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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892.

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Bombay.

Die einzige hervorragende Seehandelsstadt an der Westküste des
Dekhan ist Bombay (auf der gleichnamigen Insel), das im XVI. Jahr-
hunderte eine kleine, unbedeutende Colonie war, seither aber --
speciell seit der Eröffnung des Suezcanales -- der für Europa wich-
tigste Handelsplatz Indiens geworden ist, über den der Personen-
und Waarenverkehr des grossen indischen Kaiserreiches geleitet wird.

Der Name der Stadt soll nach Einigen vom portugiesischen
Bom Bahia (gute Bucht) herstammen, andere leiten seine Entstehung
von der benachbarten kleinen Insel Mumbai ab, die nach der Göttin
Mumba benannt worden ist.

Bombay wurde von dem auf der wegen ihrer uralten kolossalen Höhlen-
tempel berühmten, nördlich von Bombay gelegenen Insel Salsette herrschenden
Sultan Baliadur, König von Gujarat, im Jahre 1530 den Portugiesen abgetreten,
welche wegen der schönen und geschützten Lage der Bucht daselbst Factoreien
und ein Fort errichteten. 1661 noch eine kleine und unansehnliche Ansiedlung
von kaum 10.000 Einwohnern, ging Bombay als ein Theil der Mitgift der Infantin
Katharina von Portugal bei ihrer Vermählung mit Karl II. von England an die
englische Krone über. Die letztere wusste den Werth der neuen Colonie, die
mehr kostete, als sie eintrug, nicht gebührend zu schätzen, weshalb Bombay
schon 1668 der Ostindischen Compagnie gegen einen Pachtschilling von 10 L
jährlich übergeben wurde.

Die Ostindische Compagnie ergriff sofort die richtigen Massregeln, um
Bombay jenen Platz im Handelsverkehre sicher zu stellen, welcher dem Hafen
wegen seiner Vorzüge für die Schiffahrt in dem an guten Häfen armen Ostindien
gebührt. Das Fort wurde vergrössert und verstärkt, der Bau einer regelmässigen
Stadt in Angriff genommen, neue sich ansiedelnde Colonisten blieben durch fünf
Jahre von allen Zöllen enthoben, vollkommene Religionsfreiheit wurde gewährt,
die Baumwoll- und Seidenweberei kräftigst unterstützt und der Hafen mit den
nöthigen Anlagen versehen.

Dennoch erscheint der rasche Menschenzuzug nach Bombay während der
ersten Entwicklungszeit einigermassen befremdend, wenn man bedenkt, dass dazumal
in Bombay zahlreiche epidemische Krankheiten mit einem erschreckend hohen Per-
centsatze letaler Ausgänge auftraten. Andererseits war aber der Besitz der Insel
Bombay für die Ostindische Compagnie besonders werthvoll, weil diese Insel durch

Bombay.

Die einzige hervorragende Seehandelsstadt an der Westküste des
Dekhan ist Bombay (auf der gleichnamigen Insel), das im XVI. Jahr-
hunderte eine kleine, unbedeutende Colonie war, seither aber —
speciell seit der Eröffnung des Suezcanales — der für Europa wich-
tigste Handelsplatz Indiens geworden ist, über den der Personen-
und Waarenverkehr des grossen indischen Kaiserreiches geleitet wird.

Der Name der Stadt soll nach Einigen vom portugiesischen
Bom Bahia (gute Bucht) herstammen, andere leiten seine Entstehung
von der benachbarten kleinen Insel Mumbaï ab, die nach der Göttin
Mumba benannt worden ist.

Bombay wurde von dem auf der wegen ihrer uralten kolossalen Höhlen-
tempel berühmten, nördlich von Bombay gelegenen Insel Salsette herrschenden
Sultan Baliadur, König von Gujarat, im Jahre 1530 den Portugiesen abgetreten,
welche wegen der schönen und geschützten Lage der Bucht daselbst Factoreien
und ein Fort errichteten. 1661 noch eine kleine und unansehnliche Ansiedlung
von kaum 10.000 Einwohnern, ging Bombay als ein Theil der Mitgift der Infantin
Katharina von Portugal bei ihrer Vermählung mit Karl II. von England an die
englische Krone über. Die letztere wusste den Werth der neuen Colonie, die
mehr kostete, als sie eintrug, nicht gebührend zu schätzen, weshalb Bombay
schon 1668 der Ostindischen Compagnie gegen einen Pachtschilling von 10 ₤
jährlich übergeben wurde.

Die Ostindische Compagnie ergriff sofort die richtigen Massregeln, um
Bombay jenen Platz im Handelsverkehre sicher zu stellen, welcher dem Hafen
wegen seiner Vorzüge für die Schiffahrt in dem an guten Häfen armen Ostindien
gebührt. Das Fort wurde vergrössert und verstärkt, der Bau einer regelmässigen
Stadt in Angriff genommen, neue sich ansiedelnde Colonisten blieben durch fünf
Jahre von allen Zöllen enthoben, vollkommene Religionsfreiheit wurde gewährt,
die Baumwoll- und Seidenweberei kräftigst unterstützt und der Hafen mit den
nöthigen Anlagen versehen.

Dennoch erscheint der rasche Menschenzuzug nach Bombay während der
ersten Entwicklungszeit einigermassen befremdend, wenn man bedenkt, dass dazumal
in Bombay zahlreiche epidemische Krankheiten mit einem erschreckend hohen Per-
centsatze letaler Ausgänge auftraten. Andererseits war aber der Besitz der Insel
Bombay für die Ostindische Compagnie besonders werthvoll, weil diese Insel durch

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[[590]/0606] Bombay. Die einzige hervorragende Seehandelsstadt an der Westküste des Dekhan ist Bombay (auf der gleichnamigen Insel), das im XVI. Jahr- hunderte eine kleine, unbedeutende Colonie war, seither aber — speciell seit der Eröffnung des Suezcanales — der für Europa wich- tigste Handelsplatz Indiens geworden ist, über den der Personen- und Waarenverkehr des grossen indischen Kaiserreiches geleitet wird. Der Name der Stadt soll nach Einigen vom portugiesischen Bom Bahia (gute Bucht) herstammen, andere leiten seine Entstehung von der benachbarten kleinen Insel Mumbaï ab, die nach der Göttin Mumba benannt worden ist. Bombay wurde von dem auf der wegen ihrer uralten kolossalen Höhlen- tempel berühmten, nördlich von Bombay gelegenen Insel Salsette herrschenden Sultan Baliadur, König von Gujarat, im Jahre 1530 den Portugiesen abgetreten, welche wegen der schönen und geschützten Lage der Bucht daselbst Factoreien und ein Fort errichteten. 1661 noch eine kleine und unansehnliche Ansiedlung von kaum 10.000 Einwohnern, ging Bombay als ein Theil der Mitgift der Infantin Katharina von Portugal bei ihrer Vermählung mit Karl II. von England an die englische Krone über. Die letztere wusste den Werth der neuen Colonie, die mehr kostete, als sie eintrug, nicht gebührend zu schätzen, weshalb Bombay schon 1668 der Ostindischen Compagnie gegen einen Pachtschilling von 10 ₤ jährlich übergeben wurde. Die Ostindische Compagnie ergriff sofort die richtigen Massregeln, um Bombay jenen Platz im Handelsverkehre sicher zu stellen, welcher dem Hafen wegen seiner Vorzüge für die Schiffahrt in dem an guten Häfen armen Ostindien gebührt. Das Fort wurde vergrössert und verstärkt, der Bau einer regelmässigen Stadt in Angriff genommen, neue sich ansiedelnde Colonisten blieben durch fünf Jahre von allen Zöllen enthoben, vollkommene Religionsfreiheit wurde gewährt, die Baumwoll- und Seidenweberei kräftigst unterstützt und der Hafen mit den nöthigen Anlagen versehen. Dennoch erscheint der rasche Menschenzuzug nach Bombay während der ersten Entwicklungszeit einigermassen befremdend, wenn man bedenkt, dass dazumal in Bombay zahlreiche epidemische Krankheiten mit einem erschreckend hohen Per- centsatze letaler Ausgänge auftraten. Andererseits war aber der Besitz der Insel Bombay für die Ostindische Compagnie besonders werthvoll, weil diese Insel durch

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. [590]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/606>, abgerufen am 25.04.2024.