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Lémery, Nicolas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721.

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[Beginn Spaltensatz] ob sie gleich so räumlich sind, daß sie ein gantz Pariser Maas oder Kanne fassen können; so können sie dannoch gar leichtlich in die Lüfte geblasen werden, als wie die Blasen, welche die Jungen von Seiffenwasser machen. Sie werden zu Abkühlung des Wassers gebrauchet, und das Wasser soll davon, wie man sagt, einen lieblichen Geruch und Geschmack bekommen, daß es gantz angenehm zu trincken wird. Mir gerieth ein Köpfgen von dergleichen Erde in die Hände, das war gantz glatt und trefflich leicht, mit dem versuchte ichs, habe aber nicht verspüren können, daß das Wasser solch einen Geruch und Geschmack davon bekommen, ob ich es gleich zwey gantze Tage drinnen stehen lassen. Vielleicht gehets in dem Lande damit anders zu, dieweil die Erde frisch aus ihrem Geburts Ort hervor gezogen ist. Ihm sey, wie ihm wolle, das Geschirr wird unvermerckt gantz feuchte, und die vornehmen Indianischen Weiber verzehren es mit grosser Lust, wann sie vorher das Wasser ausgetruncken haben; insonderheit die Schwangeren, dann diese sind so gar begierig nach derselben Erde, daß keine schwangere Frau in selbem Lande solle seyn, die nicht in kurtzer Zeit alle Töpfe und Teller, Flaschen und Schalen, samt andern Hausgeräthe gleicher Art auffressen wolle, wo nicht Achtung drauf gegeben würde.

Diese Erde absorbiret und mildert die sauern Feuchtigkeiten in dem Leibe, stillet den Durchlauff und das Bluten. Sie wird von achtzehn Gran bis auf ein Quintlein auf einmahl gegeben.

Terra Persica.

Terra persica.

frantzösisch, Terre de Perse, oder Rouge d'Inde.

teutsch, Persianische oder Indianische rothe Erde.

Ist eine trockne, rothe Erde, die uns wie kleine, nicht so gar sehr harte Steine zugeführet wird. Die Schuster brauchen sie und färben die Absätze an den Schuhen damit. Man soll diejenige erwehlen, welche eine hohe Farbe hat. Zur Artzney ist sie nicht gebräuchlich.

Terra Samia.

Terra samia. Lapis samius.

frantzösisch, Pierre oder Terre de Samos.

teutsch, Erde aus der Insel Samos.

Ist eine Erde, die aus der Insel Samos kom. Es giebet ihrer zweyerley: die eine ist weich, weiß und stracks zu zerreiben, bleibt an der Zunge kleben, wann man sie daran hält, und siehet der gemeinen Siegelerde nicht ein wenig ähnlich. Etliche nennen sie Collyrium, dieweil sie ehemahls zu den Colliriis und Augenartzeneyen ist gebrauchet worden. Die andere ist hart und wie mit einer Kruste oder Rinde überzogen; ist dannoch als wie etwas fett und schmierig. Sie wird auch samius aster genennet, dieweil sich einige gläntzende Füncklein, als wie Sternlein, drinne finden.

Beyde Arten der Samischen Erde halten an und stillen den Durchfall und das Bluten, trocknen die Wunden aus und halten fein zusammen. Dieweil sie aber schier gar nicht zu uns gebracht werden, deshalben brauchen wir an ihre Stelle die Siegelerde, welche gleiche Kraft und Tugend hat.

Terra Saponaria.

Terra saponaria.

frantzösisch, Smectin, Soletard.

teutsch, Seiffenerde, Seiffenstein.

Ist eine sehr klebrige, schwere Thonerde oder Letten, gelblicht oder schwärtzlicht, die eben das verrichtet, was die Seiffe thut. Sie wird sonst schier von niemand nicht gebrauchet als in England von den Wollenkämmern.

Saponaria, kommt von Sapo, Seiffe, weil diese Erde eben was die Seiffe thut.

Terra Selinusia.

Terra Selinusia ist eine thonige oder lettige Erde, welche der Erde aus Chio ziemlich nahe kommt.

Sie hält an und zertheilet, nimmt die Flecken und Mähler von der Haut, erweichet die harte Geschwulst der Brüste, unter den Achseln und der Hoden und zertreibet sie.

Terra Sigillata.

Terra sigillata.

Terra lemnia.

frantzösisch, Terre sigillee oder scellee.

teutsch, Siegelerde oder gesiegelte Erde aus Lemnos, Lemnische Erde.

Ist eine Gattung Bolus, oder eine thon- und lettige Erde, trocken und zarte, leicht zu zerreiben, ohne Geschmack, bald gelb, bald röthlicht weiß, ohne Geschmack und anziehend. Vor diesem ward sie aus der Insel Lemnos gebracht, anietzo aber kommt sie von Constantinopel, aus Teutschland, von Blois, und von vielen andern Orten mehr. Gemeiniglich wird sie zu uns gebracht wie kleine runde Kuchen, die so dicke als die Spitze an dem Daumen, auf der einen Seite rund und an der andern breit, mit aufgedruckten Zeichen oder Wapen, welche die Fürsten und Herren dererselben Lande, daher sie diese Erde nehmen, darauf trucken lassen: und darum wird sie Terra sigillata genennet. Der Alten ihre sahe gelb, und war in kleinern Küchlein, als die ietzige, sahen aus wie sonsten die pastilli und waren mit der Diana Zeichen, einer Ziege, bezeichnet.

Man soll die Siegelerde nehmen, welche sich gantz linde läst anfühlen, die thonig und leicht zu zerreiben ist, von Farbe röthlicht weiß, die an der Zunge hangen und bekleben bleibet. Bisweilen wird sie mit der Curcuma gefärbet, oder sonst mit etwas, damit sie der Farbe nach desto eher mit der Alten ihrer möge übereinkommen, welches die rechte und wahrhaftige Lemnische Erde gewesen, und welche aus einem Hügel gegraben wurde, darauf weder Gras noch Kraut gewachsen. Die Türcken, welche ietziger Zeit desselben Ortes Meister sind, vermischen diese Erde mit anderer dergleichen Erde, machen sie alsdann mit Wasser weich, und solche kleine runde Kuchen draus, und trucken des Großtürcken Siegel hernach drauf, damit sie Zoll davon bekommen mögen.

Die Siegelerde soll zwar gut seyn wider Gift; iedoch hat man sich nicht so gar viel darauf zu verlassen. Sie hält an und dienet zu Stillung des Durchlauffs, des Blutens, des Samenflusses, und des weissen, auch des erbrechens. Auf einmahl wird ein halber Scrupel bis auf ein Paar [Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] ob sie gleich so räumlich sind, daß sie ein gantz Pariser Maas oder Kanne fassen können; so können sie dannoch gar leichtlich in die Lüfte geblasen werden, als wie die Blasen, welche die Jungen von Seiffenwasser machen. Sie werden zu Abkühlung des Wassers gebrauchet, und das Wasser soll davon, wie man sagt, einen lieblichen Geruch und Geschmack bekommen, daß es gantz angenehm zu trincken wird. Mir gerieth ein Köpfgen von dergleichen Erde in die Hände, das war gantz glatt und trefflich leicht, mit dem versuchte ichs, habe aber nicht verspüren können, daß das Wasser solch einen Geruch und Geschmack davon bekommen, ob ich es gleich zwey gantze Tage driñen stehen lassẽ. Vielleicht gehets in dem Lande damit anders zu, dieweil die Erde frisch aus ihrem Geburts Ort hervor gezogen ist. Ihm sey, wie ihm wolle, das Geschirr wird unvermerckt gantz feuchte, und die vornehmen Indianischen Weiber verzehren es mit grosser Lust, wann sie vorher das Wasser ausgetruncken haben; insonderheit die Schwangeren, dann diese sind so gar begierig nach derselben Erde, daß keine schwangere Frau in selbem Lande solle seyn, die nicht in kurtzer Zeit alle Töpfe und Teller, Flaschen und Schalen, samt andern Hausgeräthe gleicher Art auffressen wolle, wo nicht Achtung drauf gegeben würde.

Diese Erde absorbiret und mildert die sauern Feuchtigkeiten in dem Leibe, stillet den Durchlauff und das Bluten. Sie wird von achtzehn Gran bis auf ein Quintlein auf einmahl gegeben.

Terra Persica.

Terra persica.

frantzösisch, Terre de Perse, oder Rouge d'Inde.

teutsch, Persianische oder Indianische rothe Erde.

Ist eine trockne, rothe Erde, die uns wie kleine, nicht so gar sehr harte Steine zugeführet wird. Die Schuster brauchen sie und färben die Absätze an den Schuhen damit. Man soll diejenige erwehlen, welche eine hohe Farbe hat. Zur Artzney ist sie nicht gebräuchlich.

Terra Samia.

Terra samia. Lapis samius.

frantzösisch, Pierre oder Terre de Samos.

teutsch, Erde aus der Insel Samos.

Ist eine Erde, die aus der Insel Samos kom̅. Es giebet ihrer zweyerley: die eine ist weich, weiß und stracks zu zerreiben, bleibt an der Zunge kleben, wann man sie daran hält, und siehet der gemeinen Siegelerde nicht ein wenig ähnlich. Etliche nennen sie Collyrium, dieweil sie ehemahls zu den Colliriis und Augenartzeneyen ist gebrauchet worden. Die andere ist hart und wie mit einer Kruste oder Rinde überzogen; ist dannoch als wie etwas fett und schmierig. Sie wird auch samius aster genennet, dieweil sich einige gläntzende Füncklein, als wie Sternlein, drinne finden.

Beyde Arten der Samischen Erde halten an und stillen den Durchfall und das Bluten, trocknen die Wunden aus und halten fein zusammen. Dieweil sie aber schier gar nicht zu uns gebracht werden, deshalben brauchen wir an ihre Stelle die Siegelerde, welche gleiche Kraft und Tugend hat.

Terra Saponaria.

Terra saponaria.

frantzösisch, Smectin, Soletard.

teutsch, Seiffenerde, Seiffenstein.

Ist eine sehr klebrige, schwere Thonerde oder Letten, gelblicht oder schwärtzlicht, die eben das verrichtet, was die Seiffe thut. Sie wird sonst schier von niemand nicht gebrauchet als in England von den Wollenkämmern.

Saponaria, kommt von Sapo, Seiffe, weil diese Erde eben was die Seiffe thut.

Terra Selinusia.

Terra Selinusia ist eine thonige oder lettige Erde, welche der Erde aus Chio ziemlich nahe kommt.

Sie hält an und zertheilet, nimmt die Flecken und Mähler von der Haut, erweichet die harte Geschwulst der Brüste, unter den Achseln und der Hoden und zertreibet sie.

Terra Sigillata.

Terra sigillata.

Terra lemnia.

frantzösisch, Terre sigillée oder scellèe.

teutsch, Siegelerde oder gesiegelte Erde aus Lemnos, Lemnische Erde.

Ist eine Gattung Bolus, oder eine thon- und lettige Erde, trocken und zarte, leicht zu zerreiben, ohne Geschmack, bald gelb, bald röthlicht weiß, ohne Geschmack und anziehend. Vor diesem ward sie aus der Insel Lemnos gebracht, anietzo aber kommt sie von Constantinopel, aus Teutschland, von Blois, und von vielen andern Orten mehr. Gemeiniglich wird sie zu uns gebracht wie kleine runde Kuchen, die so dicke als die Spitze an dem Daumen, auf der einen Seite rund und an der andern breit, mit aufgedruckten Zeichen oder Wapen, welche die Fürsten und Herren dererselben Lande, daher sie diese Erde nehmen, darauf trucken lassen: und darum wird sie Terra sigillata genennet. Der Alten ihre sahe gelb, und war in kleinern Küchlein, als die ietzige, sahen aus wie sonsten die pastilli und waren mit der Diana Zeichen, einer Ziege, bezeichnet.

Man soll die Siegelerde nehmen, welche sich gantz linde läst anfühlen, die thonig und leicht zu zerreiben ist, von Farbe röthlicht weiß, die an der Zunge hangen und bekleben bleibet. Bisweilen wird sie mit der Curcuma gefärbet, oder sonst mit etwas, damit sie der Farbe nach desto eher mit der Alten ihrer möge übereinkommen, welches die rechte und wahrhaftige Lemnische Erde gewesen, und welche aus einem Hügel gegraben wurde, darauf weder Gras noch Kraut gewachsen. Die Türcken, welche ietziger Zeit desselben Ortes Meister sind, vermischen diese Erde mit anderer dergleichen Erde, machen sie alsdann mit Wasser weich, und solche kleine runde Kuchen draus, und trucken des Großtürcken Siegel hernach drauf, damit sie Zoll davon bekommen mögen.

Die Siegelerde soll zwar gut seyn wider Gift; iedoch hat man sich nicht so gar viel darauf zu verlassen. Sie hält an und dienet zu Stillung des Durchlauffs, des Blutens, des Samenflusses, und des weissen, auch des erbrechens. Auf einmahl wird ein halber Scrupel bis auf ein Paar [Ende Spaltensatz]

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[0581] ob sie gleich so räumlich sind, daß sie ein gantz Pariser Maas oder Kanne fassen können; so können sie dannoch gar leichtlich in die Lüfte geblasen werden, als wie die Blasen, welche die Jungen von Seiffenwasser machen. Sie werden zu Abkühlung des Wassers gebrauchet, und das Wasser soll davon, wie man sagt, einen lieblichen Geruch und Geschmack bekommen, daß es gantz angenehm zu trincken wird. Mir gerieth ein Köpfgen von dergleichen Erde in die Hände, das war gantz glatt und trefflich leicht, mit dem versuchte ichs, habe aber nicht verspüren können, daß das Wasser solch einen Geruch und Geschmack davon bekommen, ob ich es gleich zwey gantze Tage driñen stehen lassẽ. Vielleicht gehets in dem Lande damit anders zu, dieweil die Erde frisch aus ihrem Geburts Ort hervor gezogen ist. 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Man soll diejenige erwehlen, welche eine hohe Farbe hat. Zur Artzney ist sie nicht gebräuchlich. Terra Samia. Terra samia. Lapis samius. frantzösisch, Pierre oder Terre de Samos. teutsch, Erde aus der Insel Samos. Ist eine Erde, die aus der Insel Samos kom̅. Es giebet ihrer zweyerley: die eine ist weich, weiß und stracks zu zerreiben, bleibt an der Zunge kleben, wann man sie daran hält, und siehet der gemeinen Siegelerde nicht ein wenig ähnlich. Etliche nennen sie Collyrium, dieweil sie ehemahls zu den Colliriis und Augenartzeneyen ist gebrauchet worden. Die andere ist hart und wie mit einer Kruste oder Rinde überzogen; ist dannoch als wie etwas fett und schmierig. Sie wird auch samius aster genennet, dieweil sich einige gläntzende Füncklein, als wie Sternlein, drinne finden. Beyde Arten der Samischen Erde halten an und stillen den Durchfall und das Bluten, trocknen die Wunden aus und halten fein zusammen. Dieweil sie aber schier gar nicht zu uns gebracht werden, deshalben brauchen wir an ihre Stelle die Siegelerde, welche gleiche Kraft und Tugend hat. Terra Saponaria. Terra saponaria. frantzösisch, Smectin, Soletard. teutsch, Seiffenerde, Seiffenstein. Ist eine sehr klebrige, schwere Thonerde oder Letten, gelblicht oder schwärtzlicht, die eben das verrichtet, was die Seiffe thut. Sie wird sonst schier von niemand nicht gebrauchet als in England von den Wollenkämmern. Saponaria, kommt von Sapo, Seiffe, weil diese Erde eben was die Seiffe thut. Terra Selinusia. Terra Selinusia ist eine thonige oder lettige Erde, welche der Erde aus Chio ziemlich nahe kommt. Sie hält an und zertheilet, nimmt die Flecken und Mähler von der Haut, erweichet die harte Geschwulst der Brüste, unter den Achseln und der Hoden und zertreibet sie. Terra Sigillata. Terra sigillata. Terra lemnia. frantzösisch, Terre sigillée oder scellèe. teutsch, Siegelerde oder gesiegelte Erde aus Lemnos, Lemnische Erde. Ist eine Gattung Bolus, oder eine thon- und lettige Erde, trocken und zarte, leicht zu zerreiben, ohne Geschmack, bald gelb, bald röthlicht weiß, ohne Geschmack und anziehend. Vor diesem ward sie aus der Insel Lemnos gebracht, anietzo aber kommt sie von Constantinopel, aus Teutschland, von Blois, und von vielen andern Orten mehr. Gemeiniglich wird sie zu uns gebracht wie kleine runde Kuchen, die so dicke als die Spitze an dem Daumen, auf der einen Seite rund und an der andern breit, mit aufgedruckten Zeichen oder Wapen, welche die Fürsten und Herren dererselben Lande, daher sie diese Erde nehmen, darauf trucken lassen: und darum wird sie Terra sigillata genennet. Der Alten ihre sahe gelb, und war in kleinern Küchlein, als die ietzige, sahen aus wie sonsten die pastilli und waren mit der Diana Zeichen, einer Ziege, bezeichnet. Man soll die Siegelerde nehmen, welche sich gantz linde läst anfühlen, die thonig und leicht zu zerreiben ist, von Farbe röthlicht weiß, die an der Zunge hangen und bekleben bleibet. Bisweilen wird sie mit der Curcuma gefärbet, oder sonst mit etwas, damit sie der Farbe nach desto eher mit der Alten ihrer möge übereinkommen, welches die rechte und wahrhaftige Lemnische Erde gewesen, und welche aus einem Hügel gegraben wurde, darauf weder Gras noch Kraut gewachsen. Die Türcken, welche ietziger Zeit desselben Ortes Meister sind, vermischen diese Erde mit anderer dergleichen Erde, machen sie alsdann mit Wasser weich, und solche kleine runde Kuchen draus, und trucken des Großtürcken Siegel hernach drauf, damit sie Zoll davon bekommen mögen. Die Siegelerde soll zwar gut seyn wider Gift; iedoch hat man sich nicht so gar viel darauf zu verlassen. Sie hält an und dienet zu Stillung des Durchlauffs, des Blutens, des Samenflusses, und des weissen, auch des erbrechens. Auf einmahl wird ein halber Scrupel bis auf ein Paar

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Zitationshilfe: Lémery, Nicolas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lemery_lexicon_1721/581>, abgerufen am 28.03.2024.