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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891.

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Corfu (Kerkyra).

Auf dem von dichterischer Mythe umworbenen Strande von
Corfu betreten wir wahrhaft classischen Boden.

Eine der herrlichsten Küstenlandschaften umgibt uns. Ausge-
dehnte Olivenhaine und Gärten überziehen Hügel, Berge und Thäler
und Ortschaften, Gehöfte, Villen und bescheidene Hütten liegen da in
behaglicher Ruhe an schimmernden Buchten.

Die alte Doppelburg auf den Zwillingsklippen von Corfu, den
berühmten "Koryphäen" der Byzantiner, erscheint im Süden mit ihrem
scharf geschnittenen Profile über einer Front palastähnlicher, von
Thürmen überragten Baulichkeiten, und westlich davon breitet die
Stadt Corfu an der Lehne eines Höhenzuges bis zum Strande sich
aus. Noch etwas weiter gegen Norden glitzern die Wässer des zwischen
grünen Matten sanft dahinfliessenden Potamo, an dessen einladendem
Ufer die lilienarmige odysseische Nausikaa und ihre Freundinnen durch
Spiel sich vergnügten.


"... Da wo den kiesigen Grund am reinsten gespült das Gewässer,
Badeten dann und salbten mit glänzendem Oele sich alle,
-- -- -- -- -- -- -- -- -- --
Als sie darauf sich am Mahle gelabt, sie selbst und die Jungfrauen,
Warfen sie alle die Schleier sich ab, mit dem Balle zu spielen;
Und mit dem Spiele begann Nausikaa, strahlend in Anmuth.
-- -- -- -- -- -- -- -- -- --
Und leicht wird sie vor Allen erkannt, von den Schönen die Schönste:
So strahlt unter den Mädchen hervor die gefeierte Jungfrau!"

So schildert Homer die reizende Idylle am Potamo.

Mehrere Eilande tauchen malerisch aus der Flut, über der
manch weisses Segel oder der dunkle Umriss eines qualmenden
Dampfers in der Lichtung des Canales von Corfu sichtbar wird.

Auf der Festlandseite bauen von Butrinto bis weit nach Süden
die dunklen zackigen Gebirgsmassen von Epirus schroff und ernst aus

8*
Corfù (Kerkyra).

Auf dem von dichterischer Mythe umworbenen Strande von
Corfù betreten wir wahrhaft classischen Boden.

Eine der herrlichsten Küstenlandschaften umgibt uns. Ausge-
dehnte Olivenhaine und Gärten überziehen Hügel, Berge und Thäler
und Ortschaften, Gehöfte, Villen und bescheidene Hütten liegen da in
behaglicher Ruhe an schimmernden Buchten.

Die alte Doppelburg auf den Zwillingsklippen von Corfù, den
berühmten „Koryphäen“ der Byzantiner, erscheint im Süden mit ihrem
scharf geschnittenen Profile über einer Front palastähnlicher, von
Thürmen überragten Baulichkeiten, und westlich davon breitet die
Stadt Corfù an der Lehne eines Höhenzuges bis zum Strande sich
aus. Noch etwas weiter gegen Norden glitzern die Wässer des zwischen
grünen Matten sanft dahinfliessenden Potamo, an dessen einladendem
Ufer die lilienarmige odysseische Nausikaa und ihre Freundinnen durch
Spiel sich vergnügten.


„… Da wo den kiesigen Grund am reinsten gespült das Gewässer,
Badeten dann und salbten mit glänzendem Oele sich alle,
— — — — — — — — — —
Als sie darauf sich am Mahle gelabt, sie selbst und die Jungfrauen,
Warfen sie alle die Schleier sich ab, mit dem Balle zu spielen;
Und mit dem Spiele begann Nausikaa, strahlend in Anmuth.
— — — — — — — — — —
Und leicht wird sie vor Allen erkannt, von den Schönen die Schönste:
So strahlt unter den Mädchen hervor die gefeierte Jungfrau!“

So schildert Homer die reizende Idylle am Potamo.

Mehrere Eilande tauchen malerisch aus der Flut, über der
manch weisses Segel oder der dunkle Umriss eines qualmenden
Dampfers in der Lichtung des Canales von Corfù sichtbar wird.

Auf der Festlandseite bauen von Butrinto bis weit nach Süden
die dunklen zackigen Gebirgsmassen von Epirus schroff und ernst aus

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. [59]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/79>, abgerufen am 24.04.2024.