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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891.

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Der atlantische Ocean.
gebiet der Stadt. Hunderte von Schiffen beleben die Ufer oder sind
im Flusse selbst vertäut. Hier herrscht ein lebhaftes Treiben, ein
reger Verkehr, denn hier laufen die Handelswege aus allen über-
seeischen Ländern, aus allen Meeren zusammen. Die Schätze aller
Welttheile und die Erzeugnisse der eigenen Landesindustrie lagern in
ambulanten Waarendepots auf den breiten Quaiflächen, über welche
der Schienenstrang führt.

Ort, Inhalt und Form häufig wechselnd, sind diese fliegenden
Depots eine malerische Staffage des Quaibildes, dessen Effecte durch
das Zusammenströmen der verschiedenartigsten Volkstypen zu eigen-
artigem Interesse gesteigert werden.

Ueber die Brücke selbst wogt der rege Verkehr, der zwischen
der Vorstadt La Bastide und Bordeaux sich entwickelt hat. Die breite
Avenue Thiers, welche die genannte Vorstadt in einer Länge von
mehr als einem Kilometer durchschneidet, stellt sich von der Brücke
aus in schöner Perspective dar. Der Thurm der sehenswerthen Marien-
kirche, eines erst 1886 beendigten stylvollen Bauwerkes von Abadie,
ist über der nördlichen Häuserzeile sichtbar.

Gegen Westen in der Verlängerung der Brücke öffnet sich der
breite und glänzende Cours Victor Hugo, an dessen Eingange ein an
Stelle der bestandenen Porte de Bourgogne errichteter Triumphbogen
sich erhebt; Napoleon I. liess denselben für den feierlichen Durchzug
der zur Occupation von Spanien bestimmten Truppen erbauen.

Solcher Triumphbögen besitzt die Stadt mehrere, und deren
Anlage war durch die herrlichen Strassenzüge begünstigt, welche
durch ihre reizenden perspectivischen Fernsichten so trefflich die
Grösse und den Prunk Bordeaux zur Anschauung bringen.

Die Ausmündung der prächtigen Avenue Alsace-Lorraine am
Quai liegt, wie unser Plan zeigt, etwas nördlich der Brücke. Die
Avenue führt in einer Länge von etwa 1 km zur Kathedrale, deren
gothische Thürme hoch über das Stadtniveau emporragen.

Einen prächtigen Anblick gewährt die Place de la Bourse, die,
von der Douane und dem mit herrlichem plastischen Schmuck ge-
zierten Börsengebäude flankirt, sich gegen den Quai öffnet. Neben
der Börse mündet auf den Richelieu-Platz der Cours du Chapeau-
Rouge, eine breite, unter wechselnden Namen (Cours de l'Intendance,
Rue Judaique) gegen West weiterziehende Strasse von fast 3 km Länge.
Sie bildet den vornehmsten Zugang zum Geschäftsviertel der Stadt,
denn merkwürdigerweise ist der so herrlich gelegene Quai weder das
Quartier der vornehmen Welt, noch jenes des Handels von Bordeaux.

Der atlantische Ocean.
gebiet der Stadt. Hunderte von Schiffen beleben die Ufer oder sind
im Flusse selbst vertäut. Hier herrscht ein lebhaftes Treiben, ein
reger Verkehr, denn hier laufen die Handelswege aus allen über-
seeischen Ländern, aus allen Meeren zusammen. Die Schätze aller
Welttheile und die Erzeugnisse der eigenen Landesindustrie lagern in
ambulanten Waarendepôts auf den breiten Quaiflächen, über welche
der Schienenstrang führt.

Ort, Inhalt und Form häufig wechselnd, sind diese fliegenden
Depôts eine malerische Staffage des Quaibildes, dessen Effecte durch
das Zusammenströmen der verschiedenartigsten Volkstypen zu eigen-
artigem Interesse gesteigert werden.

Ueber die Brücke selbst wogt der rege Verkehr, der zwischen
der Vorstadt La Bastide und Bordeaux sich entwickelt hat. Die breite
Avenue Thiers, welche die genannte Vorstadt in einer Länge von
mehr als einem Kilometer durchschneidet, stellt sich von der Brücke
aus in schöner Perspective dar. Der Thurm der sehenswerthen Marien-
kirche, eines erst 1886 beendigten stylvollen Bauwerkes von Abadie,
ist über der nördlichen Häuserzeile sichtbar.

Gegen Westen in der Verlängerung der Brücke öffnet sich der
breite und glänzende Cours Victor Hugo, an dessen Eingange ein an
Stelle der bestandenen Porte de Bourgogne errichteter Triumphbogen
sich erhebt; Napoleon I. liess denselben für den feierlichen Durchzug
der zur Occupation von Spanien bestimmten Truppen erbauen.

Solcher Triumphbögen besitzt die Stadt mehrere, und deren
Anlage war durch die herrlichen Strassenzüge begünstigt, welche
durch ihre reizenden perspectivischen Fernsichten so trefflich die
Grösse und den Prunk Bordeaux zur Anschauung bringen.

Die Ausmündung der prächtigen Avenue Alsace-Lorraine am
Quai liegt, wie unser Plan zeigt, etwas nördlich der Brücke. Die
Avenue führt in einer Länge von etwa 1 km zur Kathedrale, deren
gothische Thürme hoch über das Stadtniveau emporragen.

Einen prächtigen Anblick gewährt die Place de la Bourse, die,
von der Douane und dem mit herrlichem plastischen Schmuck ge-
zierten Börsengebäude flankirt, sich gegen den Quai öffnet. Neben
der Börse mündet auf den Richelieu-Platz der Cours du Chapeau-
Rouge, eine breite, unter wechselnden Namen (Cours de l’Intendance,
Rue Judaïque) gegen West weiterziehende Strasse von fast 3 km Länge.
Sie bildet den vornehmsten Zugang zum Geschäftsviertel der Stadt,
denn merkwürdigerweise ist der so herrlich gelegene Quai weder das
Quartier der vornehmen Welt, noch jenes des Handels von Bordeaux.

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[570/0590] Der atlantische Ocean. gebiet der Stadt. Hunderte von Schiffen beleben die Ufer oder sind im Flusse selbst vertäut. Hier herrscht ein lebhaftes Treiben, ein reger Verkehr, denn hier laufen die Handelswege aus allen über- seeischen Ländern, aus allen Meeren zusammen. Die Schätze aller Welttheile und die Erzeugnisse der eigenen Landesindustrie lagern in ambulanten Waarendepôts auf den breiten Quaiflächen, über welche der Schienenstrang führt. Ort, Inhalt und Form häufig wechselnd, sind diese fliegenden Depôts eine malerische Staffage des Quaibildes, dessen Effecte durch das Zusammenströmen der verschiedenartigsten Volkstypen zu eigen- artigem Interesse gesteigert werden. Ueber die Brücke selbst wogt der rege Verkehr, der zwischen der Vorstadt La Bastide und Bordeaux sich entwickelt hat. Die breite Avenue Thiers, welche die genannte Vorstadt in einer Länge von mehr als einem Kilometer durchschneidet, stellt sich von der Brücke aus in schöner Perspective dar. Der Thurm der sehenswerthen Marien- kirche, eines erst 1886 beendigten stylvollen Bauwerkes von Abadie, ist über der nördlichen Häuserzeile sichtbar. Gegen Westen in der Verlängerung der Brücke öffnet sich der breite und glänzende Cours Victor Hugo, an dessen Eingange ein an Stelle der bestandenen Porte de Bourgogne errichteter Triumphbogen sich erhebt; Napoleon I. liess denselben für den feierlichen Durchzug der zur Occupation von Spanien bestimmten Truppen erbauen. Solcher Triumphbögen besitzt die Stadt mehrere, und deren Anlage war durch die herrlichen Strassenzüge begünstigt, welche durch ihre reizenden perspectivischen Fernsichten so trefflich die Grösse und den Prunk Bordeaux zur Anschauung bringen. Die Ausmündung der prächtigen Avenue Alsace-Lorraine am Quai liegt, wie unser Plan zeigt, etwas nördlich der Brücke. Die Avenue führt in einer Länge von etwa 1 km zur Kathedrale, deren gothische Thürme hoch über das Stadtniveau emporragen. Einen prächtigen Anblick gewährt die Place de la Bourse, die, von der Douane und dem mit herrlichem plastischen Schmuck ge- zierten Börsengebäude flankirt, sich gegen den Quai öffnet. Neben der Börse mündet auf den Richelieu-Platz der Cours du Chapeau- Rouge, eine breite, unter wechselnden Namen (Cours de l’Intendance, Rue Judaïque) gegen West weiterziehende Strasse von fast 3 km Länge. Sie bildet den vornehmsten Zugang zum Geschäftsviertel der Stadt, denn merkwürdigerweise ist der so herrlich gelegene Quai weder das Quartier der vornehmen Welt, noch jenes des Handels von Bordeaux.

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 570. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/590>, abgerufen am 25.04.2024.