Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lémery, Nicolas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

[Beginn Spaltensatz] Fußsole, planta pedis, ähnlich sehen, oder, weil der Wegebreit auf allen Wegen mit Füssen getreten wird.

Der Wegebreit wird beyden Alten Arnoglossum genennet, das kommt von arnos, agnus, ein Lamm, und glossa, lingua, Zunge, als ob es so viel solte heissen, als Lämmerzunge, dieweil das Blatt vom Wegebreit eine Gestalt hat, welche einer Lammszunge einiger massen gleich siehet.

Planta Marina Retiformis.

Planta marina retiformis, Clus. Exot. J. B.

Lithophyton reticulatum aliud purpurascens, Pit. Tournef.

Corallina reticulato cortice altera, C. B.

frantzösisch, Panache de Mer, Palme marine.

Ist eine americanische Art Lithophytum, ein Stein-Gewächs, oder ein Seegewächse, welches zum Theil zu Stein geworden, und weder Stein, noch Holtz nicht ist. Gemeiniglich wird es etwan ein Paar Schuhe hoch, in Gestalt eines Bäumleins, ist platt und ausgebreitet, wie ein grosser, Fecher, und wie ein Sieb durchbrochen. Sein Stamm ist einfach, kurtz und steinig: er theilet sich alsbald in einige so ziemlich starcke Aeste, aus denen sehr viel andere kleinere entspriessen, welche sich in die Breite und in die Länge ausstrecken, und ihre Fäden dermassen in einander stecken und verwickeln, daß sie gleichsam ein Netz vorstellen, damit Fische und Vögel gefangen werden. Dieses natürliche, so herrlich schön bereitete Gewebe wird in der Mitten von einem Stiele oder Ribbe unterhalten, der aus dem Stamm entspriesset, und oben am Gewächs zu Ende geht. Das gantze Gewächse oder Bäumlein ist mit einer leichten, gantz dünn und grauen Rinde überzogen, die leicht zerbricht. Darunter sicht es insgemeine purperfarbig. Doch finden sich auch andre Farben dran, gelb, weiß und veilgenbraun. Dem Wesen nach ist es dem Horne ähnlich, und riecht auch so, wann es verbrennet wird: es schmeckt ein wenig saltzig. Es wächset auf dem Grund der See in America und in Ostindien; bricht manchmahl los, und wird von den Wellen auf den Strand geworffen. Die Indianischen vornehmen Frauen brauchen es wie einen Fecher wider die Sonnenhitze.

Das schönste und gröste von dergleichen Seegewächsen, das in Franckreich zu sehen gewesen ist, hat der Herr Lignon im Jahr 1700. aus Westindien, nebst einer grossen Menge anderer Gewächse, Blumen, Früchte und Gesäme, nach Paris gebracht. Dasselbe war vier Schuhe hoch, und auch fast also breit: sein Stengel schien, als ob er wäre aus dem Stein erwachsen, mit welchem seine Wurtzel in Stein verändert war. Um die Wurtzel herum war ein Stück von weissen Corallen, welches daran formiret [Spaltenumbruch] worden, samt einen Hauffen kleiner Knöpfe oder junger rother Corallen. Das gantze Gewächse war wegen seiner Grösse recht prächtig und sehr seltsam.

Dieses Seegewächse führet viel Oel und sal volatile urinosum, dem vom Hirschhorne gleich.

Es treibet den Schweiß, eröffnet, dämpfet die Säure, und dienet den Durchfall zu verstellen, wann es geraspelt, oder als ein Pulver, eines Scrupels, bis auf ein Quintlein schwer wird eingenommen.

Dieses Gewächse wird auf frantzösisch, Panache de mer, genennet, das möchte auf teutsch heissen, ein Meer- oder Seefederbusch, eine Seefeder, dann, wann es auf dem Abgrund in der See, oder auf den Klippen sitzt, so sieht es einem Federbusche nicht ungleich, dergleichen die Comödianten aufzusetzen pflegen, wann sie ein Trauerspiel vorstellen.

Platanus.

Platanus, frantzösisch Platane oder Plane, teutsch fremder Ahorn, ist ein fremder grosser Baum, von dem es zwey Gattungen giebet.

Die erste wird genannt

Platanus orientalis vera, Park. Raji Hist. Pit. Tournef.

Plantanus orientalis pilulis majoribus, Hermann.

Dessen Aeste breiten sich weit aus, als wie die am Nußbaume, und geben einen grossen Schatten. Sein Holtz ist so starck und veste, als wie das Eichen- und Buchbaumholtz. Der Stamm ist mit einer glatten Schale überzogen, die als wie Leder siehet: allein, er lässet alle Monate einige von seinen obersten und rauhen Rinden fallen, von denen iederzeit einige unter dem Baume zu finden sind. Seine Blätter sind groß, sehr breit, hart und eckigt, als wie die an dem Ricinus, oder fünff bis sechs mahl zertheilet, wie eine offne Hand, hangen an langen, gar starcken Stielen. Seine Kätzlein sind nach Tourneforts Erachten, kleine Häufflein Spitzen, mit zartem Staube angefüllt: und diese hinterlassen keine Frucht. Die Früchte wachsen auf demselben Stamme an sonderlichen Orten, und sind rund, als wie Erdbeeren, rauch und wollig, bestehen ans vielen länglichten Samen, die rauch und gelb, und mit Haaren umgeben sind. Dieser Baum wächst nahe an den Flüssen und an wasserreichen Orten, auf der Insel Candien, Lemnos und an vielen andern Orten: er wird auch in Italien mit Fleiß gezogen.

Die andre wird genannt

Platanus occidentalis aut Virginensis, Park. Pit. Tournef.

Platanus occidentalis pilulis minoribus, Hermann.

Die ist von der vorhergehenden unterschieden, weil ihre Blätter nicht so tieff eingeschnitten sind, und weil die Samen, daraus ihre Früchte bestehen, nicht so rauch sind. Dieser Baum kommt ursprünglich aus Virginien: wird aber auch in Europa an vielen Orten gezogen.

Die zarten, jungen Blätter vom Platanus zertheilen, werden zu der Entzündung der Augen, zu Flüssen, und zur Geschwulst gebraucht und aufgeleget.

[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] Fußsole, planta pedis, ähnlich sehen, oder, weil der Wegebreit auf allen Wegen mit Füssen getreten wird.

Der Wegebreit wird beyden Alten Arnoglossum genennet, das kommt von ἄρνος, agnus, ein Lamm, und γλῶσσα, lingua, Zunge, als ob es so viel solte heissen, als Lämmerzunge, dieweil das Blatt vom Wegebreit eine Gestalt hat, welche einer Lammszunge einiger massen gleich siehet.

Planta Marina Retiformis.

Planta marina retiformis, Clus. Exot. J. B.

Lithophyton reticulatum aliud purpurascens, Pit. Tournef.

Corallina reticulato cortice altera, C. B.

frantzösisch, Panache de Mer, Palme marine.

Ist eine americanische Art Lithophytum, ein Stein-Gewächs, oder ein Seegewächse, welches zum Theil zu Stein geworden, und weder Stein, noch Holtz nicht ist. Gemeiniglich wird es etwan ein Paar Schuhe hoch, in Gestalt eines Bäumleins, ist platt und ausgebreitet, wie ein grosser, Fecher, und wie ein Sieb durchbrochen. Sein Stamm ist einfach, kurtz und steinig: er theilet sich alsbald in einige so ziemlich starcke Aeste, aus denen sehr viel andere kleinere entspriessen, welche sich in die Breite und in die Länge ausstrecken, und ihre Fäden dermassen in einander stecken und verwickeln, daß sie gleichsam ein Netz vorstellen, damit Fische und Vögel gefangen werden. Dieses natürliche, so herrlich schön bereitete Gewebe wird in der Mitten von einem Stiele oder Ribbe unterhalten, der aus dem Stamm entspriesset, und oben am Gewächs zu Ende geht. Das gantze Gewächse oder Bäumlein ist mit einer leichten, gantz dünn und grauen Rinde überzogen, die leicht zerbricht. Darunter sicht es insgemeine purperfarbig. Doch finden sich auch andre Farben dran, gelb, weiß und veilgenbraun. Dem Wesen nach ist es dem Horne ähnlich, und riecht auch so, wann es verbrennet wird: es schmeckt ein wenig saltzig. Es wächset auf dem Grund der See in America und in Ostindien; bricht manchmahl los, und wird von den Wellen auf den Strand geworffen. Die Indianischen vornehmen Frauen brauchen es wie einen Fecher wider die Sonnenhitze.

Das schönste und gröste von dergleichen Seegewächsen, das in Franckreich zu sehen gewesen ist, hat der Herr Lignon im Jahr 1700. aus Westindien, nebst einer grossen Menge anderer Gewächse, Blumen, Früchte und Gesäme, nach Paris gebracht. Dasselbe war vier Schuhe hoch, und auch fast also breit: sein Stengel schien, als ob er wäre aus dem Stein erwachsen, mit welchem seine Wurtzel in Stein verändert war. Um die Wurtzel herum war ein Stück von weissen Corallen, welches daran formiret [Spaltenumbruch] worden, samt einen Hauffen kleiner Knöpfe oder junger rother Corallen. Das gantze Gewächse war wegen seiner Grösse recht prächtig und sehr seltsam.

Dieses Seegewächse führet viel Oel und sal volatile urinosum, dem vom Hirschhorne gleich.

Es treibet den Schweiß, eröffnet, dämpfet die Säure, und dienet den Durchfall zu verstellen, wann es geraspelt, oder als ein Pulver, eines Scrupels, bis auf ein Quintlein schwer wird eingenommen.

Dieses Gewächse wird auf frantzösisch, Panache de mer, genennet, das möchte auf teutsch heissen, ein Meer- oder Seefederbusch, eine Seefeder, dann, wann es auf dem Abgrund in der See, oder auf den Klippen sitzt, so sieht es einem Federbusche nicht ungleich, dergleichen die Comödianten aufzusetzen pflegen, wann sie ein Trauerspiel vorstellen.

Platanus.

Platanus, frantzösisch Platane oder Plane, teutsch fremder Ahorn, ist ein fremder grosser Baum, von dem es zwey Gattungen giebet.

Die erste wird genannt

Platanus orientalis vera, Park. Raji Hist. Pit. Tournef.

Plantanus orientalis pilulis majoribus, Hermann.

Dessen Aeste breiten sich weit aus, als wie die am Nußbaume, und geben einen grossen Schatten. Sein Holtz ist so starck und veste, als wie das Eichen- und Buchbaumholtz. Der Stamm ist mit einer glatten Schale überzogen, die als wie Leder siehet: allein, er lässet alle Monate einige von seinen obersten und rauhen Rinden fallen, von denen iederzeit einige unter dem Baume zu finden sind. Seine Blätter sind groß, sehr breit, hart und eckigt, als wie die an dem Ricinus, oder fünff bis sechs mahl zertheilet, wie eine offne Hand, hangen an langen, gar starcken Stielen. Seine Kätzlein sind nach Tourneforts Erachten, kleine Häufflein Spitzen, mit zartem Staube angefüllt: und diese hinterlassen keine Frucht. Die Früchte wachsen auf demselben Stamme an sonderlichen Orten, und sind rund, als wie Erdbeeren, rauch und wollig, bestehen ans vielen länglichten Samen, die rauch und gelb, und mit Haaren umgeben sind. Dieser Baum wächst nahe an den Flüssen und an wasserreichen Orten, auf der Insel Candien, Lemnos und an vielen andern Orten: er wird auch in Italien mit Fleiß gezogen.

Die andre wird genannt

Platanus occidentalis aut Virginensis, Park. Pit. Tournef.

Platanus occidentalis pilulis minoribus, Hermann.

Die ist von der vorhergehenden unterschieden, weil ihre Blätter nicht so tieff eingeschnitten sind, und weil die Samen, daraus ihre Früchte bestehen, nicht so rauch sind. Dieser Baum kommt ursprünglich aus Virginien: wird aber auch in Europa an vielen Orten gezogen.

Die zarten, jungen Blätter vom Platanus zertheilen, werden zu der Entzündung der Augen, zu Flüssen, und zur Geschwulst gebraucht und aufgeleget.

[Ende Spaltensatz]
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div type="lexiconEntry">
          <p><pb facs="#f0466"/><cb type="start"/>
Fußsole, <hi rendition="#i">planta pedis,</hi> ähnlich sehen, oder, weil der Wegebreit auf allen Wegen mit Füssen getreten wird.</p><lb/>
          <p>Der Wegebreit wird beyden Alten <hi rendition="#i">Arnoglossum</hi> genennet, das kommt von <hi rendition="#i">&#x1F04;&#x03C1;&#x03BD;&#x03BF;&#x03C2;, agnus,</hi> ein <hi rendition="#fr">Lamm,</hi> und <hi rendition="#i">&#x03B3;&#x03BB;&#x1FF6;&#x03C3;&#x03C3;&#x03B1;, lingua,</hi> <hi rendition="#fr">Zunge,</hi> als ob es so viel solte heissen, als <hi rendition="#fr">Lämmerzunge,</hi> dieweil das Blatt vom Wegebreit eine Gestalt hat, welche einer Lammszunge einiger massen gleich siehet.</p>
        </div><lb/>
        <div type="lexiconEntry">
          <head>Planta Marina Retiformis.</head><lb/>
          <p><hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Planta marina retiformis</hi>, Clus. Exot. J. B</hi>.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Lithophyton reticulatum aliud purpurascens</hi>, Pit. Tournef</hi>.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Corallina reticulato cortice altera</hi>, C. B</hi>.</p><lb/>
          <p>frantzösisch, <hi rendition="#g"><hi rendition="#i">Panache de Mer, Palme marine.</hi></hi></p><lb/>
          <p>Ist eine <hi rendition="#fr">americanische</hi> Art <hi rendition="#i">Lithophytum,</hi> ein Stein-Gewächs, oder ein Seegewächse, welches zum Theil zu Stein geworden, und weder Stein, noch Holtz nicht ist. Gemeiniglich wird es etwan ein Paar Schuhe hoch, in Gestalt eines Bäumleins, ist platt und ausgebreitet, wie ein grosser, Fecher, und wie ein Sieb durchbrochen. Sein Stamm ist einfach, kurtz und steinig: er theilet sich alsbald in einige so ziemlich starcke Aeste, aus denen sehr viel andere kleinere entspriessen, welche sich in die Breite und in die Länge ausstrecken, und ihre Fäden dermassen in einander stecken und verwickeln, daß sie gleichsam ein Netz vorstellen, damit Fische und Vögel gefangen werden. Dieses natürliche, so herrlich schön bereitete Gewebe wird in der Mitten von einem Stiele oder Ribbe unterhalten, der aus dem Stamm entspriesset, und oben am Gewächs zu Ende geht. Das gantze Gewächse oder Bäumlein ist mit einer leichten, gantz dünn und grauen Rinde überzogen, die leicht zerbricht. Darunter sicht es insgemeine purperfarbig. Doch finden sich auch andre Farben dran, gelb, weiß und veilgenbraun. Dem Wesen nach ist es dem Horne ähnlich, und riecht auch so, wann es verbrennet wird: es schmeckt ein wenig saltzig. Es wächset auf dem Grund der See in America und in Ostindien; bricht manchmahl los, und wird von den Wellen auf den Strand geworffen. Die Indianischen vornehmen Frauen brauchen es wie einen Fecher wider die Sonnenhitze.</p><lb/>
          <p>Das schönste und gröste von dergleichen Seegewächsen, das in Franckreich zu sehen gewesen ist, hat der Herr <hi rendition="#i">Lignon</hi> im Jahr 1700. aus Westindien, nebst einer grossen Menge anderer Gewächse, Blumen, Früchte und Gesäme, nach Paris gebracht. Dasselbe war vier Schuhe hoch, und auch fast also breit: sein Stengel schien, als ob er wäre aus dem Stein erwachsen, mit welchem seine Wurtzel in Stein verändert war. Um die Wurtzel herum war ein Stück von weissen Corallen, welches daran formiret <cb/>
worden, samt einen Hauffen kleiner Knöpfe oder junger rother Corallen. Das gantze Gewächse war wegen seiner Grösse recht prächtig und sehr seltsam.</p><lb/>
          <p>Dieses Seegewächse führet viel Oel und <hi rendition="#i">sal volatile urinosum,</hi> dem vom Hirschhorne gleich.</p><lb/>
          <p>Es treibet den Schweiß, eröffnet, dämpfet die Säure, und dienet den Durchfall zu verstellen, wann es geraspelt, oder als ein Pulver, eines Scrupels, bis auf ein Quintlein schwer wird eingenommen.</p><lb/>
          <p>Dieses Gewächse wird auf frantzösisch, <hi rendition="#g"><hi rendition="#i">Panache de mer</hi></hi>, genennet, das möchte auf teutsch heissen, ein Meer- oder Seefederbusch, eine Seefeder, dann, wann es auf dem Abgrund in der See, oder auf den Klippen sitzt, so sieht es einem Federbusche nicht ungleich, dergleichen die Comödianten aufzusetzen pflegen, wann sie ein Trauerspiel vorstellen.</p>
        </div><lb/>
        <div type="lexiconEntry">
          <head>Platanus.</head><lb/>
          <p><hi rendition="#g"><hi rendition="#i">Platanus</hi></hi>, frantzösisch <hi rendition="#g"><hi rendition="#i">Platane</hi></hi> oder <hi rendition="#g"><hi rendition="#i">Plane</hi></hi>, teutsch <hi rendition="#fr">fremder Ahorn,</hi> ist ein fremder grosser Baum, von dem es zwey Gattungen giebet.</p><lb/>
          <p>Die erste wird genannt</p><lb/>
          <p><hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Platanus orientalis vera</hi>, Park. Raji Hist. Pit. Tournef</hi>.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Plantanus orientalis pilulis majoribus</hi>, Hermann</hi>.</p><lb/>
          <p>Dessen Aeste breiten sich weit aus, als wie die am Nußbaume, und geben einen grossen Schatten. Sein Holtz ist so starck und veste, als wie das Eichen- und Buchbaumholtz. Der Stamm ist mit einer glatten Schale überzogen, die als wie Leder siehet: allein, er lässet alle Monate einige von seinen obersten und rauhen Rinden fallen, von denen iederzeit einige unter dem Baume zu finden sind. Seine Blätter sind groß, sehr breit, hart und eckigt, als wie die an dem <hi rendition="#i">Ricinus,</hi> oder fünff bis sechs mahl zertheilet, wie eine offne Hand, hangen an langen, gar starcken Stielen. Seine Kätzlein sind nach <hi rendition="#i">Tournefort</hi>s Erachten, kleine Häufflein Spitzen, mit zartem Staube angefüllt: und diese hinterlassen keine Frucht. Die Früchte wachsen auf demselben Stamme an sonderlichen Orten, und sind rund, als wie Erdbeeren, rauch und wollig, bestehen ans vielen länglichten Samen, die rauch und gelb, und mit Haaren umgeben sind. Dieser Baum wächst nahe an den Flüssen und an wasserreichen Orten, auf der Insel <hi rendition="#fr">Candien, Lemnos</hi> und an vielen andern Orten: er wird auch in Italien mit Fleiß gezogen.</p><lb/>
          <p>Die andre wird genannt</p><lb/>
          <p><hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Platanus occidentalis aut Virginensis</hi>, Park. Pit. Tournef</hi>.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Platanus occidentalis pilulis minoribus</hi>, Hermann</hi>.</p><lb/>
          <p>Die ist von der vorhergehenden unterschieden, weil ihre Blätter nicht so tieff eingeschnitten sind, und weil die Samen, daraus ihre Früchte bestehen, nicht so rauch sind. Dieser Baum kommt ursprünglich aus <hi rendition="#fr">Virginien:</hi> wird aber auch in Europa an vielen Orten gezogen.</p><lb/>
          <p>Die zarten, jungen Blätter vom <hi rendition="#i">Platanus</hi> zertheilen, werden zu der Entzündung der Augen, zu Flüssen, und zur Geschwulst gebraucht und aufgeleget.</p>
          <cb type="end"/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0466] Fußsole, planta pedis, ähnlich sehen, oder, weil der Wegebreit auf allen Wegen mit Füssen getreten wird. Der Wegebreit wird beyden Alten Arnoglossum genennet, das kommt von ἄρνος, agnus, ein Lamm, und γλῶσσα, lingua, Zunge, als ob es so viel solte heissen, als Lämmerzunge, dieweil das Blatt vom Wegebreit eine Gestalt hat, welche einer Lammszunge einiger massen gleich siehet. Planta Marina Retiformis. Planta marina retiformis, Clus. Exot. J. B. Lithophyton reticulatum aliud purpurascens, Pit. Tournef. Corallina reticulato cortice altera, C. B. frantzösisch, Panache de Mer, Palme marine. Ist eine americanische Art Lithophytum, ein Stein-Gewächs, oder ein Seegewächse, welches zum Theil zu Stein geworden, und weder Stein, noch Holtz nicht ist. Gemeiniglich wird es etwan ein Paar Schuhe hoch, in Gestalt eines Bäumleins, ist platt und ausgebreitet, wie ein grosser, Fecher, und wie ein Sieb durchbrochen. Sein Stamm ist einfach, kurtz und steinig: er theilet sich alsbald in einige so ziemlich starcke Aeste, aus denen sehr viel andere kleinere entspriessen, welche sich in die Breite und in die Länge ausstrecken, und ihre Fäden dermassen in einander stecken und verwickeln, daß sie gleichsam ein Netz vorstellen, damit Fische und Vögel gefangen werden. Dieses natürliche, so herrlich schön bereitete Gewebe wird in der Mitten von einem Stiele oder Ribbe unterhalten, der aus dem Stamm entspriesset, und oben am Gewächs zu Ende geht. Das gantze Gewächse oder Bäumlein ist mit einer leichten, gantz dünn und grauen Rinde überzogen, die leicht zerbricht. Darunter sicht es insgemeine purperfarbig. Doch finden sich auch andre Farben dran, gelb, weiß und veilgenbraun. Dem Wesen nach ist es dem Horne ähnlich, und riecht auch so, wann es verbrennet wird: es schmeckt ein wenig saltzig. Es wächset auf dem Grund der See in America und in Ostindien; bricht manchmahl los, und wird von den Wellen auf den Strand geworffen. Die Indianischen vornehmen Frauen brauchen es wie einen Fecher wider die Sonnenhitze. Das schönste und gröste von dergleichen Seegewächsen, das in Franckreich zu sehen gewesen ist, hat der Herr Lignon im Jahr 1700. aus Westindien, nebst einer grossen Menge anderer Gewächse, Blumen, Früchte und Gesäme, nach Paris gebracht. Dasselbe war vier Schuhe hoch, und auch fast also breit: sein Stengel schien, als ob er wäre aus dem Stein erwachsen, mit welchem seine Wurtzel in Stein verändert war. Um die Wurtzel herum war ein Stück von weissen Corallen, welches daran formiret worden, samt einen Hauffen kleiner Knöpfe oder junger rother Corallen. Das gantze Gewächse war wegen seiner Grösse recht prächtig und sehr seltsam. Dieses Seegewächse führet viel Oel und sal volatile urinosum, dem vom Hirschhorne gleich. Es treibet den Schweiß, eröffnet, dämpfet die Säure, und dienet den Durchfall zu verstellen, wann es geraspelt, oder als ein Pulver, eines Scrupels, bis auf ein Quintlein schwer wird eingenommen. Dieses Gewächse wird auf frantzösisch, Panache de mer, genennet, das möchte auf teutsch heissen, ein Meer- oder Seefederbusch, eine Seefeder, dann, wann es auf dem Abgrund in der See, oder auf den Klippen sitzt, so sieht es einem Federbusche nicht ungleich, dergleichen die Comödianten aufzusetzen pflegen, wann sie ein Trauerspiel vorstellen. Platanus. Platanus, frantzösisch Platane oder Plane, teutsch fremder Ahorn, ist ein fremder grosser Baum, von dem es zwey Gattungen giebet. Die erste wird genannt Platanus orientalis vera, Park. Raji Hist. Pit. Tournef. Plantanus orientalis pilulis majoribus, Hermann. Dessen Aeste breiten sich weit aus, als wie die am Nußbaume, und geben einen grossen Schatten. Sein Holtz ist so starck und veste, als wie das Eichen- und Buchbaumholtz. Der Stamm ist mit einer glatten Schale überzogen, die als wie Leder siehet: allein, er lässet alle Monate einige von seinen obersten und rauhen Rinden fallen, von denen iederzeit einige unter dem Baume zu finden sind. Seine Blätter sind groß, sehr breit, hart und eckigt, als wie die an dem Ricinus, oder fünff bis sechs mahl zertheilet, wie eine offne Hand, hangen an langen, gar starcken Stielen. Seine Kätzlein sind nach Tourneforts Erachten, kleine Häufflein Spitzen, mit zartem Staube angefüllt: und diese hinterlassen keine Frucht. Die Früchte wachsen auf demselben Stamme an sonderlichen Orten, und sind rund, als wie Erdbeeren, rauch und wollig, bestehen ans vielen länglichten Samen, die rauch und gelb, und mit Haaren umgeben sind. Dieser Baum wächst nahe an den Flüssen und an wasserreichen Orten, auf der Insel Candien, Lemnos und an vielen andern Orten: er wird auch in Italien mit Fleiß gezogen. Die andre wird genannt Platanus occidentalis aut Virginensis, Park. Pit. Tournef. Platanus occidentalis pilulis minoribus, Hermann. Die ist von der vorhergehenden unterschieden, weil ihre Blätter nicht so tieff eingeschnitten sind, und weil die Samen, daraus ihre Früchte bestehen, nicht so rauch sind. Dieser Baum kommt ursprünglich aus Virginien: wird aber auch in Europa an vielen Orten gezogen. Die zarten, jungen Blätter vom Platanus zertheilen, werden zu der Entzündung der Augen, zu Flüssen, und zur Geschwulst gebraucht und aufgeleget.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

TextGrid: Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-02-19T20:05:58Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-02-19T20:05:58Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: dokumentiert; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: nein;

Abbildungen innerhalb des Textteils wurden nicht markiert. Die Stichwörter der einzelnen Einträge innerhalb des Textteils sind, abweichend von der Vorlage, nicht in Versalien gesetzt.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lemery_lexicon_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lemery_lexicon_1721/466
Zitationshilfe: Lémery, Nicolas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lemery_lexicon_1721/466>, abgerufen am 19.04.2024.