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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892.

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Banana.

Das Gebiet von Angola grenzt nördlich an jenes des Congo,
des Stromes, welcher durch die kühnen und abenteuerlichen Fahrten
von Henry Stanley erst erschlossen worden ist und an dessen Ufern
sich infolge der von Stanley ausgegangenen Anregung und infolge
der sogenannten "Congoconferenz" zu Berlin seit 1885 ein eigen-
thümliches Staatsgebiet unter den Auspicien und dem Protectorate
des für die Afrikaforschung begeisterten Königs der Belgier, Leo-
pold II., gebildet hat, das für beständig neutral erklärt ist. Am
25. Juli 1890 haben die belgischen Kammern eine Convention zwi-
schen dem Congostaate und Belgien angenommen, nach welcher
diesem Land das Recht zugesichert ist, den Staat mit allen Rechten,
welche mit der Souveränetät verknüpft sind, nach zehn Jahren zu
annectiren. Dieser neue Congostaat dehnt sich auf beiden Ufern
des Flusses weithin aus, doch bildet der Fluss selbst zunächst dessen
eigentliche Basis, von welcher aus die Cultivirung des Landes all-
mälig bewerkstelligt werden soll.

Unter allen Umständen ist die Gründung des Congostaates ein
interessanter Versuch zur Erschliessung des äquatorialen Theiles von
Afrika. Ob man zu grossen Resultaten gelangen werde, darüber gehen
die Ansichten selbst derjenigen, welche in allerjüngster Zeit das
Congogebiet besucht haben, noch auseinander. Bei den verschiedenen
Argumenten, welche für jede Meinung angeführt werden, ist es schwer,
einen bestimmten Ausspruch zu thun. Alles dreht sich hier, wie
eigentlich an der ganzen westafrikanischen Küste, um zwei Dinge, ob
das Klima unter allen Umständen als ein den Weissen unbedingt
verderbliches betrachtet werden müsse und ob die Neger einer für
die rationelle Landescultur erforderlichen Entwicklung fähig seien.
Die Schädlichkeit des Klimas äussert sich hauptsächlich in perni-

Die Seehäfen des Weltverkehrs. II. Band. 88
Banana.

Das Gebiet von Angola grenzt nördlich an jenes des Congo,
des Stromes, welcher durch die kühnen und abenteuerlichen Fahrten
von Henry Stanley erst erschlossen worden ist und an dessen Ufern
sich infolge der von Stanley ausgegangenen Anregung und infolge
der sogenannten „Congoconferenz“ zu Berlin seit 1885 ein eigen-
thümliches Staatsgebiet unter den Auspicien und dem Protectorate
des für die Afrikaforschung begeisterten Königs der Belgier, Leo-
pold II., gebildet hat, das für beständig neutral erklärt ist. Am
25. Juli 1890 haben die belgischen Kammern eine Convention zwi-
schen dem Congostaate und Belgien angenommen, nach welcher
diesem Land das Recht zugesichert ist, den Staat mit allen Rechten,
welche mit der Souveränetät verknüpft sind, nach zehn Jahren zu
annectiren. Dieser neue Congostaat dehnt sich auf beiden Ufern
des Flusses weithin aus, doch bildet der Fluss selbst zunächst dessen
eigentliche Basis, von welcher aus die Cultivirung des Landes all-
mälig bewerkstelligt werden soll.

Unter allen Umständen ist die Gründung des Congostaates ein
interessanter Versuch zur Erschliessung des äquatorialen Theiles von
Afrika. Ob man zu grossen Resultaten gelangen werde, darüber gehen
die Ansichten selbst derjenigen, welche in allerjüngster Zeit das
Congogebiet besucht haben, noch auseinander. Bei den verschiedenen
Argumenten, welche für jede Meinung angeführt werden, ist es schwer,
einen bestimmten Ausspruch zu thun. Alles dreht sich hier, wie
eigentlich an der ganzen westafrikanischen Küste, um zwei Dinge, ob
das Klima unter allen Umständen als ein den Weissen unbedingt
verderbliches betrachtet werden müsse und ob die Neger einer für
die rationelle Landescultur erforderlichen Entwicklung fähig seien.
Die Schädlichkeit des Klimas äussert sich hauptsächlich in perni-

Die Seehäfen des Weltverkehrs. II. Band. 88
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[[697]/0713] Banana. Das Gebiet von Angola grenzt nördlich an jenes des Congo, des Stromes, welcher durch die kühnen und abenteuerlichen Fahrten von Henry Stanley erst erschlossen worden ist und an dessen Ufern sich infolge der von Stanley ausgegangenen Anregung und infolge der sogenannten „Congoconferenz“ zu Berlin seit 1885 ein eigen- thümliches Staatsgebiet unter den Auspicien und dem Protectorate des für die Afrikaforschung begeisterten Königs der Belgier, Leo- pold II., gebildet hat, das für beständig neutral erklärt ist. Am 25. Juli 1890 haben die belgischen Kammern eine Convention zwi- schen dem Congostaate und Belgien angenommen, nach welcher diesem Land das Recht zugesichert ist, den Staat mit allen Rechten, welche mit der Souveränetät verknüpft sind, nach zehn Jahren zu annectiren. Dieser neue Congostaat dehnt sich auf beiden Ufern des Flusses weithin aus, doch bildet der Fluss selbst zunächst dessen eigentliche Basis, von welcher aus die Cultivirung des Landes all- mälig bewerkstelligt werden soll. Unter allen Umständen ist die Gründung des Congostaates ein interessanter Versuch zur Erschliessung des äquatorialen Theiles von Afrika. Ob man zu grossen Resultaten gelangen werde, darüber gehen die Ansichten selbst derjenigen, welche in allerjüngster Zeit das Congogebiet besucht haben, noch auseinander. Bei den verschiedenen Argumenten, welche für jede Meinung angeführt werden, ist es schwer, einen bestimmten Ausspruch zu thun. Alles dreht sich hier, wie eigentlich an der ganzen westafrikanischen Küste, um zwei Dinge, ob das Klima unter allen Umständen als ein den Weissen unbedingt verderbliches betrachtet werden müsse und ob die Neger einer für die rationelle Landescultur erforderlichen Entwicklung fähig seien. Die Schädlichkeit des Klimas äussert sich hauptsächlich in perni- Die Seehäfen des Weltverkehrs. II. Band. 88

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. [697]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/713>, abgerufen am 25.04.2024.