Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lémery, Nicolas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721.

Bild:
<< vorherige Seite
[Beginn Spaltensatz]

Sie purgieren alle Feuchtigkeiten aus dem Leibe mit heftiger Gewalt. Auf einmahl wird ein bis sechs Stück dererselbigen gebrauchet.

Aus den Körnern des Ricini, nachdem sie wol zerstossen worden, wird ein Oel gepresset und auf lateinisch Oleum de Kerva, Oleum cicinum, Oleum Ficus infernalis genennet.

Es purgiret, wann man auch nur damit den Magen und den Unterleib bestreichet: es tödtet die Würmer, vertreibt die Krätze, reiniget die Wunden, und stillet die Muttererstickung.

Aus America werden uns Ricinuskörner überbracht, die heissen auf lateinisch Grana Tiglia, frantzösisch, Graines de Tilli, auch Pignons d'Inde, weil sie den Pinien an Grösse und Gestalt gleich kommen; sie sind ein wenig dicker als die Zackenkörner. Sie wachsen in einer Hülse, die wie die am gemeinen Ricinus aussiehet, jedoch nicht stachlicht ist. Sie ist so dick als eine Nuß, dreyeckigt, röthlicht, auch bisweilen schwärtzlicht. Diese Hülse ist die Frucht von einem Ricinus, der wie ein Baum groß ist, und sich in Indien antreffen lässet. Sein Holtz ist zarte und gantz brüchig, die Blätter vergleichen sich, was die Gestalt betrifft, dem Feigenlaube, sind grüne und gar weich, stehen ohne Ordnung. Das Holtz und das Laub geben einen weissen Saft, wie Milch. Die Blüten bestehen aus vielen Zäserlein, und sehen sehr schön, wie Corallen. Es giebet allerhand Arten dieser indianischen Pinien.

Man soll diejenigen erwehlen, welche frisch und gantz sind, schwer, von Farbe grau oder gelblicht, von unangenehmen, sehr scharffen Geschmack: sie führen viel Oel und Saltz. Sie purgieren heftiglich von unten, und auch zuweilen von oben. Sie werden zur Wassersucht gebraucht, zum Schlage und zur Schlafsucht. Es wird die Helffte von einem Stück, auch wol zwey gantze auf einmahl gegeben.

Ricinus soll darum so genennet seyn, weil man will zwischen seiner Frucht und dem Gewürme gleiches Namens, das die Hunde und das Rindvieh pflegt zu plagen, will gefunden haben.

Palma Christi heisset es, weil seine Blätter einiger massen wie eine offne Hand aussehen sollen.

Ricinus.

Ricinus, Jonst.

Taca, Alberti.

Cicca vel Cecca, Scalig.

teutsch, Schafzacke, Schaflaus.

Ist eine Art Plattläuse, oder ein kleines plattes Gewürm, das als wie ein geschoben Viereck siehet, weich ist und schwärtzlicht. Es hat sechs Füsse, mit denenselben hängt sichs an das Fleisch. Es wächset auf den Kräutern, hängt sich an das Rindvieh, an die Hunde, auch an die Menschen in den Bart, unter die Achseln und an andere Orte, allwo Haare zu befinden. Sein Schnabel ist kurtz und spitzig: es sauget das Blut zu seiner Nahrung aus: alleine, es hat keinen Gang, dadurch es seinen Unflat [Spaltenumbruch] kan auswerffen, sondern es muß sich reinigen, wie die Blutigel, oder muß verrecken, wann es sich zu voll gesogen. Man will sagen, es könne acht Tage Hunger leiden, und sterbe dannoch nicht. Es vermehret sich in kurtzer Zeit gar sehr. Dieses Geschmeisse wird mit eben solchen Dingen getödtet, wodurch die Läuse und die Krätze vertrieben worden, als da ist, Unguentum Neapolitanum, der Schwefel und der Tobac.

Wann ein solches Thierlein aus dem Ohre eines Hundes genommen wird und man hänget es in einer Nuß an den Hals, das soll die Schmertzen in dem Leibe stillen. Doch darff man diesem Mittel ein schlecht Vertrauen schencken.

Robur.

Robur primum, Clus. Hisp. J.B. Raji Hist.

Quercus foliis molli lanugine pubescentibus, C.B. Pit. Tournefort.

frantzösisch, Robre.

teutsch, Steineiche.

Ist eine Gattung Eichen, welche Galläpfel träget, oder ein Baum, der niedriger ist als die gemeine Eiche, jedoch sehr dicke und gedrehet. Sein Holtz ist sehr hart und starck. Seine Blätter sind wellenweise gar tieff ausgeschnitten, und mit einer weichen Wolle überzogen. Die Blüten sind Kätzlein, und die Früchte Eicheln, die kleiner sind als die an der gemeinen Eiche. Dieser Baum wächst, wo es bergicht ist. Er führt viel Oel und sal essentiale.

Das Laub, die Früchte und die Schale halten an, zertheilen, und haben eben solche Kraft, wie die von der gemeinen Eiche, davon an seinem Ort gehandelt worden. So habe ich auch von den Galläpfeln an einem besondern Orte gehandelt.

Robur kommt von Roo, und von diesem Ronnuo, roboro, firmo, ich stärcke, mache veste. Diesen Titel hat der Baum wegen der Stärcke und Härte seines Holtzes überkommen.

Ronas.

Ronas ist eine Wurtzel, die ein wenig dick er ist als wie Süßholtz, und die sich eben so, als wie dieselbe, in dem Lande ausbreitet. Sie wächset in Armenien oder Turcomannien, auf den Persianischen Gräntzen, unferne von der Stadt Astabac, und sonst an keinem andern Orte mehr. Sie giebet dem Wasser in weniger Zeit, eine trefflich starcke rothe Farbe: in des Mogols Reiche wird die Leinwand mit gefärbet. Mit dieser Wurtzel wird in Persien und Indien ein starcker Handel getrieben. Sie färbet dermassen schnell und starck, daß, als einsmahls, nach Taverniers Berichte, in seiner Persianischen Reisebeschreibung, eine indianische Barque, die damit beladen ware, auf der Rhede von Ormus gestrandet, das Meer, langs an dem Strande allwo die Ronassäcke hingeschwommen, einige Tage lang, gantz roth geschienen.

[Ende Spaltensatz]
[Beginn Spaltensatz]

Sie purgieren alle Feuchtigkeiten aus dem Leibe mit heftiger Gewalt. Auf einmahl wird ein bis sechs Stück dererselbigen gebrauchet.

Aus den Körnern des Ricini, nachdem sie wol zerstossen worden, wird ein Oel gepresset und auf lateinisch Oleum de Kerva, Oleum cicinum, Oleum Ficus infernalis genennet.

Es purgiret, wann man auch nur damit den Magen und den Unterleib bestreichet: es tödtet die Würmer, vertreibt die Krätze, reiniget die Wunden, und stillet die Muttererstickung.

Aus America werden uns Ricinuskörner überbracht, die heissen auf lateinisch Grana Tiglia, frantzösisch, Graines de Tilli, auch Pignons d'Inde, weil sie den Pinien an Grösse und Gestalt gleich kommen; sie sind ein wenig dicker als die Zackenkörner. Sie wachsen in einer Hülse, die wie die am gemeinen Ricinus aussiehet, jedoch nicht stachlicht ist. Sie ist so dick als eine Nuß, dreyeckigt, röthlicht, auch bisweilen schwärtzlicht. Diese Hülse ist die Frucht von einem Ricinus, der wie ein Baum groß ist, und sich in Indien antreffen lässet. Sein Holtz ist zarte und gantz brüchig, die Blätter vergleichen sich, was die Gestalt betrifft, dem Feigenlaube, sind grüne und gar weich, stehen ohne Ordnung. Das Holtz und das Laub geben einen weissen Saft, wie Milch. Die Blüten bestehen aus vielen Zäserlein, und sehen sehr schön, wie Corallen. Es giebet allerhand Arten dieser indianischen Pinien.

Man soll diejenigen erwehlen, welche frisch und gantz sind, schwer, von Farbe grau oder gelblicht, von unangenehmen, sehr scharffen Geschmack: sie führen viel Oel und Saltz. Sie purgieren heftiglich von unten, und auch zuweilen von oben. Sie werden zur Wassersucht gebraucht, zum Schlage und zur Schlafsucht. Es wird die Helffte von einem Stück, auch wol zwey gantze auf einmahl gegeben.

Ricinus soll darum so genennet seyn, weil man will zwischen seiner Frucht und dem Gewürme gleiches Namens, das die Hunde und das Rindvieh pflegt zu plagen, will gefunden haben.

Palma Christi heisset es, weil seine Blätter einiger massen wie eine offne Hand aussehen sollen.

Ricinus.

Ricinus, Jonst.

Taca, Alberti.

Cicca vel Cecca, Scalig.

teutsch, Schafzacke, Schaflaus.

Ist eine Art Plattläuse, oder ein kleines plattes Gewürm, das als wie ein geschoben Viereck siehet, weich ist und schwärtzlicht. Es hat sechs Füsse, mit denenselben hängt sichs an das Fleisch. Es wächset auf den Kräutern, hängt sich an das Rindvieh, an die Hunde, auch an die Menschen in den Bart, unter die Achseln und an andere Orte, allwo Haare zu befinden. Sein Schnabel ist kurtz und spitzig: es sauget das Blut zu seiner Nahrung aus: alleine, es hat keinen Gang, dadurch es seinen Unflat [Spaltenumbruch] kan auswerffen, sondern es muß sich reinigen, wie die Blutigel, oder muß verrecken, wann es sich zu voll gesogen. Man will sagen, es könne acht Tage Hunger leiden, und sterbe dannoch nicht. Es vermehret sich in kurtzer Zeit gar sehr. Dieses Geschmeisse wird mit eben solchen Dingen getödtet, wodurch die Läuse und die Krätze vertrieben worden, als da ist, Unguentum Neapolitanum, der Schwefel und der Tobac.

Wann ein solches Thierlein aus dem Ohre eines Hundes genommen wird und man hänget es in einer Nuß an den Hals, das soll die Schmertzen in dem Leibe stillen. Doch darff man diesem Mittel ein schlecht Vertrauen schencken.

Robur.

Robur primum, Clus. Hisp. J.B. Raji Hist.

Quercus foliis molli lanugine pubescentibus, C.B. Pit. Tournefort.

frantzösisch, Robre.

teutsch, Steineiche.

Ist eine Gattung Eichen, welche Galläpfel träget, oder ein Baum, der niedriger ist als die gemeine Eiche, jedoch sehr dicke und gedrehet. Sein Holtz ist sehr hart und starck. Seine Blätter sind wellenweise gar tieff ausgeschnitten, und mit einer weichen Wolle überzogen. Die Blüten sind Kätzlein, und die Früchte Eicheln, die kleiner sind als die an der gemeinen Eiche. Dieser Baum wächst, wo es bergicht ist. Er führt viel Oel und sal essentiale.

Das Laub, die Früchte und die Schale halten an, zertheilen, und haben eben solche Kraft, wie die von der gemeinen Eiche, davon an seinem Ort gehandelt worden. So habe ich auch von den Galläpfeln an einem besondern Orte gehandelt.

Robur kommt von ῥώω, und von diesem ῥωννύω, roboro, firmo, ich stärcke, mache veste. Diesen Titel hat der Baum wegen der Stärcke und Härte seines Holtzes überkommen.

Ronas.

Ronas ist eine Wurtzel, die ein wenig dick er ist als wie Süßholtz, und die sich eben so, als wie dieselbe, in dem Lande ausbreitet. Sie wächset in Armenien oder Turcomannien, auf den Persianischen Gräntzen, unferne von der Stadt Astabac, und sonst an keinem andern Orte mehr. Sie giebet dem Wasser in weniger Zeit, eine trefflich starcke rothe Farbe: in des Mogols Reiche wird die Leinwand mit gefärbet. Mit dieser Wurtzel wird in Persien und Indien ein starcker Handel getrieben. Sie färbet dermassen schnell und starck, daß, als einsmahls, nach Taverniers Berichte, in seiner Persianischen Reisebeschreibung, eine indianische Barque, die damit beladen ware, auf der Rhede von Ormus gestrandet, das Meer, langs an dem Strande allwo die Ronassäcke hingeschwommen, einige Tage lang, gantz roth geschienen.

[Ende Spaltensatz]
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div type="lexiconEntry">
          <pb facs="#f0500"/>
          <cb type="start"/>
          <p>Sie purgieren alle Feuchtigkeiten aus dem Leibe mit heftiger Gewalt. Auf einmahl wird ein bis sechs Stück dererselbigen gebrauchet.</p><lb/>
          <p>Aus den Körnern des <hi rendition="#i">Ricini,</hi> nachdem sie wol zerstossen worden, wird ein Oel gepresset und auf lateinisch <hi rendition="#i">Oleum de Kerva, Oleum cicinum, Oleum Ficus infernalis</hi> genennet.</p><lb/>
          <p>Es purgiret, wann man auch nur damit den Magen und den Unterleib bestreichet: es tödtet die Würmer, vertreibt die Krätze, reiniget die Wunden, und stillet die Muttererstickung.</p><lb/>
          <p>Aus <hi rendition="#fr">America</hi> werden uns <hi rendition="#i">Ricinus</hi>körner überbracht, die heissen auf lateinisch <hi rendition="#i">Grana Tiglia,</hi> frantzösisch, <hi rendition="#g"><hi rendition="#i">Graines de Tilli</hi></hi>, auch <hi rendition="#g"><hi rendition="#i">Pignons d'Inde</hi></hi>, weil sie den Pinien an Grösse und Gestalt gleich kommen; sie sind ein wenig dicker als die Zackenkörner. Sie wachsen in einer Hülse, die wie die am gemeinen <hi rendition="#i">Ricinus</hi> aussiehet, jedoch nicht stachlicht ist. Sie ist so dick als eine Nuß, dreyeckigt, röthlicht, auch bisweilen schwärtzlicht. Diese Hülse ist die Frucht von einem <hi rendition="#i">Ricinus,</hi> der wie ein Baum groß ist, und sich in Indien antreffen lässet. Sein Holtz ist zarte und gantz brüchig, die Blätter vergleichen sich, was die Gestalt betrifft, dem Feigenlaube, sind grüne und gar weich, stehen ohne Ordnung. Das Holtz und das Laub geben einen weissen Saft, wie Milch. Die Blüten bestehen aus vielen Zäserlein, und sehen sehr schön, wie Corallen. Es giebet allerhand Arten dieser indianischen Pinien.</p><lb/>
          <p>Man soll diejenigen erwehlen, welche frisch und gantz sind, schwer, von Farbe grau oder gelblicht, von unangenehmen, sehr scharffen Geschmack: sie führen viel Oel und Saltz. Sie purgieren heftiglich von unten, und auch zuweilen von oben. Sie werden zur Wassersucht gebraucht, zum Schlage und zur Schlafsucht. Es wird die Helffte von einem Stück, auch wol zwey gantze auf einmahl gegeben.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#i">Ricinus</hi> soll darum so genennet seyn, weil man will zwischen seiner Frucht und dem Gewürme gleiches Namens, das die Hunde und das Rindvieh pflegt zu plagen, will gefunden haben.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#i">Palma Christi</hi> heisset es, weil seine Blätter einiger massen wie eine offne Hand aussehen sollen.</p>
        </div><lb/>
        <div type="lexiconEntry">
          <head>Ricinus.</head><lb/>
          <p><hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Ricinus</hi>, Jonst</hi>.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Taca</hi>, Alberti</hi>.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Cicca vel Cecca</hi>, Scalig</hi>.</p><lb/>
          <p>teutsch, <hi rendition="#fr">Schafzacke, Schaflaus.</hi></p><lb/>
          <p>Ist eine Art Plattläuse, oder ein kleines plattes Gewürm, das als wie ein geschoben Viereck siehet, weich ist und schwärtzlicht. Es hat sechs Füsse, mit denenselben hängt sichs an das Fleisch. Es wächset auf den Kräutern, hängt sich an das Rindvieh, an die Hunde, auch an die Menschen in den Bart, unter die Achseln und an andere Orte, allwo Haare zu befinden. Sein Schnabel ist kurtz und spitzig: es sauget das Blut zu seiner Nahrung aus: alleine, es hat keinen Gang, dadurch es seinen Unflat <cb/>
kan auswerffen, sondern es muß sich reinigen, wie die Blutigel, oder muß verrecken, wann es sich zu voll gesogen. Man will sagen, es könne acht Tage Hunger leiden, und sterbe dannoch nicht. Es vermehret sich in kurtzer Zeit gar sehr. Dieses Geschmeisse wird mit eben solchen Dingen getödtet, wodurch die Läuse und die Krätze vertrieben worden, als da ist, <hi rendition="#i">Unguentum Neapolitanum,</hi> der Schwefel und der Tobac.</p><lb/>
          <p>Wann ein solches Thierlein aus dem Ohre eines Hundes genommen wird und man hänget es in einer Nuß an den Hals, das soll die Schmertzen in dem Leibe stillen. Doch darff man diesem Mittel ein schlecht Vertrauen schencken.</p>
        </div><lb/>
        <div type="lexiconEntry">
          <head>Robur.</head><lb/>
          <p><hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Robur primum</hi>, Clus. Hisp. J.B. Raji Hist</hi>.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Quercus foliis molli lanugine pubescentibus</hi>, C.B. Pit. Tournefort</hi>.</p><lb/>
          <p>frantzösisch, <hi rendition="#g"><hi rendition="#i">Robre.</hi></hi></p><lb/>
          <p>teutsch, <hi rendition="#fr">Steineiche.</hi></p><lb/>
          <p>Ist eine Gattung Eichen, welche Galläpfel träget, oder ein Baum, der niedriger ist als die gemeine Eiche, jedoch sehr dicke und gedrehet. Sein Holtz ist sehr hart und starck. Seine Blätter sind wellenweise gar tieff ausgeschnitten, und mit einer weichen Wolle überzogen. Die Blüten sind Kätzlein, und die Früchte Eicheln, die kleiner sind als die an der gemeinen Eiche. Dieser Baum wächst, wo es bergicht ist. Er führt viel Oel und <hi rendition="#i">sal essentiale.</hi></p><lb/>
          <p>Das Laub, die Früchte und die Schale halten an, zertheilen, und haben eben solche Kraft, wie die von der gemeinen Eiche, davon an seinem Ort gehandelt worden. So habe ich auch von den Galläpfeln an einem besondern Orte gehandelt.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#i">Robur</hi> kommt von <hi rendition="#i">&#x1FE5;&#x1F7D;&#x03C9;,</hi> und von diesem <hi rendition="#i">&#x1FE5;&#x03C9;&#x03BD;&#x03BD;&#x1F7B;&#x03C9;, roboro, firmo,</hi> ich <hi rendition="#fr">stärcke, mache veste.</hi> Diesen Titel hat der Baum wegen der Stärcke und Härte seines Holtzes überkommen.</p>
        </div><lb/>
        <div type="lexiconEntry">
          <head>Ronas.</head><lb/>
          <p><hi rendition="#i">Ronas</hi> ist eine Wurtzel, die ein wenig dick er ist als wie Süßholtz, und die sich eben so, als wie dieselbe, in dem Lande ausbreitet. Sie wächset in Armenien oder <hi rendition="#fr">Turcomannien,</hi> auf den <hi rendition="#fr">Persianischen Gräntzen,</hi> unferne von der Stadt Astabac, und sonst an keinem andern Orte mehr. Sie giebet dem Wasser in weniger Zeit, eine trefflich starcke rothe Farbe: in des Mogols Reiche wird die Leinwand mit gefärbet. Mit dieser Wurtzel wird in Persien und Indien ein starcker Handel getrieben. Sie färbet dermassen schnell und starck, daß, als einsmahls, nach <hi rendition="#i">Taverniers</hi> Berichte, in seiner Persianischen Reisebeschreibung, eine indianische Barque, die damit beladen ware, auf der Rhede von Ormus gestrandet, das Meer, langs an dem Strande allwo die Ronassäcke hingeschwommen, einige Tage lang, gantz roth geschienen.</p>
        </div><lb/>
        <cb type="end"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0500] Sie purgieren alle Feuchtigkeiten aus dem Leibe mit heftiger Gewalt. Auf einmahl wird ein bis sechs Stück dererselbigen gebrauchet. Aus den Körnern des Ricini, nachdem sie wol zerstossen worden, wird ein Oel gepresset und auf lateinisch Oleum de Kerva, Oleum cicinum, Oleum Ficus infernalis genennet. Es purgiret, wann man auch nur damit den Magen und den Unterleib bestreichet: es tödtet die Würmer, vertreibt die Krätze, reiniget die Wunden, und stillet die Muttererstickung. Aus America werden uns Ricinuskörner überbracht, die heissen auf lateinisch Grana Tiglia, frantzösisch, Graines de Tilli, auch Pignons d'Inde, weil sie den Pinien an Grösse und Gestalt gleich kommen; sie sind ein wenig dicker als die Zackenkörner. Sie wachsen in einer Hülse, die wie die am gemeinen Ricinus aussiehet, jedoch nicht stachlicht ist. Sie ist so dick als eine Nuß, dreyeckigt, röthlicht, auch bisweilen schwärtzlicht. Diese Hülse ist die Frucht von einem Ricinus, der wie ein Baum groß ist, und sich in Indien antreffen lässet. Sein Holtz ist zarte und gantz brüchig, die Blätter vergleichen sich, was die Gestalt betrifft, dem Feigenlaube, sind grüne und gar weich, stehen ohne Ordnung. Das Holtz und das Laub geben einen weissen Saft, wie Milch. Die Blüten bestehen aus vielen Zäserlein, und sehen sehr schön, wie Corallen. Es giebet allerhand Arten dieser indianischen Pinien. Man soll diejenigen erwehlen, welche frisch und gantz sind, schwer, von Farbe grau oder gelblicht, von unangenehmen, sehr scharffen Geschmack: sie führen viel Oel und Saltz. Sie purgieren heftiglich von unten, und auch zuweilen von oben. Sie werden zur Wassersucht gebraucht, zum Schlage und zur Schlafsucht. Es wird die Helffte von einem Stück, auch wol zwey gantze auf einmahl gegeben. Ricinus soll darum so genennet seyn, weil man will zwischen seiner Frucht und dem Gewürme gleiches Namens, das die Hunde und das Rindvieh pflegt zu plagen, will gefunden haben. Palma Christi heisset es, weil seine Blätter einiger massen wie eine offne Hand aussehen sollen. Ricinus. Ricinus, Jonst. Taca, Alberti. Cicca vel Cecca, Scalig. teutsch, Schafzacke, Schaflaus. Ist eine Art Plattläuse, oder ein kleines plattes Gewürm, das als wie ein geschoben Viereck siehet, weich ist und schwärtzlicht. Es hat sechs Füsse, mit denenselben hängt sichs an das Fleisch. Es wächset auf den Kräutern, hängt sich an das Rindvieh, an die Hunde, auch an die Menschen in den Bart, unter die Achseln und an andere Orte, allwo Haare zu befinden. Sein Schnabel ist kurtz und spitzig: es sauget das Blut zu seiner Nahrung aus: alleine, es hat keinen Gang, dadurch es seinen Unflat kan auswerffen, sondern es muß sich reinigen, wie die Blutigel, oder muß verrecken, wann es sich zu voll gesogen. Man will sagen, es könne acht Tage Hunger leiden, und sterbe dannoch nicht. Es vermehret sich in kurtzer Zeit gar sehr. Dieses Geschmeisse wird mit eben solchen Dingen getödtet, wodurch die Läuse und die Krätze vertrieben worden, als da ist, Unguentum Neapolitanum, der Schwefel und der Tobac. Wann ein solches Thierlein aus dem Ohre eines Hundes genommen wird und man hänget es in einer Nuß an den Hals, das soll die Schmertzen in dem Leibe stillen. Doch darff man diesem Mittel ein schlecht Vertrauen schencken. Robur. Robur primum, Clus. Hisp. J.B. Raji Hist. Quercus foliis molli lanugine pubescentibus, C.B. Pit. Tournefort. frantzösisch, Robre. teutsch, Steineiche. Ist eine Gattung Eichen, welche Galläpfel träget, oder ein Baum, der niedriger ist als die gemeine Eiche, jedoch sehr dicke und gedrehet. Sein Holtz ist sehr hart und starck. Seine Blätter sind wellenweise gar tieff ausgeschnitten, und mit einer weichen Wolle überzogen. Die Blüten sind Kätzlein, und die Früchte Eicheln, die kleiner sind als die an der gemeinen Eiche. Dieser Baum wächst, wo es bergicht ist. Er führt viel Oel und sal essentiale. Das Laub, die Früchte und die Schale halten an, zertheilen, und haben eben solche Kraft, wie die von der gemeinen Eiche, davon an seinem Ort gehandelt worden. So habe ich auch von den Galläpfeln an einem besondern Orte gehandelt. Robur kommt von ῥώω, und von diesem ῥωννύω, roboro, firmo, ich stärcke, mache veste. Diesen Titel hat der Baum wegen der Stärcke und Härte seines Holtzes überkommen. Ronas. Ronas ist eine Wurtzel, die ein wenig dick er ist als wie Süßholtz, und die sich eben so, als wie dieselbe, in dem Lande ausbreitet. Sie wächset in Armenien oder Turcomannien, auf den Persianischen Gräntzen, unferne von der Stadt Astabac, und sonst an keinem andern Orte mehr. Sie giebet dem Wasser in weniger Zeit, eine trefflich starcke rothe Farbe: in des Mogols Reiche wird die Leinwand mit gefärbet. Mit dieser Wurtzel wird in Persien und Indien ein starcker Handel getrieben. Sie färbet dermassen schnell und starck, daß, als einsmahls, nach Taverniers Berichte, in seiner Persianischen Reisebeschreibung, eine indianische Barque, die damit beladen ware, auf der Rhede von Ormus gestrandet, das Meer, langs an dem Strande allwo die Ronassäcke hingeschwommen, einige Tage lang, gantz roth geschienen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

TextGrid: Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-02-19T20:05:58Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-02-19T20:05:58Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: dokumentiert; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: nein;

Abbildungen innerhalb des Textteils wurden nicht markiert. Die Stichwörter der einzelnen Einträge innerhalb des Textteils sind, abweichend von der Vorlage, nicht in Versalien gesetzt.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lemery_lexicon_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lemery_lexicon_1721/500
Zitationshilfe: Lémery, Nicolas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lemery_lexicon_1721/500>, abgerufen am 19.04.2024.