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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892.

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Durban (Port Natal)

Die Colonie Natal umfasst den Küstenstrich von der Mündung
des Tugela- bis zu jener des Umtamvuna-Flusses. Ziemlich in der
Mitte dieses Küstenstriches liegt der Hafen der Colonie Port Natal
mit der Stadt Durban.

Diese Colonie verdankt ihren Namen und ihre Entdeckung dem berühmten
portugiesischen Seefahrer Vasco de Gama, welcher am Weihnachtstage (Natal heisst
Weihnachten) 1497 dortselbst anlief. Er fand hier eine arabische Niederlassung
und berichtete über die Anmuth und Ueppigkeit des Landes. Aber diese Ent-
deckung gerieth durch lange Zeit in Vergessenheit und das Land wurde nur vor-
übergehend wieder in Erinnerung gebracht. Die Holländer versuchten am Anfange
des vorigen Jahrhunderts eine Niederlassung zu gründen, jedoch ohne bleibenden
Erfolg. Erst im Jahre 1823 entschloss sich die Capregierung auf die sehr gün-
stigen Berichte eines nach Natal entsendeten Officiers hin, zur Colonisirung dieses
Gebietes. Dort hatten sich bereits seit 1834 Tausende Boeren niedergelassen,
welche mit ihren Ochsenwägen die weite Reise aus der Capcolonie hieher unter-
nommen hatten. Sie sahen in Natal ein gelobtes Land, in welchem sie, der
verhassten englischen Herrschaft ledig, ein unabhängiges Gemeinwesen gründeten.
Durch den emsigen Fleiss der Boeren wuchs die "batavisch-afrikanische Maat-
schappy" sehr bald zu einer blühenden Colonie empor, welche auch die Zulukaffern
nach ihrer Niederlage am Flusse Tugela in Ruhe liessen. Schon meinten die
Boeren in Natal, das lange ersehnte Ziel ihrer Wünsche, die Unabhängigkeit von
britischer Herrschaft erreicht zu haben, als 1838 unerwartet eine Abtheilung
britischer Truppen in Port Natal erschien und über ein Jahr im Lande blieb. Mit
schwerem Herzen wandten die Boeren von Natal in grosser Zahl ihrer zweiten
Heimat den Rücken und zogen, von Andries Pretorius geführt, über die Draken-
berge westwärts in das Gebiet des Vaal, wo sie, verstärkt durch neue Zuzüge
vom Caplande, den Oranje-Freistaat und den Transvaal-Staat gründeten, der seit
1881 die Südafrikanische Republik genannt werden; erst 1842 wurde Natal blei-
bend von den Engländern militärisch in Besitz genommen.

Natal bildete anfänglich einen Theil der Capcolonie; 1856 wurde es jedoch
als eine selbständige Colonie der britischen Krone organisirt.

Das Land zeichnet sich durch seine Fruchtbarkeit und den
grossen Reichthum an Wasser aus, welches der Capcolonie mangelt.
Ackerbau und Viehzucht finden daselbst eine gleich lohnende Pflege.

83*
Durban (Port Natal)

Die Colonie Natal umfasst den Küstenstrich von der Mündung
des Tugela- bis zu jener des Umtamvuna-Flusses. Ziemlich in der
Mitte dieses Küstenstriches liegt der Hafen der Colonie Port Natal
mit der Stadt Durban.

Diese Colonie verdankt ihren Namen und ihre Entdeckung dem berühmten
portugiesischen Seefahrer Vasco de Gama, welcher am Weihnachtstage (Natal heisst
Weihnachten) 1497 dortselbst anlief. Er fand hier eine arabische Niederlassung
und berichtete über die Anmuth und Ueppigkeit des Landes. Aber diese Ent-
deckung gerieth durch lange Zeit in Vergessenheit und das Land wurde nur vor-
übergehend wieder in Erinnerung gebracht. Die Holländer versuchten am Anfange
des vorigen Jahrhunderts eine Niederlassung zu gründen, jedoch ohne bleibenden
Erfolg. Erst im Jahre 1823 entschloss sich die Capregierung auf die sehr gün-
stigen Berichte eines nach Natal entsendeten Officiers hin, zur Colonisirung dieses
Gebietes. Dort hatten sich bereits seit 1834 Tausende Boeren niedergelassen,
welche mit ihren Ochsenwägen die weite Reise aus der Capcolonie hieher unter-
nommen hatten. Sie sahen in Natal ein gelobtes Land, in welchem sie, der
verhassten englischen Herrschaft ledig, ein unabhängiges Gemeinwesen gründeten.
Durch den emsigen Fleiss der Boeren wuchs die „batavisch-afrikanische Maat-
schappy“ sehr bald zu einer blühenden Colonie empor, welche auch die Zulukaffern
nach ihrer Niederlage am Flusse Tugela in Ruhe liessen. Schon meinten die
Boeren in Natal, das lange ersehnte Ziel ihrer Wünsche, die Unabhängigkeit von
britischer Herrschaft erreicht zu haben, als 1838 unerwartet eine Abtheilung
britischer Truppen in Port Natal erschien und über ein Jahr im Lande blieb. Mit
schwerem Herzen wandten die Boeren von Natal in grosser Zahl ihrer zweiten
Heimat den Rücken und zogen, von Andries Pretorius geführt, über die Draken-
berge westwärts in das Gebiet des Vaal, wo sie, verstärkt durch neue Zuzüge
vom Caplande, den Oranje-Freistaat und den Transvaal-Staat gründeten, der seit
1881 die Südafrikanische Republik genannt werden; erst 1842 wurde Natal blei-
bend von den Engländern militärisch in Besitz genommen.

Natal bildete anfänglich einen Theil der Capcolonie; 1856 wurde es jedoch
als eine selbständige Colonie der britischen Krone organisirt.

Das Land zeichnet sich durch seine Fruchtbarkeit und den
grossen Reichthum an Wasser aus, welches der Capcolonie mangelt.
Ackerbau und Viehzucht finden daselbst eine gleich lohnende Pflege.

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[[659]/0675] Durban (Port Natal) Die Colonie Natal umfasst den Küstenstrich von der Mündung des Tugela- bis zu jener des Umtamvuna-Flusses. Ziemlich in der Mitte dieses Küstenstriches liegt der Hafen der Colonie Port Natal mit der Stadt Durban. Diese Colonie verdankt ihren Namen und ihre Entdeckung dem berühmten portugiesischen Seefahrer Vasco de Gama, welcher am Weihnachtstage (Natal heisst Weihnachten) 1497 dortselbst anlief. Er fand hier eine arabische Niederlassung und berichtete über die Anmuth und Ueppigkeit des Landes. Aber diese Ent- deckung gerieth durch lange Zeit in Vergessenheit und das Land wurde nur vor- übergehend wieder in Erinnerung gebracht. Die Holländer versuchten am Anfange des vorigen Jahrhunderts eine Niederlassung zu gründen, jedoch ohne bleibenden Erfolg. Erst im Jahre 1823 entschloss sich die Capregierung auf die sehr gün- stigen Berichte eines nach Natal entsendeten Officiers hin, zur Colonisirung dieses Gebietes. Dort hatten sich bereits seit 1834 Tausende Boeren niedergelassen, welche mit ihren Ochsenwägen die weite Reise aus der Capcolonie hieher unter- nommen hatten. Sie sahen in Natal ein gelobtes Land, in welchem sie, der verhassten englischen Herrschaft ledig, ein unabhängiges Gemeinwesen gründeten. Durch den emsigen Fleiss der Boeren wuchs die „batavisch-afrikanische Maat- schappy“ sehr bald zu einer blühenden Colonie empor, welche auch die Zulukaffern nach ihrer Niederlage am Flusse Tugela in Ruhe liessen. Schon meinten die Boeren in Natal, das lange ersehnte Ziel ihrer Wünsche, die Unabhängigkeit von britischer Herrschaft erreicht zu haben, als 1838 unerwartet eine Abtheilung britischer Truppen in Port Natal erschien und über ein Jahr im Lande blieb. Mit schwerem Herzen wandten die Boeren von Natal in grosser Zahl ihrer zweiten Heimat den Rücken und zogen, von Andries Pretorius geführt, über die Draken- berge westwärts in das Gebiet des Vaal, wo sie, verstärkt durch neue Zuzüge vom Caplande, den Oranje-Freistaat und den Transvaal-Staat gründeten, der seit 1881 die Südafrikanische Republik genannt werden; erst 1842 wurde Natal blei- bend von den Engländern militärisch in Besitz genommen. Natal bildete anfänglich einen Theil der Capcolonie; 1856 wurde es jedoch als eine selbständige Colonie der britischen Krone organisirt. Das Land zeichnet sich durch seine Fruchtbarkeit und den grossen Reichthum an Wasser aus, welches der Capcolonie mangelt. Ackerbau und Viehzucht finden daselbst eine gleich lohnende Pflege. 83*

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. [659]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/675>, abgerufen am 24.04.2024.