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Lémery, Nicolas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721.

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Amphisbaena.

Amphisbaena vel Amphicephalos AEliani. Nicand. Plin. Jonst. teutsch, Blindschleich: ist eine Art dünner Schlangen, etwa anderthalb Schuh lang, hat einen so gar kurtzen Schwantz, daß man ihn kaum vermag vom Kopf zu unterscheiden. Daher kommts auch, daß so viel Autores geschrieben, sie habe einen doppelten Kopf, an iedem Ende einen. Sie ist von Farbe weiß, gläntzend, und roth getüpfelt. Die Backen sind so groß, daß sie die Augen verbergen, daher man auch vermeinet, sie wäre blind. Sie wird in der Insel Lemnos gefunden: ihr Biß ist gefährlich, und gehören eben solche Mittel dazu, als wie zu dem Ottern und Vipernbiß. Sie führet viel flüchtig Saltz und Oel.

Ihr Fleisch, Leber und Hertz sind trefflich dienlich zum schwitzen zu bringen, und die bösen Feuchtigkeiten unvermercklich aus dem Leibe zu jagen, auch dem Gift zu widerstehen. Sie kan eben als wie die Vipern praepariret werden.

Amphisbaena kommt von amphis, utrinque, auf beyden Seiten, und baino, gradior, ich gehe: dann, weil sie vordessen vermeinet, sie habe an iedem Ende einen Kopf, so haben sie auch vermeinet, daß sie bald hinter sich, bald vor sich schleichen und kriechen könne.

Amphicephalos kommt auch von anphis und von kephale, caput, ein Kopf; weil man vermeinet, ob hätte sie an iedem Ende einen Kopf.

Amurca.

Amurca, frantzösisch, Feces und Lie d'huile, teutsch, Oelhefen, ist der Satz am Boden des Fasses, darein das frisch gepreste Baumöl ist geschüttet worden, damit es lauter werden möge.

Sie erweichen, lindern, zertheilen, stillen das Kopfweh, wann sie auf die Stirne geleget werden, dämpfen auch die Flüsse.

Amurca kommt vom Griechischen Worte amorge, das bedeutet eben so viel.

Amygdala.

Amygdala, frantzösisch Amande, teutsch, eine Mandel, ist die Frucht von einem Baume, der auf lateinisch Amygdalus, frantzösisch Amandier, und teutsch, ein Mandelbaum genennet, und in den Gärten gehalten wird. Seine Blätter sind lang, schmal und spitzig, und schmecken bitter und unangenehm. Dem Pfirsichlaube sehen sie dermassen ähnlich, daß man sie nährlich von demselben unterscheiden soll, wann beyde von den Bäumen abgebrochen, es sey dann, weil sie zäher sind, und sich mehr beugen lassen. Die Blüte sieht der Pfirschenblüte ebenfalls gar gleich, doch ist sie viel weisser, und purgiret nicht. Auf dieselbe folget eine harte, holtzigte und lange Frucht, die ist mit einer rauchen, grünlichten und fleischichten Haut überzogen. Sie beschliesset einen langen platten Kern, den iederman wohl kennet.

Es giebet zweyerley Arten Mandeln: süsse und bittere: beyde sind gleich groß. Sie kommen aus der Barbarey, aus Languedoc, Provence und aus Touraine. Die besten aber und die am meisten geachtet werden, sind die in der Grafschaft Venaisin, bey Avignon, gewachsen. Sie müssen lang und hoch von Farbe seyn.

Die süsse Mandel führet viel Oel, wenig Saltz und Feuchtigkeit.

[Spaltenumbruch]

Die bittere führet viel Oel, auch mehr Saltz als die süsse, und wenig Feuchtigkeit: dahero hält sich auch das bittere Mandelöl viel länger, und wird nicht so balde rantzicht, als wie das süsse.

Die süsse Mandel lindert, erweichet, eröffnet, ist gut für die Brust, und stärcket die verlohrnen Kräfte. Sie wird zur Mandelmilch und andern Sachen von den Apotheckern gebrauchet.

Die bittere Mandel führet ab und eröffnet: dem Vorgeben nach, soll sie die Trunckenheit verhüten, wann man sie gleich vor dem Schmause zu sich nimmt. Sie stillet das Kopfweh, wann sie zerstossen und als ein Umschlag auf die Stirn geleget wird.

Amygdalae sollen para tas amo khas ekhein benennet worden seyn, das heist, weil sie eine grüne Schale haben, und unter derselbigen gleichsam zerhackte Kerne zeigen, auch von einander springen, welches tas amukhas genennet wird.

Amylum.

Amylum, frantzösisch, Amidon, teutsch, Kraftmehl, Stärckmehl, Stärcke, ist der Kern und Marck von eingeweichter Gerste, so mit gemeinem Wasser draus gezogen, und hernach getrocknet worden ist. Wann sie es machen wollen, so weichen sie den Weitzen in laulichten Wasser ein, und lassen ihn stehen, bis daß er ist gantz weich geworden; nach diesem ziehen sie das Wasser ab, zerstossen ihn wohl, und schlagen ihn durch Siebe, damit die Hülse oder die Kleye davon komme. Darauf machen sie Brode oder Kuchen draus, legen sie an die Sonne, daß sie treuge werden, und brechen sie in kleine Stücke, so wie sie bey Materialisten und Gewürtzkrämern zu sehen sind. Die Stärcke wird zu Paris gemacht; und soll recht schön weiß sehen, sauber und in grossen, leicht zerbrechlichen Stücken seyn. Sie hat viel Oel, aber wenig Sal essentiale.

Sie dienet zur Brust, verdicket und mildert die scharffen Säfte, so von dem Gehirne fallen: sie stillet das Blutauswerffen: und ist gut zu Augengebrechen.

Das Stärckmehl ist das Hauptstück zum Haarpuder. Es wird auch die Stärcke zum leinenen Geräthe daraus gemachet, indem man es so lange mit Wasser kochen läst, bis daß es als ein zarter klarer Leim ist worden: will man sie blau haben, so wird etwas blaue Farbe hinein geschüttet: doch, wird die Farbe noch einmahl so lebhaft und so schöne, wann ein wenig Alaune und Schöpfenunschlitt drunter kommt.

Amylum ist aus den a privativo, und mule, mola, eine Mühle, zusammengesetzt: dann wann man Stärckmehl macht, so wird der Kern aus dem Weitzen gezogen, ohne daß man eine Mühle dazu brauchet.

Anacampseros.

Anacampseros, vulgo Faba crassa, J.B.

Telephium vulgare, C.B.

Telephium alterum, sive Crassula, Dod.

Cotyledon alterum. Dioscor. Col.

Scrofrularia media vel tertia. Brunf.

Fabaria. Matth.

Acetabulum alterum. Cord. in Dioscorid.

Faba inversa. Ad. Lob.

Crassula sive Faba inversa. Ger.

[Ende Spaltensatz]
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Amphisbæna.

Amphisbæna vel Amphicephalos Æliani. Nicand. Plin. Jonst. teutsch, Blindschleich: ist eine Art dünner Schlangen, etwa anderthalb Schuh lang, hat einen so gar kurtzen Schwantz, daß man ihn kaum vermag vom Kopf zu unterscheiden. Daher kommts auch, daß so viel Autores geschrieben, sie habe einen doppelten Kopf, an iedem Ende einen. Sie ist von Farbe weiß, gläntzend, und roth getüpfelt. Die Backen sind so groß, daß sie die Augen verbergen, daher man auch vermeinet, sie wäre blind. Sie wird in der Insel Lemnos gefunden: ihr Biß ist gefährlich, und gehören eben solche Mittel dazu, als wie zu dem Ottern und Vipernbiß. Sie führet viel flüchtig Saltz und Oel.

Ihr Fleisch, Leber und Hertz sind trefflich dienlich zum schwitzen zu bringen, und die bösen Feuchtigkeiten unvermercklich aus dem Leibe zu jagen, auch dem Gift zu widerstehen. Sie kan eben als wie die Vipern præpariret werden.

Amphisbæna kommt von ἀμφὶς, utrinque, auf beyden Seiten, und βάινω, gradior, ich gehe: dann, weil sie vordessen vermeinet, sie habe an iedem Ende einen Kopf, so haben sie auch vermeinet, daß sie bald hinter sich, bald vor sich schleichen und kriechen könne.

Amphicephalos kommt auch von ἀνφὶς und von κεφαλὴ, caput, ein Kopf; weil man vermeinet, ob hätte sie an iedem Ende einen Kopf.

Amurca.

Amurca, frantzösisch, Feces und Lie d'huile, teutsch, Oelhefen, ist der Satz am Boden des Fasses, darein das frisch gepreste Baumöl ist geschüttet worden, damit es lauter werden möge.

Sie erweichen, lindern, zertheilen, stillen das Kopfweh, wann sie auf die Stirne geleget werden, dämpfen auch die Flüsse.

Amurca kommt vom Griechischen Worte ἀμόργη, das bedeutet eben so viel.

Amygdala.

Amygdala, frantzösisch Amande, teutsch, eine Mandel, ist die Frucht von einem Baume, der auf lateinisch Amygdalus, frantzösisch Amandier, und teutsch, ein Mandelbaum genennet, und in den Gärten gehalten wird. Seine Blätter sind lang, schmal und spitzig, und schmecken bitter und unangenehm. Dem Pfirsichlaube sehen sie dermassen ähnlich, daß man sie nährlich von demselben unterscheiden soll, wann beyde von den Bäumen abgebrochen, es sey dann, weil sie zäher sind, und sich mehr beugen lassen. Die Blüte sieht der Pfirschenblüte ebenfalls gar gleich, doch ist sie viel weisser, und purgiret nicht. Auf dieselbe folget eine harte, holtzigte und lange Frucht, die ist mit einer rauchen, grünlichten und fleischichten Haut überzogen. Sie beschliesset einen langen platten Kern, den iederman wohl kennet.

Es giebet zweyerley Arten Mandeln: süsse und bittere: beyde sind gleich groß. Sie kommen aus der Barbarey, aus Languedoc, Provence und aus Touraine. Die besten aber und die am meisten geachtet werden, sind die in der Grafschaft Venaisin, bey Avignon, gewachsen. Sie müssen lang und hoch von Farbe seyn.

Die süsse Mandel führet viel Oel, wenig Saltz und Feuchtigkeit.

[Spaltenumbruch]

Die bittere führet viel Oel, auch mehr Saltz als die süsse, und wenig Feuchtigkeit: dahero hält sich auch das bittere Mandelöl viel länger, und wird nicht so balde rantzicht, als wie das süsse.

Die süsse Mandel lindert, erweichet, eröffnet, ist gut für die Brust, und stärcket die verlohrnen Kräfte. Sie wird zur Mandelmilch und andern Sachen von den Apotheckern gebrauchet.

Die bittere Mandel führet ab und eröffnet: dem Vorgeben nach, soll sie die Trunckenheit verhüten, wann man sie gleich vor dem Schmause zu sich nimmt. Sie stillet das Kopfweh, wann sie zerstossen und als ein Umschlag auf die Stirn geleget wird.

Amygdalæ sollen παρὰ τὰς ἀμώ χας ἔχειν benennet worden seyn, das heist, weil sie eine grüne Schale haben, und unter derselbigen gleichsam zerhackte Kerne zeigen, auch von einander springen, welches τὰς ἀμύχας genennet wird.

Amylum.

Amylum, frantzösisch, Amidon, teutsch, Kraftmehl, Stärckmehl, Stärcke, ist der Kern und Marck von eingeweichter Gerste, so mit gemeinem Wasser draus gezogen, und hernach getrocknet worden ist. Wann sie es machen wollen, so weichen sie den Weitzen in laulichten Wasser ein, und lassen ihn stehen, bis daß er ist gantz weich geworden; nach diesem ziehen sie das Wasser ab, zerstossen ihn wohl, und schlagen ihn durch Siebe, damit die Hülse oder die Kleye davon komme. Darauf machen sie Brode oder Kuchen draus, legen sie an die Sonne, daß sie treuge werden, und brechen sie in kleine Stücke, so wie sie bey Materialisten und Gewürtzkrämern zu sehen sind. Die Stärcke wird zu Paris gemacht; und soll recht schön weiß sehen, sauber und in grossen, leicht zerbrechlichen Stücken seyn. Sie hat viel Oel, aber wenig Sal essentiale.

Sie dienet zur Brust, verdicket und mildert die scharffen Säfte, so von dem Gehirne fallen: sie stillet das Blutauswerffen: und ist gut zu Augengebrechen.

Das Stärckmehl ist das Hauptstück zum Haarpuder. Es wird auch die Stärcke zum leinenen Geräthe daraus gemachet, indem man es so lange mit Wasser kochen läst, bis daß es als ein zarter klarer Leim ist worden: will man sie blau haben, so wird etwas blaue Farbe hinein geschüttet: doch, wird die Farbe noch einmahl so lebhaft und so schöne, wann ein wenig Alaune und Schöpfenunschlitt drunter kommt.

Amylum ist aus den α privativo, und μύλη, mola, eine Mühle, zusammengesetzt: dann wann man Stärckmehl macht, so wird der Kern aus dem Weitzen gezogen, ohne daß man eine Mühle dazu brauchet.

Anacampseros.

Anacampseros, vulgo Faba crassa, J.B.

Telephium vulgare, C.B.

Telephium alterum, sive Crassula, Dod.

Cotyledon alterum. Dioscor. Col.

Scrofrularia media vel tertia. Brunf.

Fabaria. Matth.

Acetabulum alterum. Cord. in Dioscorid.

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[0046] Amphisbæna. Amphisbæna vel Amphicephalos Æliani. Nicand. Plin. Jonst. teutsch, Blindschleich: ist eine Art dünner Schlangen, etwa anderthalb Schuh lang, hat einen so gar kurtzen Schwantz, daß man ihn kaum vermag vom Kopf zu unterscheiden. Daher kommts auch, daß so viel Autores geschrieben, sie habe einen doppelten Kopf, an iedem Ende einen. Sie ist von Farbe weiß, gläntzend, und roth getüpfelt. Die Backen sind so groß, daß sie die Augen verbergen, daher man auch vermeinet, sie wäre blind. Sie wird in der Insel Lemnos gefunden: ihr Biß ist gefährlich, und gehören eben solche Mittel dazu, als wie zu dem Ottern und Vipernbiß. Sie führet viel flüchtig Saltz und Oel. Ihr Fleisch, Leber und Hertz sind trefflich dienlich zum schwitzen zu bringen, und die bösen Feuchtigkeiten unvermercklich aus dem Leibe zu jagen, auch dem Gift zu widerstehen. Sie kan eben als wie die Vipern præpariret werden. Amphisbæna kommt von ἀμφὶς, utrinque, auf beyden Seiten, und βάινω, gradior, ich gehe: dann, weil sie vordessen vermeinet, sie habe an iedem Ende einen Kopf, so haben sie auch vermeinet, daß sie bald hinter sich, bald vor sich schleichen und kriechen könne. Amphicephalos kommt auch von ἀνφὶς und von κεφαλὴ, caput, ein Kopf; weil man vermeinet, ob hätte sie an iedem Ende einen Kopf. Amurca. Amurca, frantzösisch, Feces und Lie d'huile, teutsch, Oelhefen, ist der Satz am Boden des Fasses, darein das frisch gepreste Baumöl ist geschüttet worden, damit es lauter werden möge. Sie erweichen, lindern, zertheilen, stillen das Kopfweh, wann sie auf die Stirne geleget werden, dämpfen auch die Flüsse. Amurca kommt vom Griechischen Worte ἀμόργη, das bedeutet eben so viel. Amygdala. Amygdala, frantzösisch Amande, teutsch, eine Mandel, ist die Frucht von einem Baume, der auf lateinisch Amygdalus, frantzösisch Amandier, und teutsch, ein Mandelbaum genennet, und in den Gärten gehalten wird. Seine Blätter sind lang, schmal und spitzig, und schmecken bitter und unangenehm. Dem Pfirsichlaube sehen sie dermassen ähnlich, daß man sie nährlich von demselben unterscheiden soll, wann beyde von den Bäumen abgebrochen, es sey dann, weil sie zäher sind, und sich mehr beugen lassen. Die Blüte sieht der Pfirschenblüte ebenfalls gar gleich, doch ist sie viel weisser, und purgiret nicht. Auf dieselbe folget eine harte, holtzigte und lange Frucht, die ist mit einer rauchen, grünlichten und fleischichten Haut überzogen. Sie beschliesset einen langen platten Kern, den iederman wohl kennet. Es giebet zweyerley Arten Mandeln: süsse und bittere: beyde sind gleich groß. Sie kommen aus der Barbarey, aus Languedoc, Provence und aus Touraine. Die besten aber und die am meisten geachtet werden, sind die in der Grafschaft Venaisin, bey Avignon, gewachsen. Sie müssen lang und hoch von Farbe seyn. Die süsse Mandel führet viel Oel, wenig Saltz und Feuchtigkeit. Die bittere führet viel Oel, auch mehr Saltz als die süsse, und wenig Feuchtigkeit: dahero hält sich auch das bittere Mandelöl viel länger, und wird nicht so balde rantzicht, als wie das süsse. Die süsse Mandel lindert, erweichet, eröffnet, ist gut für die Brust, und stärcket die verlohrnen Kräfte. Sie wird zur Mandelmilch und andern Sachen von den Apotheckern gebrauchet. Die bittere Mandel führet ab und eröffnet: dem Vorgeben nach, soll sie die Trunckenheit verhüten, wann man sie gleich vor dem Schmause zu sich nimmt. Sie stillet das Kopfweh, wann sie zerstossen und als ein Umschlag auf die Stirn geleget wird. Amygdalæ sollen παρὰ τὰς ἀμώ χας ἔχειν benennet worden seyn, das heist, weil sie eine grüne Schale haben, und unter derselbigen gleichsam zerhackte Kerne zeigen, auch von einander springen, welches τὰς ἀμύχας genennet wird. Amylum. Amylum, frantzösisch, Amidon, teutsch, Kraftmehl, Stärckmehl, Stärcke, ist der Kern und Marck von eingeweichter Gerste, so mit gemeinem Wasser draus gezogen, und hernach getrocknet worden ist. Wann sie es machen wollen, so weichen sie den Weitzen in laulichten Wasser ein, und lassen ihn stehen, bis daß er ist gantz weich geworden; nach diesem ziehen sie das Wasser ab, zerstossen ihn wohl, und schlagen ihn durch Siebe, damit die Hülse oder die Kleye davon komme. Darauf machen sie Brode oder Kuchen draus, legen sie an die Sonne, daß sie treuge werden, und brechen sie in kleine Stücke, so wie sie bey Materialisten und Gewürtzkrämern zu sehen sind. Die Stärcke wird zu Paris gemacht; und soll recht schön weiß sehen, sauber und in grossen, leicht zerbrechlichen Stücken seyn. Sie hat viel Oel, aber wenig Sal essentiale. Sie dienet zur Brust, verdicket und mildert die scharffen Säfte, so von dem Gehirne fallen: sie stillet das Blutauswerffen: und ist gut zu Augengebrechen. Das Stärckmehl ist das Hauptstück zum Haarpuder. Es wird auch die Stärcke zum leinenen Geräthe daraus gemachet, indem man es so lange mit Wasser kochen läst, bis daß es als ein zarter klarer Leim ist worden: will man sie blau haben, so wird etwas blaue Farbe hinein geschüttet: doch, wird die Farbe noch einmahl so lebhaft und so schöne, wann ein wenig Alaune und Schöpfenunschlitt drunter kommt. Amylum ist aus den α privativo, und μύλη, mola, eine Mühle, zusammengesetzt: dann wann man Stärckmehl macht, so wird der Kern aus dem Weitzen gezogen, ohne daß man eine Mühle dazu brauchet. Anacampseros. Anacampseros, vulgo Faba crassa, J.B. Telephium vulgare, C.B. Telephium alterum, sive Crassula, Dod. Cotyledon alterum. Dioscor. Col. Scrofrularia media vel tertia. Brunf. Fabaria. Matth. Acetabulum alterum. Cord. in Dioscorid. Faba inversa. Ad. Lob. Crassula sive Faba inversa. Ger.

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Zitationshilfe: Lémery, Nicolas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lemery_lexicon_1721/46>, abgerufen am 20.04.2024.