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Lémery, Nicolas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721.

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[Beginn Spaltensatz] dem Wasser auf. Die erste Gattung wohnet an kalt- und feuchten Orten: die andere sucht die klaren Brunnenquellen und Bächlein.

In Italien, in Teutschland, in Normandie werden Salamander gefunden. Vorzeiten glaubte man, daß sie im Feuer leben könten, dieweil sie sich viel länger unversehrt, darinne halten können, weder andre Thiere, indem sie voller milchartigen und schleimigen Wesens sind, welches die Hitze der glühenden Kohlen auf eine Zeit vermindert: doch endlich tringt das Feuer durch und verbrennet sie. Der Biß dieses kriechenden Wurmes soll so gefährlich seyn, als wie der Schlangenbiß. Wann er beisset, so läst er einen milchhaften, giftigen und gar sehr scharffen Geiffer fahren. Er führet viel flüchtig, brennend Saltz, Oel und phlegma.

Der Salamander hat eine ätzend und brennende Kraft, nimmt die Haare weg, wann er aufgeleget wird; ohne Schaden der Finger kan man ihn kaum anrühren.

Sal Armoniacum.

Sal armoniacum,

Sal solare,

Fuligo alba mercurialis,

Salmercurialis Philosophorum,

Aquila coelestis,

Sal Ammoniacum,

frantzösisch, Sal Armoniac.

teutsch, Salmiac.

Ist ein Saltz, das sonsten von Cameel- und anderer Thiere Urin gemachet wurde. Dann dieses Saltz ward von der Sonne oben auf den Sand hin sublimiret, darein diese Thiere geseichet hatten, wann sie durch die heissen Länder, als da sind die Wüsten Lybiens und in Arabien gezogen waren. Das wurde dann aufgesammlet und in Geschirren bewahret. Anjetzo aber wird nichts mehr daher gebracht; es sey nun, daß diese Länder nicht mehr so starck besuchet werden, wie vor diesem, oder weil sich niemand bemühet und dieses Saltz aufsammlet.

Das heutige Sal Ammoniacum wird durch die Kunst bereitet. Doch hat man annoch keine recht genaue Nachricht, weder von den Dingen, die darzu genommen werden, noch von dem Orte, wo es bereitet wird. Eine geraume Zeit hat man geglaubet, es bereiteten solches die Venetianer aus fünff Theilen Urin, einem Theil Seesaltz, und einem halben Theil Ofenrus unter einander gemischet und zu einer Massa gemacht, die würde hernach in Sublimirgefässe gethan und über ein Gradfeuer gestellet, so sublimire sich das Saltz in solcher Form, als wie wir es zu sehen kriegen. Seit dem aber hat man erfahren, daß die Bereitung des Salmiacs zu Venedig eben so unbekannt sey, wie zu Paris, und daß es die Venetianer selbst aus Orient bekämen, damit sie es uns übersenden könten. Allem Ansehen nach dürffte es eine Arbeit der Egypter und anderer Morgenländer seyn, welche wircklich zu dessen Zubereitung Cameels- und andrer Thiere Harn, samt Seesaltze oder einem andern dergleichen Art Saltze brauchen. Am besten ists, man versparet sein Urtheil drüber, bis daß man davon bessere Nachricht kan erlangen.

[Spaltenumbruch]

Der Salmiac, der von Venedig und von andern Orten uns wird zugeführet, ist in platten, tellerrunden Kuchen oder Stücken, die breiter sind als wie ein Teller, drey bis vier Finger dick, auswendig grau, inwendig weiß, und voll Crystallen, die wie Säulen in die Höhe stehen, werden nicht sehr feuchte in der Luft, schmecken sehr saltzig und durchtringend scharff, zergehen bald im blosen Wasser, schiessen aber auch gar leichtlich zu gantz weichen und schneeweissen Crystallen an, die sehr kalt, wann man sie angreiffet.

Der Salmiac muß schön und weiß, trocken und reine seyn, als wie Crystallen sehen, einen durch tringend scharffen Geschmack haben. Es ist ein compositum von salibus volatilibus urinosis & fixis mit sale marino vermischet: dann, bey der Sublimation haben die flüchtigen Saltze, welche alkalisch sind, vom Seesaltze, das fix und sauer ist, soviel als sie gekonnt, mit aufgeführet, und sind diese beyden Arten Saltz dermassen genau mit einander verbunden worden, daß sie nur ein Sal fixum zu seyn scheinen. Die Ursache dieser Verbindung und fixation ist diese; die Theilgen des Seesaltzes haben nur gar grobe Spitzen und sich in den Löchlein der alkalischen salium verwickelt. Weil aber diese Spitzen keine gnugsame Kraft und Bewegung haben die alkalischen Theilgen von einander zu trennen, so haben sie auch nichts mehr vermocht, dann daß sie sich darein verwickelt, dieselbigen verstopft und schwer gemacht, oder ihnen ihre Flüchtigkeit benommen und gehemmet.

Der Salmiac treibet den Schweiß und öffnet, widerstehet der Fäulung und dem kalten Brande. Er ist zu dem viertägigen Fieber gut, und zu Beförrung der Zeit, innerlich gebrauchet. Er wird von einem halben Scrupel bis zu einem gantzen auf einmahl gegeben. Aeusserlich wird er auch gebraucht zu Zertheilung der Geschwulst und die zu groben Feuchtigkeiten zu vertreiben. Für die Pferde wird er unter die Augenpulver gemischet, und ihnen auch wol gar als Pulver in die Augen geblasen, den Staar zu zertreiben und ihnen gut scharff Gesicht zu machen.

Der Salmiac zu Pulver gestossen und ins Wasser geschüttet, machet solches im Augenblick gar mercklich frisch, und könte füglich im Sommer gebrauchet werden die Flaschen mit Wein und andere Geschirre mit Wasser angefüllt, geschwinde frisch zu machen. Man kan nachsehen, was ich in meinem Cursu chymico, zehender Edition, davon geschrieben habe.

Bey dem Berge Vesuvius wird bisweilen eine Gattung Salmiac gefunden, die sich natürlicher Weise aus unterschiedenen zusammen gemischten Saltzen formiret hat, und weche durch das unterirdische Feuer ist aufgeführet worden.

Sal Armoniacum quasi Armeniacum, von Armenia, weil dieses Saltz vor diesem aus Armenien gebracht wurde.

Sal ammoniacum von aumos, arena, Sand, weil dieses Saltz vorzeiten auf dem Sande ist gefunden worden.

Sal solare heisset es, weil dieses Saltz zu Bereitung des aquae regiae genommen wird, welches das Gold auflöset, das auch Sol genennet wird.

[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] dem Wasser auf. Die erste Gattung wohnet an kalt- und feuchten Orten: die andere sucht die klaren Brunnenquellen und Bächlein.

In Italien, in Teutschland, in Normandie werden Salamander gefunden. Vorzeiten glaubte man, daß sie im Feuer leben könten, dieweil sie sich viel länger unversehrt, darinne halten können, weder andre Thiere, indem sie voller milchartigen und schleimigen Wesens sind, welches die Hitze der glühenden Kohlen auf eine Zeit vermindert: doch endlich tringt das Feuer durch und verbrennet sie. Der Biß dieses kriechenden Wurmes soll so gefährlich seyn, als wie der Schlangenbiß. Wann er beisset, so läst er einen milchhaften, giftigen und gar sehr scharffen Geiffer fahren. Er führet viel flüchtig, brennend Saltz, Oel und phlegma.

Der Salamander hat eine ätzend und brennende Kraft, nimmt die Haare weg, wann er aufgeleget wird; ohne Schaden der Finger kan man ihn kaum anrühren.

Sal Armoniacum.

Sal armoniacum,

Sal solare,

Fuligo alba mercurialis,

Salmercurialis Philosophorum,

Aquila cœlestis,

Sal Ammoniacum,

frantzösisch, Sal Armoniac.

teutsch, Salmiac.

Ist ein Saltz, das sonsten von Cameel- und anderer Thiere Urin gemachet wurde. Dann dieses Saltz ward von der Sonne oben auf den Sand hin sublimiret, darein diese Thiere geseichet hatten, wann sie durch die heissen Länder, als da sind die Wüsten Lybiens und in Arabien gezogen waren. Das wurde dann aufgesammlet und in Geschirren bewahret. Anjetzo aber wird nichts mehr daher gebracht; es sey nun, daß diese Länder nicht mehr so starck besuchet werden, wie vor diesem, oder weil sich niemand bemühet und dieses Saltz aufsammlet.

Das heutige Sal Ammoniacum wird durch die Kunst bereitet. Doch hat man annoch keine recht genaue Nachricht, weder von den Dingen, die darzu genommen werden, noch von dem Orte, wo es bereitet wird. Eine geraume Zeit hat man geglaubet, es bereiteten solches die Venetianer aus fünff Theilen Urin, einem Theil Seesaltz, und einem halben Theil Ofenrus unter einander gemischet und zu einer Massa gemacht, die würde hernach in Sublimirgefässe gethan und über ein Gradfeuer gestellet, so sublimire sich das Saltz in solcher Form, als wie wir es zu sehen kriegen. Seit dem aber hat man erfahren, daß die Bereitung des Salmiacs zu Venedig eben so unbekannt sey, wie zu Paris, und daß es die Venetianer selbst aus Orient bekämen, damit sie es uns übersenden könten. Allem Ansehen nach dürffte es eine Arbeit der Egypter und anderer Morgenländer seyn, welche wircklich zu dessen Zubereitung Cameels- und andrer Thiere Harn, samt Seesaltze oder einem andern dergleichen Art Saltze brauchen. Am besten ists, man versparet sein Urtheil drüber, bis daß man davon bessere Nachricht kan erlangen.

[Spaltenumbruch]

Der Salmiac, der von Venedig und von andern Orten uns wird zugeführet, ist in platten, tellerrunden Kuchen oder Stücken, die breiter sind als wie ein Teller, drey bis vier Finger dick, auswendig grau, inwendig weiß, und voll Crystallen, die wie Säulen in die Höhe stehen, werden nicht sehr feuchte in der Luft, schmecken sehr saltzig und durchtringend scharff, zergehen bald im blosen Wasser, schiessen aber auch gar leichtlich zu gantz weichen und schneeweissen Crystallen an, die sehr kalt, wann man sie angreiffet.

Der Salmiac muß schön und weiß, trocken und reine seyn, als wie Crystallen sehen, einen durch tringend scharffen Geschmack haben. Es ist ein compositum von salibus volatilibus urinosis & fixis mit sale marino vermischet: dann, bey der Sublimation haben die flüchtigen Saltze, welche alkalisch sind, vom Seesaltze, das fix und sauer ist, soviel als sie gekonnt, mit aufgeführet, und sind diese beyden Arten Saltz dermassen genau mit einander verbunden worden, daß sie nur ein Sal fixum zu seyn scheinen. Die Ursache dieser Verbindung und fixation ist diese; die Theilgen des Seesaltzes haben nur gar grobe Spitzen und sich in den Löchlein der alkalischen salium verwickelt. Weil aber diese Spitzen keine gnugsame Kraft und Bewegung haben die alkalischen Theilgen von einander zu trennen, so haben sie auch nichts mehr vermocht, dann daß sie sich darein verwickelt, dieselbigen verstopft und schwer gemacht, oder ihnen ihre Flüchtigkeit benommen und gehemmet.

Der Salmiac treibet den Schweiß und öffnet, widerstehet der Fäulung und dem kalten Brande. Er ist zu dem viertägigen Fieber gut, und zu Beförrung der Zeit, innerlich gebrauchet. Er wird von einem halben Scrupel bis zu einem gantzen auf einmahl gegeben. Aeusserlich wird er auch gebraucht zu Zertheilung der Geschwulst und die zu groben Feuchtigkeiten zu vertreiben. Für die Pferde wird er unter die Augenpulver gemischet, und ihnen auch wol gar als Pulver in die Augen geblasen, den Staar zu zertreiben und ihnen gut scharff Gesicht zu machen.

Der Salmiac zu Pulver gestossen und ins Wasser geschüttet, machet solches im Augenblick gar mercklich frisch, und könte füglich im Sommer gebrauchet werden die Flaschen mit Wein und andere Geschirre mit Wasser angefüllt, geschwinde frisch zu machen. Man kan nachsehen, was ich in meinem Cursu chymico, zehender Edition, davon geschrieben habe.

Bey dem Berge Vesuvius wird bisweilen eine Gattung Salmiac gefunden, die sich natürlicher Weise aus unterschiedenen zusammen gemischten Saltzen formiret hat, und weche durch das unterirdische Feuer ist aufgeführet worden.

Sal Armoniacum quasi Armeniacum, von Armenia, weil dieses Saltz vor diesem aus Armenien gebracht wurde.

Sal ammoniacum von ἄυμος, arena, Sand, weil dieses Saltz vorzeiten auf dem Sande ist gefunden worden.

Sal solare heisset es, weil dieses Saltz zu Bereitung des aquæ regiæ genommen wird, welches das Gold auflöset, das auch Sol genennet wird.

[Ende Spaltensatz]
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[0512] dem Wasser auf. Die erste Gattung wohnet an kalt- und feuchten Orten: die andere sucht die klaren Brunnenquellen und Bächlein. In Italien, in Teutschland, in Normandie werden Salamander gefunden. Vorzeiten glaubte man, daß sie im Feuer leben könten, dieweil sie sich viel länger unversehrt, darinne halten können, weder andre Thiere, indem sie voller milchartigen und schleimigen Wesens sind, welches die Hitze der glühenden Kohlen auf eine Zeit vermindert: doch endlich tringt das Feuer durch und verbrennet sie. Der Biß dieses kriechenden Wurmes soll so gefährlich seyn, als wie der Schlangenbiß. Wann er beisset, so läst er einen milchhaften, giftigen und gar sehr scharffen Geiffer fahren. Er führet viel flüchtig, brennend Saltz, Oel und phlegma. Der Salamander hat eine ätzend und brennende Kraft, nimmt die Haare weg, wann er aufgeleget wird; ohne Schaden der Finger kan man ihn kaum anrühren. Sal Armoniacum. Sal armoniacum, Sal solare, Fuligo alba mercurialis, Salmercurialis Philosophorum, Aquila cœlestis, Sal Ammoniacum, frantzösisch, Sal Armoniac. teutsch, Salmiac. Ist ein Saltz, das sonsten von Cameel- und anderer Thiere Urin gemachet wurde. Dann dieses Saltz ward von der Sonne oben auf den Sand hin sublimiret, darein diese Thiere geseichet hatten, wann sie durch die heissen Länder, als da sind die Wüsten Lybiens und in Arabien gezogen waren. Das wurde dann aufgesammlet und in Geschirren bewahret. Anjetzo aber wird nichts mehr daher gebracht; es sey nun, daß diese Länder nicht mehr so starck besuchet werden, wie vor diesem, oder weil sich niemand bemühet und dieses Saltz aufsammlet. Das heutige Sal Ammoniacum wird durch die Kunst bereitet. Doch hat man annoch keine recht genaue Nachricht, weder von den Dingen, die darzu genommen werden, noch von dem Orte, wo es bereitet wird. Eine geraume Zeit hat man geglaubet, es bereiteten solches die Venetianer aus fünff Theilen Urin, einem Theil Seesaltz, und einem halben Theil Ofenrus unter einander gemischet und zu einer Massa gemacht, die würde hernach in Sublimirgefässe gethan und über ein Gradfeuer gestellet, so sublimire sich das Saltz in solcher Form, als wie wir es zu sehen kriegen. Seit dem aber hat man erfahren, daß die Bereitung des Salmiacs zu Venedig eben so unbekannt sey, wie zu Paris, und daß es die Venetianer selbst aus Orient bekämen, damit sie es uns übersenden könten. Allem Ansehen nach dürffte es eine Arbeit der Egypter und anderer Morgenländer seyn, welche wircklich zu dessen Zubereitung Cameels- und andrer Thiere Harn, samt Seesaltze oder einem andern dergleichen Art Saltze brauchen. Am besten ists, man versparet sein Urtheil drüber, bis daß man davon bessere Nachricht kan erlangen. 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Zitationshilfe: Lémery, Nicolas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lemery_lexicon_1721/512>, abgerufen am 19.04.2024.