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Lémery, Nicolas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721.

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[Beginn Spaltensatz] ein grosser Unterscheid befindlich sey: immassen das Saltz eine solche Materie, welche dicke gemachet werden kan, und entdecket sich gantz füglich unsern Sinnen; man kan es sehen, fühlen und schmecken. Hingegen mit den feurigen Theilgen ist es gantz und gar anders beschaffen; es sind überaus subtile, dünne Cörperlein, die allzusehr in Bewegung sind, daher man sie nicht zu Gesicht kan bringen, noch von den dicht- und groben Dingen unterscheiden: sie müssen blos und nur allein aus ihren Wirckungen erkennet werden. Im Fall man auch vermögen solte ein Mittel zu ersinnen, das sie sonderl. verdickern oder dicke machen könte, so würden sie keine Feuercörper weiter seyn, dieweil sie die Bewegung verlohren hätten, die doch unwidersprechlich zu ihrer Natur und Wesen gehöret.

Ingleichen kan ich dererjenigen Gedancken nicht beypflichten, welche ein acidum und saures Wesen in dem Kalche haben wollen; welches, wann es durch das drauf geschüttete Wasser zertheilet worden, und auf das alcali träffe, dergleichen jähren nebst der Hitze erregen müste, gleichwie wir sehen, daß geschiehet, wann Wasser auf den Kalch geschüttet wird. Wie solte doch wol ein solches saures Wesen in dem Steine unzerrüttet blieben seyn, da er so heftig ist gebrennet, und, unserem Beduncken nach, zu eitel alkali gemachet worden? Viel eher stehet zu glauben, wo ja dergleichen etwas saures zu der natürlichen Zusammenordnung oder Composition des Steins, daraus der Kalch gemachet wird, gekommen solte seyn: daß solches acidum seine Natur verändert, und seine Spitzen zerbrochen und abgestossen habe, nicht alleine, da es sich mit der Erde, als es zum Steine worden, aufs genaueste vereinbaret, sondern auch bey dem so heftigen Brande, den der Stein auszustehen hat, wann er zu Kalch gemachet werden soll.

Wird der lebendige Kalch mit sauren Dingen vermischet, so fermentiret er weit schneller und viel heftiger, als wie im Wasser: dann, weil er eine alkalische Materie ist, und die Spitzlein der sauren Dinge in gar grosser Bewegung sind, so dringen sie mit desto grösserer Macht hinein, werffen die Theile alsofort gantz ungestümlich von einander, und schaffen den feurigen Cörperlein einen freyen Ausgang, die alsdann mit grössester Behendigkeit heraus zu fahren pflegen.

Der Kalch ist etwas corrosivisch, ätzend oder zerfressend, dann er verzehret das wilde Fleisch: er wird in Wasser gelöscht und zerlassen, darnach wird das Wasser abgeseihet: und das ist alsdann das Kalchwasser, frantzösisch, Eau de chaux, lateinisch, Aqua calcis vivae.

Es reiniget und ist sonsten gut zu Wunden, äusserlich gebraucht. Seit einigen Jahren aber her hat man sich auch erkühnet das andere Wasser vom Kalche einzugeben, nachdem mans mit zwey oder dreymahl so viel Milch, und etwas Veilgensaft vermischen lassen, auf diese Weise der Engbrüstigkeit und der Schwindsucht abzuhelffen. Es hat auch bey einem und dem andern gut und wol gethan, jedoch erwecket es grosse Hitze, und dürffte sich nicht leicht ein jeder dazu schicken.

Dieses andere Wasser vom Kalch, Eau seconde de chaux, Aqua calcis viva secunda, wird solchergestalt bereitet: man lässet Kalch, der schon einmahl im Wasser gelöschet ist, noch einmahl in warmen [Spaltenumbruch] Wasser zergehen, giessets hernach durchs Löschpapier; das ist alsdann bey weiten nicht so starck, als wie das erste. Auf dem ersten Wasser, wann es frisch gemachet ist, wird ein Häutlein, als wie Eis, oder ein durchsichtiger Cremor, der leichtlich zerbricht, ein wenig schweflicht und ohne sonderlichen Geschmack ist. Nimmt man diesen hinweg, und stellet das Wasser eine Zeitlang hin, damit es verdunsten möge, so wird ein ander solches Häutlein, dem erstern gantz gleich, darauf formiret. Wird dieses auch hinweg genommen, und man lässet das Kalchwasser noch zu unterschiedenenmahlen abrauchen, so werden dergleichen Häutlein noch mehr, das Wasser aber verliehret seine Kraft, je mehr man es abrauchen läst, und thut gar schwache Wirckung, wann der corrosivische Sublimat in dessen destilliret wird, wozu man es gebrauchet. Hieraus dürffte sich schier schliessen lassen, wie daß die feurigen Cörperlein, die in dem Kalche sind enthalten, hauptsächlich in diesem Cremor und dessen Theilen stecken müsten, alldieweil seine Kraft schwächer und schwächer wird, je öfter man ihn davon sondert und wegnimmt: jedannoch könte man auch sagen, daß durch das Abdämpfen des Wassers ein guter Theil der Feuertheilgen zugleich mit davon streichen.

Der gelöschte und gewaschene Kalch ist gut, wann man sich hat verbrennt; und er macht das Wasser, daß darauf gegossen wird, nicht mehr wallend oder stinckend: giesset man aber etwas saures drauf, so wird eine sehr merckliche Hitze und Aufwallung entstehen, dann die Spitzlein des sauren, dringen sich in die Theilgen des Kalches hinein, woselbsthin das Wasser nicht hat kommen können.

Calx kommt von kaio, uro, ich brenne, dieweil der Kalch eine solche Materie ist, welche gebrannt ist, und selbst auch brennet.

Camelopardalis.

Camelopardalis,

Camelopardus,

Ovis fera,

Giraffa,

Anabula,

Nabis,

Saffarat,

Nabula AEthiop.

frantzösisch, Giraffe oder Panthere.

Dieses ist eine Art der Cameele, und dem Leoparden darinne gleich, weil es, als wie derselbige, voller Flecken ist. Von Leibe ist es fast so groß, wie ein gemein Cameel. Auf jeder Seite seines Kopfes trägt es ein kleines Horn; und mitten auf der Stirne hat es einen Hübel, der sieht gleichwie ein drittes Horn. Sein Hals ist sehr lang, auf die sieben Schuhe, und und mit Haaren besetzet, die wie die Roßhaare sehen. Der Schwantz ist klein, dünne, und am Ende mit Haaren bedeckt. Der Fuß ist gespalten, als wie eines Ochsen. Die Zunge ist zwey Schuhe lang und rund, wie ein Aal, dunckel von Farbe, fast violbraun. Es frisset Kraut und Gras, kan seinen Kopf bis an die Aeste der Bäume erheben, von denen es die zärtesten abfrisset. Es wird in Africa bey den Trogloditen, und auch in Ethiopien gefunden.

Dieses Thier ist gantz zahm und läst wol mit sich umgehen, dashalben ist es auch ovis fera betitelt [Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] ein grosser Unterscheid befindlich sey: immassen das Saltz eine solche Materie, welche dicke gemachet werden kan, und entdecket sich gantz füglich unsern Sinnen; man kan es sehen, fühlen und schmecken. Hingegen mit den feurigen Theilgen ist es gantz und gar anders beschaffen; es sind überaus subtile, dünne Cörperlein, die allzusehr in Bewegung sind, daher man sie nicht zu Gesicht kan bringen, noch von den dicht- und groben Dingen unterscheiden: sie müssen blos und nur allein aus ihren Wirckungen erkennet werden. Im Fall man auch vermögen solte ein Mittel zu ersinnen, das sie sonderl. verdickern oder dicke machen könte, so würden sie keine Feuercörper weiter seyn, dieweil sie die Bewegung verlohren hätten, die doch unwidersprechlich zu ihrer Natur und Wesen gehöret.

Ingleichen kan ich dererjenigen Gedancken nicht beypflichten, welche ein acidum und saures Wesen in dem Kalche haben wollen; welches, wann es durch das drauf geschüttete Wasser zertheilet worden, und auf das alcali träffe, dergleichen jähren nebst der Hitze erregen müste, gleichwie wir sehen, daß geschiehet, wann Wasser auf den Kalch geschüttet wird. Wie solte doch wol ein solches saures Wesen in dem Steine unzerrüttet blieben seyn, da er so heftig ist gebrennet, und, unserem Beduncken nach, zu eitel alkali gemachet worden? Viel eher stehet zu glauben, wo ja dergleichen etwas saures zu der natürlichen Zusammenordnung oder Composition des Steins, daraus der Kalch gemachet wird, gekommen solte seyn: daß solches acidum seine Natur verändert, und seine Spitzen zerbrochen und abgestossen habe, nicht alleine, da es sich mit der Erde, als es zum Steine worden, aufs genaueste vereinbaret, sondern auch bey dem so heftigen Brande, den der Stein auszustehen hat, wann er zu Kalch gemachet werden soll.

Wird der lebendige Kalch mit sauren Dingen vermischet, so fermentiret er weit schneller und viel heftiger, als wie im Wasser: dann, weil er eine alkalische Materie ist, und die Spitzlein der sauren Dinge in gar grosser Bewegung sind, so dringen sie mit desto grösserer Macht hinein, werffen die Theile alsofort gantz ungestümlich von einander, und schaffen den feurigen Cörperlein einen freyen Ausgang, die alsdann mit grössester Behendigkeit heraus zu fahren pflegen.

Der Kalch ist etwas corrosivisch, ätzend oder zerfressend, dann er verzehret das wilde Fleisch: er wird in Wasser gelöscht und zerlassen, darnach wird das Wasser abgeseihet: und das ist alsdann das Kalchwasser, frantzösisch, Eau de chaux, lateinisch, Aqua calcis vivæ.

Es reiniget und ist sonsten gut zu Wunden, äusserlich gebraucht. Seit einigen Jahren aber her hat man sich auch erkühnet das andere Wasser vom Kalche einzugeben, nachdem mans mit zwey oder dreymahl so viel Milch, und etwas Veilgensaft vermischen lassen, auf diese Weise der Engbrüstigkeit und der Schwindsucht abzuhelffen. Es hat auch bey einem und dem andern gut und wol gethan, jedoch erwecket es grosse Hitze, und dürffte sich nicht leicht ein jeder dazu schicken.

Dieses andere Wasser vom Kalch, Eau seconde de chaux, Aqua calcis viva secunda, wird solchergestalt bereitet: man lässet Kalch, der schon einmahl im Wasser gelöschet ist, noch einmahl in warmen [Spaltenumbruch] Wasser zergehen, giessets hernach durchs Löschpapier; das ist alsdann bey weiten nicht so starck, als wie das erste. Auf dem ersten Wasser, wann es frisch gemachet ist, wird ein Häutlein, als wie Eis, oder ein durchsichtiger Cremor, der leichtlich zerbricht, ein wenig schweflicht und ohne sonderlichen Geschmack ist. Nimmt man diesen hinweg, und stellet das Wasser eine Zeitlang hin, damit es verdunsten möge, so wird ein ander solches Häutlein, dem erstern gantz gleich, darauf formiret. Wird dieses auch hinweg genommen, und man lässet das Kalchwasser noch zu unterschiedenenmahlen abrauchen, so werden dergleichen Häutlein noch mehr, das Wasser aber verliehret seine Kraft, je mehr man es abrauchen läst, und thut gar schwache Wirckung, wann der corrosivische Sublimat in dessen destilliret wird, wozu man es gebrauchet. Hieraus dürffte sich schier schliessen lassen, wie daß die feurigen Cörperlein, die in dem Kalche sind enthalten, hauptsächlich in diesem Cremor und dessen Theilen stecken müsten, alldieweil seine Kraft schwächer und schwächer wird, je öfter man ihn davon sondert und wegnimmt: jedannoch könte man auch sagen, daß durch das Abdämpfen des Wassers ein guter Theil der Feuertheilgen zugleich mit davon streichen.

Der gelöschte und gewaschene Kalch ist gut, wann man sich hat verbrennt; und er macht das Wasser, daß darauf gegossen wird, nicht mehr wallend oder stinckend: giesset man aber etwas saures drauf, so wird eine sehr merckliche Hitze und Aufwallung entstehen, dann die Spitzlein des sauren, dringen sich in die Theilgen des Kalches hinein, woselbsthin das Wasser nicht hat kommen können.

Calx kommt von καίω, uro, ich brenne, dieweil der Kalch eine solche Materie ist, welche gebrannt ist, und selbst auch brennet.

Camelopardalis.

Camelopardalis,

Camelopardus,

Ovis fera,

Giraffa,

Anabula,

Nabis,

Saffarat,

Nabula Æthiop.

frantzösisch, Giraffe oder Panthere.

Dieses ist eine Art der Cameele, und dem Leoparden darinne gleich, weil es, als wie derselbige, voller Flecken ist. Von Leibe ist es fast so groß, wie ein gemein Cameel. Auf jeder Seite seines Kopfes trägt es ein kleines Horn; und mitten auf der Stirne hat es einen Hübel, der sieht gleichwie ein drittes Horn. Sein Hals ist sehr lang, auf die sieben Schuhe, und und mit Haaren besetzet, die wie die Roßhaare sehen. Der Schwantz ist klein, dünne, und am Ende mit Haaren bedeckt. Der Fuß ist gespalten, als wie eines Ochsen. Die Zunge ist zwey Schuhe lang und rund, wie ein Aal, dunckel von Farbe, fast violbraun. Es frisset Kraut und Gras, kan seinen Kopf bis an die Aeste der Bäume erheben, von denen es die zärtesten abfrisset. Es wird in Africa bey den Trogloditen, und auch in Ethiopien gefunden.

Dieses Thier ist gantz zahm und läst wol mit sich umgehen, dashalben ist es auch ovis fera betitelt [Ende Spaltensatz]

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[0125] ein grosser Unterscheid befindlich sey: immassen das Saltz eine solche Materie, welche dicke gemachet werden kan, und entdecket sich gantz füglich unsern Sinnen; man kan es sehen, fühlen und schmecken. Hingegen mit den feurigen Theilgen ist es gantz und gar anders beschaffen; es sind überaus subtile, dünne Cörperlein, die allzusehr in Bewegung sind, daher man sie nicht zu Gesicht kan bringen, noch von den dicht- und groben Dingen unterscheiden: sie müssen blos und nur allein aus ihren Wirckungen erkennet werden. Im Fall man auch vermögen solte ein Mittel zu ersinnen, das sie sonderl. verdickern oder dicke machen könte, so würden sie keine Feuercörper weiter seyn, dieweil sie die Bewegung verlohren hätten, die doch unwidersprechlich zu ihrer Natur und Wesen gehöret. Ingleichen kan ich dererjenigen Gedancken nicht beypflichten, welche ein acidum und saures Wesen in dem Kalche haben wollen; welches, wann es durch das drauf geschüttete Wasser zertheilet worden, und auf das alcali träffe, dergleichen jähren nebst der Hitze erregen müste, gleichwie wir sehen, daß geschiehet, wann Wasser auf den Kalch geschüttet wird. Wie solte doch wol ein solches saures Wesen in dem Steine unzerrüttet blieben seyn, da er so heftig ist gebrennet, und, unserem Beduncken nach, zu eitel alkali gemachet worden? Viel eher stehet zu glauben, wo ja dergleichen etwas saures zu der natürlichen Zusammenordnung oder Composition des Steins, daraus der Kalch gemachet wird, gekommen solte seyn: daß solches acidum seine Natur verändert, und seine Spitzen zerbrochen und abgestossen habe, nicht alleine, da es sich mit der Erde, als es zum Steine worden, aufs genaueste vereinbaret, sondern auch bey dem so heftigen Brande, den der Stein auszustehen hat, wann er zu Kalch gemachet werden soll. Wird der lebendige Kalch mit sauren Dingen vermischet, so fermentiret er weit schneller und viel heftiger, als wie im Wasser: dann, weil er eine alkalische Materie ist, und die Spitzlein der sauren Dinge in gar grosser Bewegung sind, so dringen sie mit desto grösserer Macht hinein, werffen die Theile alsofort gantz ungestümlich von einander, und schaffen den feurigen Cörperlein einen freyen Ausgang, die alsdann mit grössester Behendigkeit heraus zu fahren pflegen. Der Kalch ist etwas corrosivisch, ätzend oder zerfressend, dann er verzehret das wilde Fleisch: er wird in Wasser gelöscht und zerlassen, darnach wird das Wasser abgeseihet: und das ist alsdann das Kalchwasser, frantzösisch, Eau de chaux, lateinisch, Aqua calcis vivæ. Es reiniget und ist sonsten gut zu Wunden, äusserlich gebraucht. Seit einigen Jahren aber her hat man sich auch erkühnet das andere Wasser vom Kalche einzugeben, nachdem mans mit zwey oder dreymahl so viel Milch, und etwas Veilgensaft vermischen lassen, auf diese Weise der Engbrüstigkeit und der Schwindsucht abzuhelffen. Es hat auch bey einem und dem andern gut und wol gethan, jedoch erwecket es grosse Hitze, und dürffte sich nicht leicht ein jeder dazu schicken. 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Wird dieses auch hinweg genommen, und man lässet das Kalchwasser noch zu unterschiedenenmahlen abrauchen, so werden dergleichen Häutlein noch mehr, das Wasser aber verliehret seine Kraft, je mehr man es abrauchen läst, und thut gar schwache Wirckung, wann der corrosivische Sublimat in dessen destilliret wird, wozu man es gebrauchet. Hieraus dürffte sich schier schliessen lassen, wie daß die feurigen Cörperlein, die in dem Kalche sind enthalten, hauptsächlich in diesem Cremor und dessen Theilen stecken müsten, alldieweil seine Kraft schwächer und schwächer wird, je öfter man ihn davon sondert und wegnimmt: jedannoch könte man auch sagen, daß durch das Abdämpfen des Wassers ein guter Theil der Feuertheilgen zugleich mit davon streichen. Der gelöschte und gewaschene Kalch ist gut, wann man sich hat verbrennt; und er macht das Wasser, daß darauf gegossen wird, nicht mehr wallend oder stinckend: giesset man aber etwas saures drauf, so wird eine sehr merckliche Hitze und Aufwallung entstehen, dann die Spitzlein des sauren, dringen sich in die Theilgen des Kalches hinein, woselbsthin das Wasser nicht hat kommen können. Calx kommt von καίω, uro, ich brenne, dieweil der Kalch eine solche Materie ist, welche gebrannt ist, und selbst auch brennet. Camelopardalis. Camelopardalis, Camelopardus, Ovis fera, Giraffa, Anabula, Nabis, Saffarat, Nabula Æthiop. frantzösisch, Giraffe oder Panthere. Dieses ist eine Art der Cameele, und dem Leoparden darinne gleich, weil es, als wie derselbige, voller Flecken ist. Von Leibe ist es fast so groß, wie ein gemein Cameel. Auf jeder Seite seines Kopfes trägt es ein kleines Horn; und mitten auf der Stirne hat es einen Hübel, der sieht gleichwie ein drittes Horn. Sein Hals ist sehr lang, auf die sieben Schuhe, und und mit Haaren besetzet, die wie die Roßhaare sehen. Der Schwantz ist klein, dünne, und am Ende mit Haaren bedeckt. Der Fuß ist gespalten, als wie eines Ochsen. Die Zunge ist zwey Schuhe lang und rund, wie ein Aal, dunckel von Farbe, fast violbraun. Es frisset Kraut und Gras, kan seinen Kopf bis an die Aeste der Bäume erheben, von denen es die zärtesten abfrisset. Es wird in Africa bey den Trogloditen, und auch in Ethiopien gefunden. Dieses Thier ist gantz zahm und läst wol mit sich umgehen, dashalben ist es auch ovis fera betitelt

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Zitationshilfe: Lémery, Nicolas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lemery_lexicon_1721/125>, abgerufen am 18.04.2024.