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Lémery, Nicolas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721.

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[Beginn Spaltensatz]

Chamaedrys kommt von khamai, humilis, niedrig, und drus, eine Eiche, als ob es heissen solte eine kleine Eiche: dann das Kraut des Gamanderleins sieht wie das Eichenlaub.

Chamaelea.

Chamaelea, Dod. C. B.

Chamaelea tricoccos, J.B. Pit. Tournef.

Chamaelea vera, Cam.

Chamaelea latifolia vel alba, Serapioni.

Thymaelea foliis magnis & tenuibus, Mes.

Mezereon Arabum, Adv. Lob. Icon.

teutsch, Seidelbast, Zeiland.

Ist ein Gewächs, welches einen, auch anderthalben Schuh hoch wird, treibet als wie ein Bäumlein viel dünne, ästige Stengel, mit Blättern besetzt, die den oliven Blättern nicht unähnlich sehen, jedoch viel dünner und noch schwärtzer sind. Die Blüten wachsen zwischen den Stengeln und den Blättern heraus, und sind klein, gelblicht, meistentheils aus einem Stücke, in drey Theile zerspalten, bestehend. Wann die Blüte vergangen ist, so folget darauf eine Frucht mit drey Körnern, die ist nicht gar fleischig, anfangs grün, und roth, wann sie reiff wird. Die Körner sind sehr hart und als wie Bein; ein jedes beschliesset insgemein einen länglichten Kern. Wann diese Frucht gesammlet und eine Zeitlang hingeleget wird, so wird sie schwartz und fettig, wie die Oliven. Die Wurtzel ist hart und holtzig. Das Gewächse wächst, in warmen Landen, z.E. in Italien, in Languedoc; an unbewohnten, ungebaueten und rauhen Oertern. Frucht, Blätter und Wurtzel haben einen scharffen und brennend heissen Geschmack. Das gantze Gewächse enthält viel Sal fixum und essentiale, auch Oel: es bleibt beständig grün.

Der Seidelbast ist ein sehr heftiges purgans, dessen sich die Alten bedieneten: wird aber heut zu Tage gar nicht mehr gebraucht, dieweil es gar zu brennend heiß und hitzig ist, dadurch sehr leichtlich eine Entzündung in den Eingeweiden verursacht werden dürffte. Aeusserlich wird es zur Reinigung der alten bösen Schäden gebrauchet.

Chamaelea kommt von khamai, humilis, niedrig, und elaia, olea, ein Oelbaum, als ob es heissen solte, ein niedriger Oelbaum, weil dieses Gewächs einem niedrigen Oelbaume nicht ungleich siehet.

Chamaeleon.

Chamaeleon, teutsch, der Chamäleon, ist ein klein vierfüßiges Thier, welches wie eine Eydechse siehet, jedoch sind seine Beine ein gut Theil länger, hingegen aber viel geschlancker. Sein Kopf ist gegen den Leib zu rechnen, sehr dick: oben darauf hat er als wie einen Kamm, der ist von Knorpel, breit und dreyeckigt, oben spitzig, und hat vorne eine scharffe Spitze. Die Schnautze ist spitzig, jedoch abgestumpft, [Spaltenumbruch] daran sind zwey kleine Oeffnungen, die dienen ihn an Statt der Nasenlöcher. Es scheinet nicht, daß er Ohren habe. Die Augen sind groß, der Rachen weit, die Kiefer mit gantz kleinen Zähnen besetzet. Die Zunge ist lang, rund und dicke, an dem Ende platt, und daselbsten offen und hol, so daß sie einigermassen mit einem Elephantenrüssel zu vergleichen, mit überaus klebrichtem Geiffer angefüllt. Der Hals ist dick: der Leib ohngefehr sechs Zoll lang, bisweilen etwas länger, so dick als eines Kindes Faust und rund. Der Bauch ist dicke, der Rückgrad erhaben und spitzig, benebst dem Schwantze aus einer ziemlichen grossen Anzahl rauher Knöchlein oder Gewerbbeinen bestehend. Der Schwantz ist länger als der Leib, rauh, gekrümmt und gegen das Ende zugespitzt. Die Beine sind vier bis fünff Querfinger lang, so dicke wie die Schreibefedern. Die Füsse sind entzwey gespalten: der breiteste Theil daran hat drey Zehen, und der schmäleste zwey, allerseits mit spitzigen und krummen Nägeln oder Klauen, wie mit Haken bewaffnet. Sein gantzer Leib ist mit einer über die Massen dicken Haut überzogen, deren Farbe sich verändert, nachdem ihm aufgeräumet ist. Dann, wann er lustig ist, so siehet sie so grüne, wie Schmaragd, mit Pomerantzenfarbe untermischet, und mit grauen und schwartzen Streiffen durchzogen: ist er böse, so ist sie dunckel und bleyfarbig: fürchtet er sich, so wird sie bleich und verschossen gelb. Unterweilen vermengen sich diese Farben alle, samt noch andern vielen mehr, unter einander: und alsdann wird das Licht und der Schatten dermassen artig vermischet, daß keine schönere Schattirung auf der Welt gefunden werden mag. In dem Bauche des Weibleins ist eine nicht geringe Anzahl Eyerlein zu befinden, die sind so groß als wie die Erbsen und gelb, hangen wie zwey Träublein an einander, jedoch ist ein jedwedes mit einem ungemeinen zarten Häutlein umgeben.

Dieses Thier fällt in Arabien, in Egypten und in Siam. Es wohnet in den Felsen, in Hölen und andern verborgenen und feuchten Orten. Es ist von Natur kalt, schleimig und feucht, beweget sich sehr langsam, indem es eher schleichet und fortkriechet, als gehet. Es nähret sich von kleinem Gewürme, z.E. von Mücken oder Fliegen und Heuschrecken, die weiß es mit der Zunge zu erhaschen, als welche es auf sechs bis sieben Finger lang mit unbeschreiblicher Behändigkeit und Fertigkeit kan aus dem Rachen schiessen. Diese Zunge ist bisweilen über einen halben Schuh lang. Es schreyet gar niemahlen nicht. Sein gröster Feind ist ein Thier Mangouste, davon an seinem Ort, vor dem entsetzt sichs dergestalt, daß es auf dessen Näherung alsbald gantz platt zur Erde, und als wie in Ohnmacht fällt.

Wann der Chamäleon verrecken will, so bekommt er eine graue Farbe, dieselbige behält er hernach immerfort. Wie man sagt, so soll er gekocht, gut zu essen seyn. Er führt gleichwie die andern Eydechsen, viel Oel, phlegma und flüchtig Saltz.

Er dienet für die Nerven und zertheilet, ist gut wider das schwere Gebrechen, wider die Gicht und Flüsse. Ich verwahre einen aufgetreugten Chamäleon in meinem Materialkasten.

[Ende Spaltensatz]
[Beginn Spaltensatz]

Chamædrys kommt von χαμαὶ, humilis, niedrig, und δρῦς, eine Eiche, als ob es heissen solte eine kleine Eiche: dann das Kraut des Gamanderleins sieht wie das Eichenlaub.

Chamælea.

Chamælea, Dod. C. B.

Chamælea tricoccos, J.B. Pit. Tournef.

Chamælea vera, Cam.

Chamælea latifolia vel alba, Serapioni.

Thymælea foliis magnis & tenuibus, Mes.

Mezereon Arabum, Adv. Lob. Icon.

teutsch, Seidelbast, Zeiland.

Ist ein Gewächs, welches einen, auch anderthalben Schuh hoch wird, treibet als wie ein Bäumlein viel dünne, ästige Stengel, mit Blättern besetzt, die den oliven Blättern nicht unähnlich sehen, jedoch viel dünner und noch schwärtzer sind. Die Blüten wachsen zwischen den Stengeln und den Blättern heraus, und sind klein, gelblicht, meistentheils aus einem Stücke, in drey Theile zerspalten, bestehend. Wann die Blüte vergangen ist, so folget darauf eine Frucht mit drey Körnern, die ist nicht gar fleischig, anfangs grün, und roth, wann sie reiff wird. Die Körner sind sehr hart und als wie Bein; ein jedes beschliesset insgemein einen länglichten Kern. Wann diese Frucht gesammlet und eine Zeitlang hingeleget wird, so wird sie schwartz und fettig, wie die Oliven. Die Wurtzel ist hart und holtzig. Das Gewächse wächst, in warmen Landen, z.E. in Italien, in Languedoc; an unbewohnten, ungebaueten und rauhen Oertern. Frucht, Blätter und Wurtzel haben einen scharffen und brennend heissen Geschmack. Das gantze Gewächse enthält viel Sal fixum und essentiale, auch Oel: es bleibt beständig grün.

Der Seidelbast ist ein sehr heftiges purgans, dessen sich die Alten bedieneten: wird aber heut zu Tage gar nicht mehr gebraucht, dieweil es gar zu brennend heiß und hitzig ist, dadurch sehr leichtlich eine Entzündung in den Eingeweiden verursacht werden dürffte. Aeusserlich wird es zur Reinigung der alten bösen Schäden gebrauchet.

Chamælea kommt von χαμαὶ, humilis, niedrig, und ἐλαία, olea, ein Oelbaum, als ob es heissen solte, ein niedriger Oelbaum, weil dieses Gewächs einem niedrigen Oelbaume nicht ungleich siehet.

Chamæleon.

Chamæleon, teutsch, der Chamäleon, ist ein klein vierfüßiges Thier, welches wie eine Eydechse siehet, jedoch sind seine Beine ein gut Theil länger, hingegen aber viel geschlancker. Sein Kopf ist gegen den Leib zu rechnen, sehr dick: oben darauf hat er als wie einen Kamm, der ist von Knorpel, breit und dreyeckigt, oben spitzig, und hat vorne eine scharffe Spitze. Die Schnautze ist spitzig, jedoch abgestumpft, [Spaltenumbruch] daran sind zwey kleine Oeffnungen, die dienen ihn an Statt der Nasenlöcher. Es scheinet nicht, daß er Ohren habe. Die Augen sind groß, der Rachen weit, die Kiefer mit gantz kleinen Zähnen besetzet. Die Zunge ist lang, rund und dicke, an dem Ende platt, und daselbsten offen und hol, so daß sie einigermassen mit einem Elephantenrüssel zu vergleichen, mit überaus klebrichtem Geiffer angefüllt. Der Hals ist dick: der Leib ohngefehr sechs Zoll lang, bisweilen etwas länger, so dick als eines Kindes Faust und rund. Der Bauch ist dicke, der Rückgrad erhaben und spitzig, benebst dem Schwantze aus einer ziemlichen grossen Anzahl rauher Knöchlein oder Gewerbbeinen bestehend. Der Schwantz ist länger als der Leib, rauh, gekrümmt und gegen das Ende zugespitzt. Die Beine sind vier bis fünff Querfinger lang, so dicke wie die Schreibefedern. Die Füsse sind entzwey gespalten: der breiteste Theil daran hat drey Zehen, und der schmäleste zwey, allerseits mit spitzigen und krummen Nägeln oder Klauen, wie mit Haken bewaffnet. Sein gantzer Leib ist mit einer über die Massen dicken Haut überzogen, deren Farbe sich verändert, nachdem ihm aufgeräumet ist. Dann, wann er lustig ist, so siehet sie so grüne, wie Schmaragd, mit Pomerantzenfarbe untermischet, und mit grauen und schwartzen Streiffen durchzogen: ist er böse, so ist sie dunckel und bleyfarbig: fürchtet er sich, so wird sie bleich und verschossen gelb. Unterweilen vermengen sich diese Farben alle, samt noch andern vielen mehr, unter einander: und alsdann wird das Licht und der Schatten dermassen artig vermischet, daß keine schönere Schattirung auf der Welt gefunden werden mag. In dem Bauche des Weibleins ist eine nicht geringe Anzahl Eyerlein zu befinden, die sind so groß als wie die Erbsen und gelb, hangen wie zwey Träublein an einander, jedoch ist ein jedwedes mit einem ungemeinen zarten Häutlein umgeben.

Dieses Thier fällt in Arabien, in Egypten und in Siam. Es wohnet in den Felsen, in Hölen und andern verborgenen und feuchten Orten. Es ist von Natur kalt, schleimig und feucht, beweget sich sehr langsam, indem es eher schleichet und fortkriechet, als gehet. Es nähret sich von kleinem Gewürme, z.E. von Mücken oder Fliegen und Heuschrecken, die weiß es mit der Zunge zu erhaschen, als welche es auf sechs bis sieben Finger lang mit unbeschreiblicher Behändigkeit und Fertigkeit kan aus dem Rachen schiessen. Diese Zunge ist bisweilen über einen halben Schuh lang. Es schreyet gar niemahlen nicht. Sein gröster Feind ist ein Thier Mangouste, davon an seinem Ort, vor dem entsetzt sichs dergestalt, daß es auf dessen Näherung alsbald gantz platt zur Erde, und als wie in Ohnmacht fällt.

Wann der Chamäleon verrecken will, so bekommt er eine graue Farbe, dieselbige behält er hernach immerfort. Wie man sagt, so soll er gekocht, gut zu essen seyn. Er führt gleichwie die andern Eydechsen, viel Oel, phlegma und flüchtig Saltz.

Er dienet für die Nerven und zertheilet, ist gut wider das schwere Gebrechen, wider die Gicht und Flüsse. Ich verwahre einen aufgetreugten Chamäleon in meinem Materialkasten.

[Ende Spaltensatz]
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[0165] Chamædrys kommt von χαμαὶ, humilis, niedrig, und δρῦς, eine Eiche, als ob es heissen solte eine kleine Eiche: dann das Kraut des Gamanderleins sieht wie das Eichenlaub. Chamælea. Chamælea, Dod. C. B. Chamælea tricoccos, J.B. Pit. Tournef. Chamælea vera, Cam. Chamælea latifolia vel alba, Serapioni. Thymælea foliis magnis & tenuibus, Mes. Mezereon Arabum, Adv. Lob. Icon. teutsch, Seidelbast, Zeiland. Ist ein Gewächs, welches einen, auch anderthalben Schuh hoch wird, treibet als wie ein Bäumlein viel dünne, ästige Stengel, mit Blättern besetzt, die den oliven Blättern nicht unähnlich sehen, jedoch viel dünner und noch schwärtzer sind. Die Blüten wachsen zwischen den Stengeln und den Blättern heraus, und sind klein, gelblicht, meistentheils aus einem Stücke, in drey Theile zerspalten, bestehend. Wann die Blüte vergangen ist, so folget darauf eine Frucht mit drey Körnern, die ist nicht gar fleischig, anfangs grün, und roth, wann sie reiff wird. Die Körner sind sehr hart und als wie Bein; ein jedes beschliesset insgemein einen länglichten Kern. Wann diese Frucht gesammlet und eine Zeitlang hingeleget wird, so wird sie schwartz und fettig, wie die Oliven. Die Wurtzel ist hart und holtzig. Das Gewächse wächst, in warmen Landen, z.E. in Italien, in Languedoc; an unbewohnten, ungebaueten und rauhen Oertern. Frucht, Blätter und Wurtzel haben einen scharffen und brennend heissen Geschmack. Das gantze Gewächse enthält viel Sal fixum und essentiale, auch Oel: es bleibt beständig grün. Der Seidelbast ist ein sehr heftiges purgans, dessen sich die Alten bedieneten: wird aber heut zu Tage gar nicht mehr gebraucht, dieweil es gar zu brennend heiß und hitzig ist, dadurch sehr leichtlich eine Entzündung in den Eingeweiden verursacht werden dürffte. Aeusserlich wird es zur Reinigung der alten bösen Schäden gebrauchet. Chamælea kommt von χαμαὶ, humilis, niedrig, und ἐλαία, olea, ein Oelbaum, als ob es heissen solte, ein niedriger Oelbaum, weil dieses Gewächs einem niedrigen Oelbaume nicht ungleich siehet. Chamæleon. Chamæleon, teutsch, der Chamäleon, ist ein klein vierfüßiges Thier, welches wie eine Eydechse siehet, jedoch sind seine Beine ein gut Theil länger, hingegen aber viel geschlancker. Sein Kopf ist gegen den Leib zu rechnen, sehr dick: oben darauf hat er als wie einen Kamm, der ist von Knorpel, breit und dreyeckigt, oben spitzig, und hat vorne eine scharffe Spitze. Die Schnautze ist spitzig, jedoch abgestumpft, daran sind zwey kleine Oeffnungen, die dienen ihn an Statt der Nasenlöcher. Es scheinet nicht, daß er Ohren habe. Die Augen sind groß, der Rachen weit, die Kiefer mit gantz kleinen Zähnen besetzet. Die Zunge ist lang, rund und dicke, an dem Ende platt, und daselbsten offen und hol, so daß sie einigermassen mit einem Elephantenrüssel zu vergleichen, mit überaus klebrichtem Geiffer angefüllt. Der Hals ist dick: der Leib ohngefehr sechs Zoll lang, bisweilen etwas länger, so dick als eines Kindes Faust und rund. Der Bauch ist dicke, der Rückgrad erhaben und spitzig, benebst dem Schwantze aus einer ziemlichen grossen Anzahl rauher Knöchlein oder Gewerbbeinen bestehend. Der Schwantz ist länger als der Leib, rauh, gekrümmt und gegen das Ende zugespitzt. Die Beine sind vier bis fünff Querfinger lang, so dicke wie die Schreibefedern. Die Füsse sind entzwey gespalten: der breiteste Theil daran hat drey Zehen, und der schmäleste zwey, allerseits mit spitzigen und krummen Nägeln oder Klauen, wie mit Haken bewaffnet. Sein gantzer Leib ist mit einer über die Massen dicken Haut überzogen, deren Farbe sich verändert, nachdem ihm aufgeräumet ist. 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Es nähret sich von kleinem Gewürme, z.E. von Mücken oder Fliegen und Heuschrecken, die weiß es mit der Zunge zu erhaschen, als welche es auf sechs bis sieben Finger lang mit unbeschreiblicher Behändigkeit und Fertigkeit kan aus dem Rachen schiessen. Diese Zunge ist bisweilen über einen halben Schuh lang. Es schreyet gar niemahlen nicht. Sein gröster Feind ist ein Thier Mangouste, davon an seinem Ort, vor dem entsetzt sichs dergestalt, daß es auf dessen Näherung alsbald gantz platt zur Erde, und als wie in Ohnmacht fällt. Wann der Chamäleon verrecken will, so bekommt er eine graue Farbe, dieselbige behält er hernach immerfort. Wie man sagt, so soll er gekocht, gut zu essen seyn. Er führt gleichwie die andern Eydechsen, viel Oel, phlegma und flüchtig Saltz. Er dienet für die Nerven und zertheilet, ist gut wider das schwere Gebrechen, wider die Gicht und Flüsse. Ich verwahre einen aufgetreugten Chamäleon in meinem Materialkasten.

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Zitationshilfe: Lémery, Nicolas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lemery_lexicon_1721/165>, abgerufen am 24.04.2024.