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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891.

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Saint-Nazaire.

Wie die meisten atlantischen Häfen Frankreichs, leiden auch
jene des Gebietes der Loire unter der Calamität eines geringen
Wasserstandes, ein Uebelstand, der mit der wachsenden Grösse der
Seeschiffe und der fortschreitenden Versandung sozusagen im qua-
dratischen Verhältnisse wächst. Nantes und sein einstiger Vorhafen
Paimboeuf büssten durch die gedachten ungünstigen Verhältnisse ihre
Stellung als grosse Hafenplätze vollständig ein, wohingegen Saint-
Nazaire mit seinem geräumigen Kunsthafen zu dem Range einer für
Frankreich höchst wichtigen Echelle emporgestiegen ist.

Indes sind die Schiffahrtsverhältnisse für grosse Seedampfer
auch dort nicht günstig zu nennen, denn die ausgedehnte Versandung
an der Mündung der Loire liess nur längs des nördlichen Ufers eine
schmale Wasserstrasse von 7 bis 11 m Tiefe offen, allein um in die-
selbe zu gelangen, müssen die Schiffe nächst dem Cap Chemoulin
eine Barre übersetzen, welche bei tiefstem Ebbestande nur 3·4 m
Wasser hat, daher von grossen Schiffen nur bei Hochwasser, welches
hier 4·1 bis 6·1 m (Springflut) ansteigt, zu passiren ist.

Die Loire-Mündung hat an ihrer äussersten Erstreckung zwi-
schen Cap Chemoulin im Norden und der Pointe de Saint-Gildas eine
Breite von 12 km. Mehrere Riffe, wie die beiden Charpentier, le Vert,
les Jardinets, la Truie und der Fels des Morees entsteigen aus den
sandigen Ablagerungen. Man hat die meisten der Riffe mit Leucht-
feuern ausgestattet. In das Labyrinth der Sandbänke führen zwei
Fahrstrassen: im Norden der Grand Chenal du Nord, der nach
Saint-Nazaire geleitet, und südlich desselben der Grand Chenal de la
Loire, auch Chenal du Sud genannt.

Saint-Nazaire ist eine Schöpfung der neuesten Zeit. Noch zu
Beginn der Fünfzigerjahre war der Hafen ein bescheidener Zu-
fluchtsort für Fischerbarken und Lootsenboote, dem jede Handels-
bedeutung abging, heute dagegen ist der mit ausgedehnten Flut-

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Saint-Nazaire.

Wie die meisten atlantischen Häfen Frankreichs, leiden auch
jene des Gebietes der Loire unter der Calamität eines geringen
Wasserstandes, ein Uebelstand, der mit der wachsenden Grösse der
Seeschiffe und der fortschreitenden Versandung sozusagen im qua-
dratischen Verhältnisse wächst. Nantes und sein einstiger Vorhafen
Paimboeuf büssten durch die gedachten ungünstigen Verhältnisse ihre
Stellung als grosse Hafenplätze vollständig ein, wohingegen Saint-
Nazaire mit seinem geräumigen Kunsthafen zu dem Range einer für
Frankreich höchst wichtigen Echelle emporgestiegen ist.

Indes sind die Schiffahrtsverhältnisse für grosse Seedampfer
auch dort nicht günstig zu nennen, denn die ausgedehnte Versandung
an der Mündung der Loire liess nur längs des nördlichen Ufers eine
schmale Wasserstrasse von 7 bis 11 m Tiefe offen, allein um in die-
selbe zu gelangen, müssen die Schiffe nächst dem Cap Chemoulin
eine Barre übersetzen, welche bei tiefstem Ebbestande nur 3·4 m
Wasser hat, daher von grossen Schiffen nur bei Hochwasser, welches
hier 4·1 bis 6·1 m (Springflut) ansteigt, zu passiren ist.

Die Loire-Mündung hat an ihrer äussersten Erstreckung zwi-
schen Cap Chemoulin im Norden und der Pointe de Saint-Gildas eine
Breite von 12 km. Mehrere Riffe, wie die beiden Charpentier, le Vert,
les Jardinets, la Truie und der Fels des Morées entsteigen aus den
sandigen Ablagerungen. Man hat die meisten der Riffe mit Leucht-
feuern ausgestattet. In das Labyrinth der Sandbänke führen zwei
Fahrstrassen: im Norden der Grand Chenal du Nord, der nach
Saint-Nazaire geleitet, und südlich desselben der Grand Chenal de la
Loire, auch Chenal du Sud genannt.

Saint-Nazaire ist eine Schöpfung der neuesten Zeit. Noch zu
Beginn der Fünfzigerjahre war der Hafen ein bescheidener Zu-
fluchtsort für Fischerbarken und Lootsenboote, dem jede Handels-
bedeutung abging, heute dagegen ist der mit ausgedehnten Flut-

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[[595]/0615] Saint-Nazaire. Wie die meisten atlantischen Häfen Frankreichs, leiden auch jene des Gebietes der Loire unter der Calamität eines geringen Wasserstandes, ein Uebelstand, der mit der wachsenden Grösse der Seeschiffe und der fortschreitenden Versandung sozusagen im qua- dratischen Verhältnisse wächst. Nantes und sein einstiger Vorhafen Paimboeuf büssten durch die gedachten ungünstigen Verhältnisse ihre Stellung als grosse Hafenplätze vollständig ein, wohingegen Saint- Nazaire mit seinem geräumigen Kunsthafen zu dem Range einer für Frankreich höchst wichtigen Echelle emporgestiegen ist. Indes sind die Schiffahrtsverhältnisse für grosse Seedampfer auch dort nicht günstig zu nennen, denn die ausgedehnte Versandung an der Mündung der Loire liess nur längs des nördlichen Ufers eine schmale Wasserstrasse von 7 bis 11 m Tiefe offen, allein um in die- selbe zu gelangen, müssen die Schiffe nächst dem Cap Chemoulin eine Barre übersetzen, welche bei tiefstem Ebbestande nur 3·4 m Wasser hat, daher von grossen Schiffen nur bei Hochwasser, welches hier 4·1 bis 6·1 m (Springflut) ansteigt, zu passiren ist. Die Loire-Mündung hat an ihrer äussersten Erstreckung zwi- schen Cap Chemoulin im Norden und der Pointe de Saint-Gildas eine Breite von 12 km. Mehrere Riffe, wie die beiden Charpentier, le Vert, les Jardinets, la Truie und der Fels des Morées entsteigen aus den sandigen Ablagerungen. Man hat die meisten der Riffe mit Leucht- feuern ausgestattet. In das Labyrinth der Sandbänke führen zwei Fahrstrassen: im Norden der Grand Chenal du Nord, der nach Saint-Nazaire geleitet, und südlich desselben der Grand Chenal de la Loire, auch Chenal du Sud genannt. Saint-Nazaire ist eine Schöpfung der neuesten Zeit. Noch zu Beginn der Fünfzigerjahre war der Hafen ein bescheidener Zu- fluchtsort für Fischerbarken und Lootsenboote, dem jede Handels- bedeutung abging, heute dagegen ist der mit ausgedehnten Flut- 75*

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. [595]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/615>, abgerufen am 28.03.2024.