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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892.

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Chinesische Häfen.

Im Schiffsverkehre, der 1889 auf 1126 Schiffe europäischer Bauart und
771.789 T angegeben wird, beherrschen seit Jahren die Dampfer der engli-
schen Indo-China Steam Navigation Cy. und der China Navigation Cy. die Frachten
und vermittelten 1888 den Verkehr von 157.033 Passagieren. Jetzt verkehren auch
Schiffe der Formosa Trading Cy.

Südliche Häfen.

Die südchinesischen Häfen bilden eine eigene Gruppe im Ver-
kehre des chinesischen Reiches. Jeder derselben besitzt sein abgegrenztes
Hinterland, in welchem er die Concurrenz eines anderen Hafens nicht zu
fürchten hat, ihre ausländischen Waaren beziehen sie von Hongkong,
und die Auswanderer, welche von ihnen aus die hinterindische Insel-
flur, Siam und die Straits Settlements aufsuchen, sind die Veranlassung
eines immer grösser werdenden Handels nach diesen Gegenden.

Nur für den Bezug inländischer Waaren ist man vielfach auf
das Yangtsegebiet angewiesen.

Wentschon, der nördlichste dieser Plätze hat nur geringe
Bedeutung für den Handel.

Futschou.

Futschou (Foochow), die Hauptstadt der Provinz Fokien
(Fukian) liegt auf 26° 02' nördlicher Breite und 119° 20' östlicher
Länge an der Nordseite des Flusses Min, in einer Ebene, die von
malerischen bewaldeten Hügeln umgeben ist, 55 km vom Meer und
14·5 km von der Insel Pagoda entfernt, wo die fremden Schiffe vor
Anker gehen. Bei der zunehmenden Seichtigkeit des Flusses können
nur ganz leichte Schiffe an die Stadt herankommen.

Ueber den Fluss führt eine 300 m lange Brücke, die längste
in China, auf vierzig Pfeilern und mit kolossalen, bis zu vierzehn
Meter langen Steinplatten belegt.

Der Hafen wurde schon 1842 dem Handel eröffnet, gelangte
jedoch erst 1853 zu einer Bedeutung, als die Firma Russell & Comp.
von dort Thee direct nach Europa und Amerika verschiffte.

Seitdem ist Futschou einer der ersten Theemärkte Chinas, zu-
gleich berühmt durch Schnitzereien von kleinen Pagoden u. s. w. aus
Speckstein, künstliche Blumen u. s. w. Die Stadt zählt 636.000 Ein-
wohner, besitzt ein Seearsenal, wo auch Kanonenboote gebaut werden,
eine Schiffswerfte, und seit 1877 eine Telegraphenschule. Sie ist Sitz
von vier evangelischen und einer katholischen Mission; die Domini-

Die Seehäfen des Weltverkehrs. II. Band. 55
Chinesische Häfen.

Im Schiffsverkehre, der 1889 auf 1126 Schiffe europäischer Bauart und
771.789 T angegeben wird, beherrschen seit Jahren die Dampfer der engli-
schen Indo-China Steam Navigation Cy. und der China Navigation Cy. die Frachten
und vermittelten 1888 den Verkehr von 157.033 Passagieren. Jetzt verkehren auch
Schiffe der Formosa Trading Cy.

Südliche Häfen.

Die südchinesischen Häfen bilden eine eigene Gruppe im Ver-
kehre des chinesischen Reiches. Jeder derselben besitzt sein abgegrenztes
Hinterland, in welchem er die Concurrenz eines anderen Hafens nicht zu
fürchten hat, ihre ausländischen Waaren beziehen sie von Hongkong,
und die Auswanderer, welche von ihnen aus die hinterindische Insel-
flur, Siam und die Straits Settlements aufsuchen, sind die Veranlassung
eines immer grösser werdenden Handels nach diesen Gegenden.

Nur für den Bezug inländischer Waaren ist man vielfach auf
das Yangtsegebiet angewiesen.

Wentschon, der nördlichste dieser Plätze hat nur geringe
Bedeutung für den Handel.

Futschou.

Futschou (Foochow), die Hauptstadt der Provinz Fokien
(Fukian) liegt auf 26° 02′ nördlicher Breite und 119° 20′ östlicher
Länge an der Nordseite des Flusses Min, in einer Ebene, die von
malerischen bewaldeten Hügeln umgeben ist, 55 km vom Meer und
14·5 km von der Insel Pagoda entfernt, wo die fremden Schiffe vor
Anker gehen. Bei der zunehmenden Seichtigkeit des Flusses können
nur ganz leichte Schiffe an die Stadt herankommen.

Ueber den Fluss führt eine 300 m lange Brücke, die längste
in China, auf vierzig Pfeilern und mit kolossalen, bis zu vierzehn
Meter langen Steinplatten belegt.

Der Hafen wurde schon 1842 dem Handel eröffnet, gelangte
jedoch erst 1853 zu einer Bedeutung, als die Firma Russell & Comp.
von dort Thee direct nach Europa und Amerika verschiffte.

Seitdem ist Futschou einer der ersten Theemärkte Chinas, zu-
gleich berühmt durch Schnitzereien von kleinen Pagoden u. s. w. aus
Speckstein, künstliche Blumen u. s. w. Die Stadt zählt 636.000 Ein-
wohner, besitzt ein Seearsenal, wo auch Kanonenboote gebaut werden,
eine Schiffswerfte, und seit 1877 eine Telegraphenschule. Sie ist Sitz
von vier evangelischen und einer katholischen Mission; die Domini-

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[433/0449] Chinesische Häfen. Im Schiffsverkehre, der 1889 auf 1126 Schiffe europäischer Bauart und 771.789 T angegeben wird, beherrschen seit Jahren die Dampfer der engli- schen Indo-China Steam Navigation Cy. und der China Navigation Cy. die Frachten und vermittelten 1888 den Verkehr von 157.033 Passagieren. Jetzt verkehren auch Schiffe der Formosa Trading Cy. Südliche Häfen. Die südchinesischen Häfen bilden eine eigene Gruppe im Ver- kehre des chinesischen Reiches. Jeder derselben besitzt sein abgegrenztes Hinterland, in welchem er die Concurrenz eines anderen Hafens nicht zu fürchten hat, ihre ausländischen Waaren beziehen sie von Hongkong, und die Auswanderer, welche von ihnen aus die hinterindische Insel- flur, Siam und die Straits Settlements aufsuchen, sind die Veranlassung eines immer grösser werdenden Handels nach diesen Gegenden. Nur für den Bezug inländischer Waaren ist man vielfach auf das Yangtsegebiet angewiesen. Wentschon, der nördlichste dieser Plätze hat nur geringe Bedeutung für den Handel. Futschou. Futschou (Foochow), die Hauptstadt der Provinz Fokien (Fukian) liegt auf 26° 02′ nördlicher Breite und 119° 20′ östlicher Länge an der Nordseite des Flusses Min, in einer Ebene, die von malerischen bewaldeten Hügeln umgeben ist, 55 km vom Meer und 14·5 km von der Insel Pagoda entfernt, wo die fremden Schiffe vor Anker gehen. Bei der zunehmenden Seichtigkeit des Flusses können nur ganz leichte Schiffe an die Stadt herankommen. Ueber den Fluss führt eine 300 m lange Brücke, die längste in China, auf vierzig Pfeilern und mit kolossalen, bis zu vierzehn Meter langen Steinplatten belegt. Der Hafen wurde schon 1842 dem Handel eröffnet, gelangte jedoch erst 1853 zu einer Bedeutung, als die Firma Russell & Comp. von dort Thee direct nach Europa und Amerika verschiffte. Seitdem ist Futschou einer der ersten Theemärkte Chinas, zu- gleich berühmt durch Schnitzereien von kleinen Pagoden u. s. w. aus Speckstein, künstliche Blumen u. s. w. Die Stadt zählt 636.000 Ein- wohner, besitzt ein Seearsenal, wo auch Kanonenboote gebaut werden, eine Schiffswerfte, und seit 1877 eine Telegraphenschule. Sie ist Sitz von vier evangelischen und einer katholischen Mission; die Domini- Die Seehäfen des Weltverkehrs. II. Band. 55

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 433. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/449>, abgerufen am 29.03.2024.