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Lémery, Nicolas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721.

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[Beginn Spaltensatz] als wie Leinsamen. Es wächst auf einem Kraute, das eine solche Aehre trägt, gleichwie die Gerste.

Es wird für überaus hitzig, brennend und ätzend gehalten. Innerlich brauchen sie es durchaus nicht, alleine, äusserlich streuen sie es in die garstigen und faulen Geschwüre, daß es das wilde Fleisch wegfressen möge, auch auf diejenigen Glieder, so von dem kalten Brande angegriffen. Es verrichtet eben so viel, als der Sublimat, wird aber mit Wegbreitwasser temperiret und gemildert.

Chaa.

Chaa seu Tcha, ist eine Gattung Thee aus Japan, oder ein Blatt, als wie der sonst gemeine Thee gestalt, allein weit kleiner, von lieblichern Geschmack und Geruch, viel grüner und in etwas gelblicht. Er wächst auf einer kleinen Staude, die etwa so starck ist, als ein Johannisbeerstrauch, der wird mit allem Fleiß in Japan gezogen und gebauet. Er wird gedörrt und zu uns übersendet.

Diesen Thee oder Chaa soll man erwehlen, wann es feine kleine Blätter sind, erst neulich überbracht, und wol getrocknet; grün von Farbe, guten Geruch und Geschmack, als wie nach Veilgen. Er muß in irdenen und wol verstopfeten Gefässen aufbehalten werden, sonst dürffte ihm ein Theil von seinem Geruch und Kraft entgehen. Unrecht wird er fleur de Thee, Theeblume, genennet. Er führet viel ziemlich starckes Oel, und Sal volatile oder essentiale.

Von diesen kleinen Blättern wird eine kleine Hand voll, oder so viel man mit drey Fingern fassen kan, in ein bedeckt Geschirr gethan, ein Pfund oder ein Nösel siedend heisses Wasser drauf gegossen, und also eine halbe Stunde, auch wol länger stehen gelassen, so giebt er eine gelbgrünlichte Tinctur, und riechet als wie Veilgen; man thut auch ein wenig Zucker drein, und trincket so warm, als man es leiden kan, auf einmahl vier oder fünff Untzen.

Das reiniget das Geblüt, lindert und stärcket die Brust, dämpfet die Dünste, macht munter und lustig, erwecket die Lebensgeister gantz gelinde, und verwehret, daß man nicht schläfrig wird.

Chagrin.

Chagrin, oder Chagrain, teutsch, Chagrin, ist die Haut vom Rücken und den Arschbacken eines Esels oder Maulesels, so in Türckey und in Polen gantz gemeine ist, dessen sie sich zum tragen der Bagage bedienen, gleichwie wir mit den Maulthieren thun. Wann das Thier umgefallen ist, wird ihm die Haut hinten abgezogen, das Haar davon gebracht, und dieselbige alsdann, wie andere Häute zugerichtet; wann sie nun annoch weich und frisch ist, so wird sie über und über mit Senffkörnern bestreuet, darauf an der Luft aufgezogen, und etliche Tage lang also gelassen; hernach wird sie hinweggenommen und gar gemacht. Wann diese Haut recht trocken, so ist sie trefflich harte, will man [Spaltenumbruch] sie aber wiederum weich haben, darff man sie nur eine zeitlang in Wasser weichen lassen.

Es giebet zweyerley Gattungen des Chagrins; die eine ist grau, und gilt am meisten, die andere Sorte ist weiß und häßlich. Man muß ihn aber nehmen, wann es feine, schöne, grosse Häute sind, die überalle gleich und ein kleines rundes Korn haben, welches wol formiret und nicht ungleich ist, darauf auch gar wenig Spiegel oder gläntzende, dichte Plätze, die nicht granuliret, zu befinden. Die besten kommen aus Türckey, und können nach Gefallen gefärbet werden. Sie werden gebrauchet Bücher, Schreibtafeln, Schreibkästlein, Sackuhren und dergleichen damit zu überziehen.

Die Senffkörner müssen allem Vermuthen nach den Chagrin, bey der Zurichtung, weil er noch lind und weich ist, durchdringen, und mit ihrer Schärffe zu wege bringen, daß er sich körnen muß: es stehet auch zu glauben, daß die darauf befindlichen Spiegel solche Plätze sind, auf welche die Senffkörnlein nicht, wie es sich gehöret, gebracht worden, daher sie auch nichts nicht verrichten können.

Chalcedonius.

Chalcedonius vel Charcedonius.

frantzösisch, Calcedonie.

teutsch, Chalcedonierstein.

Ist eine Gattung Onychstein, oder ein Edelstein, von unterschiedener Grösse, dem Sardonier nicht viel ungleich, iedoch viel weisser, gläntzender und durchsichtig. Es giebet seiner zwey Hauptsorten: eine orientalische, und eine occidentalische. Der orientalische ist weit härter, viel schöner, und wird auch höher geschätzet, insonderheit, wann blau, weiß, gelb und roth unter einander gemischet dran zu ersehen, welches sehr angenehme ins Gesichte fällt, wann er ingleichen, gegen die Sonne gehalten, als wie ein Regenbogen spielet. Er wächst in Indien, in den Gebürgen.

Der Europäische ist wol auch schön und hat einen schönen Glantz, ist aber nicht so hart, als wie der orientalische, ingleichen, viel weisser und dunckler. Er wird an vielen Orten in Teutschland und in Flandern, um Löven und um Brüssel herum gefunden.

Bey den Alten war der Chalcedonier in hohem Werth: sie bereiteten kleine Gefässe daraus, und bedieneten sich dererselbigen, als des schönsten Zierrathes in ihren Häusern. Der König Salomon brauchte ihn bey dem prächtigen Tempelbaue zu Jerusalem: und die Römischen Käyser liessen diesen Stein, als etwas sehr rares und kostbares, überall aufsuchen. Seit dem er aber von langen Zeiten her, in Europa ist entdecket worden, ist er gantz gemein geworden: allein der orientalische verbleibt noch immer rar.

Dem Chalcedonier wird die Kraft zugeschrieben, daß er die Galle zertheilen, und die Melancholey oder Schwermuth vertreiben solle, doch dieses alles bestehet in der blosen Einbildung. Soll er iedannoch einige Kraft zur Artzney haben, so wird es diese seyn, daß er alkalisch ist, wann er auf einem Reibestein zu einem gantz subtilen Pulver abgerieben worden: dann, da mildert er die allzu heftige Säure im Magen und in denen übrigen Gedärmen: hemmet das [Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] als wie Leinsamen. Es wächst auf einem Kraute, das eine solche Aehre trägt, gleichwie die Gerste.

Es wird für überaus hitzig, brennend und ätzend gehalten. Innerlich brauchen sie es durchaus nicht, alleine, äusserlich streuen sie es in die garstigen und faulen Geschwüre, daß es das wilde Fleisch wegfressen möge, auch auf diejenigen Glieder, so von dem kalten Brande angegriffen. Es verrichtet eben so viel, als der Sublimat, wird aber mit Wegbreitwasser temperiret und gemildert.

Chaa.

Chaa seu Tcha, ist eine Gattung Thee aus Japan, oder ein Blatt, als wie der sonst gemeine Thee gestalt, allein weit kleiner, von lieblichern Geschmack und Geruch, viel grüner und in etwas gelblicht. Er wächst auf einer kleinen Staude, die etwa so starck ist, als ein Johannisbeerstrauch, der wird mit allem Fleiß in Japan gezogen und gebauet. Er wird gedörrt und zu uns übersendet.

Diesen Thee oder Chaa soll man erwehlen, wann es feine kleine Blätter sind, erst neulich überbracht, und wol getrocknet; grün von Farbe, guten Geruch und Geschmack, als wie nach Veilgen. Er muß in irdenen und wol verstopfeten Gefässen aufbehalten werden, sonst dürffte ihm ein Theil von seinem Geruch und Kraft entgehen. Unrecht wird er fleur de Thée, Theeblume, genennet. Er führet viel ziemlich starckes Oel, und Sal volatile oder essentiale.

Von diesen kleinen Blättern wird eine kleine Hand voll, oder so viel man mit drey Fingern fassen kan, in ein bedeckt Geschirr gethan, ein Pfund oder ein Nösel siedend heisses Wasser drauf gegossen, und also eine halbe Stunde, auch wol länger stehen gelassen, so giebt er eine gelbgrünlichte Tinctur, und riechet als wie Veilgen; man thut auch ein wenig Zucker drein, und trincket so warm, als man es leiden kan, auf einmahl vier oder fünff Untzen.

Das reiniget das Geblüt, lindert und stärcket die Brust, dämpfet die Dünste, macht munter und lustig, erwecket die Lebensgeister gantz gelinde, und verwehret, daß man nicht schläfrig wird.

Chagrin.

Chagrin, oder Chagrain, teutsch, Chagrin, ist die Haut vom Rücken und den Arschbacken eines Esels oder Maulesels, so in Türckey und in Polen gantz gemeine ist, dessen sie sich zum tragen der Bagage bedienen, gleichwie wir mit den Maulthieren thun. Wann das Thier umgefallen ist, wird ihm die Haut hinten abgezogen, das Haar davon gebracht, und dieselbige alsdann, wie andere Häute zugerichtet; wann sie nun annoch weich und frisch ist, so wird sie über und über mit Senffkörnern bestreuet, darauf an der Luft aufgezogen, und etliche Tage lang also gelassen; hernach wird sie hinweggenommen und gar gemacht. Wann diese Haut recht trocken, so ist sie trefflich harte, will man [Spaltenumbruch] sie aber wiederum weich haben, darff man sie nur eine zeitlang in Wasser weichen lassen.

Es giebet zweyerley Gattungen des Chagrins; die eine ist grau, und gilt am meisten, die andere Sorte ist weiß und häßlich. Man muß ihn aber nehmen, wann es feine, schöne, grosse Häute sind, die überalle gleich und ein kleines rundes Korn haben, welches wol formiret und nicht ungleich ist, darauf auch gar wenig Spiegel oder gläntzende, dichte Plätze, die nicht granuliret, zu befinden. Die besten kommen aus Türckey, und können nach Gefallen gefärbet werden. Sie werden gebrauchet Bücher, Schreibtafeln, Schreibkästlein, Sackuhren und dergleichen damit zu überziehen.

Die Senffkörner müssen allem Vermuthen nach den Chagrin, bey der Zurichtung, weil er noch lind und weich ist, durchdringen, und mit ihrer Schärffe zu wege bringen, daß er sich körnen muß: es stehet auch zu glauben, daß die darauf befindlichen Spiegel solche Plätze sind, auf welche die Senffkörnlein nicht, wie es sich gehöret, gebracht worden, daher sie auch nichts nicht verrichten können.

Chalcedonius.

Chalcedonius vel Charcedonius.

frantzösisch, Calcedonie.

teutsch, Chalcedonierstein.

Ist eine Gattung Onychstein, oder ein Edelstein, von unterschiedener Grösse, dem Sardonier nicht viel ungleich, iedoch viel weisser, gläntzender und durchsichtig. Es giebet seiner zwey Hauptsorten: eine orientalische, und eine occidentalische. Der orientalische ist weit härter, viel schöner, und wird auch höher geschätzet, insonderheit, wann blau, weiß, gelb und roth unter einander gemischet dran zu ersehen, welches sehr angenehme ins Gesichte fällt, wann er ingleichen, gegen die Sonne gehalten, als wie ein Regenbogen spielet. Er wächst in Indien, in den Gebürgen.

Der Europäische ist wol auch schön und hat einen schönen Glantz, ist aber nicht so hart, als wie der orientalische, ingleichen, viel weisser und dunckler. Er wird an vielen Orten in Teutschland und in Flandern, um Löven und um Brüssel herum gefunden.

Bey den Alten war der Chalcedonier in hohem Werth: sie bereiteten kleine Gefässe daraus, und bedieneten sich dererselbigen, als des schönsten Zierrathes in ihren Häusern. Der König Salomon brauchte ihn bey dem prächtigen Tempelbaue zu Jerusalem: und die Römischen Käyser liessen diesen Stein, als etwas sehr rares und kostbares, überall aufsuchen. Seit dem er aber von langen Zeiten her, in Europa ist entdecket worden, ist er gantz gemein geworden: allein der orientalische verbleibt noch immer rar.

Dem Chalcedonier wird die Kraft zugeschrieben, daß er die Galle zertheilen, und die Melancholey oder Schwermuth vertreiben solle, doch dieses alles bestehet in der blosen Einbildung. Soll er iedannoch einige Kraft zur Artzney haben, so wird es diese seyn, daß er alkalisch ist, wann er auf einem Reibestein zu einem gantz subtilen Pulver abgerieben worden: dann, da mildert er die allzu heftige Säure im Magen und in denen übrigen Gedärmen: hemmet das [Ende Spaltensatz]

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[0162] als wie Leinsamen. Es wächst auf einem Kraute, das eine solche Aehre trägt, gleichwie die Gerste. Es wird für überaus hitzig, brennend und ätzend gehalten. Innerlich brauchen sie es durchaus nicht, alleine, äusserlich streuen sie es in die garstigen und faulen Geschwüre, daß es das wilde Fleisch wegfressen möge, auch auf diejenigen Glieder, so von dem kalten Brande angegriffen. Es verrichtet eben so viel, als der Sublimat, wird aber mit Wegbreitwasser temperiret und gemildert. Chaa. Chaa seu Tcha, ist eine Gattung Thee aus Japan, oder ein Blatt, als wie der sonst gemeine Thee gestalt, allein weit kleiner, von lieblichern Geschmack und Geruch, viel grüner und in etwas gelblicht. Er wächst auf einer kleinen Staude, die etwa so starck ist, als ein Johannisbeerstrauch, der wird mit allem Fleiß in Japan gezogen und gebauet. Er wird gedörrt und zu uns übersendet. Diesen Thee oder Chaa soll man erwehlen, wann es feine kleine Blätter sind, erst neulich überbracht, und wol getrocknet; grün von Farbe, guten Geruch und Geschmack, als wie nach Veilgen. Er muß in irdenen und wol verstopfeten Gefässen aufbehalten werden, sonst dürffte ihm ein Theil von seinem Geruch und Kraft entgehen. Unrecht wird er fleur de Thée, Theeblume, genennet. Er führet viel ziemlich starckes Oel, und Sal volatile oder essentiale. Von diesen kleinen Blättern wird eine kleine Hand voll, oder so viel man mit drey Fingern fassen kan, in ein bedeckt Geschirr gethan, ein Pfund oder ein Nösel siedend heisses Wasser drauf gegossen, und also eine halbe Stunde, auch wol länger stehen gelassen, so giebt er eine gelbgrünlichte Tinctur, und riechet als wie Veilgen; man thut auch ein wenig Zucker drein, und trincket so warm, als man es leiden kan, auf einmahl vier oder fünff Untzen. Das reiniget das Geblüt, lindert und stärcket die Brust, dämpfet die Dünste, macht munter und lustig, erwecket die Lebensgeister gantz gelinde, und verwehret, daß man nicht schläfrig wird. Chagrin. Chagrin, oder Chagrain, teutsch, Chagrin, ist die Haut vom Rücken und den Arschbacken eines Esels oder Maulesels, so in Türckey und in Polen gantz gemeine ist, dessen sie sich zum tragen der Bagage bedienen, gleichwie wir mit den Maulthieren thun. Wann das Thier umgefallen ist, wird ihm die Haut hinten abgezogen, das Haar davon gebracht, und dieselbige alsdann, wie andere Häute zugerichtet; wann sie nun annoch weich und frisch ist, so wird sie über und über mit Senffkörnern bestreuet, darauf an der Luft aufgezogen, und etliche Tage lang also gelassen; hernach wird sie hinweggenommen und gar gemacht. Wann diese Haut recht trocken, so ist sie trefflich harte, will man sie aber wiederum weich haben, darff man sie nur eine zeitlang in Wasser weichen lassen. Es giebet zweyerley Gattungen des Chagrins; die eine ist grau, und gilt am meisten, die andere Sorte ist weiß und häßlich. Man muß ihn aber nehmen, wann es feine, schöne, grosse Häute sind, die überalle gleich und ein kleines rundes Korn haben, welches wol formiret und nicht ungleich ist, darauf auch gar wenig Spiegel oder gläntzende, dichte Plätze, die nicht granuliret, zu befinden. Die besten kommen aus Türckey, und können nach Gefallen gefärbet werden. Sie werden gebrauchet Bücher, Schreibtafeln, Schreibkästlein, Sackuhren und dergleichen damit zu überziehen. Die Senffkörner müssen allem Vermuthen nach den Chagrin, bey der Zurichtung, weil er noch lind und weich ist, durchdringen, und mit ihrer Schärffe zu wege bringen, daß er sich körnen muß: es stehet auch zu glauben, daß die darauf befindlichen Spiegel solche Plätze sind, auf welche die Senffkörnlein nicht, wie es sich gehöret, gebracht worden, daher sie auch nichts nicht verrichten können. Chalcedonius. Chalcedonius vel Charcedonius. frantzösisch, Calcedonie. teutsch, Chalcedonierstein. Ist eine Gattung Onychstein, oder ein Edelstein, von unterschiedener Grösse, dem Sardonier nicht viel ungleich, iedoch viel weisser, gläntzender und durchsichtig. Es giebet seiner zwey Hauptsorten: eine orientalische, und eine occidentalische. Der orientalische ist weit härter, viel schöner, und wird auch höher geschätzet, insonderheit, wann blau, weiß, gelb und roth unter einander gemischet dran zu ersehen, welches sehr angenehme ins Gesichte fällt, wann er ingleichen, gegen die Sonne gehalten, als wie ein Regenbogen spielet. Er wächst in Indien, in den Gebürgen. Der Europäische ist wol auch schön und hat einen schönen Glantz, ist aber nicht so hart, als wie der orientalische, ingleichen, viel weisser und dunckler. Er wird an vielen Orten in Teutschland und in Flandern, um Löven und um Brüssel herum gefunden. Bey den Alten war der Chalcedonier in hohem Werth: sie bereiteten kleine Gefässe daraus, und bedieneten sich dererselbigen, als des schönsten Zierrathes in ihren Häusern. Der König Salomon brauchte ihn bey dem prächtigen Tempelbaue zu Jerusalem: und die Römischen Käyser liessen diesen Stein, als etwas sehr rares und kostbares, überall aufsuchen. Seit dem er aber von langen Zeiten her, in Europa ist entdecket worden, ist er gantz gemein geworden: allein der orientalische verbleibt noch immer rar. Dem Chalcedonier wird die Kraft zugeschrieben, daß er die Galle zertheilen, und die Melancholey oder Schwermuth vertreiben solle, doch dieses alles bestehet in der blosen Einbildung. Soll er iedannoch einige Kraft zur Artzney haben, so wird es diese seyn, daß er alkalisch ist, wann er auf einem Reibestein zu einem gantz subtilen Pulver abgerieben worden: dann, da mildert er die allzu heftige Säure im Magen und in denen übrigen Gedärmen: hemmet das

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Zitationshilfe: Lémery, Nicolas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lemery_lexicon_1721/162>, abgerufen am 29.03.2024.