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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892.

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Valparaiso.

Die Ostseite des grossen Oceans ist geschlossen und einförmig,
seine Küste hafenarm, und schon in geringer Entfernung von dieser
erheben die Anden ihre schneebedeckten Häupter. So bleibt nur wenig
Raum für reiche Küstenlandschaften, und die Verbindung mit dem
Innern ist schwierig und theuer.

Von allen Häfen der ganzen langgestreckten Westküste Amerikas
sind nur zwei von grösserer Bedeutung: Valparaiso und S. Francisco.

Im Jahre 1536 durch den spanischen Officier Juan de Saa-
vedra als Hafen für die landeinwärts angelegte Hauptstadt Santiago
gegründet, erhielt Valparaiso vom Gründer den Namen seines bei
Cuenca in Spanien gelegenen Geburtsortes. Die Anlage der Haupt-
städte einige leguas landeinwärts geschah der Seeräuber wegen,
welche es nicht wagten, sich so weit von ihren Schiffen zu entfernen,
und sich mit der Plünderung der Häfen begnügten, so lange diese
Punkte nicht befestigt waren. Man ist heute bei der Ankunft in
Valparaiso erstaunt, gerade diesen Punkt der Erde "Val paraiso",
Thal des Paradieses, genannt zu finden, da diese Bezeichnung weder
zum landschaftlichen Bilde der Stadt, die von kahlen, zerklüfteten
Hügeln eingefasst ist, noch zur Vorstellung eines behaglichen oder
beschaulichen Lebens der dort Ansässigen, noch auch nur mit Bezug
auf einen etwa sehr sicheren Ankerplatz passend ist. Von der Beute-
sucht kühner Abenteurer, den Kriegen des Landes und von dem zer-
störenden Wirken feindlicher Naturgewalten wiederholt und schwer
mitgenommen, ist Valparaiso stets ein Mittelpunkt fieberhafter Thätig-
keit und ruhelosen Schaffens gewesen. Die einst kleine und unbe-
deutende Stadt ist in den letzten 60 Jahren mächtig emporgeblüht;
dem Meere, das früher die Abhänge der Cerros bespülte, wurde durch
Anschüttungen ein weites Terrain abgewonnen und wo jetzt schöne
Strassen führen, lagen einst Schiffe vor Anker.


Valparaiso.

Die Ostseite des grossen Oceans ist geschlossen und einförmig,
seine Küste hafenarm, und schon in geringer Entfernung von dieser
erheben die Anden ihre schneebedeckten Häupter. So bleibt nur wenig
Raum für reiche Küstenlandschaften, und die Verbindung mit dem
Innern ist schwierig und theuer.

Von allen Häfen der ganzen langgestreckten Westküste Amerikas
sind nur zwei von grösserer Bedeutung: Valparaiso und S. Francisco.

Im Jahre 1536 durch den spanischen Officier Juan de Saa-
vedra als Hafen für die landeinwärts angelegte Hauptstadt Santiago
gegründet, erhielt Valparaiso vom Gründer den Namen seines bei
Cuenca in Spanien gelegenen Geburtsortes. Die Anlage der Haupt-
städte einige leguas landeinwärts geschah der Seeräuber wegen,
welche es nicht wagten, sich so weit von ihren Schiffen zu entfernen,
und sich mit der Plünderung der Häfen begnügten, so lange diese
Punkte nicht befestigt waren. Man ist heute bei der Ankunft in
Valparaiso erstaunt, gerade diesen Punkt der Erde „Val paraiso“,
Thal des Paradieses, genannt zu finden, da diese Bezeichnung weder
zum landschaftlichen Bilde der Stadt, die von kahlen, zerklüfteten
Hügeln eingefasst ist, noch zur Vorstellung eines behaglichen oder
beschaulichen Lebens der dort Ansässigen, noch auch nur mit Bezug
auf einen etwa sehr sicheren Ankerplatz passend ist. Von der Beute-
sucht kühner Abenteurer, den Kriegen des Landes und von dem zer-
störenden Wirken feindlicher Naturgewalten wiederholt und schwer
mitgenommen, ist Valparaiso stets ein Mittelpunkt fieberhafter Thätig-
keit und ruhelosen Schaffens gewesen. Die einst kleine und unbe-
deutende Stadt ist in den letzten 60 Jahren mächtig emporgeblüht;
dem Meere, das früher die Abhänge der Cerros bespülte, wurde durch
Anschüttungen ein weites Terrain abgewonnen und wo jetzt schöne
Strassen führen, lagen einst Schiffe vor Anker.


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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. [309]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/325>, abgerufen am 24.04.2024.