Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892.

Bild:
<< vorherige Seite
Adelaide.

Die grösste Colonie auf dem australischen Continente ist jene
von Südaustralien, welche, trotz ihres Namens, im Laufe der Zeit
auch einen guten Theil des nördlichen Continentes, das sogenannte
Nordterritorium, in sich aufgenommen hat, so dass diese Colonie
den ganzen Continent von Süd nach Nord durchquert. Der südliche
Theil und das eigentliche Stamm- und Kernland dieser Colonie liegt
zwischen Victoria und Westaustralien, das Nordterritorium dagegen
zwischen Westaustralien und Queensland. Seiner Bevölkerungsdichte
nach (0·14 Einwohner per km2) kann sich Südaustralien weder mit
Victoria (4·9) noch mit Neusüdwales (1·3) messen. Letztere Colonieen
beherbergen durchschnittlich je 1·2 Millionen Einwohner, Südaustra-
lien jedoch nur 0·3 Millionen, ist daher ein menschenleeres Land.

Die Entstehung von Südaustralien ist eine eigenthümliche. Es verdankt
nicht einem Zufalle, sondern einem planmässigen Vorgange seine Gründung. Im
Jahre 1831 entdeckte Capitän Sturt den Murrayfluss, den einzigen bedeutenden
Fluss der südlichen Colonie, welcher in die Encounter-Bay mündet. Er war von
dem geschenen Lande so entzückt, dass er bei seiner Heimkehr nach Sydney
eine Anzahl unternehmender Leute zu einer Expedition nach dem neuen
Lande veranlasste. Diese Leute kamen auch nach dem westlich von der Encounter-
Bay gelegenen Golf von St. Vincent, an welchem heute Adelaide gelegen ist
Diese Expedition, welche Capitän Sturt's Berichte nur bestätigte, bestimmte wieder
eine Vereinigung von Männern in London, den Plan der Anlage einer eigenen
Colonie an jenen Gestaden in Erwägung zu ziehen.

Es bedurfte auch längerer Verhandlungen mit der britischen Regierung,
um diesen Plan zur Reife zu bringen. Im Jahre 1834 erst gelangte man zu be-
stimmten Abmachungen. Dabei gingen die Vorkämpfer des neuen Colonisations-
planes von der richtigen Anschauung aus, dass man das im übrigen Australien
bisher nicht immer mit gutem Erfolge beobachtete System bei der Besitznahme von
Land nicht befolgen dürfe, sondern dass man strenge an dem Principe festzuhalten
habe, dass Land nur durch Kauf, nicht aber durch freie Uebertragung erworben
werden solle. Im Jahre 1834 wurde denn auch durch eine eigene Parlamentsacte
die Gründung der Colonie, welcher man ihren jetzigen Namen beilegte, genehmigt
und dieselbe unter die Oberhoheit der britischen Krone gestellt. Eine wichtige

95*
Adelaide.

Die grösste Colonie auf dem australischen Continente ist jene
von Südaustralien, welche, trotz ihres Namens, im Laufe der Zeit
auch einen guten Theil des nördlichen Continentes, das sogenannte
Nordterritorium, in sich aufgenommen hat, so dass diese Colonie
den ganzen Continent von Süd nach Nord durchquert. Der südliche
Theil und das eigentliche Stamm- und Kernland dieser Colonie liegt
zwischen Victoria und Westaustralien, das Nordterritorium dagegen
zwischen Westaustralien und Queensland. Seiner Bevölkerungsdichte
nach (0·14 Einwohner per km2) kann sich Südaustralien weder mit
Victoria (4·9) noch mit Neusüdwales (1·3) messen. Letztere Colonieen
beherbergen durchschnittlich je 1·2 Millionen Einwohner, Südaustra-
lien jedoch nur 0·3 Millionen, ist daher ein menschenleeres Land.

Die Entstehung von Südaustralien ist eine eigenthümliche. Es verdankt
nicht einem Zufalle, sondern einem planmässigen Vorgange seine Gründung. Im
Jahre 1831 entdeckte Capitän Sturt den Murrayfluss, den einzigen bedeutenden
Fluss der südlichen Colonie, welcher in die Encounter-Bay mündet. Er war von
dem geschenen Lande so entzückt, dass er bei seiner Heimkehr nach Sydney
eine Anzahl unternehmender Leute zu einer Expedition nach dem neuen
Lande veranlasste. Diese Leute kamen auch nach dem westlich von der Encounter-
Bay gelegenen Golf von St. Vincent, an welchem heute Adelaide gelegen ist
Diese Expedition, welche Capitän Sturt’s Berichte nur bestätigte, bestimmte wieder
eine Vereinigung von Männern in London, den Plan der Anlage einer eigenen
Colonie an jenen Gestaden in Erwägung zu ziehen.

Es bedurfte auch längerer Verhandlungen mit der britischen Regierung,
um diesen Plan zur Reife zu bringen. Im Jahre 1834 erst gelangte man zu be-
stimmten Abmachungen. Dabei gingen die Vorkämpfer des neuen Colonisations-
planes von der richtigen Anschauung aus, dass man das im übrigen Australien
bisher nicht immer mit gutem Erfolge beobachtete System bei der Besitznahme von
Land nicht befolgen dürfe, sondern dass man strenge an dem Principe festzuhalten
habe, dass Land nur durch Kauf, nicht aber durch freie Uebertragung erworben
werden solle. Im Jahre 1834 wurde denn auch durch eine eigene Parlamentsacte
die Gründung der Colonie, welcher man ihren jetzigen Namen beilegte, genehmigt
und dieselbe unter die Oberhoheit der britischen Krone gestellt. Eine wichtige

95*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0771" n="[755]"/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Adelaide.</hi> </head><lb/>
          <p>Die grösste Colonie auf dem australischen Continente ist jene<lb/>
von <hi rendition="#g">Südaustralien</hi>, welche, trotz ihres Namens, im Laufe der Zeit<lb/>
auch einen guten Theil des nördlichen Continentes, das sogenannte<lb/>
Nordterritorium, in sich aufgenommen hat, so dass diese Colonie<lb/>
den <hi rendition="#g">ganzen</hi> Continent von Süd nach Nord durchquert. Der südliche<lb/>
Theil und das eigentliche Stamm- und Kernland dieser Colonie liegt<lb/>
zwischen Victoria und Westaustralien, das Nordterritorium dagegen<lb/>
zwischen Westaustralien und Queensland. Seiner Bevölkerungsdichte<lb/>
nach (0·14 Einwohner per <hi rendition="#i">km</hi><hi rendition="#sup">2</hi>) kann sich Südaustralien weder mit<lb/>
Victoria (4·9) noch mit Neusüdwales (1·3) messen. Letztere Colonieen<lb/>
beherbergen durchschnittlich je 1·2 Millionen Einwohner, Südaustra-<lb/>
lien jedoch nur 0·3 Millionen, ist daher ein menschenleeres Land.</p><lb/>
          <p>Die Entstehung von Südaustralien ist eine eigenthümliche. Es verdankt<lb/>
nicht einem Zufalle, sondern einem planmässigen Vorgange seine Gründung. Im<lb/>
Jahre 1831 entdeckte Capitän Sturt den Murrayfluss, den einzigen bedeutenden<lb/>
Fluss der südlichen Colonie, welcher in die Encounter-Bay mündet. Er war von<lb/>
dem geschenen Lande so entzückt, dass er bei seiner Heimkehr nach Sydney<lb/>
eine Anzahl unternehmender Leute zu einer Expedition nach dem neuen<lb/>
Lande veranlasste. Diese Leute kamen auch nach dem westlich von der Encounter-<lb/>
Bay gelegenen Golf von St. Vincent, an welchem heute Adelaide gelegen ist<lb/>
Diese Expedition, welche Capitän Sturt&#x2019;s Berichte nur bestätigte, bestimmte wieder<lb/>
eine Vereinigung von Männern in London, den Plan der Anlage einer eigenen<lb/>
Colonie an jenen Gestaden in Erwägung zu ziehen.</p><lb/>
          <p>Es bedurfte auch längerer Verhandlungen mit der britischen Regierung,<lb/>
um diesen Plan zur Reife zu bringen. Im Jahre 1834 erst gelangte man zu be-<lb/>
stimmten Abmachungen. Dabei gingen die Vorkämpfer des neuen Colonisations-<lb/>
planes von der richtigen Anschauung aus, dass man das im übrigen Australien<lb/>
bisher nicht immer mit gutem Erfolge beobachtete System bei der Besitznahme von<lb/>
Land nicht befolgen dürfe, sondern dass man strenge an dem Principe festzuhalten<lb/>
habe, dass Land nur durch Kauf, nicht aber durch freie Uebertragung erworben<lb/>
werden solle. Im Jahre 1834 wurde denn auch durch eine eigene Parlamentsacte<lb/>
die Gründung der Colonie, welcher man ihren jetzigen Namen beilegte, genehmigt<lb/>
und dieselbe unter die Oberhoheit der britischen Krone gestellt. Eine wichtige<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">95*</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[755]/0771] Adelaide. Die grösste Colonie auf dem australischen Continente ist jene von Südaustralien, welche, trotz ihres Namens, im Laufe der Zeit auch einen guten Theil des nördlichen Continentes, das sogenannte Nordterritorium, in sich aufgenommen hat, so dass diese Colonie den ganzen Continent von Süd nach Nord durchquert. Der südliche Theil und das eigentliche Stamm- und Kernland dieser Colonie liegt zwischen Victoria und Westaustralien, das Nordterritorium dagegen zwischen Westaustralien und Queensland. Seiner Bevölkerungsdichte nach (0·14 Einwohner per km2) kann sich Südaustralien weder mit Victoria (4·9) noch mit Neusüdwales (1·3) messen. Letztere Colonieen beherbergen durchschnittlich je 1·2 Millionen Einwohner, Südaustra- lien jedoch nur 0·3 Millionen, ist daher ein menschenleeres Land. Die Entstehung von Südaustralien ist eine eigenthümliche. Es verdankt nicht einem Zufalle, sondern einem planmässigen Vorgange seine Gründung. Im Jahre 1831 entdeckte Capitän Sturt den Murrayfluss, den einzigen bedeutenden Fluss der südlichen Colonie, welcher in die Encounter-Bay mündet. Er war von dem geschenen Lande so entzückt, dass er bei seiner Heimkehr nach Sydney eine Anzahl unternehmender Leute zu einer Expedition nach dem neuen Lande veranlasste. Diese Leute kamen auch nach dem westlich von der Encounter- Bay gelegenen Golf von St. Vincent, an welchem heute Adelaide gelegen ist Diese Expedition, welche Capitän Sturt’s Berichte nur bestätigte, bestimmte wieder eine Vereinigung von Männern in London, den Plan der Anlage einer eigenen Colonie an jenen Gestaden in Erwägung zu ziehen. Es bedurfte auch längerer Verhandlungen mit der britischen Regierung, um diesen Plan zur Reife zu bringen. Im Jahre 1834 erst gelangte man zu be- stimmten Abmachungen. Dabei gingen die Vorkämpfer des neuen Colonisations- planes von der richtigen Anschauung aus, dass man das im übrigen Australien bisher nicht immer mit gutem Erfolge beobachtete System bei der Besitznahme von Land nicht befolgen dürfe, sondern dass man strenge an dem Principe festzuhalten habe, dass Land nur durch Kauf, nicht aber durch freie Uebertragung erworben werden solle. Im Jahre 1834 wurde denn auch durch eine eigene Parlamentsacte die Gründung der Colonie, welcher man ihren jetzigen Namen beilegte, genehmigt und dieselbe unter die Oberhoheit der britischen Krone gestellt. Eine wichtige 95*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/771
Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. [755]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/771>, abgerufen am 24.04.2024.