrtausenden ist, ihren
Namen in die goldenen Blätter der Geschichte eingrub, so hat andererseits die
Heimatliebe der deutschen Uferbewohner ihr den anmuthigen Beinamen "die
schöne blaue Donau
" eingetragen, der ebenso einen Weltruf erlangte.


Die Donauhäfen.

Unter den in das Schwarze Meer mündenden Strömen bean-
sprucht die im Herzen Mitteleuropas entspringende Donau die grösste
culturelle und wirtschaftliche Bedeutung. Ein Stromgebiet von 804.000 km2
umfassend und bei 2485 km Erstreckung des Laufes, ist die Donau
von Donauwörth bis Sulina in einer Länge von 2556 km mit Dam-
pfern befahrbar. Mit den grossen Stromarmen und den schiffbaren
Nebenflüssen Inn, Drau, Theiss, Save und deren befahrbaren Neben-
flüssen Kulpa, Bosna u. a., dann Szereth und Pruth treten noch
schiff bare Strecken von 2400 km Länge hinzu, so dass im Strom-
gebiete der Donau ein Netz von Wasserstrassen in der imposanten
Gesammtlänge von nahezu 5000 km enthalten ist.

Die Wassermächtigkeit der Donau blieb denn auch seit jeher von tief
greifendem Einfluss auf die Entwicklung der Verhältnisse aller in ihrem Gebiete
sesshaften Völker. Männer der Wissenschaft, Monarchen und Feldherren aller
Zeiten widmeten dem Strome eine berechtigte Aufmerksamkeit, und nicht zuletzt
flocht die Muse manch zarte Blüthe an seinen grünen Ufern.

Herodot nennt bereits die Donau; Hesiod bezeichnet sie als den „schön
fliessenden Strom“. Julius Cäsar nennt die Donau den Danuvius; bei römischen
und griechischen Historikern wird sie vom Ursprung bis Carnuntum mit Danubius
bezeichnet, welchen Namen wieder andere Historiker auch auf den Lauf bis zum
Eisernen Thor bei Orsowa anwenden. Von da an bis zur Mündung in das Schwarze
Meer hiess sie Ister. Napoleon I. gab dem Strom die Bezeichnung „König aller
Flüsse“, und mit Recht, denn keinem der Flüsse Europas war eine so denkwürdige
Rolle in der Kriegsgeschichte zugefallen wie der Donau, deren Beherrschung den
Sieg bedeutete, daher jederzeit angestrebt wurde. So kam es, dass die Donau-
gebiete und der Strom selbst bei nahezu allen grossen Kriegsereignissen am euro-
päischen Continente in vorderster Reihe mit betheiligt waren.

Die Welteroberer und Weltbeherrscher Sesostris, Dareius, Alexander, Trajan,
Attila, Karl der Grosse, Soliman, Napoleon u. A. kämpften an der Donau und ver-
wertheten deren hohe strategische Eigenschaften zum Siege. Wenn aber der
Heldenmuth der Krieger, dessen Zeuge die Donau seit Jahrtausenden ist, ihren
Namen in die goldenen Blätter der Geschichte eingrub, so hat andererseits die
Heimatliebe der deutschen Uferbewohner ihr den anmuthigen Beinamen „die
schöne blaue Donau
“ eingetragen, der ebenso einen Weltruf erlangte.


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[[143]/0163] Die Donauhäfen. Unter den in das Schwarze Meer mündenden Strömen bean- sprucht die im Herzen Mitteleuropas entspringende Donau die grösste culturelle und wirtschaftliche Bedeutung. Ein Stromgebiet von 804.000 km2 umfassend und bei 2485 km Erstreckung des Laufes, ist die Donau von Donauwörth bis Sulina in einer Länge von 2556 km mit Dam- pfern befahrbar. Mit den grossen Stromarmen und den schiffbaren Nebenflüssen Inn, Drau, Theiss, Save und deren befahrbaren Neben- flüssen Kulpa, Bosna u. a., dann Szereth und Pruth treten noch schiff bare Strecken von 2400 km Länge hinzu, so dass im Strom- gebiete der Donau ein Netz von Wasserstrassen in der imposanten Gesammtlänge von nahezu 5000 km enthalten ist. Die Wassermächtigkeit der Donau blieb denn auch seit jeher von tief greifendem Einfluss auf die Entwicklung der Verhältnisse aller in ihrem Gebiete sesshaften Völker. Männer der Wissenschaft, Monarchen und Feldherren aller Zeiten widmeten dem Strome eine berechtigte Aufmerksamkeit, und nicht zuletzt flocht die Muse manch zarte Blüthe an seinen grünen Ufern. Herodot nennt bereits die Donau; Hesiod bezeichnet sie als den „schön fliessenden Strom“. Julius Cäsar nennt die Donau den Danuvius; bei römischen und griechischen Historikern wird sie vom Ursprung bis Carnuntum mit Danubius bezeichnet, welchen Namen wieder andere Historiker auch auf den Lauf bis zum Eisernen Thor bei Orsowa anwenden. Von da an bis zur Mündung in das Schwarze Meer hiess sie Ister. Napoleon I. gab dem Strom die Bezeichnung „König aller Flüsse“, und mit Recht, denn keinem der Flüsse Europas war eine so denkwürdige Rolle in der Kriegsgeschichte zugefallen wie der Donau, deren Beherrschung den Sieg bedeutete, daher jederzeit angestrebt wurde. So kam es, dass die Donau- gebiete und der Strom selbst bei nahezu allen grossen Kriegsereignissen am euro- päischen Continente in vorderster Reihe mit betheiligt waren. Die Welteroberer und Weltbeherrscher Sesostris, Dareius, Alexander, Trajan, Attila, Karl der Grosse, Soliman, Napoleon u. A. kämpften an der Donau und ver- wertheten deren hohe strategische Eigenschaften zum Siege. Wenn aber der Heldenmuth der Krieger, dessen Zeuge die Donau seit Jahrtausenden ist, ihren Namen in die goldenen Blätter der Geschichte eingrub, so hat andererseits die Heimatliebe der deutschen Uferbewohner ihr den anmuthigen Beinamen „die schöne blaue Donau“ eingetragen, der ebenso einen Weltruf erlangte.

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. [143]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/163>, abgerufen am 29.03.2024.