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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891.

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Dünkirchen.

Jahrhunderte hindurch war Dünkirchen die Rolle eines wich-
tigen Waffenplatzes zugefallen. Auf einem exponirten Gebiete nächst
des Pas-des-Calais entstanden, war die Stadt das Angriffsobject der
Franzosen, Engländer und Holländer, und so tüchtig, heldenmüthig
und ausdauernd die Bewohnerschaft sich stets bewährte, war ihr
doch ein dauernder Wohlstand nicht beschieden. Erst in der neuesten
Zeit sehen wir die Stadt zu einem bedeutenden Seehandelsplatz er-
blühen.

Was die Befestigungskunst des berühmten Vauban, welcher
Dünkirchen mit einem Gürtel unbezwingbarer Fortificationen umgab,
nicht zustande bringen konnte, hat die Friedensarbeit der modernen
Technik erzielt. Durch die grossartigen Hafenbauten und durch den
Ausbau der Communicationen wurde der Platz weit angesehener und
mächtiger, als er es jemals durch seine Wälle geworden, die immer
nur Unglück und Niedergang herbeiführten.

In der That setzt sich die Geschichte von Dünkirchen aus
einer langen Reihe von Plünderungen, Ueberfällen, Brandschatzungen,
Belagerungen und anderen kriegerischen Actionen zusammen. Sie
nennt berühmte Seeleute und Generale, aber keine Millionäre!

Noch heute ist indes Dünkirchen als Festung beachtenswerth,
obgleich weniger durch seine Wälle und Forts als durch die Ein-
richtung, dass ein weites Gebiet ausserhalb des Platzes bis nach
Bergues mit 1·5 m tiefen Wasser überschwemmt werden kann.

Uns interessirt aber vornehmlich der reich ausgestattete Hafen,
zu dessen Ausbau die französische Regierung grossartige Mittel ver-
wendet hat.

Wie unser Plan zeigt, besitzt der Hafen eine zwischen sehr
langen Wellenbrechern geführte, nur 80 m breite Einfahrt (chenal),
wie wir ähnliche in Boulogne und Calais angetroffen haben.

Hieran schliesst sich ein lang gestreckter Vorhafen, welcher

Dünkirchen.

Jahrhunderte hindurch war Dünkirchen die Rolle eines wich-
tigen Waffenplatzes zugefallen. Auf einem exponirten Gebiete nächst
des Pas-des-Calais entstanden, war die Stadt das Angriffsobject der
Franzosen, Engländer und Holländer, und so tüchtig, heldenmüthig
und ausdauernd die Bewohnerschaft sich stets bewährte, war ihr
doch ein dauernder Wohlstand nicht beschieden. Erst in der neuesten
Zeit sehen wir die Stadt zu einem bedeutenden Seehandelsplatz er-
blühen.

Was die Befestigungskunst des berühmten Vauban, welcher
Dünkirchen mit einem Gürtel unbezwingbarer Fortificationen umgab,
nicht zustande bringen konnte, hat die Friedensarbeit der modernen
Technik erzielt. Durch die grossartigen Hafenbauten und durch den
Ausbau der Communicationen wurde der Platz weit angesehener und
mächtiger, als er es jemals durch seine Wälle geworden, die immer
nur Unglück und Niedergang herbeiführten.

In der That setzt sich die Geschichte von Dünkirchen aus
einer langen Reihe von Plünderungen, Ueberfällen, Brandschatzungen,
Belagerungen und anderen kriegerischen Actionen zusammen. Sie
nennt berühmte Seeleute und Generale, aber keine Millionäre!

Noch heute ist indes Dünkirchen als Festung beachtenswerth,
obgleich weniger durch seine Wälle und Forts als durch die Ein-
richtung, dass ein weites Gebiet ausserhalb des Platzes bis nach
Bergues mit 1·5 m tiefen Wasser überschwemmt werden kann.

Uns interessirt aber vornehmlich der reich ausgestattete Hafen,
zu dessen Ausbau die französische Regierung grossartige Mittel ver-
wendet hat.

Wie unser Plan zeigt, besitzt der Hafen eine zwischen sehr
langen Wellenbrechern geführte, nur 80 m breite Einfahrt (chenal),
wie wir ähnliche in Boulogne und Calais angetroffen haben.

Hieran schliesst sich ein lang gestreckter Vorhafen, welcher

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[[637]/0657] Dünkirchen. Jahrhunderte hindurch war Dünkirchen die Rolle eines wich- tigen Waffenplatzes zugefallen. Auf einem exponirten Gebiete nächst des Pas-des-Calais entstanden, war die Stadt das Angriffsobject der Franzosen, Engländer und Holländer, und so tüchtig, heldenmüthig und ausdauernd die Bewohnerschaft sich stets bewährte, war ihr doch ein dauernder Wohlstand nicht beschieden. Erst in der neuesten Zeit sehen wir die Stadt zu einem bedeutenden Seehandelsplatz er- blühen. Was die Befestigungskunst des berühmten Vauban, welcher Dünkirchen mit einem Gürtel unbezwingbarer Fortificationen umgab, nicht zustande bringen konnte, hat die Friedensarbeit der modernen Technik erzielt. Durch die grossartigen Hafenbauten und durch den Ausbau der Communicationen wurde der Platz weit angesehener und mächtiger, als er es jemals durch seine Wälle geworden, die immer nur Unglück und Niedergang herbeiführten. In der That setzt sich die Geschichte von Dünkirchen aus einer langen Reihe von Plünderungen, Ueberfällen, Brandschatzungen, Belagerungen und anderen kriegerischen Actionen zusammen. Sie nennt berühmte Seeleute und Generale, aber keine Millionäre! Noch heute ist indes Dünkirchen als Festung beachtenswerth, obgleich weniger durch seine Wälle und Forts als durch die Ein- richtung, dass ein weites Gebiet ausserhalb des Platzes bis nach Bergues mit 1·5 m tiefen Wasser überschwemmt werden kann. Uns interessirt aber vornehmlich der reich ausgestattete Hafen, zu dessen Ausbau die französische Regierung grossartige Mittel ver- wendet hat. Wie unser Plan zeigt, besitzt der Hafen eine zwischen sehr langen Wellenbrechern geführte, nur 80 m breite Einfahrt (chenal), wie wir ähnliche in Boulogne und Calais angetroffen haben. Hieran schliesst sich ein lang gestreckter Vorhafen, welcher

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. [637]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/657>, abgerufen am 24.04.2024.