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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891.

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Livorno.

In der weiten toscanischen Küstenebene beanspruchen zwei
Städte ein höheres Interesse: Pisa wegen seiner glänzenden Vergangen-
heit als handelsmächtige Rivalin von Venedig und Genua (vom X.
bis zum XIV. Jahrhundert), und Livorno seines gegenwärtigen Auf-
strebens halber.

Als Hafenplatz ist Livorno von der Natur eher stiefmütterlich
als günstig bedacht worden. Der Charakter der Küste nächst Livorno
ist der einer Flachküste ohne Buchten und Vorgebirge. Der Küsten-
saum nördlich der Stadt ist sumpfig und sandig. Ebenso senkt sich
der Meeresboden nur allmälig zu grösseren Tiefen herab. Auf 37 km
Entfernung von der Küste erreicht das Loth erst eine Tiefe von
100 Faden (181 m).

Die Insel Gorgona, mit Livorno durch ein Telegraphenkabel
verbunden, lagert wie eine Vedette 33 km westsüdwestlich der Stadt
in See und westlich von Livorno auf 5·5 km Entfernung breitet sich
der über 5 km weite Plan der sehr gefährlichen Bank von Meloria
aus, die indes zwischen ihrer Ostseite und dem Lande eine Fahr-
strasse von 7 m Wassertiefe der Schiffahrt offen lässt. Die hier mit
grosser Wuth und hohem Seegange einbrechenden äusseren Winde
erzeugen auf der Bank ungeheuere Brecher und branden an dem
kleinen Felsen, der den Leuchtthurm der Bank trägt. In der Nähe
wurde am 6. August 1284 die Flotte der Pisaner durch die Genuesen
entscheidend geschlagen.

Von See aus bietet die Stadt einen imposanten Anblick, wenn-
gleich sie ihrer tiefen Lage wegen landschaftlich nicht recht zur
Geltung kommen kann. Allein die zahlreichen Thürme, hohen Ge-
bäude, einzelne Wallgänge, Fabriken und hohen Schlöte, endlich die
weiss schimmernden Dämme des mit Schiffen jeder Grösse und
Flagge erfüllten Hafens sind die Wahrzeichen eines bedeutenden
Seehandelsplatzes.


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Livorno.

In der weiten toscanischen Küstenebene beanspruchen zwei
Städte ein höheres Interesse: Pisa wegen seiner glänzenden Vergangen-
heit als handelsmächtige Rivalin von Venedig und Genua (vom X.
bis zum XIV. Jahrhundert), und Livorno seines gegenwärtigen Auf-
strebens halber.

Als Hafenplatz ist Livorno von der Natur eher stiefmütterlich
als günstig bedacht worden. Der Charakter der Küste nächst Livorno
ist der einer Flachküste ohne Buchten und Vorgebirge. Der Küsten-
saum nördlich der Stadt ist sumpfig und sandig. Ebenso senkt sich
der Meeresboden nur allmälig zu grösseren Tiefen herab. Auf 37 km
Entfernung von der Küste erreicht das Loth erst eine Tiefe von
100 Faden (181 m).

Die Insel Gorgona, mit Livorno durch ein Telegraphenkabel
verbunden, lagert wie eine Vedette 33 km westsüdwestlich der Stadt
in See und westlich von Livorno auf 5·5 km Entfernung breitet sich
der über 5 km weite Plan der sehr gefährlichen Bank von Meloria
aus, die indes zwischen ihrer Ostseite und dem Lande eine Fahr-
strasse von 7 m Wassertiefe der Schiffahrt offen lässt. Die hier mit
grosser Wuth und hohem Seegange einbrechenden äusseren Winde
erzeugen auf der Bank ungeheuere Brecher und branden an dem
kleinen Felsen, der den Leuchtthurm der Bank trägt. In der Nähe
wurde am 6. August 1284 die Flotte der Pisaner durch die Genuesen
entscheidend geschlagen.

Von See aus bietet die Stadt einen imposanten Anblick, wenn-
gleich sie ihrer tiefen Lage wegen landschaftlich nicht recht zur
Geltung kommen kann. Allein die zahlreichen Thürme, hohen Ge-
bäude, einzelne Wallgänge, Fabriken und hohen Schlöte, endlich die
weiss schimmernden Dämme des mit Schiffen jeder Grösse und
Flagge erfüllten Hafens sind die Wahrzeichen eines bedeutenden
Seehandelsplatzes.


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[[355]/0375] Livorno. In der weiten toscanischen Küstenebene beanspruchen zwei Städte ein höheres Interesse: Pisa wegen seiner glänzenden Vergangen- heit als handelsmächtige Rivalin von Venedig und Genua (vom X. bis zum XIV. Jahrhundert), und Livorno seines gegenwärtigen Auf- strebens halber. Als Hafenplatz ist Livorno von der Natur eher stiefmütterlich als günstig bedacht worden. Der Charakter der Küste nächst Livorno ist der einer Flachküste ohne Buchten und Vorgebirge. Der Küsten- saum nördlich der Stadt ist sumpfig und sandig. Ebenso senkt sich der Meeresboden nur allmälig zu grösseren Tiefen herab. Auf 37 km Entfernung von der Küste erreicht das Loth erst eine Tiefe von 100 Faden (181 m). Die Insel Gorgona, mit Livorno durch ein Telegraphenkabel verbunden, lagert wie eine Vedette 33 km westsüdwestlich der Stadt in See und westlich von Livorno auf 5·5 km Entfernung breitet sich der über 5 km weite Plan der sehr gefährlichen Bank von Meloria aus, die indes zwischen ihrer Ostseite und dem Lande eine Fahr- strasse von 7 m Wassertiefe der Schiffahrt offen lässt. Die hier mit grosser Wuth und hohem Seegange einbrechenden äusseren Winde erzeugen auf der Bank ungeheuere Brecher und branden an dem kleinen Felsen, der den Leuchtthurm der Bank trägt. In der Nähe wurde am 6. August 1284 die Flotte der Pisaner durch die Genuesen entscheidend geschlagen. Von See aus bietet die Stadt einen imposanten Anblick, wenn- gleich sie ihrer tiefen Lage wegen landschaftlich nicht recht zur Geltung kommen kann. Allein die zahlreichen Thürme, hohen Ge- bäude, einzelne Wallgänge, Fabriken und hohen Schlöte, endlich die weiss schimmernden Dämme des mit Schiffen jeder Grösse und Flagge erfüllten Hafens sind die Wahrzeichen eines bedeutenden Seehandelsplatzes. 45*

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. [355]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/375>, abgerufen am 25.04.2024.