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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892.

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Chinesische Häfen.
Yangtsekiang-Häfen.

Der Yangtsekiang ist der bedeutendste Strom des chinesi-
schen Reiches; er entspringt am Südabhange des Gebirgszuges Küen-
lün, welcher die Grenze der Tartarei gegen Tibet und gleichzeitig die
Wasserscheide für die nach Süd und Ost fliessenden Hauptwasserläufe
Asiens bildet, und nimmt von hier seinen an 5300 km langen Lauf
in das Gelbe Meer.

Seine Mächtigkeit, welche nur jener des Amazonenstromes und
des Mississippi nachsteht, wie nicht minder auch der Umstand, dass
er die fruchtbarsten und dichtestbevölkerten Districte des Landes durch-
fliesst, erheben ihn naturgemäss zur ersten Wasserstrasse des Reiches.
Dadurch, dass die Chinesen, welche den Wasserwegen stets den Vor-
zug vor anderen Communicationsmitteln einräumen, ein ausgebreitetes
Canalsystem an ihn anschlossen, gewann der Strom für den internen
Handel und Verkehr immer grössere Bedeutung.

Nachdem die Schiffbarkeit des Stromes für grosse Seeschiffe auf
weite Strecken landeinwärts erkannt war, trachteten die Fremden,
die an den Ufern gelegenen grossen Städte dem freien Handel zu
eröffnen. Der Friede von Nanking brachte die lang gehegten Wünsche
zur Realisirung; Schanghai, Tschinkiang, Wuhu, Kiukiang, Hankou
und Itschang wurden unter die Vertragshäfen aufgenommen und die
Schiffahrt auf dem Yangtsekiang allen Nationen freigegeben.

Die grossen Reichthümer der Provinzen, die vom Yangtsekiang
durchkreuzt werden, spornten den Unternehmungsgeist immer mehr an.
Trotz der vielfachen Schwierigkeiten, welche die Flusschiffahrt für
grössere Fahrzeuge mit sich bringt, gelangen heutzutage die See-
schiffe bis zur Stadt Hankou, das ist 956 km von der Mündung
stromaufwärts, und von hier eigene Flussdampfer noch weitere 584 km
stromaufwärts bis Itschang. Oberhalb dieses Ortes sperren zahlreiche
Stromschnellen den Fluss, was jedoch nicht hindert, dass eine reich-
liche Zahl von Booten und Dschunken die Schiffahrt bis über Sutschou,
die Hauptstadt der Provinz Sz'tschwan (2480 km von der Mündung),
fortsetzt.

Nun bestimmt die Tschifu-Convention von 1876, dass Gross-
britannien in Tschungking, das unterhalb Sutschou liegt, wohl einen
Residenten haben dürfe, dass es aber seinen Kaufleuten erst dann
gestattet sei, daselbst Waarenhäuser zu errichten, wenn der Platz von
Dampfschiffen erreicht werde.


Chinesische Häfen.
Yangtsekiang-Häfen.

Der Yangtsekiang ist der bedeutendste Strom des chinesi-
schen Reiches; er entspringt am Südabhange des Gebirgszuges Küen-
lün, welcher die Grenze der Tartarei gegen Tibet und gleichzeitig die
Wasserscheide für die nach Süd und Ost fliessenden Hauptwasserläufe
Asiens bildet, und nimmt von hier seinen an 5300 km langen Lauf
in das Gelbe Meer.

Seine Mächtigkeit, welche nur jener des Amazonenstromes und
des Mississippi nachsteht, wie nicht minder auch der Umstand, dass
er die fruchtbarsten und dichtestbevölkerten Districte des Landes durch-
fliesst, erheben ihn naturgemäss zur ersten Wasserstrasse des Reiches.
Dadurch, dass die Chinesen, welche den Wasserwegen stets den Vor-
zug vor anderen Communicationsmitteln einräumen, ein ausgebreitetes
Canalsystem an ihn anschlossen, gewann der Strom für den internen
Handel und Verkehr immer grössere Bedeutung.

Nachdem die Schiffbarkeit des Stromes für grosse Seeschiffe auf
weite Strecken landeinwärts erkannt war, trachteten die Fremden,
die an den Ufern gelegenen grossen Städte dem freien Handel zu
eröffnen. Der Friede von Nanking brachte die lang gehegten Wünsche
zur Realisirung; Schanghai, Tschinkiang, Wuhu, Kiukiang, Hankou
und Itschang wurden unter die Vertragshäfen aufgenommen und die
Schiffahrt auf dem Yangtsekiang allen Nationen freigegeben.

Die grossen Reichthümer der Provinzen, die vom Yangtsekiang
durchkreuzt werden, spornten den Unternehmungsgeist immer mehr an.
Trotz der vielfachen Schwierigkeiten, welche die Flusschiffahrt für
grössere Fahrzeuge mit sich bringt, gelangen heutzutage die See-
schiffe bis zur Stadt Hankou, das ist 956 km von der Mündung
stromaufwärts, und von hier eigene Flussdampfer noch weitere 584 km
stromaufwärts bis Itschang. Oberhalb dieses Ortes sperren zahlreiche
Stromschnellen den Fluss, was jedoch nicht hindert, dass eine reich-
liche Zahl von Booten und Dschunken die Schiffahrt bis über Sutschou,
die Hauptstadt der Provinz Sz’tschwan (2480 km von der Mündung),
fortsetzt.

Nun bestimmt die Tschifu-Convention von 1876, dass Gross-
britannien in Tschungking, das unterhalb Sutschou liegt, wohl einen
Residenten haben dürfe, dass es aber seinen Kaufleuten erst dann
gestattet sei, daselbst Waarenhäuser zu errichten, wenn der Platz von
Dampfschiffen erreicht werde.


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[399/0415] Chinesische Häfen. Yangtsekiang-Häfen. Der Yangtsekiang ist der bedeutendste Strom des chinesi- schen Reiches; er entspringt am Südabhange des Gebirgszuges Küen- lün, welcher die Grenze der Tartarei gegen Tibet und gleichzeitig die Wasserscheide für die nach Süd und Ost fliessenden Hauptwasserläufe Asiens bildet, und nimmt von hier seinen an 5300 km langen Lauf in das Gelbe Meer. Seine Mächtigkeit, welche nur jener des Amazonenstromes und des Mississippi nachsteht, wie nicht minder auch der Umstand, dass er die fruchtbarsten und dichtestbevölkerten Districte des Landes durch- fliesst, erheben ihn naturgemäss zur ersten Wasserstrasse des Reiches. Dadurch, dass die Chinesen, welche den Wasserwegen stets den Vor- zug vor anderen Communicationsmitteln einräumen, ein ausgebreitetes Canalsystem an ihn anschlossen, gewann der Strom für den internen Handel und Verkehr immer grössere Bedeutung. Nachdem die Schiffbarkeit des Stromes für grosse Seeschiffe auf weite Strecken landeinwärts erkannt war, trachteten die Fremden, die an den Ufern gelegenen grossen Städte dem freien Handel zu eröffnen. Der Friede von Nanking brachte die lang gehegten Wünsche zur Realisirung; Schanghai, Tschinkiang, Wuhu, Kiukiang, Hankou und Itschang wurden unter die Vertragshäfen aufgenommen und die Schiffahrt auf dem Yangtsekiang allen Nationen freigegeben. Die grossen Reichthümer der Provinzen, die vom Yangtsekiang durchkreuzt werden, spornten den Unternehmungsgeist immer mehr an. Trotz der vielfachen Schwierigkeiten, welche die Flusschiffahrt für grössere Fahrzeuge mit sich bringt, gelangen heutzutage die See- schiffe bis zur Stadt Hankou, das ist 956 km von der Mündung stromaufwärts, und von hier eigene Flussdampfer noch weitere 584 km stromaufwärts bis Itschang. Oberhalb dieses Ortes sperren zahlreiche Stromschnellen den Fluss, was jedoch nicht hindert, dass eine reich- liche Zahl von Booten und Dschunken die Schiffahrt bis über Sutschou, die Hauptstadt der Provinz Sz’tschwan (2480 km von der Mündung), fortsetzt. Nun bestimmt die Tschifu-Convention von 1876, dass Gross- britannien in Tschungking, das unterhalb Sutschou liegt, wohl einen Residenten haben dürfe, dass es aber seinen Kaufleuten erst dann gestattet sei, daselbst Waarenhäuser zu errichten, wenn der Platz von Dampfschiffen erreicht werde.

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 399. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/415>, abgerufen am 25.04.2024.